Zur Liebig14 und dem Nordkiez

liebig 14 solitransparent

Auch nach der Räumung der Liebig14 bleibt das Kiez in Fhain nicht stehen. Trotz zahlreicher Bemühungen in Form von Steinen, MetallKugeln, Brandsätzen, Plakaten, Postwurfsendungen, Mieter_Innenversammlungen und vielem mehr, ist der Kampf gegen die Gentrification im vollem Gange. Eskaliert ist die Laage natürlich Rund um die Räumungsbemühungen von Suizitbert Beulker und Edwin "Walross" Thöne. Das militärische Aufgebot von 2000 Bullen riegelte vor fast einem Jahr am 02.02.2011 den gesamten Bezirk ab und brauchte über zehn Stunden um das gesamte Haus unter Kontrolle zu bringen. Im Kiez dauert es jedoch erheblich länger. 

 

Ebenfalls tausende Menschen aus der ganzen Republik solidarisierten sich und versetzten Berlin in den folgenden Nächten erhebliche Seitenhiebe. Das früher oft verbalradikale ausgesetzte Kopfgeld gegen die Stadt von einer Millionen Euro (früher mal D-Mark) wurde schon nach einer Nacht erreicht. Es dauerte dann Wochen bis sich die Situation im ganzen Stadtgebiet beruhigt hatte. Auch ausserhalb von Berlin gab es eine enorme Solidarität, selbst in kleinen Ortschaften gingen Gruppen zur Direkten Aktion über, griffen Schweineställe (Bullenwachen) an, verübten Farbbeutel-Attacken, schmissen Scheiben ein, sprühten Parolen, malten Transpis und backten Kuchen. Seit langem nicht mehr standen so viele Menschen für eine Sache beieinander. Leider ist von dieser Energie zur Zeit weniger zu spüren. Wir wissen das sie weiterhin da ist und es wäre auch Utopisch zu fordern sie die ganze Zeit aufrecht zu erhalten. Ausserdem war die ganze Sache für alle natürlich auch tierisch anstrengend. Nun ist jedoch einiges an Zeit vergangen und wir wünschen uns dennoch auch wieder vermehrt Aktionen zur Thematik.

 

Nach der Räumung ging es weiter. Beulker fing an die nun in "Rigaer96 Seitenflügel" umbenannte Liebig14 zu sanieren. (Die Eingangstür ist jedoche vorbereitet für einen neuen Eingang hin zum Dorfplatz. Anmerkung: einer Hausbesichtigung) Aber auch dies gestaltete sich schwieriger als er sich das vielleicht vorstellte. Bauarbeiter wurden über seine Praxis aufgeklärt, einige Baufirmen zogen sich daraufhin zurück. Anderen Baufirmen wurde klargemacht das sich die Sache nicht auszahlt bei diesem Projekt mitzumachen, bei einigen musste etwas nachgeholfen werden. Dann kamen die ersten Mieter_Innen. Auch sie bekamen direkte Ansagen, vorher in Form von Propaganda, die ihnen auch durch die Medien eindeutig klar machte, dass sie hier nicht Glücklich werden würden. Einige wollten es doch Wagen sich auf das Spiel einzulassen. Und so verloren auch einige Mieter_Innen schnell ihre Wagen, Roller, Scheiben, Dachziegel, das Dach im Allgemeinen, aber sie bekamen auch Geschenke und Besuche, in Form von Müll, Kot, Metal- und Glas Projektilen, Ziegelsteinen, Pflastersteinen, Feuerwehreinsätzen, Wasserschäden, Statikproblemen, Feuerwerkskörpern, Bullen, Hausdurchsuchungen, Jugendamtsbesuchen, der Drogenfahndung, Inkassobüros. Die Aufzählung ist unvollständig und noch nicht zu Ende. Eine Aktionsgruppe meinte einmal sinngemäß "hier Einzuziehen zahlt keine Versicherung".

 

Nun ist das Haus vorerst bezogen und einige der neuen Mieter_Innen haben noch keinen persönlichen Besuch bekommen. Keiner ist natürlich vergessen und wir werden schon noch anstossen auf eure neue Nachbarschaft. Nur das ehem. Zimt und Zunder am Dorfplatz steht noch leer. Auch hier ist es wichtig das wir entschlossen zeigen, dass wir hier keine Kompromisse machen werden. Eine kommerzielle Verwertung des Platzes werden wir nicht zulassen. Genauso wichtig ist es auch, dass wir die Angriffe vom letzten Jahr auf den Dorfplatz als Treffpunkt wieder zurückschlagen. Denn wie einige vermutet hatten, wurde nach der Räumung der 14 auch dieser Punkt angegriffen. So wurden die Sitzmöglichkeiten auf dem Platz mehrmals unter Einsatz der technischen Hundertschaft "geräumt". Wieder neu gebaute Bänke wurden jedesmal kurzerhand wieder kleingemacht und von den Bullen eingeladen. Hier war unser Atem zu kurz. Aber es wird wieder Wärmer werden und wir müssen den Platz als solches erhalten.

 

Seit ein paar Monaten ist es ruhiger geworden rund um die Rigaer Straße. Die zahlreichen Streifen sind kaum noch spürbar, so dass der Verdacht nah liegt, dass die Bullen mit technischen Mitteln teile der Umgebung überwachen. Dies zeigen z.B. die Überwachung der Nachbar_Innenschaft der Liebig14 mit hochleistungs Kameras. Auch wenn die Behörden immer wieder bestätigen das es nur um ein Dach ging, technische Beschreibungen und Leistungen der eingesetzten Kameras, zeigen deutlich das hier zumindest die Möglichkeit bestand, die gesamte Umgebung zu Dokumentieren. Ausserdem gab es Berichte von Anwohner_Innen, das die Bullen versucht haben Wohnungen anzumieten um die Ecke zu überwachen. Vielleicht waren sie dabei auch erfolgreich. Sollte sich dies bestätigen, sei Unterstüzer_Innen der Behörden geraten schnell den Wohnort zu wechseln. Auch anscheissen is nicht! Wer in Ermittlungsakten bei Prozessen auftaucht, kann ebenfalls den Umzugswagen rufen!

 

Worum geht es hier eigentlich? In der Vergangenheit gab es immer wieder Vorwürfe hier würden einige wenige, die Anwohner_Innen mit Terror belegen. Einige Politiker sprachen von Kiez-Taliban, rotlackierten Faschisten, einer KiezSA. Das lassen wir mal größtmöglich unkommentiert. Frank Henkel ging auf Stimmenfang und lies sich für die B.Z. vor ausgebrannten Autowracks fotografieren. Zum einen sprechen Meldungen aus dem Kiez der Tatsache vollkommen entgegen das sich hier alle gestört fühlten. Viele geben Tipps und Hinweise, stecken Info's und freuen sich wenn mal wieder ein "Neuer" aus der 14 Umzugskisten nach einer Woche aus dem Haus trägt. Sicher ist dieser permanente Kampfzustand nicht immer angenehm, auch für uns ist das alles andere als Entspannt. Aber die direkte Verdrängung macht dies Notwendig. Wir haben teilweise seit Jahrzehnten unsere SozialenNetzwerke und Verbindungen hier im Kiez und es macht uns Wütend zu sehen, wie immer mehr Menschen aufgeben müssen und ihre Wohnungen frei machen. Deswegen ist der Kampf um die Liebig14 auch so exemplarisch. Nicht jede_r neuzugezogene Mieter muss zwangsweise gleich ein Arschloch sein, aber gerade die Tatsache, dass bei den neuabgeschlossenen Verträgen auch die Praxis und die Konditionen akzeptiert werden, sollte immer bei der Entscheidung ins Kiez zu ziehen, im Hinterkopf sein. Bei der Eigentumsfrage sind wir jedoch rigoros in unserer Einstellung. Eigentum ist Diebstahl, deshalb keine Träne für alle Geschädigten die hier Wohnraum gekauft haben.

 

Ein neues Phänomen ist auch relativ einfach zu erklären, wird aber auch auf unseren bitteren Widerstand treffen. Immer mehr Wohnungen werden zu Ferienwohnungen umgebaut, so wird nicht nur Wohnraum vernichtet, der dringend gebraucht wird für einkommensschwächere Menschen, sondern die anonymisierung des Kiezes vorangetrieben. Touristen (als weiteres Problem und Beschleuniger der Gentrifizierung) kommen im dreitages Rhythmus mit Rollkoffern und nerven die ganze Nachbarschaft. Wir sehen es da ebenfalls nach dem Motto "refugees welcome, tourists piss off"! wundert euch nicht wenn ihr eure Mietkarre verliert, euch euer iphone4 aus der Hand fällt oder ihr euer Gepäck vermisst. Aber das wirkliche Ziel sind auch hier die Immobilienfirmen die diese Praxis fördern und praktizieren. Dabei ist es wichtig auch ihnen direkt zu Schaden, nur die Summe in der Bilanz in Form von roter Farbe spricht die Sprache der Aufsichtsräte. 

 

Vielleicht noch ein kleiner Ausblick auf das was uns so in der nächsten Zeit erwartet. Als Neubauprojekt rückt in nicht all zu ferner Zeit ein neues Objekt auf dem ehem. besetzten "bambiland" Gelände auf uns zu. (Brachfläche zwischen Liebigstr. und Proskauer Str.) Hier plant die SmartHoming GmbH mit Sitz in der Karl-Marx-Allee 79/81, 10243 Berlin ein weiteres "Townhouse Spektakel". Wer sich in den letzten Jahre mit solchen Bauprojekten beschäftigt hat, weiß das wir es hier auch mit einem Projekt ähnlich dem Carloft in der Reichenberger Strasse in Berlin-Kreuzberg, oder den Marthashof in PBerg zu tun haben werden. Wir sehen hier auch ein Szenario vor uns, bei dem ein Wachschutz für über ein Jahr sich auf der Strasse breit macht und die Gegend nervt. Die Unternehmensberatung McKinsey (Kurfürstendamm 185, 10707 Berlin) gab 2009 eine Studie heraus, bei der sie Bauunternehmern empfiehlt vor gefährdeten Neubauten in Berlin einen Container mit Sicherheitspersonal zu stellen. Die Präsenz eines Wachschutzes verhindere einen Großteil von Anschlägen. Ausserdem empfehlen sie z.b. den sofortigen Ausbau von Ladenflächen im Erdgeschoss zu Gastronomie der unteren Klasse (also Kneipe) mit einem befristeten Vertrag auf 12-24 Monaten, um in den anschlagsrelevanten Zeiten zwischen 24-04 Uhr Personen im neuen Objekt zu binden. Dieses Beispiel wurde erstmals in der Jessnerstraße bei dem Bauprojekt neben der Supamolli entdeckt. Die Secu Container entwickelten sich eher als eigenes Anschlagsziel und Beobachtungen zeigen, das Berlinweit Wachschützer_Innen aufgrund ihrer schlechten Bezahlung oft eher Schlafen oder auch gezielt wegschauen. Dennoch zeigen die letzen Jahre das hier beständig gegen diese Bauprojekte gearbeitet werden muss. Ein positives Beispiel waren die zahlreichen Anschläge auf die ehem. besetzte Rigaer Str. 17, bei der die Bauherren unzählige Kredite mehr aufnehmen mussten, nachdem ihnen die Scheiben, die Fassade und sogar der Fahrstuhl mehrmals abhanden kamen. Letztendlich wurde die Sache zwar teurer für die Bauplanung, aber auch hier wohnen nun Eigentümer_Innen im neuen Objekt. Im Hinterhaus entstanden auch drei neue Townhouse, welche dann in direkter Nachbarschaft zum SmartHousing Projekt stehen. Wer jetzt noch Meckert, sieht schon in kurzer Zeit selber einer Steigerung der Mietkosten entgegen. 

 

Wir räumen wie gesagt keinesfalls kampflos das Feld und möchten auch mitteilen, dass es nicht unbedingt schlau ist sich als Zugezogene_r in einen über 20 Jahre alten Kampf einzumischen. Jemand aus dem Kiez drückte es bei einem Gespräch mit NeuMieter_Innen anders aus: "Ihr seit hier so etwas wie Streikbrecher_Innen. Von daher wundert euch nicht, wenn ihr so behandelt werdet." Dem haben wir kaum etwas hinzuzufügen. 

 

AntiYuppieFront

 

 

Adressen:

 

Bekannte Adressen Beulker:

 

Dr. Suitbert Beulker Obygo

Oranienburger Straße 203

13437 Berlin (Wittenau)

 

Hermann-Scheffler-Str. 11A (umgezogen/geflüchtet)

16540 Hohen Neuendorf

 

Schönhauser Allee 73a (umgezogen/geflüchtet)

10437 Berlin

 

Kiautschoustr. 4 (umgezogen/geflüchtet)

13353 Berlin

 

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SmartHoming GmbH (Projekt Rigaer 22)

http://www.smarthoming.de/ri22/ri22__01.html

 

Kirka Fietzek

Claudia Schlüter 

 

Karl-Marx-Allee 79/81

10243 Berlin

 

www.smarthoming.de

info@smarthoming.de

 

Weitere geplante Objekte der SmartHoming GmbH welche demnächst als Baustellen abgesichert werden sollten:

 

Christburger Straße 19 - Prenzlauer Berg

Pasteurstraße 19-25 - Prenzlauer Berg

 

Objekte die sich bereits jetzt von der SmartHoming GmbH besuchen lassen und über Besuch freuen:

 

Schönholzer Straße 10a/Ruppiner Str. 43 - Berlin-Mitte

Schönholzer Straße 11, Berlin-Mitte

Seitenstraße 6, Prenzlauer Berg

Adelbertstraße 41, Berlin-Mitte

 

Hinter smarthoming steht:

 

Christian Roth, Karl-Marx-Allee 36, 10178 Berlin mit seiner Münchener Firma

 

Christian Roth Immobilien, Vollmannstraße 49, 81925 München

 

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hab mal gegoogelt damit von den ganzen drohungen auch was umgesetzt wird
http://autonome-gruppen.org/2012/01/02/anleitung-zeitverzogerter-brandsatz/

-"In der Vergangenheit gab es immer wieder Vorwürfe hier würden einige wenige, die Anwohner_Innen mit Terror belegen. Einige Politiker sprachen von Kiez-Taliban, rotlackierten Faschisten, einer KiezSA. Das lassen wir mal größtmöglich unkommentiert."

 

Aber eben genau das sollte kommentiert werden!Gerade im Hinblick auf: "refugees welcome, tourists piss off"!

Denn diese fremdenfeindliche Haltung, die es euch verbietet Touristen willkommen zu heissen empfinde ich als das typische Merkmal eines Rassismus-Begriffs, wie er in Deutschland Verwendung findet. Menschen von außerhalb werden da immer als Gefahr für die bestehende Ordnung, eigene heimelige Gemütlichkeit, Ruhe und im Friedrichshainer Beispiel linke Idylle begriffen. Selten nur gelten Toursiten/Gäste als Bereicherung und finden die Möglichkeit am Geschehen teilzuhaben. Um eine kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff "Tourismus" im Sinne einer Kapitalismuskritik geht's leider nicht.

 

 

-"Jemand aus dem Kiez drückte es bei einem Gespräch mit NeuMieter_Innen anders aus: "Ihr seit hier so etwas wie Streikbrecher_Innen. Von daher wundert euch nicht, wenn ihr so behandelt werdet." Dem haben wir kaum etwas hinzuzufügen. "

 

Dem wäre sehr wohl etwas hinzuzufügen, zum Beispiel eine generelle Kritik an der "Ware Wohnraum". Dann finden sich vielleicht weitere Ansatzpunkte, auch in der Aktion, die nicht in der regionalistischen Borniertheit stecken bleiben, wie es in diesem Fall zu passieren scheint.

 

 

du zitierst was  und analysierst es nur bis zur hälfte.

mit dem zweiten teil der parole wird doch deine Kritik:

"das typische Merkmal eines Rassismus-Begriffs, wie er in Deutschland Verwendung findet. Menschen von außerhalb werden da immer als Gefahr für die bestehende Ordnung, eigene heimelige Gemütlichkeit, Ruhe und im Friedrichshainer Beispiel linke Idylle begriffen. Selten nur gelten Toursiten/Gäste als Bereicherung und finden die Möglichkeit am Geschehen teilzuhaben."

nichtig, oder?

Das Personifizieren des Kapitalismus in Beulker trägt den Anschein das ihr euch stark zurück entwickelt habt. Beulker ist nicht das Problem sondern der Kapitalismus und Beulker verhält sich wie eig wir alle einfach nach dessen Gesetzten bzw anders gesagt marktkonform. Wenn ihrs jetzt also nicht schafft den Gesellschaftlichen Zusammenhang die das Verhalten von Beulker ermöglichen und gar fördern zu analysieren und herauszustellen und die eigene Praxis  danach auszurichten, dann werdet ihr auch noch in 100Jahren Farbbeutel auf die L14 schmeissen obwohl es nicht die geringste Auswirkung hat. Das Haus ist nunmal verloren und sich da weiter reinzusteigern führt uns nicht weiter.

Und das mit dem "Touris Piss Off" ist das allerletzte, wenn ich das von den Bewohnern kurz vor der Räumung gehört hätte, wäre ich niemals aus Solidarität zu den Antiräumungsaktionen bis nach Berlin gefahren. Tourismus fördert sozialen und kulturellen Austausch, und ist eine Gute Hilfestellung soziale, kulturelle, historische, politische und regionalistische Gegebenheit einer Stadt/Region (wo man auch immer hinfährt) besser zu verstehen. Sicher ist/kann Tourismus solange wir in einer auf Verwertbarkeit ausgerichteten Gesellschaft leben auch gentrifizierungsfördernd, doch um das zu ändern muss das gesellschaftliche Grundgerüst geändert werden, ein Anti-Tourismus Haltung bringt dabei nichts und gar eine Anti-Touristen Haltung ist nur wideliche Menschenverachtung!

Sicherlich habe ich mir nicht genug Zeit genommen, um meine Kritik richtig auszuformulieren. Aber das wesentliche sei gesagt: Ich will ein Viertel, eine Stadt, eine Welt in der ich und meine Nachbar_innen Flüchtlinge aufnehmen und Gäste willkommen heißen, sie als Bereicherung betrachten! Und nicht wie von Euch für die Rigaerstraße beansprucht von Leuten mit Rollkoffern genervt sind und ihnen das Gepäck abhanden kommen lassen.

 

Dazu auch eine für mich nachvollziehbare Meinung über die Stimmung im Bezirk Prenzlauer Berg bezüglich des sogenannten "Schwabenhasses", die heute in der SZ-Online veröffentlicht wurde (auch wenn's der bürgerlichen Presse entnommen ist):

 

http://www.sueddeutsche.de/kultur/aggression-gegen-gentrifizierung-und-z...

 

Sicher ist, daß im Rahmen von "Tourismus" das Bedürfnis des Reisens zur Ware wird. Die Freizeit als weiterer Bereich der vom Kapitalismus eingenommen wird und indem Bedürfnisse generiert und zur weiteren Profitmaximierung benutzt werden (-> Gesellschaft des Spektakels). Ich denke mal, daß die gefühlte Kritik am "Tourismus" Euch leitet, jedoch leider nicht zu einer vernünftigen Kritk führt. Die Tourist_innen füllen nunmal, die ihnen vom Kapitalismus zugewiesene Rolle des (hart) arbeitenden Menschen, die/der in ihrer/seiner Freizeit das Bedürfnis nach Regenerierung, also die Wiederherstellung der Arbeitskraft, ausfüllen. Die leider nicht formulierte Enttäuschung des Sich-Nicht-Bewußtseins über diese Rolle teile ich. Da bin ich wieder in der Versuchung den Begriff des (nicht vorhandenen) Klassenbewußtseins zu verwenden.

Und genau wie bei den Tourist_innen verhält es sich mit dem Menschen, der sich in die Liebig14 einmietet. Auch diese/r füllt die ihr/ihm zugewiesene Rolle aus. Genauso auch dieselbe Enttäuschung darüber, das sie/er sich vermutlich nicht bewußt ist, welche Prozesse dazu führten, daß nun eine frisch renovierte Wohnung im beliebten Szenekiez zu beziehen ist. Diese Prozesse fanden aber nicht mit der Räumung, auch nicht mit der Besetzung 1990 ihren Anfang, sondern indem Moment, andem das Bedürfnis/die Notwendigkeit des Wohnens zur Ware wurde. Darüber bin nun ich meinerseits enttäuscht: daß sich die Anti-Yuppie-Front diesbezüglich kaum bewußt ist, zumindest der oben stehenden Erklärung nach.

Was also tun, wenn doch der Kapitalismus hier als System in voller Fahrt am Gange ist und alle Akteure die ihnen zugewiesenen Rollen ausfüllen und es schwierig ist sie direkt verantwortlich zu machen. Farbbeutel werfen? Auf jeden Fall, zumindest als Ausdruck der Verzweiflung und der Ohnmacht. Besser jedoch ist die Praxis der Mieter_Innenversammlungen, die in einer Reihe mit Brandsätzen im ersten Absatz der Erklärung Erwähnung findet.

Zudem finde ich Gefallen an der Schaffung von Strukturen, die es ermöglichen auch ohne Tourismus und dem nötigen Geld zu reisen. Die Hausprojekte  und ihre Gästeräume leisten hier einen wichtigen Beitrag, wenn auch für Leute ohne direkten Bezug eher schwer zugänglich, was unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Umständen verständlich ist, wofür ich sehr dankbar bin. Bisher war ich auch immer willkommen, ob nun zur Soli-Action oder zur Erholung vom noch reaktionäreren Rest des Landes. Daher würde ich mir wünschen, daß dies mehr Leuten zuteil wird. Zur Not auch denen mit iphone und Karre.

Am 4.2. findet ein Antirepressionskonzert und eine Antirepressionsparty in der Köpi (AGH + Keller) in Berlin statt.

Beginn: 20.00 Uhr

Filou (vom Berlin Boom Orchestra, Reggae)
Pink Monkey Stuff (Funk, Berlin)
Feine Sahne Fisch Filet (Ska-Punk, McPom)

Party ab 23.00 Uhr

North-Korean Rdue Boys (Reggae/Ska/Soul/Roots, Berlin)
Dr. Jeckyll & Mr. Hyde (Reggae/Ska/Soul/Dub, Berlin)

Und was ist dann bitte mit den Menschen die nach Berlin ziehen und sich genau gegen das richten was ihr in eurem Artikel beschreibt?

Tut mir leid, aber ich halte das obige Statement der 'Antiyuppiefront' für ein Fake des Berliner VS mit dem Ziel, autonome Politik, i.d.F. Widerstand gegen Verdrängung und Kampf um den Erhalt von Freiräumen im eigenen Sympathisant_innenumfeld und in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Entsprechend fallen auch einige der Kommentare hier aus.

Das Statement enthält einige richtige Infos und Analysen, um einigermaßen glaubwürdig rüberzukommen, wartet aber zugleich mit extrem verkürzten Statements und zynischer Brachialrethorik auf, welche die mir bekannten linken Zusammenhänge aus dem Rigaer Umfeld so jedenfalls nicht teilen und die wohl eher dem Zweck dienen, die dahinterstehende Motivation als dumpf, menschenverachtend und alleinig krawallorientiert zu denunzieren und der bürgerlichen Presse entsprechende Zitate für ihr seit eh und je gepflegtes Bild autonomer Politik zu liefern.

Würde mich nicht wundern, wenn alsbald Artikel im Tagesspiegel, der B.Z. etc. auftauchen, die genüßlich ebenjene Passagen zitieren.

 

Insbesondere diese Zeile spricht Bände und ist wohl auch bewusst so formuliert: "In der Vergangenheit gab es immer wieder Vorwürfe hier würden einige wenige, die Anwohner_Innen mit Terror belegen. Einige Politiker sprachen von Kiez-Taliban, rotlackierten Faschisten, einer KiezSA. Das lassen wir mal größtmöglich unkommentiert."

Der letzte Satz suggeriert so etwas wie klammheimliches Einverständnis mit den obigen Zuschreibungen. Keine der mir bekannten autonomen Gruppen würde sich solche Vergleiche auch nur im Entferntesten zueigen machen, sondern deren billige eskalierende Demagogie kritisieren.

 

Insgesamt macht das Statement der 'AYF' den Eindruck, das altbekannte Stereotyp, welches Bullen, Presse und Parteien von autonomer Politik andauernd zu zeichnen versuchen, nach Kräften bestätigen zu wollen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Hinzu kommen allerhand Rechtschreibfehler, welche offenbar das Bild dümmlich-bornierter, xenophober 'Kiezschützer' mit Revoluzzer-Poser komplettieren sollen.

Andererseits passt das ganze Pamphlet zum provinziellen und xenophoben Duktus, der teilweise in der "Szene" herrscht: Die Kreuzung Liebig-/Rigaer Str. wird in "Dorfplatz" umbenannt und nicht selten sind "Schwaben raus!" Graffiti an den Hauswänden zu lesen. Wenn man dann noch "Luxuskarossen" (VW-Bus?) abfackelt und mit zynischen Bemerkungen Kollateralschäden an Kleinwagen in Kauf nimmt ("Dann sollen sie halt nicht neben Nobelkarossen parken..."), deren Besitzer sich garantiert nicht mal eben ein neues bzw. gebrauchtes Auto leisten können, muss man sich nicht wundern, wenn die Solidarität im Kiez schwindet. Früher hat man wenigstens noch nach Unterstützung in der "Normalbevölkerung" gesucht; heute wird man im Fischladen argwöhnisch beäugt und nicht mehr bedient, wenn einen die Tresenkäfte nicht persönlich kennen.

 

Irgendwie ist es wohl in Vergessenheit geraten, dass es ohne breitere Akzeptanz und Unterstützung auch von  außerhalb der Szene schwierig bis unmöglich wird, seine Ziele durchzusetzen. Zumal die Voraussetzungen bei den steigenden Mieten und dem Frust, der sich auch bei den "Normalos" aufstaut, günstig wären. Das hat man vor einem Jahr bei der Räumung der L14 gemerkt, als viele auf der Demo waren oder wenigstens von den Balkonen ihrer bürgerlichen Wohnungen aus ihre Solidarität mit lautstarkem Lärm bekundeten. Dank des teilweise ziemlich idiotischen Verhaltens von selbsternannten Kiezwächtern ist diese Solidarität mehr oder weniger zum erliegen gekommen.

 

Leider retardiert "die Szene" seit einigen Jahren zu einer schrulligen Egozentrik, wie man sie von einer verbitterten alten Oma im Altenheim erwartet. Sehr traurig, da es wirklich Wichtigeres zu tun gibt.