Kiel-Gaarden: 600 gegen "PLS-Werkzeuge"

Solidarische Anwohner_innen hauen Konfetti raus

+++ Über 600 Antifaschist_innen auf bunter Demonstration gegen von Neonazis betriebenen Laden in Gaarden +++ Sonne, gute Laune, Antifa! +++ Viele kleine und große Solidaritätsbekundungen von Anwohner_innen +++ Polizei nervt mit Großaufgebot +++ Farbspritzer für Rollläden von "PLS-Werkzeuge" +++


Am heutigen Samstag, den 4. Mai 2013, demonstrierten über 600 Menschen gegen den seit Dezember 2012 von bekannten Neonazis, darunter Alexander Hardt aus Neumünster, betriebenen Laden "PLS-Werkzeuge" am Vinetaplatz im Kieler Stadtteil Gaarden.

Unter dem Motto "Keine Geschäfte mit Neonazis - "PLS-Werkzeuge" dichtmachen! Für einen solidarischen Stadtteil ohne Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus!" versammelten sich zunächst etwa 300 Teilnehmer_innen der Demonstration, zu der das antifaschistische Bündnis "Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus" aufgerufen hatte, ab 13 Uhr auf dem Alfons-Jonas-Platz zur Auftaktkundgebung.

Hier sprach neben einem Vertreter des Runden Tischs der Intendant des Werftparktheaters, Norbert Aust, ein Grußwort. Anschließend drehte die Demo eine ausführliche Runde durch den Stadtteil, in dem viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, und wuchs beständig auf eine Teilnehmer_innenzahl von über 600 an. Am Bahide-Arslan-Platz sprach Cebel Kücükkaraca, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein, zu den rassistischen NSU-Morden und den fatalen Auswirkungen des ausgebliebenen Handelns staatlicher Behörden auf das Sicherheitsempfinden von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Ein weiterer Redebeitrag der SDAJ befasste sich mit dem Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus.

Während der Demo, die sich bei bestem Wetter und durchgängig begleitet von Lautsprecheransagen und Parolen gegen "PLS-Werkzeuge" im Speziellen und Neonazis im Allgemeinen durchweg gutgelaunt ihren Weg durch die engen und belebten Straßen bahnte, wurde immer wieder mit Solidaritätsbekundungen von Anwohner_innen begrüßt. Beim Gang durch die Iltisstraße etwa donnerte rechts vom Dach ein ausgiebiges Feuerwerk, während links von einem Balkon, untermalt mit Konfettiregen, ein riesiges Transparent mit der Aufschrift "Gemeinsam gegen Bullenschikanen, Verelendungspolitik und Nazischweine! Für ein solidarisches und widerständisches Gaarden!" präsentiert wurde. Lediglich die Polizei sorgte für Missmut: So brach sie ihre vorherige Ankündigung, sich im Hintergrund halten zu wollen und posierte immer wieder mit bewaffneten und vermummten Eingreiftrupps in Seitenstraßen.

Die Demonstration endete auf dem Vinetaplatz im Zentrum von Gaarden, wo auch das unerwünschte Ladengeschäft ansässig ist. Dieses hatte die Polizei zuvor mit zahlreichen Einsatzfahrzeugen abgeschirmt. Nichtsdestotrotz gelang es Aktivist_innen, wenigsten ein bisschen Farbe der bunten Zusammenkunft auf die hässliche Fassade des mit Rollläden verschlossenen Ladens zu übertragen. Und auch hier kam es zu einer weiteren pyrotechnischen Dachaktion, zu der eine attraktive Antifa-Fahne geschwenkt wurde. Auf der Abschlusskundgebung wurde in Redebeiträgen der Autonomen Antifa-Koordination Kiel und Avantis vielfach auf die Gefahren eines von Neonazis betriebenen Ladens hingewiesen, auch wenn dieser zunächst nicht politisch nach außen wirkt. Betont wurde auch die Notwendigkeit von eigenständigem antifaschistischen Handeln im Alltag und die Verantwortung, die alle antifaschistisch gesinnten Anwohner_innen tragen, wenn es darum geht, die Etablierung von "PLS-Werkzeuge zu verhindern. Ein Gaardener Gewerkschafter und die DGB-Jugend beendeten mit ihren Beiträgen die etwa zweistündige Demonstration, während eine Sambagruppe noch eine Weile vorm Laden weiter trommelte.

Insgesamt hat die heutige Demo ihr Ziel erreicht: Mit 600 Teilnehmer_innen verschiedener politischer und sozialer Backgrounds, davon viele aus dem Stadtteil, konnte an zurückliegende antifaschistische Mobilisierungserfolge angeknüpft und mit großer positiver Resonanz klargestellt werden, dass Gaarden nach wie vor kein ruhiger Ort für Neonazis sein wird. Gleiches hatte bereits in der Nacht zuvor eine militante Aktion gegen das Auto des NPD-Noch-Ratsherren Hermann Gutsche verdeutlicht, der vor Kurzem in die Gaardener Blitzstraße gezogen ist. Es ist zu hoffen, dass der Schwung dieser Tage mindestens solange andauern wird, bis der Laden Alexander Hardts nicht mehr nur seine Rollläden, sondern auch seine Türen schließt - und das für immer.

1000 Grüße und fetten Respekt gehen raus an alle, die heute auf der Straße, auf den Dächern Gaardens unterwegs waren und diese Demo möglich gemacht haben!

Lokalpresse dazu:


Fotos: http://www.kn-online.de/Lokales/Kiel/Fotostrecken-Kiel/Fotostrecke-Gaard...
Artikel: http://www.kn-online.de/Lokales/Kiel/Gaarden-duldet-keine-Nazis

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Super guter Artikel!Respekt nach Kiel...Weiter so!!!

Demo in Kiel
Gaarden duldet keine Nazis
Von Martin Geist |
04.05.2013 17:31 Uhr

Die Kieler Polizei war sicherheitshalber mit großem Aufgebot angerückt, doch alles blieb ruhig. Etwa 600 Menschen haben am Sonnabend friedlich für einen toleranten und solidarischen Stadtteil Gaarden demonstriert - und gegen den Laden „PLS-Werkzeuge“, der im Dezember am Vinetaplatz eröffnet hat und hinter dem landesweit bekannte Vertreter der rechten Szene gehören.

Kiel. „Der Naziladen muss weg“. „Gaarden, Gaarden, das sind wir, wir wollen keine Nazis hier“. Parolen dieser Art schallten allenthalben durch die Straßen, während einigen Redebeiträgen differenziertere Betrachtungsweisen zu entnehmen waren. Norbert Aust, Leiter des Theaters im Werftpark, zitierte Bertold Brecht, der kurz nach dem Krieg feststellte: „Das Gedächtnis der Menschen für vergangene Leiden ist erstaunlich kurz.“ In eigenen Worten sprach sich Aust für eine „vielfältige und lebendige Kultur des Miteinanders in Kiel“ aus.


„Wir verabscheuen Gewalt“, bekundete derweil Cebel Kücükkaraca, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein. Ob die Motive dabei linker, rechter oder religiöser Art sind, spiele keine Rolle. Kritisch ging Kücükkaraca auf die Ermittlungen im Fall der NSU-Morde ein: „Wir möchten unseren Sicherheitsbehörden vertrauen können und sicher sein, dass wirklich alles Erdenkliche getan wird, um Gewalttaten aufzuklären – unabhängig davon, wer die Opfer sind.“

Gut gewappnet gegen mögliche Ausschreitungen zeigte sich am Sonnabend die Polizei. Als der Demonstrationszug zum Schluss auf dem Vinetaplatz angelangte, sicherte sie den in der Kritik stehenden Laden mit Autos und Einsatzkräften weiträumig ab. Das zeigte offensichtlich Wirkung. Versuche, das auch mit einschlägigen Einbruchswerkzeugen handelnde Geschäft zu attackieren, gab es nicht einmal im Ansatz.

zu: Verfasst von: Antifascist@s.

 

Die Ersetzung von a durch @ entstammt dem Spanischen, und wird zum gendern verwandt, etwa bei companeros - companeras = companer@s. So wie es von euch verwendet wird hat es aber keinen Sinn, da die männliche Form "antifascistos" nicht existiert.