[S] Auswertung der Proteste gegen das Rassistenwochenende

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Vom 2. - 5. Juni fand in Stuttgart ein mehrtägiges Programm der islamophob-rassistischen Organisationen "Politically Incorrect - News" und "Bürgerbewegung Pax Europa e.V." statt, das durch vielfältige Proteste massiv gestört und behindert wurde. Hier nun eine Zusammenfassung und politische Auswertung der Ereignisse.

 


Dienstag

Die Protestkampagne gegen das sogenannte "Islamkritische Wochenende" der "Bürgerbewegung Pax Europa e.V." begann mit einer antifaschistischen Infoveranstaltung zum Thema "Akteure, Strukturen, und Ideologie des Rechtspopulismus"  zu der sich etwa 45 Interessierte einfanden. Einige Mitglieder der "Konservativen Aktion Stuttgart", sowie der BPE  versuchten teilzunehmen, wurden allerdings unverzüglich der Räume verwiesen.

 


Donnerstag
Der erste Aktionstag der Rechten, begann mit einer gutbesuchten antirassistischen Demonstration des Bündnisses "No Racism in Stuttgart". 300 TeilnehmerInnen zogen kämpferisch und motiviert durch die Stuttgarter Innenstadt und beendeten den angemeldeten Teil der Demo mit einem gemeinsamen Sprint in Richtung Schlossplatz - dem geplanten Veranstaltungsort der rechten Kundgebung inmitten der zentralen Konsummeile Stuttgarts.

Vor Ort wurde die bereits aufgebaute Bühne der Rassisten, sowie der gesamte Schlossplatz durch hunderte AntirasisstInnen besetzt. Nur durch mehrere brutale Prügelorgien der Stuttgarter Bereitschaftspolizei, die mit Fäusten, Schlagstöcken und Pfefferspray gegen AntirassistInnen vorging, konnte ein Häuflein von etwa 40 Rassisten eine kläglich anmutende Kundgebung nach stundenlanger Verspätung abhalten. Dabei sahen sich die Redner von fliegenden Eiern und Plastikflaschen, sowie von lautstarkem Protest hunderter GegendemonstrantInnen konfrontiert.
Der Polizeieinsatz in der Stuttgarter Innenstadt hatte zahlreiche Kopfverletzungen, einen gebrochenen Finger durch Schlagstockeinsätze, sowie unzählige Verletzungen von Atemwegen, Haut, und Augen durch massiven Pfefferspraygebrach zur Folge. Mindestens 12 AktivistInnen mussten unmittelbar in Krankenhäuser eingeliefert werden.

 

 

Freitag + Samstag
Die folgenden zwei Tage des "Islamkritischen Wochenendes" sollten den Rassisten mit Workshops und Seminaren zur internen Weiterbildung dienen.

Freitags hielt die Bürgerbewegung ihr Programm in den Räumen der Deutschlandzentrale der antisemitischen Pius-Bruderschaft in Stuttgart-Feuerbach ab. Sie selber bezeichneten diese Raumnutzung als letzte Möglichkeit, die nach der kurzfristigen, protestbedingten Absage von anderen Anmietungen zur Verfügung gestanden sei. Trotz bundesweiter Mobilisierung nahmen höchstens 40 Personen an den Workshops Teil.

Am Samstag mussten die Rechten ebenfalls auf alternative Räumlichkeiten zurückgreifen, da das "Bürgerzentrum Feuerbach" nach schriftlichen Protesten der Antifaschistischen Aktion Aufbau (Stuttgart), des Bündnisses "No racism in Stuttgart", sowie der VVN-BdA Stuttgart, die Raumanmietung der BPE kündigte.
Bemerkenswert ist, dass die Raumanmeldung der Rassisten in Feuerbach dem zuständigen Gemeinderat schon Monate vorher bekannt war. Erst durch die antifaschistische Intervention, sahen sich die Abgeordneten nach eigenen Angaben „aus Angst vor der Antifa“; also nicht aus politischen Gründen, dazu genötigt einzuschreiten, die Raumanmietung zu unterbinden und eine fadenscheinige Multi-Kulti-Veranstaltung zu organisieren.
Das Samstag-Programm der BPE fand stattdessen im Abacco-Hotel im Industriegebiet von Korntal-Münchingen bei Stuttgart statt. Dort mieteten sie sich von 10:00 bis 14:00 Uhr zwei Seminarräume für je 40 Personen an.

Das Bündnis "No racism in Stuttgart" organisierte am Samstag Vormittag eine antirassistische Kundgebung vor dem "Bürgerzentrum Feuerbach". Ein großer Teil der AktivistInnen begab sich bereits nach kurzer Zeit von der Kundgebung zu den nahegelegenen Räumlichkeiten der Pius-Brüderschaft. Im Innenhof des Geländes diskutierten sie mit anwesenden Sektenvertretern und vergewisserten sich, dass die Räume dem rassistischen Seminarprogramm nicht erneut als Veranstaltungort dienen. Nach kurzer Zeit nahm ein Großaufgebot der Stuttgarter Polizei 32 AktivistInnen mit dem Vorwurf des Hausfriedensbruchs im Innenhof der Kirche in Gewahrsam, filmte sie einzeln ab und pferchte sie in die Garage der nächstgelegenen Polizeiwache. Angeordnet wurde die Massenfestnahme durch einen Sektenvertreter persönlich.

Solidarische AntirassistInnen formierten daraufhin einen spontanen Demonstrationszug zur Polizeiwache und forderten vor Ort lautstark die Freilassung der Festgenommenen. Nach etwa einer Stunde beendete die Polizei die Ingewahrsamnahme und die AktivistInnen zogen in einer erneuten Spontandemonstratione gemeinsam zum Feuerbacher Bahnhof.   

 

 

Sonntag
Die für Sonntag angekündigte Demonstration der Rassisten in der Stuttgarter Innenstadt wurde aufgrund der vorangegangenen Proteste abgesagt. Am selben Tag fand jedoch in Abstimmung mit den Aktivitäten der BPE und zahlreichen personellen Überschneidungen ebenfalls in Stuttgart der Gründungsparteitag einer Landesgliederung der jungen rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“ statt.

In den Räumen des „SpOrt Stuttgart – Sport-, Bildungs- und Dienstleistungszentrum GbR" in Stuttgart - Bad-Cannstatt, streng geschützt durch Bereitschaftspolizei mit Hunden, Pferden und zivilen Beamten, versammelten sich gegen 14:00 Uhr Baden-Württemberg-weit angereiste Parteimitglieder, um ihre Landessektion zu gründen.
Etwa 40 AntirasisstInnen begaben sich nach der kurzfristigen Bekanntmachung der Räume dorthin und hielten eine spontan angemeldete Kundgebung vor den streng bewachten Räumen des Parteitages ab.


Weitergehende Proteste

Neben den Kundgebungen und Demonstrationen, griffen einige AntifaschistInnen auch zu weitergehenden Mitteln, um die rassistischen Veranstaltungen nachhaltig zu behindern. Am Donnerstag wurden Mitglieder der „Konservativen Aktion Stuttgart“ auf dem Schlossplatz  mit handfesten Argumenten verjagt.
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag wurde das Abacco-Hotel, das zu diesem Zeitpunkt noch als Veranstaltungsort des Landesparteitags der „Freiheit“ am folgenden Sonntag bekannt war, mit Steinen und Farbe angegriffen. In einem Bekennerschreiben dazu, das auf Indymedia Linksunten erschien, wurde direkt auf den Parteitag Bezug genommen. Die Konsequenz war, dass „Die Freiheit“ sich für ihren Parteitag neue Räume suchen musste.
Das Veranstaltungstechnikunternehmen, das den Bühnenaufbau der Rassisten für die Veranstaltung auf dem Schlossplatz übernahm und darüberhinaus ankündigte, selbiges ohne Probleme auch für die geplante Demonstration am Sonntag zu übernehmen, bekam laut einem Bericht auf „pi-news“ ebenfalls nächtlichen Besuch. Der Firmenwagen des Inhabers brannte vollständig aus.
Zudem gerieten einige Funktionäre der Partei „Die Freiheit“ am Sonntag vor ihrem Landesparteitag in einem Parkhaus in eine handfeste Auseinandersetzung mit Antifaschisten. Unter ihnen war auch der Landeskoordinator der Partei in Baden-Württemberg, Joachim Reymann.


Was bleibt?

Mit den vielfältigen Aktionen gegen das Rassistenwochenende in Stuttgart  wurde an die in den letzten Jahren vorangegangenen Proteste gegen Rechtspopulismus in anderen Städten angeknüpft.

Sicherlich handelt es sich bei der „Bürgerbewegung Pax Europa e.V.“ um eine relativ einflusslose und skurille Organisation, die weder in die bürgerliche Mitte, noch im Lager der faschistischen Rechten großen Zulauf zu erwarten hat. „Die Freiheit“ hingegen erreicht mit ihrer bundesweiten Struktur und einem Klientel, das größtenteils der bürgerlichen Mitte entspringt ein wesentlich größeres Potenzial. Der Aufbau von Landesgliederungen vollzieht sich aktuell in verschiedenen Bundesländern
Der Strukturaufbau dieser Organisation in Baden-Württemberg muss also weiter im kritischen Fokus antifaschistischer Analysen bleiben.

Im Gegensatz zum gesellschaftlich schon breit verankertem Widerstand gegen offene Faschisten, gilt es bei der Arbeit gegen die rechtspopulistische Strömung noch einiges an grundlegender Aufklärungs- und Vermittlungsarbeit zu leisten. Die anwachsende Gefahr, die zwar nicht von jeder der auf diesem Gebiet arbeitenden Organisationen, wohl jedoch von der ideologische Strömung im Gesamten ausgeht und dabei erfolgreiche Vorbilder in ganz Europa hat, ist weder in der linken antifaschistischen Bewegung, noch in den den Köpfen der Zivilgesellschaft ausreichend präsent. Trotz dieser Schwierigkeit beteiligten sich zahlreiche AntirasisstInnen aus verschiedenen Spektren der Linken in und um Stuttgart aktiv an den Protesten.

Wir haben die Rechten bei ihren Versuchen, möglichst „bürgernah“ und „seriös“ aufzutreten erheblich gestört und entscheidenden Einfluss auf die Form und den Ablauf ihrer Veranstaltungen gehabt. Die Vielfältigkeit des Widerstandes war ausschlaggebend für ein Gesamtszenario, dass den Handlungsspielraum der Rechten immer weiter einschränkte.

Aus den massiven Repressionsschlägen, die mit den Gegenprotesten verbunden waren, müssen wir lernen und die richtigen Konsequenzen ziehen. Die Vorbereitung auf heftige Polizeiangriffe und unvermittelte Massenfestnahmen muss zukünftig Teil jeder größeren Mobilisierung in Stuttgart sein und schon im Vorfeld unter anderem mit Strukturen wie der Roten Hilfe diskutiert werden. Das brachiale und völlig unverhältnismäßige Vorgehen der Stuttgarter Polizei ist nicht als skandalöser Einzelfall, sondern vielmehr als Tendenz zu verstehen, die immer wieder neue „Höhepunkte“ mit sich bringt. (1. Mai 2010, Stuttgart 21...)
Die von Repression im Rahmen dieser Mobilisierung Betroffenen (Verletzte, Festgenommene...), sollten sich schnellstmöglich mit der Roten Hilfe in Verbindung setzen, um die nachträgliche Arbeit zu den Vorfällen in Gang zu bringen.

Wir hoffen, mit den Protesten, mögliche Orientierungspunkte und vor allem motivierende Eindrücke all denjenigen gegeben zu haben, die sich in Zukunft mit ähnlichen rechten Veranstaltungen konfrontiert sehen.
In diesem Sinne: Wir haben erst angefangen!

Rassismus bekämpfen!

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blablabla rassisten blablabla antirassisten blablabla rassisten blablabla antirassisten blablabla.. wait what? oh, exakt: das letzte wozu man lust hat ist sich einmal wirklich mit etwas auseinanderzusetzen. nein, in stuttgart hechelt man ständig vor geilheit aufs faschos boxen dass die zunge viel zu träge geworden ist zum reden. mit sicherheit aber hat man keine lust darauf auch nur anzuerkennen, dass man so dogmatisch ist bis zum geht nicht mehr. aber in stuttgart - wo man bei protesten gegen rassisten transparente spazieren führt die für proletarischen internationalismus sind und selbstverständlich gegen israel - ja in stuttgart, da hat man net nur n problemlä mitm scheffe von dem eisenbahnle, ne, in stuttgart da hängt man halt noch an begriffen wie dem des volks. und damit manövriert man sich bekanntermaßen selbst ins aus. wie? achja, genau: zwangsweise einhergehende selbstbezichtigung als teils eines solchen kollektivs, deklariert logischerweise alles was nicht zum eigenen kollektiv gehört zum anderen. und da die kritik der anderen stets das ressentiment impliziert - holy crap, you've got it: 's springt nicht viel mehr raus als behäbige anbiederung.

und weil man es sich in stuttgart nicht nur in diesem fall einfach macht, macht man's auch woanders. die einen sind rassisten, die anderen antirassisten. und da juckt es einen nicht dass die leute bei pi zwar keine rassisten sind (aber durchaus völkische idioten), sondern alles was irgendwie auch nur ansatzweise xenophob wirkt ist, klar AND THE OSCAR GOES TO: rassismus.

dass man selbst gerne mal darüber hinweg sieht wenn andere völkchen ihr ding machen (frauen steinigen, homosexuelle köpfen, selbstmordattentage bejubeln), weil das ja kultur ist und hauptsache sei doch der antiimperialistische kampf, das zeigt nur eines: antirassismus verkommt allzu leicht zu dem was es vorgibt zu bekämpfen. aber genug aufgewärmtes, die leute von pi sind sicherlich idioten, aber sie als rassisten zu bezeichnen ist nicht nur ein leichtfertiger umgang mit dem begriff, es beweist auch wo die stuttgarter linke steht: tief in der steinzeit. und zwar sehr sehr sehr sehr sehr sehr sehr tief, wirklich. in stuttgart ist man schnell bei hand mit falschen beschuldigungen, aber mit vernunft ist es leider nicht weit her. zu antisemitischen aufmärschen von tausenden die nichts anderes als die vernichtung israels im sinn haben - besonders motiviert dadurch, dass juden sich selbst verteidigt haben - hat man wenig zu sagen. wie denn auch: man ist ja selbst mittendrin zwischen den alluh akbar rufen und den kindermörder-israel-schildern.

 

whatever, dieser beitrag ist dazu gedacht einen konstruktiven beitrag zu leisten, zu einer positiven entiwkclung der stuttgarter linken. also: das hier lesen: http://www.emanzipationundfrieden.de/was_ist_antiamerikanismus.htm

 

diverse vorschläge

dem ist nichts mehr hinzuzufügen

danke für diesen schönen kommentar. hätte ihn sonst selbst schreiben müssen!

Dass ausgerechnet von antideutscher Seite eine Kritik daran formuliert wird, dass  "leichtfertig mit dem Begriff Rassismus" umgegangen wird, ist wirklich zum schmunzeln. Leute die jeden der Kritik an den Menschenrechtsverletzungen des israelischen Staates, seiner reaktionären und rassistischen Politik, militärischen Angriffen etc. übt, gleich als "Antisemiten" titulieren, sollten sich doch erst mal an die eigene Nase fassen und sich darüber klar werden, dass sie es sind, die wichtige Begriffe beliebig und falsch verwenden. Abgesehen davon, zeugt es schon von einer sehr fragwürdigen Positionierung, Gruppierungen wie PI nicht als rassistisch bezeichnen zu wollen, was denkst du denn, woran sie ihre "völkische" Position (die du offenbar auch wahrnimmst) festmachen, wenn nicht an rassistischen Kriterien?

 

Ansonsten enthält der Kommentar den üblichen Müll von dieser Seite - ein paar Unterstellungen, ein paar Behauptungen, ein bischen Werbung für eine bürgerliche Gruppierung, die nur vordergründig Fortschrittlich ist u.ä. Gähn.

Danke für die Weisheiten - Leuten die was gegen rechte Veranstaltungen machen, "geht es nur ums Faschos boxen".... bei den Leuten in Stuttgart "ist die Zunge zu träge zum reden"... man ist dort "dogmatisch bis zum geht nicht mehr" und es ist schlimm, Transparente für proletarischen Internationalismus zu tragen... blablablabla

Zum Glück gibt es ja noch die wahren Helden dieser Zeit, die erkannt haben, dass der "Antiamerikanismus" das wirklich Schlimme ist, gegen das es zu agitieren gilt. Es kann ja nicht sein, dass Leute heutzutage zu heftige Kritik an der Verfasstheit eines Staates üben, der die ökonomischen Interessen seiner herrschenden Klasse weltweit durch barbarische Kriege durchsetzt, foltert, die reaktionärsten Regimes unterstützt, die Welt mit Waffen überflutet usw. usf. Da muss man wirklich mal was dagegen machen und allen Leuten klar machen, dass eine Kritik daran ganz ganz böser "Antiamerikanismus" ist.

 

Eigentlich wären Leute wie ihr doch wirklich besser im Forum der Jungen Union oder der Jungen Liberalen aufgehoben - dort wird gegen linke Aktionen genauso substanzlos und basierend auf hasserfüllten Behauptungen gehetzt und natürlich auch gegen Antiamerikanismus gewettert. Pseudo-antikapitalistische Phrasen gibt es dort zwar nicht, aber wer keine dahingehende Praxis hat, kann doch eigentlich darauf auch verzichten, oder?