Kurzer programmatischer Text der Revolutionären Aktion Stuttgart

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Die Entwicklung grundlegender Analysen und Positionen, die der politischen Praxis eine Richtung und Perspektive geben, ist ein stetiger Prozess. Sowohl Texte zu spezifischen Themen, etwa in Form von Aufrufen und Flugblättern, als auch umfassendere programmatische Diskussionen, intern wie auch mit weiteren Organisationen, sind für uns Teil dieses Prozesses. Eines der Ergebnisse hiervon ist der vorliegende programmatische Text. In ihm legen wir kurz zusammengefasst die Grundlagen unserer politischen Arbeit dar und stellen sie zur Diskussion. Ein ausführlicherer Text dazu ist noch in Arbeit.

 

So wie es ist bleibt es nicht
Die ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse sind weder zufällig entstanden, noch unabänderliches Schicksal, sondern von Menschen gemacht und somit veränderbar. Für uns steht fest, dass eine Perspektive jenseits der momentan herrschenden Weltordnung möglich und nötig ist. Ein System in dem der Alltag der Menschen in weiten Teilen von Armut und Unterdrückung geprägt ist – und selbst in den Ländern, wo Unmengen an Reichtum angehäuft wurden, entfremdete Lohnarbeitsverhältnisse, der Ausschluss der großen Masse von zentralen Entscheidungen, geistige Abstumpfung und Verarmung vorherrschen – ist nicht das Ende der Geschichte. Vielmehr kann eine Gesellschaftsordnung, die nicht nur diese Symptome hervorbringt, sondern von Grund auf auf Profitstreben, Konkurrenz und der Herrschaft einer Klasse basiert, die über die Produktionsmittel und die politische Macht verfügt, keinen endgültigen Bestand haben. Sie muss überwunden werden.
 

 

Eine Frage der Klasse
Die Frage wie und von wem gesellschaftliche Veränderungen ausgehen können ist zentral. Ihre Beantwortung bedarf einer wissenschaftlichen Methode, einer Analyse der objektiven Situation und ihrer Entwicklung. Entscheidend ist dabei die materielle Grundlage der Verhältnisse, die Basis auf der der gesellschaftliche Überbau – Ideologien, der Staat, Kultur etc. – aufbaut. Diese materielle Grundlage jeder gesellschaftlichen Ordnung sind die Produktionsverhältnisse. Sie entscheiden im Wesentlichen über die gesellschaftliche Stellung der Menschen und ihre Möglichkeiten. Im Kapitalismus wird die Gesellschaft in zwei Klassen geteilt. Auf der einen Seite steht die Klasse der Lohnabhängigen, das Proletariat, all diejenigen die gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Auf der anderen Seite steht die Kapitalistenklasse, die Bourgeoisie, diejenigen die über die Produktionsmittel und somit über die Arbeitsbedingungen bestimmen und sich den geschaffenen Reichtum aneignen. Weitere Klassen, Differenzierungen innerhalb der Klassen, sowie ein ineinander Übergreifen spielen eine untergeordnete Rolle. Aufgrund dieser Besitzverhältnisse, die historisch nicht zuletzt durch Gewalt, Enteignung und Unterdrückung entstanden sind, hat die Kapitalistenklasse die gesellschaftliche Macht inne – sie ist in der Lage ihre Interessen in und durch Staat, Medien, Kultur und letztlich jede Facette des gesellschaftlichen Lebens durchzusetzen. Entscheidend ist dabei, dass dieses System einerseits auf der Klasse der Arbeiterinnen und Arbeiter aufbaut und sie als Klasse die absolute Mehrheit der Gesellschaft bilden, sie andererseits jedoch von der Bestimmung über ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen ausgeschlossen sind. Dass diese Situation leicht als naturgegeben begriffen werden kann, Arbeitsplatz und Lohn eine Abhängigkeit von der Kapitalistenklasse suggerieren oder der kapitalistische Staat als neutrale und notwendige Instanz erscheint, sind nur einige der Gründe, weshalb das gegensätzliche Klasseninteresse nicht immer unmittelbar erkennbar ist. Auch die unterschiedlichen Lebensrealitäten, die sich durch die ArbeiterInnenklasse, insbesondere im internationalen Maßstab, ziehen, sowie die (natürlich immer nur für Wenige vorhandene) Möglichkeit, selbst nach oben aufzusteigen und die unzähligen diffusen bis reaktionären Ideologien, lassen den Klassenwiderspruch im Alltag als nebensächlich erscheinen.

 

All dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass jedes Streben nach fortschrittlicher Veränderung objektiv das Interesse des Proletariats wiedergeben muss und dass die Aufrechterhaltung und Verschärfung der kapitalistischen Verhältnisse einzig im Interesse der Kapitalistenklasse liegen. Dieser Widerspruch und die notwendige und mögliche Durchsetzung der Interessen des Proletariats, treten insbesondere in Situationen die von Krisen und Konflikten geprägt sind deutlich hervor. Ihr Erkennen hängt aber nicht zuletzt vom eigenen Handeln, vom Erfahren von Solidarität mit den KollegInnen und dem deutlich werden der gemeinsamen Stärke ab. Dass dieses Bewusstsein immer wieder angegriffen und abgeschwächt wird, Sozialdemokraten und Gewerkschaftsführung es schaffen Kämpfe abzuwiegeln oder sich Konkurrenzdenken durchsetzt, ist allenfalls Ausdruck von temporären Niederlagen in spezifischen Situationen. Nicht zufällig waren es geschichtlich und sind es in vielen Ländern bis heute in erster Linie blutige Unterdrückung, Inhaftierungen und Ermordungen, die die kapitalistische Herrschaft gegen den Kampf der Ausgebeuteten und Unterdrückten bestehen lassen. Der Klassenkampf ist die Grundlage auf der sich politische Konflikte abspielen. Rassistische, patriarchale und weitere gesellschaftliche Diskriminierungen und Unterdrückungsformen existieren nicht losgelöst davon, sondern basieren einerseits auf den konstruierten Konkurrenzverhältnissen und begünstigen andererseits die Zersplitterung unserer Klasse, im Interesse der Kapitalistenklasse. Der Klassenkampf ist daher auch als umfassender politischer Kampf zu verstehen und nicht vom politischen Widerstand und dem Kampf gegen sämtliche Formen der Diskriminierung und Unterdrückung zu trennen. Letztlich liegt es in unserem Klasseninteresse und auch in unseren Möglichkeiten, die bestehenden kapitalistischen Verhältnisse umzustürzen.
 

 

Die Revolution ist großartig, alles andere ist Quark
Die Interessensgegensätze zwischen Bourgeoisie und Proletariat sind letztlich antagonistisch, d.h. sich so entgegengesetzt, dass sich nur die eine oder die andere Seite durchsetzen kann: Privatbesitz der Produktionsmittel, somit Aneignung von Reichtum durch Wenige, sowie Profitstreben und Konkurrenz stehen der Vergesellschaftung der Produktionsmittel, der allgemeinen Solidarität, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung gegenüber. Unser Ziel kann nur eine Gesellschaftsordnung sein, in der die Kontrolle über die Lebens- und Arbeitsverhältnisse nicht weiter in der Hand einer kleinen Klasse aus Kapitalisten und bürgerlichen Regierungen liegt, sondern die Produktionsmittel vergesellschaftet sind und alle Belange der Gesellschaft kollektiv organisiert werden. Die massive Ausbeutung der Mehrheit einerseits und die Anhäufung von Reichtum bei Wenigen andererseits müssen beendet werden, der gesellschaftliche Reichtum allen zur Verfügung gestellt und alle notwendigen Arbeiten nach Fähigkeiten und Interessen verteilt werden. Frieden und internationale Solidarität haben an die Stelle von imperialistischen Kriegen und militärischer Aufrüstung zu treten. Das Bildungswesen darf nicht länger Wirtschaftsinteressen untergeordnet sein, sondern muss allen ein selbstbestimmtes Lernen ermöglichen. Anstelle des bürgerlichen Staatsapparates sind Strukturen zu entwickeln, die gesellschaftliche Mitbestimmung und die Niederhaltung jeglicher Form der Ausbeutung gewährleisten. Ein sog. „dritter Weg“ zwischen Sozialismus und Kapitalismus oder ein „Kapitalismus mit menschlichem“ Antlitz sind Utopie. Es kann nicht um eine Reform des herrschenden Systems oder um die Abmilderung seiner Symptome gehen; es wäre auch zwecklos darauf zu hoffen, die Herrschenden würden aus moralischen Beweggründen heraus ihre Macht und Privilegien abgeben. Inkonsequente und auf Reformen ausgerichtete Konzepte haben sich daher stets als Sackgasse und in letzter Instanz eher als Teil des Problems, denn als Teil einer Lösung erwiesen. Eine klare revolutionäre politische Linie ist folglich unabkömmlich. Sie muss es jedoch wiederum schaffen, sämtliche anderen fortschrittlichen Kräfte in den Kampf für Veränderung mit einzubeziehen. So wichtig und unerlässlich klare und konsequente revolutionäre Strukturen sind, so beschränkt bleiben ihre Möglichkeiten wenn sie isoliert sind oder es versäumen, Vermittlungsebenen zu beachten, Bündnisse einzugehen und überall dort wo es möglich ist, fortschrittliches Handeln zu unterstützen.
 

 

Theorie und Praxis
Die bis hierhin formulierten Positionen und Ansprüche und sämtliche weitere Theorie ist für sich nicht in der Lage die Verhältnisse zu verändern. Vieles kann zunächst logisch und richtig erscheinen, an der Realität aber fundamental scheitern und damit bedeutungslos sein. Die Theorie muss in die Praxis umgesetzt werden. Durch das konkrete Handeln kann ihre Richtigkeit erst überprüft, Fehler erkannt, die zur weiteren Entwicklung notwendigen Erfahrungen gemacht und politische Positionen überhaupt erst vermittelt werden. Ohne die Praxis läuft jede Theorie Gefahr als Dogma zu erstarren und damit bestenfalls ihren Sinn zu verlieren. politische Praxis wiederum kann und muss immer wieder durch neue Diskussionen und Analysen, die ihr erst Zweck und Ziel verleihen, weiterentwickelt werden. Zahllose aktionistische linke Strömungen und Organisierungen, die einem Event nach dem anderen nachjagen, zeigen ebenso wie ihr Gegenstück in Form derer die Unmengen von Papier mit ihren Phrasen, Aufforderungen und Kritiken verbrauchen, wie perspektivlos jeweils das eine ohne das andere ist . Zu unseren organisatorischen Grundlagen gehört es daher, dass theoretische und praktische Arbeit miteinander einhergehen und aufeinander aufbauen. Wir führen und unterstützen heute den politischen Kampf auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Bereichen. Wir entwickeln darauf aufbauend aber auch eine langfristige Perspektive, in dem Erfahrungen reflektiert und die theoretischen Grundlagen zur Überwindung des Kapitalismus entwickelt werden.
 

 

Für einen revolutionären Aufbauprozess
Die Umsetzung der formulierten Ansprüche, die Überwindung des Kapitalismus und der Aufbau einer befreiten Gesellschaftsordnung erfordern mehr als lediglich eine politische Bewegung. Selbst die heute bereits geführten Kämpfe verlangen, dass wir uns in verschiedenen Bereichen organisieren: in und kämpferischen Basisgruppen in den Betrieben, in antifaschistischen Gruppen, selbstverwalteten Zentren und politischen Strukturen an Schulen und Unis. All diese Strukturen sind für den kontinuierlichen, auf Erfahrungen und kollektiven Diskussionen aufbauenden Kampf in den verschiedenen Bereichen eine substantielle Grundlage. Organisierung bedeutet generell der Individualisierung, dem Egoismus und dem Konkurrenzdenken entgegen zu wirken. Die zentrale Tendenz, die dem Kapitalismus innewohnt und seine Überwindung ermöglicht, kann dadurch aufgegriffen und weiter entwickelt werden: die Vereinigung der ArbeiterInnenklasse gegen die Klasse, die von Ausbeutung und Unterdrückung profitiert.

 

Unsere heutigen Zusammenschlüsse sind somit die Grundlage, um zukünftig sämtliche gesellschaftlichen Bereiche selbstbestimmt, kollektiv und solidarisch zu regeln und Strukturen zu entwickeln, die an die Stelle profitorientierter Unternehmen und des bürgerlichen Staates treten. Doch auch die Strukturen in verschiedenen Teilbereichen reichen nicht aus. Es gilt, eine Organisation der ArbeiterInnenklasse zu schaffen, die sich nicht mit der Verbesserung des Kapitalismus beschäftigt, sondern an seiner Überwindung arbeitet. Eine Organisation, die die revolutionäre Theorie und Praxis langfristig und kontinuierlich entwickelt, Schulung und Information gewährleistet und sich nicht auf tagespolitische Kämpfe beschränkt und darin abarbeitet, sondern deren Dynamiken für den revolutionären Prozess nutzt. Eine organisierte politische Gegenmacht die den Angriffen des Machtapparates der Herrschenden widersteht, Erfahrungen weitergibt,die richtigen Konsequenzen aus Rückschlägen zieht, dem Kampf Kontinuität verleiht, bereits heute erfolgreiche Kämpfe führt, letztlich den revolutionären Aufstand und den Aufbau einer befreiten Gesellschaftsordnung organisiert. Wenn die Perspektive auch eine internationalistische und letztlich die Überwindung der bürgerlichen Nationalstaaten ist, ist der direkte Bezugsrahmen zunächst die BRD.

 

Es liegt in unserer Verantwortung hier die Kämpfe zu führen, sie aber zunehmend mit den revolutionären Kräften in anderen Ländern zu koordinieren und für die internationale Solidarität, gegen nationalistische Spaltungsversuche, einzutreten. Eine revolutionäre kommunistische Organisationen kann und darf die verschiedenen anderen Organisierungen dabei nicht ersetzen, sondern muss in einem dialektischen, sich ergänzenden und aufeinander aufbauenden Verhältnis zu ihnen stehen und die Selbstorganisierungen in den verschiedenen Bereichen ermöglichen und unterstützen. Das Ignorieren oder Leugnen der Notwendigkeit des Aufbaus einer kommunistischen Organisation, sei es zugunsten von aktionistischen Zusammenhängen, Bewegungen, Vernetzungen, Teilbereichsstrukturen oder anderen rein dezentralen Konzepten hat die revolutionäre Linke hier über Jahre geschwächt: die unzähligen, kaum über mehrere Jahre existenten, kaum etwas hinterlassenden Gruppen haben teilweise hier und dort für eine gewisse Zeit Erfolge erzielt, für einen wirklichen revolutionären Prozess war ihr Beitrag zwangsläufig äußerst beschränkt. Es gilt sich jedoch auch von denen abzugrenzen, die ein schematisches oder dogmatisches Konzept zum Aufbau einer kommunistischen Organisation verfolgten und verfolgen.

 

Die notwendige Organisation wird nicht am Schreibtisch und nicht auf Sitzungen, sie wird nicht einfach in Abgrenzung zu anderen Ansätzen oder in ständigen Aufrufen sich dieser oder jener Struktur anzuschließen geschaffen und kann auch nicht als Kopie früherer Konzepte Bestand haben. Sie kann nur durch die eigene kollektiv organisierte revolutionäre Theorie und Praxis geschaffen werden, durch das klare Ziel vor Augen, die Verankerung in den jetzigen realen Verhältnissen, die stetige theoretische und praktische Entwicklung und das solidarische Verhältnis zu anderen Kräften, die dem gesellschaftlichen Fortschritt dienen. Die zahlreichen früheren Bestrebungen des Aufbaus einer kommunistischen Gesellschaftsordnung sind dabei mit einzubeziehen und aus ihren Erfahrungen, d.h. ihren erfolgreichen Methoden aber auch aus ihren gemachten Fehlern, zu lernen. Ein Organisationsmodell wie wir es anstreben, existiert bisher nur in Ansätzen. Daher begreifen wir unsere Struktur, neben ihrer Bedeutung für den bereits heute stattfindenden täglichen politischen Kampf, letztlich als einen Beitrag zur Schaffung dieser Organisation.

 

Unsere Seite aufbauen!
Für den Kommunismus!

 

Revolutionäre Aktion Stuttgart, April 2012

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Logisch und richtig ist, dass der Stalinismus gescheitert ist und dass eure Welt nicht mehr möglich ist.  

Es ist erfreulich dass Revolutionen heute nicht durch Kaderpatreien geführt werden, leider scheint das in Deutschland (vor allem im Süden) noch nicht angekommen zu sein, na ja was nicht ist kann noch werden :)

Ach ja ein dritter Weg zwischen Stalinismus und Kapitalismus ist möglich,

und scheiß auf eueren Kommunismus, für die Anarchie

...liegen nicht nur phonetisch nah beieinander, Genosse!

... soll heißen dass man den Stalinismus relativieren darf ? Abgesehen davon haben FDP und Anarchosyndikalismus wenig miteinander zu tun.

Übrigens: Flosken sind nicht gleich Argumente. 

"Abgesehen davon haben FDP und Anarchosyndikalismus wenig miteinander zu tun."

 

Es sind beides erst einmal kleinbürgerliche Ideologien. Die einen tendieren in der existierenden Klassenauseinandersetzung ideologisch mehr zum Kapital, die anderen zum Proletariat. Gemein ist beiden dabei, dass sie individuelle Freiheit verabsolutieren und darauf aufbauend sich einen Kampf zwischen Individuum und Staat konstruieren; gegen letzteren  führen sie dann ihre ideologischen Schaukämpfe.

 

Überall dort, wo die Klassenkämpfe in eine harte Phase übergingen, hat der Anarchismus gezeigt, auf welcher Seite er real steht; seine Rhetorik ist dann in reaktionäre Hetze umgeschlagen, gegen das organisierte Proletariat.

 

Wie gesagt: Ideologisch sind sich Liberalismus und Anarchismus gar nicht so fern, wie ihre Anhänger vermutlich glauben.

 

 

@ all: Wäre es nicht sinnvoller, sich gerade angesichts der Wirtschaftskrise inhaltlich mit dem Text aus Stuttgart zu befassen, statt hier die eigenen "antistalinistischen" Schaukämpfe zu vollziehen? Anders als die anarchistische Strömung nimmt die RAS einen klaren Klassenstandpunkt ein und legt dar, dass im antagonistischen Kampf der Klassen eben kein "sog. 'dritter Weg' zwischen Sozialismus und Kapitalismus oder ein 'Kapitalismus mit menschlichem' Antlitz" möglich ist. Wie sollte der auch aussehen? Harmonische Verbrüderung zwischer Ausbeuterklasse und ausgebeuteter Klasse unter der schwarzen Fahne???

Die antagonistischen ökonomischen Beziehungen der beiden Hauptklassen im Kapitalismus laufen zwangsläufig auf die Frage "wer - wen?" heraus. Das lässt sich auch nicht mit utopistischer Phrase wegschwurbeln.

Ja ja, Anarchisten sind Kleinbürger, Sozialdemokraten sind Sozialfaschisten, die Partei hat immer recht, die UdSSR war ein Arbeiterparadies

nur weiter so :)

Geschichte 6, setzten

Im übrigen gibt es einen dritten Weg zwischen KAPITALISMUS und STALINISMUS, (libertärer)  Sozialismus eben,

bitte nicht die Begriffe verdrehen,

@ ja ja:

Ich sagte nicht, "Anarchisten sind Kleinbürger", sondern der Anarchismus ist eine kleinbürgerliche Ideologie.

Über die klassenmäßige Zusammensetzung der anarchistischen Bewegung, die durchaus heterogen ist (von radikalisierenden Bourgeoise, über Kleinbürger, Proletarier bis hin zum Lumpenproletariat), habe ich in meinem Kommentar überhaupt nichts gesagt. Es ging hier lediglich um die Frage der Ideologie.

 

Statt anarchistischer Phraseologie zu dreschen, solltest Du vielleicht mal auf ein Argument eingehen.

"Überall dort, wo die Klassenkämpfe in eine harte Phase übergingen, hat der Anarchismus gezeigt, auf welcher Seite er real steht; seine Rhetorik ist dann in reaktionäre Hetze umgeschlagen, gegen das organisierte Proletariat."

 

wann und so soll denn das passiert sein?

 

geschichtlich war es doch immer das gegenteil sei es die spaltung der internationalen, der spanische bürgerkrieg, der aufstand in kronstadt, der bauernaufstand rund um nestor machno..... geschichtlich hat der autoritäre kommunismus so manche revolution verkauft oder sogar militärisch bekämpft.

 

aber jetzt warte ich schon gespannt auf deine geschichtsauslegung, falls vorhanden

Ein Beispiel, vllt. nicht gegen ein bereits organisiertes Proletariat, aber gegen die Organisiertheit eines Proletariats, die Mobilisierung von einander unabhängiger Kämpfe und welche harten Konsequenzen das hatte:

 

Engels - Bakunisten an der Arbeit:

http://mlwerke.de/me/me18/me18_476.htm

 

Mit dem spanischen Bürgerkrieg (1936) irrst du dich auch. Zwar gab es eine äußert fragwürdige Volksfront-Politik seitens der Stalinisten. Gegen revolutionäre Bestrebungen haben sie die Republik vor Faschismus schützen wollen. Dazu gehört auch der "Witz", dass Anarchisten sich an der Regierung beteilgt hatten, Aufseher in Gefängnissen waren, bei denen sie (ehemaligen) Genossen hinter Gittern entgegenwinkten. Vgl. http://www.wildcat-www.de/zirkular/50/z50dauve.htm

Auch die aufgebauten Kommunen seitens Anarchisten während des Bürgerkriegs, sollten Gegenstand der Kritik sein. Zwar wurden Produktionsmittel angeeignet und damit die Produktion übernommen, aber auf Grundlage selbständigig voneinander unabhängigen Kommunen, die vermittelt über Geld weiter eine Konkurrenz betrieben haben und so einen sachlichen Mangel bei den anderen geschaffen haben. Aber solche Dinge gehören eben dazu, wenn man keine Planwirtschaft betreiben will.

 

Ich gehöre übrigens nicht zur RAS. An dem Papier hätte ich auch Kritik zu üben. Um diese auszuführen, bräuchte ich aber erst mal Zeit.

0. Der ( A ) kommt aus der klassischen Arbeiterbewegung

und vertrat vor allem den romanischen Teil der 1. Internationalen. Den Arbeitern und Bauern in Spanien, Mexiko, Kronstadt, der Ukraine oder sonst wo, vorzuwerfen, sich selbst verraten zu haben, ist absurd. Ja, sie haben sich nicht an die Doktrin der örtlichen (meist marginalen) KP gehalten. Richtig, das war auch gut so!

 

1. Anarchist_innen sind nicht nur gegen den Staat.

Vielmehr richtet sich der ( A ) gegen JEDE Form von Herrschafts- und Unterdrückungsmechanismen. Dazu zählt für ( A ) zwar auch Staat und Nation, aber eben genauso Kapitalismus, Patriarchat, Rassismus, usw.... Dabei wird gewöhnlich nicht unterschieden, welche Unterdrückungsform die "schlimmste" ist und zuvorderst bekämpft gehört, sondern alle Unterdrückungsformen sind abzuschaffen.

 

2. Der ( A ) unterscheidet sich von Kommunistischer Ideologie nicht zwingend in der Theorie.

Lediglich wenden kommunistische Theoretiker meistens nur einen bestimmten Ausschnitt der Theoriemodelle an, die dem ( A ) zur Verfügung stehen:

Der moderne ( A ) versucht ein möglichst holistisches Bild gesellschaftlicher Wirklichkeit und sozialer Ungleichheit zu erfassen. Dazu ist es für viele ( A )s wichtig Marx und andere "kommunistische" Theoretiker zu kennen und zur Analyse wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Mechanismen des Kapitalismus einzusetzen.

Wie bereits erwähnt, beschränkt sich der ( A ) jedoch nicht auf eine materialistische Sichtweise auf Gesellschaft. Die meisten ( A )s erweitern daher ihre Analyse um Ansätze anderer wissenschaftlicher Richtungen wie z.B. Diskurstheorie, Dekonstruktivismus, Strukturfunktionalismus, usw. Diese unterschiedlichen Paradigmen sollen es ermöglichen, ein möglichst umfassendes, wirklichkeitsgetreu(er)es Bild der Realität zu bekommen. Das ist aber nicht zu verwechseln mit einer Beliebigkeit, die Tür und Tor dem reaktionären Mainstream öffnet. Analyse von Gesellschaft muss immer die gesamtgesellschaftliche Umwälzung in Richtung ( A )/Kommunismus im Blick haben, sonst bleibt sie irrelevant für den ( A ).

Beispiel:

So erschließen sich die unterschiedlichen Unterdrückungsmechanismen für Frauen am Arbeitsplatz nicht nur durch eine rein materialistisch-/marxistische Betrachtung der Empirie. Es gibt hier sehr gute Studien, die z.B.(!) den "Token"-Ansatz mit "Doing Gender" verbinden und dadurch patriarchale Wirkungsweisen von Unterdrückung am Arbeitsplatz aufdecken können, die sonst nicht sichtbar wären und die auch nicht nach einer Überwindung des Kapitalismus plötzlich verschwinden.

 

3. Hauptunterschied zwischen Kommunist_innen und Anarchist_innen bleiben zwei Punkte:
- in der Ebene der Theoriebildung

die Beschränkung der kommunistischen Theorie auf eine Marxistische Analyse des Kapitalismus und seiner Auswirkungen

 

- in der Strategie

die Vorstellung der (autoritären) Kommunist_innen für die Erreichung des Kommunismus sei eine zentralistische Organisation notwendig, die nach der Revolution ein zentralistisches "Übergangs"-Regime errichtet. Auch wenn Bakunin in vielerlei Hinsicht nicht ernst zu nehmen ist: Diesbezüglich hatte er Recht (sinngemäßes Zitat): Gebt dem radikalsten Revolutionär die Macht über alle Russen und er wird schlimmer als der Zar!

 

-> Wer diese beiden Punkte nicht für sich in Anspruch nehmen will, aber "für den Kommunismus" ist, der ist ein_e ( A ), ob es ihm gefällt oder nicht.

 

4. Kritik am eigenen Anspruch

Niemand würde einem "Kommunisten", der sich klar von der SU unter Stalin abgrenzt und Stalins Innenpolitik kritisiert, das Handeln Stalins zum Vorwurf machen. Immerhin zeigt ja gerade die Kritik des Kommunisten, dass er sich seinen Weg zum Kommunismus nicht so vorstellt! Wie er sich diesen Weg denn dann vorstellt, wenn er kein Anarchist ist, das ist dabei eine gänzlich andere Frage.

Das funktioniert auch anders herum:

Wenn viele Anarchist_innen nun den betroffenen Teilen der CNT vorwerfen sich an der Regierung im spanischen Bürgerkrieg beteiligt zu haben, dann zeugt es nicht gerade von besonderer Reflektionsfähigkeit diese Regierungsbeteiligung nun eben jenen ( A )s vorzuwerfen, die sie gerade noch kritisiert haben.

Bis auf 4. hat nichts wirklich mit meinem Beitrag zu tun. Ich teile die Punkte davor nicht, habe aber gerade auch keine Lust und vor allem keine Zeit darauf einzugehen.

 

Zu 4. Ja, würde ich einem Kommunisten auch nicht vorwerfen, aber das mit "niemand" würde das, stimmt nicht. Gibt ja genug, die Stalin mit Kommunismus identifizieren und wenn einer nicht Stalin preist, dann gibt es immer den Spruch, Kommunismus würde immer zu stalinistischen Terror führen.

Mein Vorwurf an Anarchisten, sich an der Regierung beteiligt zu haben, ist ja kein Vorwurf an Anarchisten allgemein. Es gibt ja genug, die das nicht machen, wenn auch es heute Richtungen bei Libertären gibt, die gar keine große Staatskritik haben. Es ging aber um den spanischen Bürgerkrieg und ich werfe da Anarchisten vor, dass einige (nicht alle - muss man ja unbedingt dazusagen, als Kommunist kümmere ich mich nicht so um Ehrverletzungen) sich an der Regierung beteiligt haben. Das ist ein Faktum. Dein Beispiel mit den Kommunisten geht doch auch anders und daher ein krummes Argument: Ja, Kommunisten, die nichts mit Stalin zu tun haben, soll man Stalinismus nicht vorwerfen. Mein Kommentar oben bezog sich auf eine gängige falsche Sicht auf den spanischen Bürgerkrieg: die Stalinisten hätten alles kaputt gemacht und die Anarchisten alles richtig. Ich wollte nur sagen, dass die Anarchisten eben nicht alle (!) so unschuldig waren, wie viele Anarchisten immer lobend hervorheben wollen. Aber das mit der Regierungsbeteiligung ist auch nur die eine Seite. Zu kritisieren ist auch die Ökonomie, die sie da betrieben haben, wo sie eher umstürzlerisch unterwegs waren. Und da mache ich nicht mehr so Ausnahmen, da richtet sich diese Kritik an Anarchisten schon allgemein (vielleicht auf wirklich sehr sehr wenige Ausnahmen, aber nur ein Idiot würde diese Ausnahmen als Argument benutzen), dass sie eine völlig unkoordninierte Produktion betrieben haben. Das deshalb weil sie fälschlicherweise Planwirtschaft für eine Art Herrschaft halten, weil es da Verbindlichkeiten gibt. Ja und es ist gut, dass es da Verbindlichkeiten gibt.

@ anonym:

 

Die Belege kennst Du doch, beispielhaft seien hier genannt:

 

im zaristischen Russland: Narodnaja Wolja (1879 bis 1890er)

im sozialistischen Russland: Kronstädter Aufstand (März 1921)

in der Ukraine: Machnowiken (1917-1921)

in der spanischen Republik: Aufstandsversuch in Barcelona (1937)

 

Können wir uns bei Belieben jetzt gegenseitig um die Ohren knallen, wird uns aber in dieser Form nicht wirklich weiterbringen. Die jeweiligen Argumente dürften sattsam bekannt sein, sind ja in zahlreichen Publikationen nachzulesen.

Das Grundproblem des Anarchismus (aus seiner Sicht wird das ja sogar als etwas Positives verbrämt) ist es, dass er die wesentlichen Bewegungsgesetze des Kapitalismus negiert und sich daher nur eine moralische und keine wissenschaftliche Herangehensweise an die soziale Revolution und den Klassenkampf erarbeiten kann. Entsprechend läuft er stets wieder in Abenteurertum und vorprogrammierte Sackgassen. Dazu gehört auch, dass sein dogmatisches Schablonendenken zu ernsten Fehleinschätzung der gesellschaftlichen Lage führt - dialektisches Denken ist dem Anarchismus durchaus fremd - und dann entsprechend reaktionäre Parolen und Pamphlete dabei herauskommen. (Z.B. bei einem Abwehrkampf gegen den spanischen, italienischen und deutschen Faschismus und bei einer weitgehenden Seeblockade und Isolierung der Spanischen Republik plötzlich in Teilen des Landes eine Agrarrevolution auszurufen und dann noch in Barcelona einen lokalen Aufstand gegen das Volksfrontsbündnis, in dem damals neben Kommunisten übrigens auch Anarchisten mitarbeiteten, auszurufen - dazu gehören schon viel politische Idiotie und dogmatische Scheuklappen!)

 

 

"Der Anarchismus ist ein Produkt der Verzweiflung. Die Mentalität [!] des aus dem Gleise geworfenen Intellektuellen oder des Lumpenproletariers, aber nicht des Proletariers. [...] - Keinerlei Doktrin oder revolutionäre Lehre, keine Theorie. - Zersplitterung der Arbeiterbewegung. - Völliges Fiasko bei Versuchen der revolutionären Bewegung (Proudhonismus 1871, Bakunismus 1873). - Unterwerfung der Arbeiterklasse unter die bürgerliche Politik, verhüllt als Negierung der Politik."

Lenin: Anarchismus und Sozialismus, 1901 (LW 5, 334-336)

Interessant finde ich schon, wie ihr euch mit euren politischen Konkurrenten auseinandersetzt. Statt die Uneinigkeiten argumentativ auszutragen, bekennt ihr euch nur zu Versatzstücken marxistischer und leninistischer Theorie, denen ihr prinzipienhaft folgt, ohne selbst groß die Theorie, auf die ihr euch beruft, ausführen zu können. Interessant ist, dass ihr den Anarchisten dogmatisches Schablonendenken vorwerft, selbst aber als „Argument“ gegen Anarchisten nur Lenin aus „Der linke Radikalismus“ zitiert, an welcher Stelle er ihnen Kleinbürgertum nachsagt. Der Vorwurf trifft zwar etwas, fungiert bei euch aber nur als Denunziation - ist also so auch für eine politische Auseinandersetzung nutzlos. „Dialektisches Denken“ - das ist auch so ein Dogmatismus, der auch nur ein Ersatz für ein Argument für die eigene Praxis sein soll, da man außer dem Vorwurf des dialektischen Denkens nicht mächtig zu sein, das wohl nicht verstehen könne. Wer ein bisschen Ahnung von Dialektik hat, der weiß, dass Dialektik und Denken eh das gleiche ist - Dialektik ist die Weise, wie das Denken vor sich geht, will es theoretisch die Natur vorgefundener Sachverhalte erfassen. Dialektik ist also auch keine Methode, die der Schlüssel zu allem möglichen wäre. Darüber hatte sich Engels schon lustig gemacht (Vgl. MEW 13, S. 472).

 

Zur Politik gegen die Volksfront in Spanien bin ich auch anderer Ansicht, siehe mein voriger Beitrag und der darin verlinkte Text. Historisch hat der Faschismus immer dann gesiegt, nachdem die Revolution bereits besiegt oder in den Staat integriert worden ist. In diesen Fällen führt die versuchte Rettung einer demokratischen Republik auch in den Faschismus. Durch eine Volksfront lässt sich dieser nicht verhindern. Das Argument, dass die Revolution in der Situation nicht gewonnen werden kann, mag sein, verhilft der Volksfront-Politik deshalb aber auch nicht zum Erfolg.

 

Wenn Anarchisten übrigens die Bewegungsgesetze negieren, ist das mehr als erfreulich. Wenn, dann ist es ein Unterschied, ob diese als gewusste Gesetze negiert werden. Wer gegen Gesetze kämpft, die er nicht kennt, kämpft sich an ihnen ab, bekämpft nicht Ursachen, sondern Wirkungen - natürlich ohne die Wirkungen loszuwerden. Nichts aber ist absurder als die Bewegungsgesetze des Kapitalismus befolgen zu wollen, wo diese doch gerade darin bestehen, dass sie sich hinter dem Rücken der Beteiligten durchsetzen, so also auch nicht Produkt willentlich geplanter Einflussnahme sind. Stalin aber hat es zu dieser Absurdität gebracht, Marx Rede von einem Wertgesetz wollte er entnommen haben, Sozialismus bestünde im Gegensatz zum Kapitalismus darin, die Bewegungsgesetze des Kapitalismus bzw. das Wertgesetz bewusst anzuwenden. Dass seine Planwirtschaft, die keine war, unerwünschte Resultate mit sich brachte, erklärte er allen Ernstes damit, dass viele das Wertgesetz wohl nicht verstanden hätten: „Schlimm ist nicht, daß das Wertgesetz bei uns auf die Produktion einwirkt. Schlimm ist, daß unsere Wirtschaftler und Planer, mit wenigen Ausnahmen, die Wirkungen des Wertgesetzes schlecht kennen, sie nicht studieren, und es nicht verstehen, sie in ihren Berechnungen zu berücksichtigen. Daraus erklärt sich dann auch das Durcheinander, das bei uns immer noch in der Frage der Preispolitik herrscht.“ (SW 15, S. 311) Ich hoffe doch, dass die RAS das Wertgesetz nicht bewusst anwenden, sondern negieren will!

 

Zum Lenin-Zitat: Der Mangel ist, dass nur die Herkunft des Anarchismus versucht wird aufzudecken - damit ist er aber nicht kritisiert. Man sollte sich aber auch mal der Tatsache stellen, dass Anarchisten nicht nur im Lumpenproletariat anzutreffen sind, sondern auch bei der angewendeten Arbeiterklasse, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass das Proletariat auch sonst insgesamt bisher kaum eine Einsicht in seine objektive Klassenlage entwickelt hat. Insofern ist es etwas albern darüber zu reden, welche „Mentalität“ zum Proleten gehört oder nicht. Deren Bewusstsein ist keine feste Größe, die sie unabänderlich haben, vor allem aber ist es (derzeit) kein objektives.

Dass Anarchisten meist keine Theorie haben - ihre Praxis leitet sich nicht aus begriffenen gesellschaftlichen Verhältnissen ab, sondern aus ihrer Spontaneität, je nachdem an welchen Widerspruch sie im Kapitalismus mal geraten - stimmt. Nur sieht es auch meist nicht besser aus, wenn sie mal eine haben. Bei Lenin liegt aber das Problem, dass er aus Theorien Prinzipienfragen macht und das macht die Theorie zu etwas der argumentativen Auseinandersetzung entzogenem. Zwar kritisiert er an irgendeiner Stelle treffend die „Freiheit der Kritik“, die seinerzeit viele politische Mitkämpfer forderten: „...daß die vielgerühmte Freiheit der Kritik nicht das Ablösen einer Theorie durch eine andere bedeutet, sondern das Freisein von jeder geschlossenen und durchdachten Theorie“. Dass die eine Theorie die andere ablöst, sollte sein Kriterium in der Richtigkeit der Theorie haben. Das ist dann aber keine Prinzipienfrage so wie er bei anderen Prinzipienlosigkeit feststellen will. Folgt man Prinzipien, tritt man von diesen Abweichenden auch nicht mehr argumentativ entgegen, sondern bezichtigt sie des Verrats. Eine Form der Auseinandersetzung, die bei RAS auch sehr beliebt ist. Sollten Kritiken an dem obenstehenden programmatischen Entwurf aufkommen, wäre wünschenswert, wenn das wirklich zu einer Diskussion und nicht zu bloßen Anfeindungen führt.

 

Ein kürzlich eher zufällig erfolgter Besuch zunächst der KTS und wenig später des Linken Zentrums in Stuttgart war für mich einmal mehr sehr eindrücklich: Chaos, Müll und unorganisiertes Sekteriertum (das sich selbst aber als den Höhepunkt linker Politik begreift), das alles obwohl das sogar noch von der Stadt finanziert wird auf der einen und ein gut organisiertes, selbstverwaltetes, ansprechendes und radikales Projekt auf der anderen Seite. Ähnliches kann man auch bei Demos, die von der einen oder anderen Strömung organisiert werden, bei der Antifa-Arbeit etc. beobachten.

Letztlich können Post-Autonome, Anarchisten, Anti-Deutsche und sonstige Leute die so gerne gegen die bösen KommunistInnen hetzen sehr viel von ihrer Auffassung was Dialektik sein soll quatschen, ihre Auslegung linker Geschichte darlegen, Unterstellungen verbreiten und Utopien ausspinnen - das Kriterium der Wahrheit ist die Praxis und deswegen stehe ich voll und ganz hinter den solidarischen und aktiven GenossInnen aus RAS & co. Übrigens neben vielen anarchistischen GenossInnen denen das Gehetze von selbst völlig zu ernsthafter politischer Arbeit unfähigen aber immer sehr sehr kritischen Leuten  hier in den Kommentarspalten längst zu blöd geworden ist.

 

PS: noch kurz eine Frage: was ist eigentlich aus den Gruppen des früheren AABW geworden - also ich sehe eine zunehmend gute Antifa-Arbeit der eher kommunistisch orientierten Gruppen und so gut wie gar nichts von den anderen... Noch nicht einmal in diesem Feld bekommen meiner Meinung nach bestimmte Strömungen noch etwas auf die Reihe - ihr Gehetze und ihre Rückbesinnung auf den Antikommunismus wird aber immer heftiger (und ist bezeichnenderweise wesentlich präsenter als ihre tatsächliche politische Arbeit!).

laßt doch mal nen obdachlosen in eurer 3 zimmer wohnung pennen und bietet ihm ne warme suppe an. teilt doch mal euren lohn  (oder bafög oder kindergeld) mit jemandem der illegal in diesem land lebt. spendet eure gelesenen bücher für die familien aller gefangenen. geht nachts containern und macht ne gratisvokü vor ner zeitarbeitsfirma.

 

eure revolution besteht daraus mit ner roten fahne auf jede immergleiche demo zu rennen und unter der eoche schön mitspielen im kapitalistischen alltagstrott, da hilft auch nen noch so langer text mit vielen tollen fremdworten nichts.... hättet ihr ihn ausgedruckt könnte ich mit dem papier wenigstens filter bauen (das ist das letze tolle an euch, die flyer sind immer so schönes hochglanzpapier)

Bester Beitrag bei linksunten seit langem.

@ anonym:

 

Der moralgetränkte Utopismus mal wieder in Bestform!

 

Da war sogar Robin Hood weiter, der hat der Sage nach zumindest den Reichen genommen, um den Armen zu geben (was an den strukturellen Gründen der Armut natürlich trotzdem nichts geändert hat, weil es eben keine Frage der Umverteilung ist, sondern des Eigentums an Produktionsmitteln); Du plädierst hingegen, dass die Armen den Armen geben sollen. - Die bürgerliche Klasse wird so viel Naivität tatsächlich freuen, hat sie doch damit einen Freifahrtschein, sich gänzlich aus der Fürsorge und Sozialleistungen zu verabschieden.

 

Zwei Vorschläge meinerseits:

* Du kannst ja mal ausrechnen, wieviele Container von den Supermärkten zusätzlich (!) aufgestellt werden müssten, um beispielsweise alle Zeitarbeiter daraus mit einem Mittagessen zu versorgen. (Es ist allerdings kaum anzunehmen, dass die Supermärkte für solch ein Armutsprogramm zusätzliche Müllcontainer aufstellen werden!)

 

* Die Bundesarbeitsgemeinschaft Obdachlosigkeit spricht übrigens bundesweit von 235.000 Obdachlosen (für das Jahr 2009). Sollen jetzt alle 3-Zimmer-WGs jeden Tag einen Obdachlosen dort nächtigen lassen??? Und soll jede WG nur einen Obdachlosen für eine Nacht pro Jahr (dann würden 85.775.000 WGs benötigt) oder nur 1 mal pro Monat (dann wären das immer noch 2,8 Mio. WGs, die mensch dafür bräuchte)?

 

Vielleicht vor dem Rauchen auch mal das Flugblatt lesen und dabei den Kopf einschalten! Das individuelle Durchwurschteln mit Containern und BAFöG mag für manche Subkulturen ja zeitweilig machbar sein, aber es ist für die große Masse derjenigen in diesem Land, die nichts oder kaum etwas besitzen wohl kaum umsetzbar. (Die unteren 70% der bundesdeutschen Gesellschaft besitzen nur 9% des gesamten Nettovermögens, darunter 27%, die überhaupt kein Vermögen oder Schulden haben. Die wohlhabenden 10% besitzen hingegen 61% des Gesamtvermögens, darunter die wohlhabendste 1% allein mit 27% des Nettogesamtvermögens.)

schau mal über den (deutschen) tellerrand hinaus.

 

du magst ja wohl gerne zahlen, der durchschnittliche deutsche linke hier hat also schonmal die zeit sich im internet zu streiten. 90% der weltbevölkerung hat kein internet. ok hilft uns jetzt nicht weiter, aber nur mal so als denkansatz, selbst der von dir als arm titulierte lebt hier in deutschland nur auf dem elend ganz anderer. und dass kannst du für dich, die anderen hunderttausend für sich selber, ganz einfach ändern indem du ein stück weit ausbrichst.

 

dem text entnehme ich es gehe um einen aufbauprozess. quasi einem symbolischen start der theorie taten folgen zu lassen. und da bin ich bei meiner obigen ausführung. symbolisch, und eurer glaubhaftigkeit halber, ich kann mich nur wiederhohlen, lasst einen obdachlosen eine kalte nacht bei euch pennen und organisiert eine vokü für die ausgebeuteten arbeiter.

 

jeder von euch nur ein mal. die zahl kannst du jetzt sicher besser ausrechnen, mir würds reichen....

...vor den zumutungen einer containerten vokü!

 

not gegen elend: in stuttgart bleibt alles beim alten.

loool! ach bist du ein guter mensch, wären doch alle so, sicher gäbs kein kapitalismus mehr. halt, stop. dann wär ja keiner mehr da der erstens, den kapitalismus überwinden versucht, und 2. wenn doch bereit wär nach ner erfolgreichen revolution die kapitalistenklasse zu unterdrücken, ja richtig gehört, unterdrücken! Notwendig! Und ja auch das sind Menschen! Trotzdem notwendig!

Mal zu dieser ganzen unsäglichen sogenannten "Diskussion" hier: Wir wären deutlich weiter wenn die Kommunisten ihr Bild von den Anarchisten hinterfragen würden und ebenso andersrum. Der allergrößte Teil der an Theorie interessierten Anarchisten akzeptiert mittlerweile doch die marxistische Kapitalanalyse und hat sich deutlich von Bakunin und insbesondere Proudhon emanzipiert, und der allergrößte Teil der Kommunisten hinterfragt die leninistische Staatstheorie zumindest kritisch.

 

Und mal abhängig davon: Ein nicht unerheblicher Teil der politisch durchaus aktiven Anarchisten UND Kommunisten haben doch kaum einen Plan von der theoretischen Grundlage der jeweils anderen Seite. Wieviele sich an Marx und Lenin orientierende Kommunisten haben sich denn bitte ernsthaft mit Kropotkin oder Berkmann auseinandergesetzt, und umgekehrt wieviele Anarchisten ernsthaft mit z.B. dem historisch-dialektischen Materialismus oder lenins Imperialismustheorie?

häh also ich bin auch anarchist. und ich find bakunin cool.

was haste gegen den? der hatte doch wirkich humor, und materialistisch argumentiert hate er auch...

Es wäre schön wenn sich die Leninisten mal mit dem dialektischen materialismus beschäftigt hätten, anstatt mit einer Schrift Lenins (Radikalismus), die als Konsequenz Massen an Kommunisten, die mit den anarchistischen Genossen außerhalb aller bürgerlichen Apparate organisiert waren, in eine parlamentarische, gewerkschaftliche Illusion stürtzen, und drch primitivste Spaltungsmechanismen trotzig nacheinander Abgeführen wurden.
Die Frage, ob die Spd der linke Flügel des Faschismus sei, hat sich mit dem zweiten Weltkrieg ja wohl eher bestätigt. Es ist traurig, dass man als ML der SPD vorwürft, wegen ihr sei der Generalstrike gescheitert ... zu was für nutzlosen Parteisoldaten die Revolutionäre (Auch der Novemberrevolution) entmanzipiert wurden.
Es ist auch Interessant, dass es einen dritten Weg zwischen Sozialismus und Kapitalismus geben soll?!, zwishen "Kommunismus/Anarchismus/Klassenkampf bis zur Weltrevolution" und dem Kapitalismus ist Sozialismus der dritte weg. Ich versteh nicht wieso man euch des Kommunismus bezichtigt .... ihr Kämpte für eine Seite ohne Klasse und für den Sozialismus.
Witzigerweise fehlt es an jeder Konkreten Positionierung zur "Feinarbeit" mit den bügerlichen Apparaten(Das worauf Lenin so stolz ist). Es handelt sich nur um dualistische Phrase, die dann mit dem Zusatz, "wir machen das dann schon dialektisch", ergänzt werden.
Wieso zur Hölle wird zbs. die KKE verteidigt?! 40% scheissen schon auf Alles, 40% sind in linken Parteien, und 20% sind Nazis ... aber NEIN, wir sind eine Revolutionäre Partei(!) wir machen erst dann Revolution, wen wir gewählt wurden.

Als weiterführende Lektüre empfiehlt sich "Freiheit statt Kapitalismus" von euer Parteigenossin Sarah Wagenknecht, da gibt es dann Konkrete ausführungen wie man zusammen mit allen linken Kräften gemeinsam und solidarisch am kapitalismus rumwerkeln kann, bis man dann, endlich, gewonnen hat.

Ihr wart so eine Interessante Bewegung, habt ein ganzes Haus abgecheckt, eine Basis über verschieden Teilbereichskämpfe aufgebaut und eure Konsequenz, ist nicht die Qualität auszubauen: ein revolutionäres Zentrum. Sondern bürgerliche Teilbereichsstrukturen, Parlaments und Gewerkschaftsarbeit, Eventhopping, abfeiern reaktionärster Ideologien, Versteckenspiel mit dem Staat ... hoffentlich steht ihr nicht vor dem Landtag und verprügelt S21 Aktivisten die ihn stürmen wollen, weils kleinebürgerliche ökofaschisten sind.

Ganz ehrlich: wenn man sich die "Kritik" an kommunistischen Gruppen wie der RAS und speziell an dem aufgeführten Text durchliest, muss man wirklich froh sein, dass sich die Linke in Deutschland nicht nur aus den diffusen, belanglosen und hetzerischen Leuten zusammensetzt denen es nicht zu peinlich ist diese "Kritik" für alle lesbar ins Internet zu stellen.

Die Publikationen der RAS sind eigentlich durchweg differenziert, hintergründig und wohl überlegt, das Gehetze dagegen ist entweder pubertär oder dumm. Es besteht aus Halbwissen, falschen Implikationen, unbelegten Vorwürfen und aggressiver Polemik.

Wer jetzt damit kommt, ich würde die Argumente schuldig bleiben, soll doch bitte mal erklären, was man etwa auf den obigen Kommentar, in dem es mal kurz um Lenin, die SPD, die KKE, Sahra Wagenknecht, das Linke Zentrum, ....... geht, ernsthaft antworten soll - jedes dieser Stichwörter ist wesentlich komplexer als es sich der Autor vermutlich überhaupt vorstellen kann... hat in der Art wie das Ganze von ihm thematisiert wird aber letztlich mit dem Text der RAS nichts zu tun. Vermutlich hat er ihn einfach nicht verstanden und wirft daher einfach mal das ins Feld was er so zu linker Politik im Kopf hat (was sich aus Spiegel, Guido Knopp, Schul-Wissen und Anarcho-Literatur zusammensetzt).

 

Zum Glück ist es eigentlich ganz einfach: Man kann sich anschauen was die GenossInnen der RAS und anderer kommunistischer Gruppen auf die Beine stellen und in ihren Texten die Theorien, Positionen und Strategien nachlesen. Man kann sich auch anschauen für was ihre Kritiker stehen und wie wenig sie auf die Beine bekommen. Amüsante Behauptungen, wie Kropotkin wäre Marx näher gewesen als Lenin und das hieße zudem auch irgendwas für die heutige Politik ändern daran gar nichts.

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"Es gilt sich jedoch auch von denen abzugrenzen, die ein schematisches oder dogmatisches Konzept zum Aufbau einer kommunistischen Organisation verfolgten und verfolgen."

 

Stimmt. Aber: Was soll dann die Sympathie bzw. absurde Verklärung der KKE und ihrer Rolle, die sie derzeit in Gr spielt?

...rührt daher, dass es sich in Griechenland um die einzige klassenkämpferische, konsequente revolutionäre Kraft handelt. Sie ist die einzige Kraft, die nicht wie die rechten Opportunisten (SYRIZA, DIMAR) bewusst die Menschen verarscht und ihnen vorgaukelt, ihre Verelendung könnte unter kapitalistischen Bedingungen, durch günstige Investitionsbedingungen und eine humanisierte Europäische Union gestoppt werden. Sie ist die einzige Kraft, die nicht wie die linken Opportunisten (ANTARSYA, Anarchisten) radikalistische Rhetorik und Gewaltfetischismus an die Stelle einer konkreten Strategie für den Sturz des Kapitals setzt. Sie ist die einzige Kraft, die die staatliche Repression und die Gefahr durch die Nazis ernst nimmt und den erforderlichen Grad an revolutionärer Konspiration und Sicherheitsmaßnahmen für ihre Demonstrationen wahrt. Sie ist die einzige Kraft, die immer den Menschen ehrlich gesagt hat, was auf sie zukommt, wo Auswege sind und wo nicht, die einzige, die immer konsequent auf der Seite der Arbeiterklasse und der Armen gestanden hat. Sie ist eine Kraft, deren kämpferische Haltung und deren marxistische Analysen Kommunisten und Kommunistinnen in vielen anderen Ländern inspirieren. Und nicht zuletzt ist sie die einzige Kraft, die sich an die schwierige Aufgabe wagt, die Geschichte der Arbeiterbewegung in Griechenland und anderswo, einschließlich und vor allem der Geschichte unserer historischen Alternative, der UdSSR, mit all ihren Widersprüchen und Fehlern zu analysieren und als Beispiel für die Möglichkeit eines emanzipatorischen Auswegs einzufordern, statt die Geschichtsschreibung dem Feind zu überlassen.

 

All das sind die gewichtigen Gründe, weshalb die Solidarität von Kommunistinnen und Kommunisten in Deutschland mit der KKE nicht nur eine Randfrage ist sondern geradezu eine, die mit dem Wesen des Kommunistseins untrennbar verknüpft ist. Und wer der KKE ein "schematisches oder dogmatisches Konzept" vorwirft, so wie mein Vorredner etwa, der zeigt damit, dass er nur eins von beidem sein kann: Entweder ein bewusster antikommunistischer Hetzer oder jemand, der noch nie einem griechischen Kommunisten begegnet ist und noch nie mit eigenen Augen gesehen hat, wie der Klassenkampf in Griechenland abläuft und welche Kräfte dort welche Rolle spielen. Ersteres möchte ich niemandem hier unterstellen, daher bleibt nur Letzteres.

 

Angesichts der anscheinend immer intensiver laufenden Propagandamaschine der sogenannten "Linken" in Deutschland gegen die KKE kann man wirklich nur noch Brechreiz bekommen. Es ist klar, dass es sich dabei lediglich um ein Subphänomen des in Deutschland um sich greifenden Griechen-Bashings, also letztlich um einen Ausdruck deutscher Überheblichkeit und Ignoranz angesichts der griechischen Verhältnisse handelt. Niemand ist schließlich gezwungen, alles kritiklos zu akzeptieren, was die Genossinnen und Genossen in Griechenland machen. Aber selbst wenn man glaubt, in Einzelfragen liege die KKE falsch (ich persönlich wüsste nicht, wo), rechtfertigt das keine Abkehr vom Prinzip des proletarischen Internationalismus, dass man  als fortschrittlicher Mensch grundsätzlich mit einer kämpfenden kommunistischen Partei solidarisch zu sein hat.

 

In diesem Sinne: Es lebe die internationale Solidarität! Es lebe die griechische Arbeiterklasse! Es lebe die Kommunistische Partei Griechenlands!