Erneut laute Spontandemonstration gegen deutsche Progromstimmung und für ein Bleiberecht der Gruppe Lampedusa am Samstagabend. Laut und ohne Polizei wurden alle relevanten Punkte der Hamburger Innenstadt besucht. Unangemeldete, tägliche Spontis gehen in die fünfte Woche.
Am Abend des Samstag 9. November, dem Tag der Reichsprogromnacht, fand sich eine beträchtliche Anzahl von Menschen am uninahen Bahnhof Dammtor zusammen. Sie erklärten sich solidarisch mit den bereits seit Monaten Deutschlandweit andauernden Protesten Geflüchteter und ihrer Unterstützer_innen gegen den rassistischen Umgang durch die Deutsche Gesellschaft und ihren Staat. Ohne Anmeldung zogen die knapp 100 Protestierenden begleitet von dauerthaften Sprechchören, Bengalos und Böllern hinter breitem Fronttranspi bis hin zum Gänsemarkt.
Von dort ging es zum Jungfernstieg, danach vorbei an der Europapassage. Im Anschluss wurde via Rathausmarkt am - neben Helm, Knüppel und Pfefferspray - der Hamburger Bullen Liebstem gekratzt: der Bannmeile rund um den Hamburger Senat. Über die immer noch gut besuchten Einkaufsstraßen Mönckeberg- und Spitalerstraße lief mensch zum Hauptbahnhof, dessen Einkaufspassage "Wandelhalle" ebenso komplett und unter lauten Parolen wie "Um Europa keine Mauer, Bleiberecht für alle und auf Dauer!" und "Kein Mensch ist illegal - Bleiberecht überall!" abgelaufen wurde. An der Grenze zum Stadtteil St. Georg angekommen löste der Protestzug sich auf.
Die einige Minuten später agressiv heranstürmenden Bundespolizeieinheiten rannten sodann lediglich planlos umher und belästigten Reisende. Hamburger Polizei ließ sich bis auf einen vereinzelten Streifenwagen, der sich schnell wieder auf sicheren Abstand brachte, auf der gesamten Route der Sponti gar nicht erst blicken. Ob sie nun weitere, sich in Altona sammelnde Menschen schikanierte, unfähig ist oder angesichts der regelmäßigen Reinfälle ihrer Einsätze in den vergangenen Wochen schlichtweg aufgegeben hat, ist nur zu spekulieren.
Auf dem ganzen Weg zeigten sich von Rassismus Betroffene erfreut, griffen Parolen auf und begleiteten die Demonstration. Im weiteren Verlauf des Abends gab es weitere Spontandemonstrationen im Süden Eimsbüttels, der Schanze und den Nebenstraßen der "Ausgehmeile" Reeperbahn auf St.Pauli. Auch hier brachten es die Hamburger Bullen lediglich auf den verzweifelten Versuch, Schritt zu halten. Viele Passant_innen wurden erreicht und es bleibt zu hoffen, dass durch die Spontis auch die Mittel der Hamburger Polizei zu sehr beansprucht werden, um die wiederaufgenommen rassistischen Kontrollen in großem Rahmen weiterzuführen. Mit Rufen wie "Olaf Scholz, genug gehetzt! Bleiberecht wird durchgesetzt!" und "Stoppt die rassistischen Kontrollen!" wurden Verantwortliche klar benannt und zu konkretem Handeln aufgefordert.
Denn auch wenn die Ursache des rassistischen Normalzustandes in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Formation begründet liegt, sind es einzelne, die ihn bewusst durchsetzen. Die täglichen Spontandemos gegen die derzeit in der Bundesrepublik herrschende Progromstimmung und für ein Bleiberecht der Gruppe Lampedusa gehen nun in die fünfte Woche. Allen Menschen, die sich gegen diesen "Hamburger Winter" und für Wärme im Umgang miteinander einsetzen, viel Energie und einen langen Atem. Solidarische Grüße nach Berlin, Frankfurt, Bremen, Leipzig, Wuppertal und anderswo - ihr gebt uns Kraft. Kommende Termine für Hamburg: 16.-23.11. Verschiedene Aktionen in Mölln und HH in Gedenken an den rassistischen Brandanschlag vor 21 Jahren. Jeden Mittwoch Protestmarsch der Gruppe Lampedusa in Hamburg vom Steindamm zum Rathaus. Jeden Adventssamstag Demonstration der KARAWANE vom HBF über Mönckebergstr. und Weihnachtsmärkte zum Rathaus. 21.12. Bundesweite Großdemo: Rote Flora verteidigen – Esso-Häuser durchsetzen! Gegen rassistische Zustände – Bleiberecht für alle!
bis bald
wir sehen uns in berlin
https://linksunten.indymedia.org/de/node/99003