Ist eine Regierungsbeteiligung von Chrysi Avgi in Griechenland möglich?

Golden Dawn im griechischen Parlament

Letzte Woche hat der führende Moderator von einem der größten privaten griechischen Fernsehsender die Möglichkeit einer politischen Allianz zwischen der regierenden konservativen Partei ‘Nea Demokratia’ und der Neonazipartei ‘Chrysi Avgi’ erwähnt. Babis Papadimitriou, Leiter des regierungstreuen Fernsehsenders ‘Skai TV’, stellte die Frage: “Warum sollte ‘Nea Demokratia’ mit einer ernsthaften ‘Chrysi Avgi’ (Golden Dawn) nicht zusammenarbeiten?”.

 

Grund für die Aussage sind aktuelle Meinungsumfragen, die den anhaltenden Anstieg von ‘Chrysi Avgi’, zurzeit bei 13-15%, und das schlechte Abschneiden des Koalitionpartners von ‘Nea Demokratia’ in der griechischen Regierung, PASOK, dessen Unterstützung von 42% auf 7 – 8 % innerhalb von vier Jahren fiel, zeigen.

 

Papadimitrious Bemerkung provozierte sofort einen Sturm von wütenden Reaktionen aus der griechischen Twittersphere und von politische Kommentatoren, von denen viele glauben, dass dies der erste Schritt in dem Prozess einer ‘Rehabilitierung’ der ‘Chrysi Avgi’ sei. Die Reaktionen waren so stark, dass ‘Skai’ am folgenden Tag Papadimitriou eine ganze Stunde widmete, um ihm eine Chance zu geben, seine Haltung zu erklären. Sein Argument war, dass Chrysi Avgi, Griechenlands drittbeliebteste Partei, jetzt einen großen Anteil der Wähler_innen repräsentieren und, dass bereits eine ähnliche Allianz zwischen mitte-rechts und weit rechten Parteien in Norwegen besteht.

 

Auf den ersten Blick würde ein solches Bündnis der Politik des Premierministers Antonis Samaras widersprechen, denn Samaras präsentieren sich gerne als Bollwerk gegen die Bedrohung des steigenden Extremismus. Die Politik der beiden Extreme, wie sie genannt wird, besteht daraus, dass die Regierung und ihre Anhänger in den Pro-Regierungs- Massenmedien sowohl ihre Gegner auf der linken als auch auf der rechten Seite des politischen Spektrums als gefährliche Herausforderung für die politische Stabilität bezeichnet, rückbesinnend zur chaotischen Politik, die Griechenland im Laufe des 20. Jahrhunderts durchlebte.

 

Die Gewalt die von ‘Chrysi Avgi’ angewendet und verherrlicht wird, wird somit mit angeblich ähnlichen Tendenzen bei dem linken Bündnis ‘SYRIZA’ und der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) gleichgesetzt. In einer solchen Gleichung werden brutale Angriffe auf Migrant_innen, Nazigrüße und zu letzt ein Mord, mit Streiks oder Protesten gleichgesetzt. In einer solchen Welt können ‘Nea Demokratia’ und ‘PASOK’ sich als vernünftige Alternative zu einem solchen politischen Wahnsinn präsentieren – somit als ein stabilisierender Einfluss auf Politik und Gesellschaft in schwierigen Zeiten.

 

Das Problem mit dieser Theorie ist jedoch, dass sie die Realität nicht reflektiert, egal wie viele politische und durch Medien verursachte Spins verwendet werden. Der Aufstieg des politischen Einflusses und des Extremismus der Rechten werden nicht durch Straßenkampftaktiken auf der linken Seite gespiegelt. Es sind ‘Chrysi Avgi’-Abgeordnete, die sich wegen einer Reihe von Straftaten vor Gericht verantworten müssen, die von ‘tätlicher Angriff’ bis zu ‘Besitz von illegalen Waffen’ und ‘Mord’ reicht. (Auch wenn es bis jetzt in keinem der Verfahren zu einer Verurteilung kam.) Es sind ihre Unterstützer_innen, die immer wieder einer endlosen Liste von Angriffen gegen Immigrant_innen und zunehmend auch inneren politischen Gegnern beschuldigt werden.

 

Als ob es galt dies zu beweisen, griffen 50 ‘Chrysi Avgi’ Anhänger nur einen Tag nach Babis Papadimitrious Aussage, griechische Kommunist_innen, die gerade am Plakatieren waren, mit Eisenstangen und Baseballschlägern an. Neun Kommunisten landeten teils schwer verletzt im Krankenhaus.

 

Auf der anderen Seite gibt es weniger Unterschiede zwischen ‘Chrysi Avgi’ und ‘Nea Demokratia’, als die beiden Parteien öffentlich zugeben würden. Der Rechtsruck, den Antonis Samaras seiner Partei gebracht hatte, hat den Aufstieg von rechtsextremen Unterstützern zur Macht ermöglicht. Viele von ihnen flüchteten aus der ultra-nationalistischen Partei ‘LAOS’, die quasi in den letzten Wahlen ausgelöscht wurde, zur ‘Nea Demokratia’. In Bezug auf Einwanderung und Migration, ist die Politik der ‘Nea Demokratia’ kaum mehr, als eine polierte Version des ungeschminkten Rassismus von ‘Chrysi Avgi’.

 

Trotz der politischen Risiken, die beide Parteien in der Bildung einer Allianz eingehen würden, hat zumindest ‘Nea Demokrata’ womöglich keine andere Wahl. Die Partei kann nicht alleine regieren, da ihr Anteil an Stimmen von +40% auf 26-29% fiel, außerdem verblasst ihr aktueller Koalitionspartner ‘PASOK’ langsam; dessen politische Geschichte kann mit dem Schicksal der britischen Liberalen Partei in den 1920er Jahren verglichen werden.

 

Obwohl manche die-hard Fans noch immer argumentieren, dass PASOK-Parteiobmann Evangelos Venizelos einen Masterplan hätte, um die Situation umzukehren, ist es quasi eine Tatsache, dass PASOKs Niedergang unwiderruflich ist und, dass jede Erholung dieser Partei erst in Jahren stattfinden kann, und mit ziemlicher Sicherheit ohne die Anwesenheit von Venizelos, der persönlich mit dem Niedergang in Griechenland identifiziert wird. Die Tatsache, dass eine aktuelle Umfrage ergab, dass in einer der größten Wahlbezirke Griechenlands, in Athen, die Unterstützung für PASOK unter jüngeren Wähler_innen 0% betrug, unterstreicht das Ausmaß des Problems.

 

Einige Kommentator_innen meinen, dass die Dämonisierung von ‘Chrysi Avgi’ durch die Regierung eine Koalition ausschließt, jedoch hat ‘Nea Demokratia’ ihre Politik in mehreren Bereichen oft radikal geändert. Samaras positionierte sich einst, also noch in der Opposition, als beste Hoffnung Griechenlands um die Sparmaßnahmen zu bekämpfen und als er da dann gewählt wurde, bekam er selbst ihr treuester Verteidiger. Eine weitere Kehrtwende in einer langen Geschichte solcher politischen Bewegungen, würde wenige Beobachter_innen überraschen und angesichts Samaras eigener Geschichte als semi- rekonstruierter ultra- Nationalist, würde ein Bündnis mit ‘Chrysi Avgi’ weit mehr Sinn ergeben, als mit seinem politischen Erzrivalen ‘PASOK’.

 

All dies ist für ‘Chrysi Avgi’ weniger klar, da die gesamte Existenz dieser Partei als Opposition gegen das politische Establishment, die sie als Brutstätte von Korruption und Schlechterem ausgemalt hat, beruht. Sie nutzten die Wut gegen die Sparmaßnahmen, und propagieren sich selbst als nationale Helden, die gegen eine anti-griechische, international ausgerichtete Elite, die einen Verrat an der Heimat plant um an der Macht zu bleiben, ankämpfen. Nun plötzlich mit ‘Nea Demokratia’ zu kooperieren würde das Risiko beinhalten, im Mülleimer der Geschichte zu landen, und das gleiche Schicksal zu erleiden wie ‘LAOS’, die den gleichen Übergang machten und aber dafür den Preis an den Wahlurnen zahlten.

 

Auf der anderen Seite hat der Lockruf des Zugangs zum Staat selbst und damit zu aller Macht und Privilegien, die mit ihm hereingehen, bereits viele Köpfe in der turbulenten politischen Vergangenheit Griechenlands gewendet. Mit der Position in der Regierung kommt die Fähigkeit, Anhänger_innen mit öffentlichen Aufträgen und Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst zu belohnen; ein potentes Rekrutierungs-Instrument in schwierigen Zeiten. Noch wichtiger jedoch ist die Tatsache, dass eine Rolle in der Regierung Legitimität vor allem in den Augen der griechischen oligarchischen Mainstream-Medien mit sich bringt, die schnell ihre Skrupel vergessen würden, die sie einst gegenüber dem Senden gewalttätiger Nazi-Ideologien hegten.

 

Vermutlich wird nichts davon bald passieren, es sei denn, die Spannungen zwischen den Regierungspartnern würden unhaltbar werden. Aber da keine der beiden regierenden Parteien es eilig hat, bald zu den Urnen zu rufen, bevor es absolut notwendig wird, scheint das alles eher unwahrscheinlich. Allerdings wird die Tatsache, dass pro- ‘Nea Demokratia’ Medien die Idee einer künftigen Allianz zwischen ‘Chrysi Avgi’ und ‘Nea Demokratia’ aufwarfen, fleißig diskutiert.

 

Konfrontiert mit der Aussicht auf eine künftige Regierung unter der Leitung von ‘SYRIZA’ wäre das wirtschaftliche und politische Establishment Griechenlands mehr als bereit, seine Nase hoch zu halten und eine Neonazipartei zu umarmen, anstatt eine Streitigkeit mit den Gläubigern Griechenlands über die Bedingungen des Rettungspakets einzugehen, und der damit verbundenen Gefahr, das Verlassen der Eurozone, in die Augen zu sehen.

 

Es bleibt abzuwarten, wie die Regierungsparteien auf den feigen Mord an dem Antifa-Rapper ‘KillahP’ reagieren. Ein Verbot von ‘Chrysi Avgi’ wird nun vermehrt gefordert und diskutiert. Was jedoch Tatsache bleibt, ist, dass der aufkeimende Faschismus nicht im Parlament, sondern nur auf der Straße und im täglichen Leben effektiv bekämpft werden kann.

 

‘KillahP’ – Rest in Riot

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danke für die arbeit... aber es wäre doch ganz schön und vor allem richtig darauf hinzuweisen dass es sich um eine übersetzung handelt. und zwar dieses textes: http://teacherdudebbq.blogspot.co.at/2013/09/is-golden-dawn-role-in-gove... der blog ist generell sehr empfehlenswert