[NMS] Björn Schmidtke und seine rechten Geschäftswelten zwischen Rockern und Rotlicht

B & H Nordmark

Der Artikel "'Blood & Honour' bei der Dorffeuerwehr" von La Quimera beleuchtete unlängst mit einem Fokus auf Ostholstein die Entwicklungen des Netzwerks seit seinem offiziellen Verbot. Die Kampagne "An die Substanz" hat ua.a den Laden "PLS-Werkzeuge" am Vinetaplatz in Kiel vorgestellt, zu deren Verantwortlichen mit dem inzwischen bei den Bandidos aktiven Alexander Hardt und den durch seine Naziaktivitäten in Skandinavien unter "Tyske Lars" bekannten Lars Bergeest zwei (ehemalige) Blood & Honour-Aktivisten zählen. Dieser Artikel soll nun einen Überblick über die verworrenen geschäftlichen Umtriebe von Björn Schmidtke geben, einem ehemaligen Aktivisten der Blood & Honour-Sektion Nordmark, der ebenfalls bei den Bandidos Karriere macht.

 

Geheime Konzerte, illegale Cds und Schutzgeld: Schmidtke als Teil des internationalen Nazi-Netzwerks Blood & Honour


Bis zum Verbot im Jahre 2000 war der aus Bad Segeberg stammende Björn Schmidtke einer der Führungskader der Blood & Honour-Sektion Nordmark (1), die als Teil des internationalen B&H-Netzwerks (2) neonazistische Konzerte durchführte, im großen Stil illegale Cds vertrieb und Geld eintrieb (3). 1999 ist Schmidkte mit Jan-Steffen Holthusen, Mitglied des Hamburger Sturms, der enge Kontakte nach Neumünster unterhält, sogar zu einem aus Blood & Honour-Kreisen organisierten Aufmarsch nach Ungarn gereist (4).

 

Im Zuge einer groß angelegten Razzia gegen die Kameradschaft Pinneberg bestätigte die Polizei den Verdacht, dass das Netzwerk ihre Aktivitäten in Norddeutschland keineswegs eingestellt hatten, sondern im Gegenteil als "Combat 18"-Zelle sogar gewalttätiger als zuvor weitergeführt hatte. Neben dem damaligen NPD-Landesvorsitzenden Peter Borchert, der des Waffenhandels überführt wurde, war der Anführer der Zelle, Klemens Otto, das Hauptziel der Durchsuchungen. Otto hatte 2001 seinen Aktionsschwerpunkt nach Neumünster verlegt, wo er anfing, in einem Tattoo-Studio der Hells Angels zu arbeiten. (5) Das Photo 1 zeigt Klemens Otto und Björn Schmidkte vor dem Club 88 (6), in dem sie zu der Zeit verschiedene Blood & Honour-Konzerte mitorganisierten. Die jährlich als Großevent der Naziszene zelebrierte Geburtstagsfeier des Club 88 wurde 2002 in Form eines Blood & Honour-Konzertes in der Wrangelstraße durchgeführt (7) – eine Adresse, die im zukünftigen Wirken von Schmidtke eine entscheidende Rolle spielen sollte.

 

Auf den Spuren von Peter Borchert: Schmidtkes Weg zu den Bandidos


"Während ab 1998 ihre 'politischen Köpfe' aus Hildesheim und dem Hamburger Raum (Sektion Nordmark) B&H zur 'politischen Kampfgemeinschaft' mit 25-Punkte-Programm und regelmäßigen Aktionsberichten ausbauen wollten, mochten andere Sektionen diesem Plan nicht folgen. Sie verstanden sich eher als subkulturelle Gangs. Ihnen genügte es, ihre abgesteckten Territorien zu kontrollieren und in Ruhe ihre Geschäfte zu betreiben. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten fast alle nur auf eigene Rechnung und standen zum Teil schon mit einem Bein im Rotlicht- und Rockermilieu." (8)

 

In Schleswig-Holstein setzte dieser Trend mit einer Verzögerung von etwa zehn Jahren ein. Zwar zog sich Klemens Otto aus den organisierten Nazikreisen zunehmend zurück und arbeitete stattdessen als linke Hand von Hells Angels-Größe Dennis Kofoldt im Neumünsteraner "Tattoo Point". Jedoch versuchten der aus der Haft entlassene Peter Borchert und Alexander Hardt bis etwa 2009, in Kiel bzw. Neumünster vor allem jüngere Nazis für die Idee der "Autonomen Nationalisten" zu begeistern und in den so genannten Aktionsgruppen zu organisieren. Insbesondere Borchert geriet mit seiner braunen Schlägertruppe aber in Konflikt mit den Hells Angels, u.a. stach er im August 2008 in einer Massenschlägerei zwischen der AG Kiel und Hells Angels deren Anführer Dennis Kofoldt mit einem Messer nieder. Als Ausweg für diese neue Bedrohungslage, aber auch als finanzielle Perspektive bot sich Borchert der Eintritt in die Bandidos an, der den Hells Angels den strategisch wichtigen Brückenkopf Schleswig-Holstein streitig machen wollten. Neben anderen Nazis trat auch Alexander Hardt in den neuen Prospect Neumünster ein, in dem er es zum Sergeant at Arms bringen sollte. In der Folge schwerer Auseinandersetzungen zwischen den beiden Rockerclubs, die in den Medien als "Rockerkrieg" bezeichnet wurden, kam es zur erneuten Inhaftierung Borcherts und im April 2010 zum Verbot u.a. des Bandidos-Chapters in Neumünster.


"Um das gerade eroberte Territorium in und um Neumünster zu halten, wurden daher im Rahmen der 'Contras' immer mehr Neonazis eingesammelt. [...] Für einen neuen Club, den Bandidos 'Northgate' mit Sitz in Wahlstedt bei Bad Segeberg – be­nötigte man Leute, die gewillt und in der Lage sind sich mit massiver Gewalt durchzusetzen. Und wiederum waren es altbekannte Neonazis, die die Lücken füllten." (9) Der aus Bad Segeberg stammende ehemalige Blood & Honour-Aktivist Björn Schmidtke passte in dieses Schema, er spielte eine zentrale Rolle beim Aufbau der Bandidos Northgate und fungiert als deren Präsident.

 

Internet-Usern Porno-Downloads andichten und sie unter Druck setzen: Schmidtkes Ausflug in die Abmahnbranche


Ebenfalls Mitglied der Bandidos Northgate ist Crispin Hoffmann aus Groß Kummerfeld, der laut SH-Magazin ebenfalls seit Jahren im "rechtsextremen Milieu aktiv" ist (10). Zusammen mit Hoffmann hat Björn Schmidtke unter dem Namen "Triple X Entertainment" versucht, über Abmahnungen wegen der angeblichen Verbreitung von Porno-Filmen in Tauschbörsen zu Geld zu kommen. Es entstand in Internetforen jedoch schnell der Verdacht, "Triple X" sei selbst für das Filesharing, das den Betroffenen zu Last gelegt wurde, verantwortlich. Die angeblichen Beweise, sprich die IP-Adressen, besorgte die Firma "Minerva", deren Geschäftsführer ebenfalls Crispin Hoffmann ist.

 

Deutschlandweit verschickten Schmidtke und Hoffmann tausende Geldforderungen und versuchten über knappe Fristen sowie die Ankündigung weiterer rechtlicher Schritte Druck auf die Betroffenen aufzubauen. Nachdruck versuchten sie ihren Forderungen auch dadurch zu verleihen, dass sie die Schreiben über ihre wechselnden Anwälte verschickten – u.a. über den Kieler Anwalt Philipp Marquort, der vor Gericht zusammen mit dem NPD-nahen Anwalt Christian Bangert aus Neumünster auch schon einen anderen Bandido vertreten hatte.

 

"Triple X Entertainment" wurde 2010 ins deutsche Handelsregister eingetragen, als Adresse der Zweigniederlassung dieser britischen "private limited company" wurde zunächst Hoffmanns Wohnhaus in Groß Kummerfeld, danach die Wrangelstraße 34 in Neumünster, Sitz der von Nazis betriebenen Kampfsportschule Athletik Club Ultra, angegeben. Im Februar 2013 suchte ein Team des SH-Magazins an der angegebenen Adresse nach den Räumen von "Triple X", interviewt den Hausverwalter: "Er zeigt die zum Teil noch immer leer stehenden Büroräume und berichtet von Mietschulden in fünfstelliger Höhe. Aus diesem Grund, so der Verwalter, sei dem Unternehmen fristlos gekündigt worden." (11) In der Zwischenzeit war der Eintrag im Handelsregister auf die Adresse Schleusberg 2a in Neumünster umgemeldet. Ende April 2013 wurde "Triple X" wohl aufgrund der ungewünschten medialen Aufmerksamkeit aus dem Handeslregister gelöscht, Briefkasten und Klingelschild verschwanden.

 

Auf den Spuren von Klemens Otto: Schmidtkes Versuch, mit dubiosen Partnern Klamotten zu verkaufen


Einen anderen Geschäftszweig, in dem Schmidtke sein Glück versuchte, stellte die Vermarktung von Klamotten dar. Diesen Weg waren vor ihm schon andere ehemalige Blood & Honour-Aktivisten gegangen: Stefan Silar, seinerzeits Leiter der "Sektion Nordmark", der eine 6jährige Haftsstrafe wegen Totschlags abgesessen hatte, eröffnete 2005 den Neonaziladen „Streetwear Tostedt” im Tostedter Ortsteil Todtglüsingen. (12) Klemens Otto, der nach seinem Umzug nach Neumünster im Hells Angels-Laden "Tattoo Point" zu arbeiten anfing, eröffnete bald seinen "Outlawstore", in dem vor allem die Marke "Pro Violence" des Magdeburger Nazihools Christoph Herpich vertrieben wurde. Otto verkaufte diese Klamotten in Neumünster auch beim Kampfsportevent "Fight Night", das mehrfach durch die Teilnahme von Neonazis wie Marco Müller Aufmerksamkeit erregte. (13)

 

Björn Schmidtkes Projekt hingegen nennt sich "Dresscode Suxx", ein Preisvergleichportal bzw. Webshop für "Streetwear & Antifashion", das er zusammen mit Personen aus Lübeck bzw. Rostock initiierte. Gemeldet war das ganze zunächst auch noch auf Schmidtkes Namen und die Adresse in der Wrangelstraße, später jedoch auf den Namen der anderen Beteiligten. Anders als bei Silar und Otto richtet sich Schmidtkes Angebot, das u.a. die Marke "Yakuza" aus Bautzen umfasst, explizit an unpolitische Personen, die sich ein "Gangster"-Image geben wollen. Viel Erfolg scheint er damit aber nicht zu haben, bei Facebook haben nur 73 Leute seine Seite geliked, in der Webshop-eigenen Community ist der Zulauf auch nicht viel größer. Schmidtke steckt wohl ebenfalls hinter dem 2012 registrierten Angebot "Bad Habits Fashion", das ebenfalls auf die Adresse in der Wrangelstraße gemeldet ist. "Die Produktion und der Handel mit Textilien, Einzel- und Großhandel" zählen laut Handelsregister zu den Aufgaben von "Bad Habits", deren Klamotten unter der inzwischen gelöschten Domain buy-or-die-streetware.de vertrieben werden sollen. Werbung für das ganze machte u.a. Schmidtkes Geschäftspartner Frank Kortz ("Echte Männer sehen auch aus wie echte Männer und sind auch so angezogen"), mit dem der Bandido auch versucht hatte, "CopyCare", eine Firma zur Lizenzierung von Medien wie Tonträgern ins Leben zu rufen. Sowohl "Bad Habits Fashion" als auch "CopyCare" verliefen sich schnell im Sand, interessant ist aber, dass der aus Kaiserslautern stammende Kortz in Hamburg auf der Reeperbahn eine "Vergnügungsstätte als Nachtbar und Tanzlokal" angemeldet hat, primär aber in Flensburg den "P-Club" betreibt, den er selbst auf Facebook als "Puff" bezeichnet.

 

"Männer, die Frauen hassen" – Schmidtkes aktueller Umkreis


Egal ob Nazi-Konzerte, volksverhetzende Cds, gefakte Abmahnungen oder "Gangster"-Klamotten, ... Für den ehemaligen Blood & Honour-Aktivisten Björn Schmidtke scheint egal zu sein, mit welchen dubiosen Geschäftspartnern er zusammenarbeitet oder wie er zu Geld kommt. Das internationale Rocker-Netzwerk der Bandidos, in dem sich viele seiner damaligen Kameraden tummeln, scheint für ihn angesichts seiner gescheiterten Geschäftsideen einen Rettungsanker darzustellen. Moralische Gesichtspunkte oder Menschenrechte spielen bei diesen 1-%ern, die im Bereich des organisierten Verbrechens von Drogenhandel über Schutzgelderpressung bis zu Mordanschlägen nichts auslassen, keine Rolle. Insbesondere Frauen haben in diesem Milieu nichts zu lachen: Im Jahre 2010 eröffneten die Bandidos ihre ersten Bordelle in Hamburg, der ehemalige Präsident der Bandidos Neumünster wurde im Dezember 2010 u.a. wegen Menschenhandels, Zwangsprostitution und schwerer Körperverletzung zu mehr als vier Jahren Haft verurteilt, was auch bundesweit mediale Beachtung fand. Über Schmidtke und Co. wurde bisher hingegen nicht zusammenhängend berichtet, was sich mit diesem Artikel ändern soll. Das Beispiel "Triple X" beweist, wie angreifbar rechte Geschäftsmodelle sind, wenn sie in die Öffentlichkeit gezerrt werden.

 

Zur Kampagne "An die Substanz": Verschiedene antifaschistische Gruppen rufen in diesem Zusammenhang dazu auf, rechte Rückzugsräume und Geschäftswelten aus der Deckung zu holen und anzugehen. It’s up to you! Zusammen mit langem Atem und viel Phantasie: Gegen rechte Strukturen und rechten Lifestyle vorgehen – Nazis in die Pleite treiben!

 

Quellen:

1 = https://www.antifainfoblatt.de/artikel/bandidos-schleswig-holstein-ein-8...

2 = http://de.wikipedia.org/wiki/Blood_and_Honour

3 = http://www.akweb.de/ak_s/ak478/26.htm

4 = https://www.antifainfoblatt.de/artikel/ns-kult-budapest

5 = http://www.akweb.de/ak_s/ak478/26.htm

6 = Spiegel TV

7 = http://de.indymedia.org/2002/09/30709.shtml

8 = Der Streiz ums Erbe. Die Nachfolgestrukturen von Blood & Honour, in: AIB 71 (2006), S.11; Hervorhebung durch uns

9 = https://www.antifainfoblatt.de/artikel/bandidos-schleswig-holstein-ein-8...

10 = http://www.ndr.de/regional/schleswig-holstein/abzocke127_page-2.html

11 = http://www.ndr.de/regional/schleswig-holstein/abzocke127_page-1.html

12 = http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2010/03/18/uber-die-karriere-eines-n...

13 = https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%C2%BBtime-fight-iii%C2%AB-neonazi-k%C3%A4mpfer-treten-nach-antifaschistischer-intervention-nicht

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Sehr viele Infos gut aufbereitet. Weiter so!

So gut ist das nicht recherchiert und das ist nur ein Punkt von vielen...

Laut meinen Informationen ist Björn Schmidtke schon seit längerer Zeit nicht mehr President bei Bandidos Northgate. Geschweige überhaupt noch bei den Bandidos.

Wie ich gehört habe, soll er bei Gremium Stade Prospect sein, bei seinen alten Kameraden aus Tostedt.

http://www.nahklick.de/firmeneintrag/Versand-_und_Internet-Einzelhandel_...

 

Don't panic, den Laden gibt's nicht mehr.

Die korrekte Adresse lautete übrigens Beckergrube 64 - 66.

(...) der vor Gericht zusammen mit dem NPD-nahen Anwalt Christian Bangert aus Neumünster auch schon einen anderen Bandido vertreten (...)

 

Der Nazianwalt Christian Bangert (Burschenschaft Dresdensia-Rugia) hat einen neuen Namen: Christian Kwiauka. Er ist Partner der Anwaltskanzlei "Strampp & Kwiauka" in der Völkstraße 28 in 86150 Augsburg.