Die wahren Opfer von Hellersdorf

Das gute Berlin gegen die bösen Nazis.

"Angesichts der ausländerfeindlichen Proteste gegen das neue Flüchtlingsheim sorgt sich Innenminister Hans-Peter Friedrich um den Ruf Deutschlands" schreibt die Berliner Morgenpost (1) und zeigt, wer das wirkliche Opfer der Hetzer gegen das neue Flüchtlingsheim in Hellersdorf ist. Gerade jetzt, wo doch alles so gut aussieht. Friedrich erinnert die Deutschen: "Deutschland ist eines der beliebtesten Länder der Welt"" (1). Das dürfe man doch jetzt nicht aufs Spiel setzten! Er fasst zusammen: "Neonazis schaden unserem Vaterland" (1). Ein Argument, dass selbst noch den einen oder anderen Stiefelnazi zum Nachdenken bringen dürfte, liegt es doch von seinem Anliegen nicht sehr weit entfernt.

 

Was Friedrich damit sagt, ist klar: Deutschland hat in zwei Weltkriegen versucht seinen Imperialismus Militärisch zum Sieg zu verhelfen; beim ersten mal so gescheitert, das 1918 gleich noch die Arbeiter Revolution versuchten und den Kaiser davonjagten. Der zweite Versuch zwar mit voller Unterstützung an der Heimatfront, aber mit absehbar schlechtem Ende für den deutschen Imperialismus spätestens 1943 in Stalingrad. Nach 1945 war aus Deutschland einig Vaterland erstmal zwei Reich und zwei Volk geworden und einem Führer folgten zwei greisere Herren. Nach der Einverleibung der DDR (vulgo: Wiedervereinigung) begann der große Siegeszug des neuen alten Deutschlands und das Land setzte sich an die Spitze der EU. Spätestens seit der Wirtschaftskrise hat Deutschland die Hegemoniale Position in Europa, die seine Großväter militärisch nie erreichen konnten. Kein Wunder also, dass ein so erfolgreiches Deutschland auf die Nazis gerne verzichten kann. Wofür man selbst erfolgreichere Mittel hat als die Nazis, kann man ohne sie erledigen.

 

So freut sich der Staat, wenn er die guten Vorzeigedeutschen hat, die sich gegen diesen Extremismus von Rechts zur Wehr setzten: “Innensenator Frank Henkel (CDU) hat sich indes zufrieden darüber geäußert, dass Berlin im Kampf gegen Rechtsextreme Zivilcourage zeige sowie Solidarität mit Flüchtlingen und Verfolgten bekunde” (1). Diese anständigen Deutschen kann er herumzeigen, und damit deutlich machen: Unser Nationalismus bedient sich anderer Mittel als deren Nationalismus. Gezeigt wird dabei nur eines : Das Wohl Deutschlands geht für Nazis wie für den Staat über alles. So will sich Friedrich in seinem Land auch das Klima “nicht versauen lassen durch ein paar Rechtsextreme” (1). Die Message ist klar: Protestieren gegen Nazis, aber von den paar Pogromen nicht die Stimmung verderben lassen.

 

Als guter Nationalist hat Innensenator auch ein Ohr für den Mob: “Der Innensenator sagte, er verstehe auch die Sorgen von Bürgern, die in der Nähe solcher Heime lebten.” (1). Welche Sorgen sich die Bewohner genau machen, wenn man Flüchtlinge in ihrer Nähe einpfercht ist zumindest ex negativo zu bestimmen: Sicher nicht, das es den Flüchtlingen in diesen Heimen schlecht gehen könnte oder sie von Deutschen bedroht werden. Die Bewohner, die sich mit den Flüchtlingen indes solidarisieren, werden in wenigen Tagen von der Politik sowieso wieder vergessen; es ist anzunehmen das die örtlichen Nazis ein besseres Gedächtnis haben, wer sich gegen den Mob stellte.

 

Dieser Nationalismus neudeutscher Prägung, diese positive Bezugnahme auf einen Staat der in Europa gerade die Führungsrolle inne hat, muss gepflegt werden.  “Friedrich rief auch dazu auf, “die Sorgen der Bevölkerung” ernst zu nehmen, “damit die menschenverachtende Propaganda der Neonazis keinen Erfolg hat”" (2) Es kommt also darauf an, diejenigen, die da um ihre Nation fürchten wenn das unnütze Menschenmaterial aus Syrien und Afgahnistan mal tatsächlich angekommen ist und nicht, wie es sich gehört, im Mittelmeer ersoffen ist, wieder davon zu überzeugen, wer die Interessen der Nation am besten vertritt. Die Nazis mit ihrem Nationalismus von Vorgestern (3) zu zeigen wie man heute Weltmacht wird: Da gehört eben ein Flüchtlingsheim und ein paar Asylsuchende dazu. Wer das nicht begreift ist ” ist wirklich beschämend” (3) für das Land – sagt SPD-Chef Sigmar Gabriel. Menschenverachtend ist natürlich wie immer die Ideologie der Faschisten; indes das Flüchtlingsheime an sich bauen scheint Ausdruck purer Menschenfreundlichkeit zu sein. Zwar protestieren Flüchtlinge seit Wochen gegen solche Heime (4), mit Hungerstreiks und dem zunähen ihrer Münder (5), aber wie es Tanja Kurz von der Stuttgarter Zeitung mit ihrer Retorischen Frage auf den Punkt brachte: “sind sie gar nicht mehr Herren ihrer Entscheidungen?” (6)

 

Man muss also Zusammenfassen: Flüchtlinge, die ihre elende Lage nicht mehr ertragen wollen und Protestieren sind Irre und nicht mehr Herren ihrer selbst. Deutsche die Flüchtlingsheime unmenschlich finden “weltfremd” aber nützlich, sollange sie nur gegen die Nazis Protestieren. Deutsche die Flüchtlingsheime in ihrer Nachbarschaft für sich unmenschlich finden “schaden unserem Vaterland”, ihre Bedenken sind für die Politik aber durchaus “nachvollziehbar”. Klar, wer Flüchtlingsheime einrichtet, kann auch nachvollziehen, dass die Leute keine Lust haben das diese Unverwertbaren gerade neben ihnen entgelagert werden.

 

(1) http://www.morgenpost.de/berlin-aktuell/article119268725/Heim-in-Hellers...
(2) http://www.rp-online.de/politik/deutschland/bannmeile-vor-fluechtlingshe...
(3) http://www.mz-web.de/dessau-rosslau/menschenkette-am-9–maerz-national-war-vorgestern,20640938,22004552.html
(4) http://www.taz.de/!120289/
(5) http://thevoiceforum.org/node/2868
(6) http://m.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.asylbewerber-in-stuttgart-eskalat...

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finde den artikel sehr gut!

Soli-Graffiti: Refugees Welcome

na toll, jetzt verbreitest den erlogenen scheiss der kurz von der stz noch weiter und reisst das zitat ausserdem noch vollends aus dem zusammenhang...

unnoetig!

Ich ging ja bereits am Tag des erscheinens auf den Artikel von Tanja Kurz ein

https://keinort.noblogs.org/post/2013/08/09/14-freilich/

Ich zitiere mich mal kurz selbst um zu zeigen, dass mir der Kontext durchaus klar ist, und ich den "erloegenen scheiss der kurz" nicht einfach weitergebe sondern ihn zitiere um ihn zu kritisieren:

"Dann kommt es: Der Staat lenke ja ein, die 32 Euro Klamottengeld werden jetzt ausgezahlt und nicht mehr per Sachleistung gebracht, andere Leistungen werden auch in Bar umgestellt: 2014. Dann frägt Kurz besorgt: “Ob sich die Asylbewerber mit diesen kleinen Erfolgen zufriedengeben und einlenken? Oder sind sie gar nicht mehr Herren ihrer Entscheidungen?” (2) Sie hat es durchschaut, stellt es aber als retorische Frage da: Die armen Neger auf der Straße sind doch nur Schachfiguren in Doosthossein düsteren Plan: Wer würde schon glauben, dass diese hilflosen, mageren Gestalten selbst denken und die Schnauze voll haben? Nein, da muss jemand anders dahinterstecken – da bietet sich Doosthossein einfach an."

In dem aktuellen Artikel scheint mir der Zusammenhang doch klar dargestellt zu sein von mir: Schließlich folgt direkt nachdem ich Tanja Kurz Artikel zitiert habe folgende Stelle: "Man muss also Zusammenfassen: Flüchtlinge, die ihre elende Lage nicht mehr ertragen wollen und Protestieren sind Irre und nicht mehr Herren ihrer selbst."

Man kann nun Polemik mögen oder nicht - unterstellt du an dieser Stelle wirklich ich würde Tanja Kurz' Artikel positiv aufgreifen? P.S.: Die Stellungnahme der Flüchtlinge ist nur deshalb nicht in dem Kommentar #14 verlinkt, weil er direkt nach dem Erscheinen des Artikels von Frau Kurz entstanden ist und die Stellungnahme noch nicht verfasst war.

Da du ja diesen Artikel aus der StZ aufgreifst, empfinde ich es auch als dringend notwendig die Gegendarstellung der Geflüchteten zu verlinken: 

http://refugeeproteststuttgart.wordpress.com/2013/08/10/stellungnahme-der-gefluchteten-zum-artikel-der-stuttgarter-zeitung-vom-9-august-2013/

Warum geht eigentlich niemand auf den Umstand ein, dass die Unterbringung(das Heim) in Hellersdorf eine menschenunwürdige Sache ist?

Das wird ja gefeiert, als ob es ein Palast wäre.

Die Flüchtlinge werden dem Hass der Anwohner ausgesetzt, weit weg von den Wohnorten und somit vom Bewußtsein der Eliten und zu guter letzt stellen wir uns auch noch gegen "den" Lohnsklaven, der ja nun mal in Hellersdorf wohnen muss, wegen der niedrigen Mieten.

Ein nicht geringer Teil der Anwohner dürfte bei Sklavenfirmen wie G+S, Gegenbauer, Dussmann etc. sein Geld verdienen. Daher auch der Frust.

Waren wir nicht mal auf der Seite der Arbeiterklasse? Und heute?

Wir lassen uns durch die Stellung einer Wohnung als Wachschutz für das Heim und somit für die Kriegsstrategien der Herrschenden einspannen?!?

Ich fasse es nicht.

Auf der Facebook-Seite der BI MH schreibt ein Benutzer, man sollte in den "reichen" Vierteln für die Errichtung von Heimen demonstrieren, gemeinsam mit uns.

Lasst uns das Ziel nicht aus den Augen verlieren.

Das jenes Heim selbst eine Widerlichkeit ist wird in meinem Text doch thematisiert. Auch andere Genoss_innen haben das immer wieder angesprochen. Der Grund für die Anfeindungen gegen die Asylanten ist aber nicht einfach in den zumutungen der Lohnarbeit zu suchen. Es muss doch erklärt werden, warum die Leute ausgerechnet sich gegen die Asylanten stellen wenn ihre eignen Bedürfnisse hier beschädigt werden.

Diese falsche Stellung, welche die Leute zur Welt einnehmen: Ausländer/Asylant scheiße, Deutsche zuerst! schließt auch die gemeinsame Aktion aus, die du am Ende ansprichst. Diese Menschen sind nicht alles verkappte Revolutionäre. Ein Revolutionär ist jemand, der die Revolution machen will, ein Linker jemand der Linke Ziele verfolgt. Jemand der beschädigt wird, ist erstmal nur jemand der beschädigt wird, es kommt schon darauf an wie er sich dazu stellt beschädigt zu werden. Und da scheinen mir diejenigen, die in der BMH sich vertreten fühlen, nicht gerade die Ansprechpartner zu sein für linksradikale politik

 

Indes widerspricht dein letzter Teil wieder deinen eigenen Ausführungen vom Anfang: Findest du die Heime an sich jetzt schlecht und willst sie wegschaffen, oder setzt du das Elend der Flüchtlinge dann doch gerne mal ein, zumindest wenn du es in ein "Bonzenviertel" stellst?