Teures «Blut» im Pelzladen

Am Samstagnachmittag wurde auf das Pelzgeschäft Büchler an der Kramgasse ein Farbanschlag verübt
Erstveröffentlicht: 
06.08.2012

Verschmierte Leder- und Pelzjacken, ein Schaden von mehreren hunderttausend Franken und ein Ladeninhaber, der um die Zukunft bangt: Das ist die Bilanz eines Farbanschlages auf ein Berner Pelzgeschäft.

 

Die rote Farbe ist bereits trocken und hat sich in das Leder, die Pelzmäntel und Wände eingesogen, das Schaufenster des Pelzhauses Büchler an der Kramgasse 66 ist verschmiert. Die Farbe stammt von Farbbeuteln – drei an der Zahl und «gezielt geworfen», wie Geschäftsführer Jean-Marc Büchler sagt. Der Farbanschlag vom Samstag verursachte einen Schaden von mehreren hunderttausend Franken.

 

«Ich fühle mich momentan sehr ohnmächtig und kann das Geschehene noch nicht einordnen», sagt Büchler. Dies gehe an die Substanz. 188 Pelz- und Lederjacken seien vom Farbanschlag betroffen, die meisten davon seien handgefertigte Unikate. Die Verkäuferin, die am Samstag im Laden gewesen sei, konnte im Nachhinein nicht einmal mehr sagen, ob es sich um mehrere Personen handelte und ob die Täterschaft vermummt auftrat. Nur einen schwarzen Schatten habe sie gesehen, sagt Büchler.

 

«Die kommende Modesaison kann ich vergessen»

 

Die Farbe sei nicht mehr aus den Kleidungsstücken herauszubekommen. «Besonders bitter ist, dass vor allem frisch angelieferte Ware zerstört wurde. Pelz- und Lederjacken für die kommende Saison 2012/13», sagt Büchler. Zum Materialschaden komme also auch noch der Geschäftsausfall hinzu, da Büchler nun nur noch über die Hälfte der Ware im Angebot verfüge. Es sei unmöglich, neue Kleidung fristgerecht auf den Saisonstart nach den Sommerferien zu beschaffen.

 

Immer wieder seien die Pelzgeschäfte an der Berner Kramgasse Opfer von kleineren Vandalenakten bis hin zu regelrechten Raubüberfällen geworden. «Einbrüche, Buttersäureanschläge oder Sprayereien gehören nicht zur Tagesordnung, aber verschmierte Schaufenster schon», sagt Büchler. Doch er könne auf die schnelle Hilfe der Polizei zählen. In einem Fall seien Beamte innerhalb einer halben Minute vor dem Geschäft gewesen.

 

Keine Massenproduktion

 

Auch im aktuellen Fall sei die Polizei schnell zur Stelle gewesen. Bis zum letzten Stand ist aber nicht klar, aus welchem Umfeld die Täterschaft stamme. Allfällige Kritik am Pelzgeschäft könne er irgendwie verstehen, sie sei aber veraltet: In den Achtzigerjahren hätten tatsächlich unhaltbare Zustände geherrscht und es sei gut, dass man da wachgerüttelt worden sei. Doch heute sei die Situation laut Büchler ganz anders: «Ich will wissen, woher der Pelz kommt und importiere nichts aus China. Wir haben nur fair produzierte und qualitativ hochwertige Ware.» Das Pelzgeschäft sei gesundgeschrumpft, heute gebe es keine Massenproduktion mehr.

 

Ersatzware in gewünschter Qualität ist bis zu Saisonbeginn nur schwer erhältlich. «Es wäre schlimm, wenn ich deshalb diesen Laden schliessen müsste – das Geschäft ist beinahe 100 Jahre alt, mein Vater hat es 1958 übernommen.» Seither betreibe die ganze Familie den Laden mit sehr viel Herzblut.

 

«Blutiges Schaufenster»

 

Nun klebt «Blut» am Schaufenster und löst bei den Passanten ähnliche Reaktionen wie beim Geschäftsführer aus. Marianne Zimmermann, eine ältere Bernerin, ist sichtlich mitgenommen. «Es trifft mich sehr, auch wenn ich kein ausgesprochener Fan von Pelzen bin. Denn man muss sich überlegen, was das jeweils für den Menschen dahinter bedeutet», sagt sie. Zwei Herren haben zunächst gar nicht bemerkt, dass es sich um einen Anschlag handelt, da sich die Farbe auf der Innenseite befindet. «Ein Farbanschlag? Schrecklich. Ich habe gedacht, das sei ein Verkaufsgag», sagt einer der beiden.

 

Im nächsten Jahr soll das Traditionsgeschäft seinen 100. Geburtstag feiern. «Wenn es aber so weitergeht, weiss ich nicht, ob wir dieses Jubiläum noch erleben werden», sagt Büchler. «Jetzt machen wir vorerst einen grossen Ausverkauf auf die saubere übriggebliebene und auch auf die noch nicht ausgelieferte Ware.» Büchler hofft zudem auf Verständnis der Kundschaft «für die etwas durcheinander geratene Ordnung und Abläufe» im Ladenlokal.

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"Keine Massenproduktion"

 

Klar, Antispes geht es um das faire produzieren und nicht um das völlig unnötige töten von Lebewesen.

Bei soviel Dummheit stellt sich doch die Frage wie er überhaupt sein Geschäft solange am Leben halten konnte^^