Adolf Wamper – Kontroverse Debatten um einen NS-“Künstler“

Adolf Wamper Atelier

In den letz­ten Mo­na­ten sor­gen Werke des Künst­lers Adolf Wam­per in meh­re­ren Städ­ten für hit­zi­ge Dis­kus­sio­nen. Im Mit­tel­punkt der De­bat­ten steht je­doch über­wie­gend das Leben Wam­pers und nicht seine Kunst.

 

Kon­tro­ver­se um „Flam­me­nen­gel“


Vor dem Rat­haus im zwi­schen Köln und Aa­chen ge­le­ge­nen Düren er­in­nert die im Volks­mund „Flam­me­nen­gel“ ge­nann­te Skulp­tur Wam­pers an die al­li­ier­ten Flie­ger­an­grif­fe vom 16. No­vem­ber 1944 und die Toten der bei­den Welt­krie­ge. Als „eine Stür­zen­de, in Flam­men ge­hüll­te apo­ka­lyp­ti­sche Ge­stalt“, be­schrieb Wam­per die Bron­ze­plas­tik 1961. Wer­ner Wiegand vom Dü­re­ner Bünd­nis gegen Rechts­ex­tre­mis­mus, Ras­sis­mus und Ge­walt kam in einem Schrei­ben an den Kul­tur­aus­schuss und Bür­ger­meis­ter Paul Larue (CDU) zum Schluss, die Skulp­tur und dies­be­züg­li­che Er­läu­te­run­gen Wam­pers seien ein „be­drü­cken­des Zeit­do­ku­ment für das kol­lek­ti­ve Ver­drän­gen“ und regte an, die Sta­tur“ für Kom­men­ta­re und Ein­grif­fe“ an­de­rer Künst­le­rIn­nen Frei­zu­ge­ben.

 

Adolf Wampers
Adolf Wam­pers „Flam­me­nen­gel“ in Düren di­rekt am Dü­re­ner Rat­haus

 

Die Aus­ein­an­der­set­zung dar­über, wie mit der Plas­tik um­zu­ge­hen sei, wird in der Stadt schon län­ger ge­führt. Die An­ti­fa Düren for­dert, die Skulp­tur durch ein „ein­deu­tig an­ti­fa­schis­ti­sches Mahn­mal zu er­set­zen“. Auch das all­jähr­li­che Ge­den­ken zum Jah­res­tag der Bom­bar­die­rung Dü­rens, das auf dem Platz vor dem „Flam­me­nen­gel“ statt­fin­det, sorgt für Kon­tro­ver­sen. Die An­ti­fa und auch ein Mit­glied der SPD for­der­ten, das Ge­den­ken zu ver­le­gen. Im Sep­tem­ber 2012 fand je­doch le­dig­lich der Vor­schlag Wiegan­ds eine Rats­mehr­heit, eine In­for­ma­ti­ons­ta­fel, die auf das Leben Wam­pers und sein Wir­ken im NS hin­weist, an­zu­brin­gen.
Diese in­zwi­schen an­ge­brach­te Tafel würde je­doch die Rolle Wam­pers in der Zeit des Fa­schis­mus[…] re­la­ti­vie­ren“, kri­ti­sier­te dar­auf­hin die An­ti­fa Düren.

 

Keine Hin­weis­ta­fel in Eus­kir­chen


Mit einem Re­li­ef an der Fas­sa­de der Stadt­ver­wal­tung in Eus­kir­chen steht ein wei­te­res Werk Wam­pers in der Kri­tik.
Die An­ti­fa Eus­kir­chen/Eifel for­der­te im De­zember 2012 in einem of­fe­nen Brief an Bür­ger­meis­ter Dr. Uwe Fried­le (CDU), eine Text­ta­fel mit In­for­ma­tio­nen zur Per­son Wam­pers am Ge­bäu­de an­zu­brin­gen. Au­ßer­dem schlug die Grup­pe vor, diese Hin­wei­se eben­falls auf der In­ter­net­sei­te der Stadt zu er­gän­zen. „Die Stadt­ver­wal­tung hat sich bis­her immer be­müht, sich so­wohl vom Re­li­ef wie auch vom Künst­ler zu dis­tan­zie­ren“, ant­wor­te­te Friedl.

 


Adolf Wam­pers Re­li­ef an der Fas­sa­de der jet­zi­gen Stadt­ver­wal­tung und ehe­mai­li­ger Kreis­ver­wal­tung Eus­kir­chen. NS-​Ar­chi­tekt Willi Mel­ler hat das Ge­bäu­de ent­wor­fen

 

Mit ihrer zwei­ten For­de­rung hatte die An­ti­fa dann Er­folg. Die Web­site der Stadt wurde um Hin­wei­se auf die Ge­schich­te des Re­li­efs und die NS-​Ver­gan­gen­heit des Künst­lers er­gänzt. Bei wei­te­ren Nach­for­schun­gen fand die An­ti­fa­grup­pe zudem her­aus, dass der Ar­chi­tekt des Ge­bäu­des, Pro­fes­sor Willi Mel­ler, eben­falls durch den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus vor­be­las­te­tet ist. Dies sei be­kannt, „än­dert je­doch nichts an der Ent­schei­dung, keine Hin­weis­ta­fel an der Fas­sa­de des Rat­hau­ses[…] an­zu­brin­gen.“, ant­wor­te­te Friedl im März 2013.

 

Ka­pel­le in Re­ma­gen


Mit der „Schwar­zen Ma­don­na“ steht in Re­ma­gen ein Werk Wam­pers, das auch im Kon­text der all­jähr­li­chen Neo­na­zi-​ De­mons­tra­tio­nen Be­ach­tung er­lang­te.

 

Friedenskapelle Remagen
Adolf Wam­pers „Schwar­ze Ma­don­na“ in der Frie­den­s­ka­pel­le in Re­ma­gen

 

Ob­wohl für die Neo­na­zis die Frie­den­s­ka­pel­le, in der sich eine Nach­bil­dung der „Ma­don­na“ be­fin­det, nur von nach­ran­gi­ger Be­deu­tung ist, führ­ten sie dort schon klei­ne­re Ak­tio­nen durch. 2010 leg­ten Neo­na­zis tage nach ihrer Demo einen Kranz nie­der. Das Re­ma­ge­ner Bünd­nis hatte die Ka­pel­le-​ wie auch in den Jah­ren da­nach – am Tag der De­mons­tra­ti­on mit Pla­nen ver­hüllt.
Statt die Ka­pel­le zu um­wi­ckeln, schlug die Wäh­ler­grup­pe Re­ma­gen 2011 vor, der Rat solle den Be­trei­ber­ver­ein auf­for­dern, die Figur aus der Ka­pel­le zu ent­fer­nen. „Nicht, so­lan­ge ich lebe!“, ant­wor­te­te der 84-​jäh­ri­ge Vor­sit­zen­de des Be­trei­ber­ver­eins Frie­dens­mu­se­um Brü­cke von Re­ma­gen und ehe­ma­li­ger Re­ma­ge­ner Bür­ger­meis­ter Hans Peter Kür­ten (CDU). Der An­trag fand keine Mehr­heit, doch ei­nig­te man sich dar­auf, das Leben Wam­pers auf­klä­ren zu­las­sen. Im Auf­trag des Frie­dens­mu­se­ums und fi­nan­ziert durch das Bun­des­pro­gramm „To­le­ranz för­dern-​ Kom­pe­tenz stär­ken“, führ­te die His­to­ri­ke­rin Bet­ti­na Oesel Re­cher­chen zu Wam­per durch. Sie kam zu dem Er­geb­nis, dass dem Künst­ler keine Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit und keine po­li­ti­sches En­ga­ge­ment in der Na­zi­zeit nach­zu­wei­sen seien. Er sei Mit­läu­fer ge­we­sen und aus op­por­tu­nis­ti­schen Grün­den in die NSDAP ein­ge­tre­ten. In der Par­tei habe er keine Funk­ti­on be­klei­det und auch keine Pri­vi­le­gi­en ge­nos­sen.

 

Er­folg­rei­cher Künst­ler im NS und der BRD


Adolf Wam­per wurde 1901 in Gre­ven­burg bei Aa­chen ge­bo­ren. Nach einer kauf­män­ni­schen Lehre ar­bei­te­te er als An­ge­stell­ter beim Eschwei­ler Berg­werks-​Ver­ein. Zu die­ser Zeit be­gann er mit ers­ten künst­le­ri­schen Ak­ti­vi­tä­ten-​ Ab 1923 be­such­te er die Hand­wer­ker-​ und Kunst­ge­wer­be­schu­le in Aa­chen, wo er 1927 das Ana­to­mie-​ und Meis­ter­schü­ler­ex­a­men ab­schloss. Zu die­ser Zeit lebte er in Düs­sel­dorf als frei­schaf­fen­der Künst­ler. Es folg­ten ei­ni­ge Aus­stel­lun­gen sei­ner Werke in Deutsch­land, Spa­ni­en und Frank­reich. 1933 trat Wam­per der NSDAP bei und wurde Mit­glied in der Reichs­kul­tur­kam­mer, einer Or­ga­ni­sa­ti­on, die die­je­ni­ge Kul­tur för­der­te, die der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ge­sin­nung ent­sprach, und jene Kul­tur un­ter­drück­te, die dem Welt­bild der NS-​Zeit wi­der­sprach.
In der Zeit des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus ge­lang Wam­per der Auf­stieg zu einem be­deu­ten­den Künst­ler. Unter Auf­sicht des Pro­pa­gan­da­mi­nis­te­ri­ums war er 1935 an der Ge­stal­tung zwei­er Ein­gangs­re­liefs des Ber­li­ner Olym­pia­sta­di­ons be­tei­ligt. Kurze Zeit spä­ter mo­del­lier­te er zwei Fi­gu­ren an den Ber­li­ner Mes­se­hal­len.

 

Adolf Wampers - Selbstinszenierung eines Künstlers
Adolf Wam­pers – Selbst­in­sze­nie­rung eines NS-Künst­lersod

 

Vier­mal prä­sen­tier­te Wam­per eine Aus­wahl sei­ner Werke auf der gro­ßen Deut­schen Kunst­aus­stel­lung in Mün­chen. Diese galt wäh­rend des NS als die be­deu­tends­te kul­tu­rel­le Ver­an­stal­tung. Als Hö­he­punkt sei­ner Kar­rie­re wurde er 1944 in die „Gott­be­gna­de­ten-​Lis­te“ auf­ge­nom­men, in der die für die NS-​Zeit wich­tigs­ten Künst­le­rIn­nen ge­ehrt wur­den. Ob­wohl Wam­per vom Wehr­dienst frei­ge­stellt wor­den war, zog ihn die Wehr­macht im März 1945 ein. Nur einen Monat spä­ter ge­riet er in Re­ma­gen in ame­ri­ka­ni­sche Kriegs­ge­fan­gen­schaft, wo er aus Lehm sein be­kann­tes­tes Werk, die „Schwar­ze Ma­don­na“ schuf.
Nach 1945 ging Wam­per nach Bie­le­feld und ar­bei­te­te dort wei­ter­hin als Künst­ler. Ob­wohl er in der Zeit des NS zu den be­deu­tends­ten Künst­le­rIn­nen zähl­te und Mit­glied in zwei NS- Or­ga­ni­sa­tio­nen war, stuf­te ihn ein Ent­na­zi­fi­zie­rungs­aus­schuss im Jahr 1948 als Mit­läu­fer ein.
Somit konn­te Wam­per an der Folk­wang Schu­le in Bie­le­feld die Lei­tung der „Werks­grup­pe Plas­tik“ über­neh­men. Dort ar­bei­te­te er bis zu sei­nem 69. Le­bens­jahr. Zu sei­ner Ver­ab­schie­dung ver­lieh ihm das Land Nord­rhein-​West­fa­len den Pro­fes­so­ren­ti­tel. Nicht oder kaum the­ma­ti­siert wurde da­ge­gen seine Kunst. In wie­weit diese Ein­flüs­se na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Ideo­lo­gie auf­weist, ist bis­lang kaum un­ter­sucht wor­den.

 

Quel­le: Erst­ver­öf­fent­li­chung: Lotta, 53, Herbst 2013
Von Max Bas­sin und Fa­bi­an Boist
[Bil­der zum ori­gi­nal Titel in ge­nann­ter Print­aus­ga­be]

 

 

„NS Ver­herr­li­chung stop­pen! Nazis in Re­ma­gen ent­ge­gen­tre­ten“
Gegen den Na­zi­auf­marsch am 23. No­vem­ber

http://remagen2013.blogsport.de/aufruf/

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