[PF] Bedenkt das Gedenken!

Erstveröffentlicht: 
25.02.2013

Bedenkt das Gedenken!
Der 23. Februar muss wieder den Pforzheimern gehören

 

Claudius Erb

PZ-Redakteur


Das war der extreme Tiefpunkt: Der Gedenktag ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Bevor am Samstagabend Glockengeläut an den Luftangriff auf Pforzheim am 23. Februar 1945 erinnerte, schrillten Martinshörner und dröhnten Hubschrauber. Oben auf dem Wartberg wurde gekämpft statt getrauert. Die Stadt bevölkerten so viele tumbe Neonazis, so viele gewaltbereite Gegner und so viele Polizisten wie noch nie. Denkt eigentlich noch jemand an die Bedürfnisse der Pforzheimer Bürger? Viele, die noch im vergangenen Jahr zur Kundgebung auf dem Marktplatz gekommen waren, sind zu Hause geblieben. Sie hatten Angst, ungewollt zwischen die Fronten zu geraten. Vor allem aber können sie nicht verstehen, warum kein gemeinsamer Weg gefunden wird, miteinander der Opfer der Kriege zu gedenken und dem braunen Spuk zu begegnen. Sie können nicht nachvollziehen, wieso monatelang über einer Formulierung für einen Aufruf gebrütet wird, dem Teile des bürgerlichen Lagers dann doch die Unterschrift versagen. Ganz klar: Es ist unabdingbar, im Widerstand gegen rechtsextremistische Strömungen Kante zu zeigen. Aber einem großen Teil jener, die die Stadt am Samstag im Wortsinn unsicher machten, ist Pforzheim völlig egal. Die Korrespondenzen auf Facebook und Twitter glichen denen von Hooligans vor Fußballspielen: Dagibt es Randale, da muss man dabei sein. Wer schon auf dem Weg zum Wartberg Steine aufklaubt, um damit später Polizisten zu bewerfen, der ist nur auf Krawall gebürstet. Wie immer nach einer solchen Eskalation gibt es Kritik wegen des massiven Einsatzes der Polizei. Aber wie groß wäre der Aufschrei, wenn die Beamten tatenlos zusähen, wie sich Autonome die Köpfe einschlagen und Leib und Leben Unbeteiligter gefährden? Die Demo vor dem Rex-Kino, bei der so viele Menschen friedlich gegen Rechts einstanden, wurde unterwandert und gnadenlos missbraucht. Ab sofort müssen die Aufarbeitung und zugleich die Vorbereitungen für den 23. Februar 2014 beginnen. Ohne Schuldzuweisungen und ideologisches Gezänk. Auf einen Nenner kommen müssen alle, die den Missbrauch des Gedenktags durch Neonazis verhindern wollen und die demokratischen Grundrechte achten. Erst wenn sie alle zusammenhalten, werden Extremisten und Militante endlich auf verlorenem Posten stehen.

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

...so viel essen wie Mensch kotzen möchte.