Nachbetrachtung zum Naziaufmarsch in Bielefeld am 24.12.11

gibtsnicht-netz

+++ Tausende stehen „pünktlich“ um fünf vor 12 im Regen rum +++ Nazis können marschieren +++ direkte Aktionen teilweise vorhanden +++

 

Der Naziaufmarsch

 

Im Zuge des verhinderten Naziaufmarsches am 06.08.11 in Bielefeld kündigten die Nazis an am 24.12 erneut in Bielefeld marschieren zu wollen. Der ursprünglich von Marcus Winter angemeldete Aufmarsch wurde einige Zeit vorher abgemeldet um kurz darauf von Sven Skoda wieder angemeldet zu werden. Nach vorangegangenen internen Streitigkeiten um den Termin erreichten dann am 24.12. gegen Mittag ca. 75 Nazis aus dem Spektrum der Freien Kameradschaften den Bielefelder Ostbahnhof, um von dort aus den Aufmarsch unter dem Motto „Der Repression entgegentreten – AJZ dichtmachen“ zu starten. Während des knapp zweistündigen Aufmarsches wurden Redebeiträge von Sven Skoda (Düsseldorf), Peter Hallmann (Leopoldshöhe), Christoph Drewer (Dortmund), Marcel Demuth (Hannover) und Daniel Bake (Ahlen) gehalten. Der Großteil der teilnehmenden Nazis kam aus Ostwestfalen, Schaumburg, Hannover, Celle, dem Rheinland und Ruhrgebiet. Erstaunlicherweise war ein großer Teil der regionalen Nazis nicht anwesend.

 

Was passierte

 

Im Vorfeld des Naziaufmarsches organisierten sich verschiedene Bündnisse um für den Tag Gegenproteste zu planen. Eine breite Mobilisierung in den vorangegangenen Tagen sorgte dafür, dass am 24.12. mehr als 6000 Menschen auf die Straße gegangen sind. Der Mobilisierungszeitpunkt „fünf vor 12“ des großen „Bielefeld stellt sich quer“-Bündnisses klingt im symbolischen Sinne gut, war aber zeitlich viel zu spät, sodass eine massenhafte Blockade oder gar Verhinderung nicht mehr möglich war. Die Bullen waren rund um die Aufmarschstrecke mal mehr mal weniger dicht aufgestellt – teilweise mit Hamburger Gittern und Hunden. Wer zum Ostbahnhof wollte musste seine Personalien abgeben, ansonsten war es möglich sich frei zu bewegen. Die von den Nazis versuchte Stimmungsmache gegen das Arbeiter*innen Jugend Zentrum (AJZ), führte letztendlich genau zum Gegenteil. Eine besonders große Kundgebung fand vor dem AJZ statt, an der in etwa 4000 Personen teilnahmen, welche dort zeitweise lautstark gegen die ankommenden Nazis protestierten.

Abseits von bürgerlichem Protest kam es über die Stunden des Aufmarsches verteilt zu verschiedenen direkten Aktionen. Es ist jedoch schwierig einzuschätzen wieviele Menschen an diesem Tag „aktionsorientierter“ unterwegs waren. An zwei Stellen gelang es kleineren Gruppen von Aktivist*innen auf die Aufmarschroute zu kommen. Diese wurden allerdings von den Bullen mit Pfefferspray wieder zurückgedrängt. An einer weiteren Stelle gelang es durch schnelles Vorgehen den Bullen ihre Absperrgitter zu entreißen. Der anschließende Versuch auf die Route zu kommen scheiterte einerseits am Einsatz von Pfefferspray und andererseits an fehlender Entschlossenheit von Aktivist*innen aus den eigenen Reihen. An anderer Stelle gelang es die Nazis von den Bahngleisen aus mit Steinen etc. anzugreifen. Diese Reihe von Aktionen zeigt, dass versucht wurde den Naziaufmarsch direkt anzugehen und es problemlos möglich war sich den Nazis in den Weg zu stellen.

Schade, aber auch nicht wirklich anders zu erwarten war, dass die breite Masse aus Parteifahnen schwenkenden und „Gesicht gegen Rechtsextremismus“ zeigenden Personen vollständig damit zufrieden war ihre Empörung auf der anderen Seiten der Absperrgitter heraus zulassen. Minimalster Einsatz von zivilem Ungehorsam hätte direkt auf die Naziroute geführt. Die oftmals überforderten Bullen, obwohl mit sechs Hundertschaften vor Ort, hätten dagegen wohl kaum etwas ausrichten können. Dies bestätigt erneut, dass wir uns nicht darauf verlassen können, dass sich Bürger*innen aktiv daran beteiligen sich den Nazis in den Weg zu stellen. Deswegen konnten die Nazis bis auf die wenigen Aktionen ungestört ihre Route laufen, selbst nachdem die Nazis (inkl. Anmelder Skoda, Redner Hallmann und Demo-Sani Bake) einen Journalisten attackierten. Alle Bilder der Nazis finden sich hier.

 

 

Verpasste Chancen?

 

Natürlich muss an dieser Stelle klar gesagt werden, dass die Verhinderung des Naziaufmarsches nicht erreicht wurde. Dies mag mit Sicherheit verschiedene Ursachen haben die noch genauer analysiert werden müssen. Ein wesentlicher Punkt ist aber definitiv die deutlich zu kurz gekommene autonome Mobilisierung, welche notwendig gewesen wäre, da sich ja erneut gezeigt hat dass auf die meisten Bürger*innen zwecks Verhinderung kein Verlass ist.

Ein Eindruck war, dass oftmals darauf gewartet wurde, dass für Zeit X und Punkt Y ein allumfassendes Konzept durchgegeben wird ohne selbst Eigeninitiative zu ergreifen. Mit Sicherheit hätten mehr und konkretere Informationen während des Tages vermittelt werden müssen. Jedoch: wenn zu wenig Informationen zum Geschehen nach außen dringen und andere Gruppen schlecht erreichen, so ist es doch eigentlich spätestens dann an der Zeit sich einen eigenen Überblick über die Situation vor Ort zu machen, anstatt auf eine Ansage von „Oben“ zu warten. Dies gilt allerdings auch im Vorhinein, sprich: sich mit dem Gelände vertraut machen durch Karten und/oder Spaziergänge um dann besser improvisieren zu können. Möglicherweise ist diese mit Eigeninitiative verbundene Herangehensweise teilweise verloren gegangen.

 

 

Einige Anmerkungen

 

Wie dem Indymedia-Artikel „Bielefeld 24.12.2011 – Ein kritischer Bericht“ zu entnehmen ist wurde dort u.a. Kritik an der Informationsstruktur geübt. Diese wird sich mit Sicherheit umfangreich mit den Geschehnissen des Tages auseinandersetzen. Zudem sind uns doch einige seltsame Anspielungen bzw. Fragen aufgefallen. So wird dort von „nicht ansprechbaren Gruppen“ einhergehend mit „Spitzelparanoia“ gesprochen oder konkret danach gefragt wo denn Gruppen wie die „Autonome Antifa Bielefeld“, „Antifaschistische Gruppen in OWL“ oder „Nazistopping“ waren. Diese Fragen erinnern uns mehr an den Informationsgewinn durch Repressionsbehörden als an eine sachgemäße Auseinandersetzung. Von daher werden wir solche Fragen, die Aufschluss über Strukturen oder Geschehnisse geben mit Sicherheit nicht im Internet diskutieren.

 

 

Fazit

 

Abschließend können wir auf den Tag mit einem kleinen Lächeln zurückblicken. Trotz der nicht erreichten Verhinderung, welche unser oberstes Ziel war, gab es einige antifaschistische Interventionen die gezeigt haben, dass es immer Möglichkeiten gibt direkt gegen Nazis vorzugehen. Zudem kann eine Mobilisierung mit über 6000 Leuten auf der Straße durchaus als ein politischer Erfolg angesehen werden.

Gewisse Sachen können wie der Tag gezeigt hat immer auch besser funktionieren und genau deshalb wird es mit Sicherheit noch einiges an Auseinandersetzung mit dem Tag geben.

Wie von Seiten der Nazis zu hören war, wollen diese im August 2012 nach dem „Trauermarsch“ in Bad Nenndorf erneut in Bielefeld marschieren.

 

Auch 2012 – den Nazis entgegentreten, auf allen Ebenen mit allen Mitteln!

Organisiert den antifaschistischen Widerstand!

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"wo denn Gruppen wie die „Autonome Antifa Bielefeld“, „Antifaschistische Gruppen in OWL“ oder „Nazistopping“ waren"

 

haha geil!

hoffe das kommt echt von bullen und nicht von unseren leuten.

weder im internet noch im privaten sollte man sagen was man wo gemacht hat. das sollten immer nur die leute wissen, die auch dabei waren.

 

also haltet die klappe und hört auf rumzuprahlen. es interessiert nämlich nur politische gegner.