Die Olympischen Spiele – Militär in den Straßen und Soldat*innen in Turnhosen!

"friedliche" Spiele in London

Dass olympische Spiele eine Veranstaltung des friedfertigen Wettkampfs seien, dass ein ominöser Geist der Fairness, Völkerverständigung und Friedfertigkeit im Vordergrund stünde, glaubt kein Mensch. Vielmehr bedeuten olympische Spiele eine Militarisierung der inneren Sicherheit und ein Schaulaufen nationaler Wehrhaftigkeit. Das ist keineswegs nur metaphorisch zu verstehen, denn in vielen Mannschaften stellen Soldat*innen einen beträchtlichen Teil des nationalen Kaders.

 

Der Militarismus der olympischen Spiele, ist so alt wie diese selbst, aber in den letzten Jahrzehnten nutzen Regierungen, in dessen Ländern die Spiele veranstaltet werden, diese gerne für eine zunehmende Militarisierung der öffentlichen Sicherheit. Zuletzt ließ sich dieses Phänomen bei den olympischen Sommerspielen in London eingehend studieren. In diesem kurzen Text soll anhand der Londoner Spiele und anhand der deutschen Sportsoldat*innen der Zusammenhang von Olympischen Spielen und Militarismus illustriert werden.

 

Das Beispiel London


In Anlehnung an eine Großoffensive der Sicherheitsbehörden nach meherere IRA Anschlägen im Jahr 92/93 nannten die britischen Sicherheitsbehörden das, was sie da um da um die Londoner Spiele herumgezogen hatten einen „Ring aus Stahl“.


Von den 49.000 (!) Uniformierten, die zum Schutz und zur Überwachung der Spiele mobilisiert worden waren, befanden sich 17 000 Soldat*innen. Außerdem 12.500 Polizist*innen, 1000 FBI- und US-Agenten, 4000 Sicherheitskräfte von G4S – 3800 Mitarbeiter des MI5 (englischer Geheimdienst) hatten Urlaubssperre. Zudem lag der mit 203 Metern größte Hubschrauberträger der Royal Navy als Kommandozentrale in der Themse. Außerdem flogen Kampfflugzeuge und -hubschrauber durch die Lüfte und es wurden Boden- und Luftraketen stationiert. Sechs Raketenabwehrgeschosse wurden in Parks und auf Wohnhausdächern im Umfeld der Sportaustragungsstätten installiert. Der ständig über Ostlondon kreisende Kampfhunschrauber machte den Ausnahmezustand perferkt. Gleichzeitig war der Luftraum Londons für Privatpiloten gesperrt, wer durch die Sicherheitszone geflogen wäre, hätte den Abschuss riskiert.


Die Sicherheitskosten der Londonerspiele allein ließ sich der Englische Staat über eine Milliarde Pfund kosten. Im Vorfeld der Spiele wurden in London mehrere militärische Mannöver durchgeführt, um die Stärke der Streitkräfte zu demonstrieren, was den Lebensraum von Millionen Menschen zur Kulisse für das urbane Training der Sicherheitsbehöden degradierte. Damit fand im Rahmen der olympischen Sommerspiele 2012 in London die größte englische Militäroperation seit dem zweiten Weltkrieg statt.

 

Das Unternehmen G4S stellte 4000 Sicherheitskräfte für den inszenierten Ausnahmezustand in London. Der private Sicherheitskonzern, hat rund 620.000 Mitarbeiter*innen, und ist in über 115 Ländern aktiv. In England hat dieses private Unternehmen mittlerweile weite Teile der früheren Polizeiaufgaben übernommen, außerdem ist es für Abschiebungen zuständig und ist in Gefängnissen vertreten. 2013 machte G4S einen Gewinn vor Steuern und Abschreibungen von 442 Millionen Pfund, umgerechnet 546,4 Millionen Euro.

 

Die ohnehin schon überbordende Videoüberwachung wurde für Olympia noch weiter ausgebaut. Die Spanne reichte von komplexer Videoüberwachung, die Risiken wie potenzielle Kofferbomben automatisch identifizieren sollte, über Sensoren, die Gifte oder Sprengstoffe erschnüffeln, bis zu fliegenden Drohnen, die Menschenströme überwachen und Verdächtige verfolgen können. Selbst bombensichere Mülleimer hatte die Stadt aufgestellt.


Für die Sicherheitsbranche ist das alles eine große Generalprobe: Was an der Themse funktioniert, das schützt künftig auch andere Großveranstaltungen, wie Industriemessen, Wirtschaftsgipfel, Fußballmeisterschaften und Open-Air-Festivals, Volksfeste oder Kirchentage und lässt die Kasse der Sicherheitsunternehmen klingeln.

 

Dass auch die Sicherheitsbehörden in Berlin sich diese Chance nicht entgehen lassen werden, sollte Berlin tatsächlich das Olympia-Spektakel aufgedrückt bekommen, zeigt bereits eine Pressemitteiligung der Deutschen Polizeigewerkschaft Berlin (DPolG): „Die DPolG Berlin unterstützt Olympische Spiele in Berlin nicht nur wegen der Innovationskraft und Außenwirkung für die Stadt, sondern auch, weil sie die Chance bieten, die Berliner Polizei personell und in der technischen Ausstattung gebührend zu einer innovativen internationalen Hauptstadtpolizei fortzuentwickeln.”

Soldat*innen in Turnhosen – Die Sportförderung der Bundeswehr


Aber nicht nur außerhalb des Stadions oder auf den Zuschauertribünen ist die Präsenz von Angehörigen des Militärs Normalität. Auch unter den Athlet*innen ist die Zahl der Soldat*innen oder Polizist*innen erschreckend hoch. Von den 391 Sportler*innen der deutschen Mannschaft in London waren 108 (27,6%) bei der Bundeswehr angestellt, 25 waren Angehörige der Bundespolizei (6,4%) und elf waren Polizist*innen der Länder (2,8%). Die Zahlen der vorherigen Spiele in Peking waren ähnlich hoch. Dort waren 29% des Teams Soldat*innen und 3,9% beim ehemaligen Bundesgrenzschutz unter Vertrag. Die Bundespolizei erklärte nach den Londoner Spielen voller Stolz, die Polizist*innen sei die erfolgreichste Berufsgruppe innerhalb der deutschen Mannschaft gewesen.

 

Zwei Jahre später kamen bei den Winterspielen von Sotschi (2014) die Hälfte der Athlet*innen aus Bundeswehrkasernen. 76 der 152 vom DOSB nominierten Sportler*innen waren Teil der Sportfördergruppen der Bundeswehr. 30 stellte die Bundespolizei und 13 der Zoll. Insgesamt waren somit 80% der deutschen Olympiamannschaft Teil der deutschen Repressionsorgane. Erstmals waren auch drei Teilnehmende der Paraolympischen Spiele bei der Bundeswehr unter Vertrag (2013 wurde ein entsprechendes Rahmenabkommen zwischen der Bundeswehr und dem Deutschen Behindertensportverband unterzeichnet). Auch die Mannschaftsklamotten lieferte, wie schon in Turin 2006 und Vancouver 2010, die Bundeswehr nach Sotschi. Für die Produktion stellte das Militär über 40 zivile Bundeswehrmitarbeiter ab.

 

Die sogenannte Spitzensportförderung der Bundeswehr wurde für die Männer bereits 1968 vom Bundestag ins Leben gerufen. Frauen werden erst seit 1992 unterstützt. Sie wird von der Streitkräftebasis organisiert. Das ist die Teilstreitkraft der Armee, die für alle militärischen Angelegenheiten an der „Heimatfront“, wie etwa die zivilmilitärische Zusammenarbeit im Inland, zuständig ist. In den 15 bundesweit verteilten militärischen Sportfördergruppen (Davon eine in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin) werden derzeit 744 Förderplätze, darunter 50 Trainerstellen, für Sportler olympischer und nicht-olympischer Disziplinen und sechs Förderplätze für Behindertenathleten zur Verfügung gestellt. Dazu kommen noch 40 „Dienststellen“ für „Stamm- und Führungspersonal“. Insgesamt lässt sich das Bundesverteidigungsministerium ihre Truppen für körperliche Ertüchtigung 32 Millionen Euro im Jahr kosten. Wer in die Gruppen aufgenommen wird, entscheiden Das Innen-, das Verteidigunsministerium und der Deutsche Olympische Sportbund zusammen.

 

Die Investition scheint sich im Sinne des Erfinders ausgezahlt zu haben: Bei den vergangenen elf Sommer- und Winterspielen seit 1992 (Barcelona und Albertville) haben Sportsoldat*innen 205 Medaillen (71 Gold/65 Silber/69 Bronze) erkämpft. Laut Bundeswehr sind das 44 Prozent der insgesamt 465 Plaketten für deutsche Athlet*innen.


So heißt es dann auch folgerichtig im nationalen Spitzensportkonzept des DOSB: „Wichtigster Zuwendungsgeber bleibt das Bundesministerium des Innern. Bundeswehr und Bundesgrenzschutz
garantieren Athletinnen und Athleten optimale Rahmenbedingungen für ihre leistungssportliche Laufbahn.“ Und IOC-Präsident und Oberkotzbrocken Dr. Thomas Bach erklärt ergänzend in der Broschüre des Bundesverteidigungsministeriums „Konstant in der Erfolgsspur. Die Spitzensportförderung der Bundeswehr“, warum auch das Militär davon profitiert: „Weit über die gewonnenen Titel und Medaillen hinaus geben die Erfolge der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ein attraktives Gesicht. Sie tragen das Bild einer demokratischen, sympathischen und der Verständigung verpflichteten Bundeswehr in alle Welt. Innerhalb der Bundeswehr dienen die Soldatinnen und Soldaten als hervorragende Vorbilder für Erfolge durch Leistung, Disziplin und Organisationsfähigkeit. Damit fördern sie einen gesunden Patriotismus ohne Nationalismus.“ “

Die Spitzensportförderung ist laut Bundeswehr „unter anderem dadurch legitimiert, dass Erfolge deutscher Athletinnen und Athleten bei internationalen Wettbewerben das Bild Deutschlands in der Welt mitprägen und damit der gesamtstaatlichen Repräsentation dienen“. Angesichts der regelmäßigen Berichterstattung über die Erfolge der Sportsoldat*innen in der hauseigenen Wochenzeitung des Bundesverteidigungsministeriums, „aktuell“, tragen diese auch zur psychologischen Stärkung des Korpsgeistes bei. Nach außen betreiben die Militär-Athlet*innen natürlich Werbung für den „Arbeitgeber Bundeswehr“. So sind sie vertraglich angehalten, dass Bundeswehr-Logo auf ihrer Freizeit- und Sportkleidung „z.B. bei öffentlichkeitswirksamen Auftritten“ und seit 2000 auch bei Olympia „deutlich sichtbar zu tragen“.

Neben Deutschland praktizieren solche Modelle übrigens auch Österreich, die Schweiz, Italien, Frankreich, China, Russland, die Ukraine, Slowenien, Schweden, Lettland, Litauen, Slowakei, Finnland, Norwegen, Rumänien, die USA, Japan und Spanien.

 

Die Propaganda, ehemals militarisierte olympische Spiele seien einem modernen zivilen Wettkampf gewichen, ist eben nichts als Propaganda. In ihrer gesamten Geschichte waren die Spiele von Nationalismus und Militarismus geprägt. Und auch die Spiele 1936 in Berlin sind keineswegs ein „Unfall“ der olympischen Sportgeschichte gewesen, sondern verkörperten Olympia so wie es sich selbst verstand. Baron Pierre de Coubertin, Grundüngsmitglied des IOC und dessen erster Generalsekretär konnte sich seinerzeit kaum einkriegen vor Begeisterung gegenüber den Nazispielen: In einer Rundfunkvortragsreihe fürs Propagandaministerium verkündete er: „Das erste und das wesentlichen Merkmal des alten wie des modernen Olympismus ist: eine Religion zu sein. Durch Leibesübungen formte der Wettkämpfer der Antike seinen Körper wie der Bildhauer seine Staue und „ehrte dadurch seine Götter“. Der Wettkämpfer der Neuzeit, der gleiches tut, erhöht damit sein Vaterland, seine Rasse, seine Fahne. (…) Das zweite Merkmal des Olympismus ist, daß er Adel und Auslese bedeutet, aber wohl verstanden einen Adel der von Anfang an vollkommene Gleichheit bedeutet, der nur bestimmt wird durch die körperliche Überlegenheit des einzelnen (…) Aber eine Auslese zu sein genügt nicht, sie muss mit Ritterlichkeit verbunden sein. Ritter sind vor allem „Waffenbrüder“, tapfere energische Männer.“

 

Da hilft nur eins: Olympia verhindern – IOC zerschlagen!

olympiaverhindern.blogsport.de

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Die extrem negativ und militaerisch assozierte Darstellung in dem Artikel rueckt das Licht voellig auf das angeblich militaerische und blendet voellig aus, dass es ohne Sportfoerderung ziemlich duester im Deutschen Spitzensport aussehen wuerde. Mag ja auch alles so beabsichtigt sein und wer die olympischen Spiele ausschliesslich als militaerische Aktion im Heimatland und nicht unter dem urspruenglichen Gedanken sieht mag das auch verargumentieren.

Ich war selber eine zeitlang in einer Sportfoerdergruppe und bin fuer die Moeglichkeit sich dort auf den Sport konzentrieren zu koennen ohne parallel Ueberlegen zu muessen wie man sein Euqipment, das Training und seine Miete zusammenbekommt sehr dankbar. Wer also nie in der Sportfoerderung war sollte sich nicht anmaßen sie als Militaerische Aktion zu verteufeln. Wir haben teilweise ueber Wochen, Monate keine Uniform getragen sondern uns auf unseren Sport konzentriert wie es sonst nur schwer moeglich gewesen waere.

Aber das ist hier wahrscheinlich nicht die Plattform um offen ueber die Vorteile von Sportfoerderung zu sprechen, wenn jedweder Sport gleich auf die kommerziellen Themen reduziert und als kapitalistische Ausbeutungbklassifiziert wird.

Ihr habt also tatsächlich ab und zu auch mal die Uniform ausgezogen?

 

Schäm Dich, daß Du die Uniform der deutschen Mörder überhaupt getragen hast! Und seitdem hast Du ja offenbar nix dazugelernt... was ist los? Ist denken zu anstrengend?

Die Sportfördergruppen sind Auffangbecken für unsere Athleten, die wenigsten verbleiben nach der sportlichen Karriere bei der Polizei oder Bundeswehr!
Was können unsere Athleten für die marode Sportförderung Deutschlands?!

Und zum Artikel bleibt zu hinterfragen, ob man nicht aus den Lehren Münchens '72 gelernt hat oder dem Boston Marathon?