Aufruf zum Inter*- und Trans*-Block auf der Demo zum Frauenkampftag 2015

Frauenkampftag Berlin

Am 8. März 2015 findet in Berlin erneut eine feministische Demonstration zum Frauenkampftag statt. Das breit aufgestellte Bündnis hatte im letzten Jahr versucht, Trans*- und Inter*-Personen in die Demonstration einzubeziehen. Es gelang dem Bündnis jedoch nicht, die spezifischen Diskriminierungs-Erfahrungen von intergeschlechtlichen Menschen und Trans*-Personen, insbesondere von Transfrauen, zu berücksichtigen. Lediglich durch den Inter*- und Trans*-Block sowie durch die Rede der trans*genialen f_antifa, gelang es, diesen Themen Präsenz zu verschaffen.

 

Leider hat das Bündnis es versäumt, die im letzten Jahr geäußerte Kritik aufzugreifen und Inter*- und Trans*-Perspektiven zu berücksichtigen. Im Aufruf zur diesjährigen Demonstration heißt es nur: »Frauen*, Trans*- und Inter*-Personen werden abgewertet und oft unter Gewaltanwendung diskriminiert.« Es wird sich nicht geäußert zu den gewaltvollen und häufig traumatisierenden Genital-Operationen, die – auch in Deutschland – täglich an intergeschlechtlichen Kindern durchgeführt werden, um sie einem der beiden offiziell anerkannten Geschlechter zuordnen zu können. Kein Wort wird verloren über die unzähligen Morde, die weltweit jedes Jahr aus Transmisogynie an Transfrauen verübt werden. Es wird nicht darüber gesprochen, dass es in dieser Gesellschaft nahezu unmöglich ist, sich jenseits der Kategorien ›Frau‹ und ›Mann‹ zu verorten. Eine feministische Bewegung, welche diese Aspekte von geschlechtlicher Unterdrückung nicht mitdenkt, wird patriarchale Herrschaftsverhältnisse stabilisieren anstatt sie abzuschaffen.

 

Zudem sind wir wütend darüber, dass das Bündnis es nicht schafft auf cis-sexistische Sprache zu verzichten, wenn über die körperliche Selbstbestimmung im Zusammenhang mit Schwangerschafts-Abbrüchen gesprochen wird. Im Aufruf wird das »Recht auf Schwangerschaftsabbruch« als »ein fundamentales Recht der Selbstbestimmung von Frauen*« bezeichnet. Dabei werden mehrere Dinge übersehen. Zum einen können nicht alle Frauen schwanger werden, zum Beispiel Transfrauen. Zudem können auch Menschen schwanger werden, die keine Frauen sind, beispielsweise Transmänner, nicht-binäre intergeschlechtliche Menschen und andere Personen, die sich keinem der beiden gesellschaftlich anerkannten Geschlechter zuordnen können oder wollen. Menschen mit unterschiedlichen Identitäten und Selbstdefinitionen können somit schwanger werden und brauchen ungehinderten Zugang zu Schwangerschafts-Abbrüchen.

 

Außerdem fragen wir uns warum im Aufruf nicht differenzierter auf weitere Unterdrückungsformen eingegangen wird. Warum werden zum Beispiel Sexarbeiter_innen und ihre Kämpfe nicht benannt? Die Kriminalisierung von Sexarbeit, wie sie letztes Jahr von einigen Teilnehmer_innen der Demonstration gefordert wurde, ist anti-feministisch, da sie Sexarbeiter_innen das Recht auf körperliche Selbstbestimmung abspricht. Im Aufruf zum diesjährigen Sexarbeiter_innen-Block wird zudem klargestellt: eine Kriminalisierung »richtet sich in erster Linie gegen marginalisierte Sexarbeiter_Innen wie zum Beispiel die, die es nicht schaffen einen ausreichenden legalen Status zu erhalten. Mehr Kontrolle bringt mehr Stigma!« Anstatt sich im Aufruf zur diesjährigen Demo mit den Forderungen der Sexarbeiter_innen zu solidarisieren, positioniert sich das Bündnis lieber mit einem lauwarmen Statement gegen »jedwede Gewalt auf der Demo« im Vorjahr. Dies ist eine Anspielung auf den Versuch des Sexarbeiter_innen-Blocks, die Befürworter_innen einer Kriminalisierung von Sexarbeit aus der Demo zu drängen. Wir solidarisieren uns hiermit ausdrücklich mit dem Sexarbeiter_innen-Block und den Forderungen der Sexarbeiter_innen!

 

Wir fragen uns auch, warum im Aufruf von ›Migrantinnen‹ gesprochen wird und nicht von Menschen, die von Rassismus betroffen sind? Hier übernimmt das Bündnis die weiss-deutsche Annahme, ›migrantisch‹ sei gleichzusetzen mit ›nicht-weiss‹. Indem alle Menschen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen und von Rassismus betroffen sind als ›migrantisch‹ bezeichnet werden, wird ihnen der Status ›der Anderen‹ zugeschrieben und somit rassistisches Denken übernommen. Zudem wird die Existenz von Schwarzen Feminist_innen und Feminist_innen of Color sowie ihre Geschichte von Widerstand gegen Rassismus und Patriarchat nicht anerkannt. Es waren und sind diese Kämpfe, die unsere gesellschaftlichen Verhältnisse radikal verändert haben und sie weiter verändern werden. Wir können außerdem nicht verstehen, warum die Erfahrungen von geflüchteten Frauen völlig ignoriert werden. Letztes Jahr forderte die Gruppe Women in Exile auf der Demo: »Keine Lager für Frauen! Alle Lager abschaffen!« Diese Forderung wurde im diesjährigen Aufruf nicht aufgegriffen.

 

Wir kämpfen für einen intersektionalen Feminismus, also für einen Feminismus, der stets versucht, alle Formen von Diskriminierung mitzudenken. Dabei müssen immer auch die Überschneidungen von verschiedenen Diskriminierungs-Formen beachtet werden. Feminismus ist nicht nur ein Kampf von weissen, akademischen, dünnen, able-bodied, nicht-jüdischen, heterosexuellen Cisfrauen. Für uns ist der Frauenkampftag ein Tag, an dem wir nicht nur gegen das Patriarchat auf die Straße gehen, sondern gemeinsam für ein selbstbestimmtes Leben ohne jede Form von Diskriminierung demonstrieren. Wenn eine feministische Bewegung sich nur auf Sexismus und patriarchale Unterdrückung konzentriert, wird sie die gleichen Fehler begehen, wie viele feministische Aktivist_innen vor uns und lediglich eine Bewegung von Privilegierten für Privilegierte sein. Mit dem Inter*- und Trans*-Block wollen wir also nicht nur den Cis-Sexismus und die Transfeindlichkeit von feministischen Akteur_innen wie beispielsweise dem Frauenkampftags-Bündnis kritisieren, sondern klarstellen, dass Feminismus intersektional sein muss, um Herrschafts-Verhältnisse wirksam bekämpfen zu können.

 

Kommt zum Inter*- und Trans*-Block
auf der Demo zum Frauenkampftag

 

8. März 2015, 13 Uhr
Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin

 

Treffpunkt: Rosa-Luxemburg-Straße Ecke Hirtenstraße
vor dem Kino Babylon
(gleicher Treffpunkt wie für den Sexarbeiter_innen-Block)

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Sind die zwei drei negativen, pöbel Kommentare oben ernst gemeint? Fast alles was in diesem Aufruf / dieser Kritik steht scheint mir sinnvoll und wichtig zu sein.

Das die spezifische Diskriminierung von Transmenschen häufig nicht mitgedacht wird zeigt, dass auch viele sich als Feminist_innen Verstehende den starren gesellschaftlichen Kategorien verhaftet bleiben.

Ich kann mich auch an die Kritik vom letzten mal erinnern (insbesondere auch im Bezug auf Sexarbeit), aber ich dachte aus diesem Grund gäbe es diesmal ein weiteres, klar linksradikales Bündniss, das zu der Demo aufruft und sie plant.?

Ich finde diesen ganzen Schmarren mit extra Transgender Block, hinweis auf Transgender und die dieskusionen um Transgender Klos zu kotzen. Ich fühle mich als Frau nach meiner Umwandlung, also warum zum Henker soll ich ncith einfach auf die Frauentoilette und auf der Demo in den Frauenblock???? Ich hab nicht umsonst immer einen Schal um der meinen Adamsapfel verdeckt, da soll ich mir vielleicht noch Plakativ eine Leutreklame mit "Transgender " überm Kopf montieren? Ihr habt einfach keine Ahnung, die meisten Transgender möchten nicht als irgend ein Alienartiges drittes geschlecht wahrgenommen werden sondern ganz normal in des jenige geschlecht zu dem sie sich hin gewndelt haben. Ich bin eine Frau und brauche keinen Stempel. Punkt. Differenzieren ist Diffarmieren. Für einen normalen Umgang mit Transsexuellen Menschen.

Keine_r zwingt Dich, im Inter*- und Trans*-Block mitzulaufen. Wenn Du Dich im Frauenblock (der übrigens auch als Block für "Frauen, Lesben, Trans, Inter" angekündigt ist) wohler fühlst, dann lauf doch einfach dort mit. Niemand will Dir das Label "Transgender" aufzwingen. Wenn Du sagst, Du bist eine Frau und keine Transfrau, dann bist Du eine Frau. Darüber gibt es gar keine Diskussion. Es wäre allerdings toll, wenn Du anerkennen würdest, dass es eben nicht nur Männer und Frauen gibt (egal, ob cis, trans oder ohne diese Label), sondern auch Menschen, die sich jenseits dieser Kategorien verorten. Und bitte vergiss nicht, dass Transsein für manche Menschen ein wichtiger Teil ihrer Identität ist.

Leider wohne ich zu weit weg um "mal eben" vorbei zu kommen. Aber inhaltlich beglückwünsche ich den textenden Menschen - diese Selbstverständlichkeit der Diskriminierung im vermeintlichen "inner circle" passiert doch nur, weil sich viele der Alt- und leider auch Neuaktivist_innen ihrer eigenen Privilegien nicht bewusst sind.

Solidarische Grüsse aus dem Rheinland!

Ihr seid wenig Leute und bekommt es nicht hin, kontinuierlich in politischen Bündnissen zu arbeiten. Soweit so gut bzw. schlecht. Jetzt aber das Frauen*kampftags-Bündnis anzupissen, obwohl ihr eingeladen wart, da eure Inhalte einzubringen (die Offenheit bestand definitiv), ist unterste Schublade. Ihr habt es trotz mehrfacher Animation nichtmal geschafft, den Aufruf "Making Feminism A Threat" zu unterstützen geschweige denn im entsprechenden Bündnis mitzuarbeiten - obwohl deren Positionen (zu Sexarbeit, "Intersektionalität", Inter*- und Trans*phobie) quasi deckungsgleich mit Euren sind.