Interview mit Andrea S. (Schweiz) vor dem Urteil

andrea stauffacher

"Seit Jahren versucht der Schweizer Staatsschutz mich ja hinter Gitter zu bringen.“ - Ein Interview mit Andrea S.

Wichtiger redaktioneller Hinweis: Das Interview wurde vor der Urteilsverkündung am 8. November mit Andrea geführt. Das Bundesstrafgericht sprach sie an diesem Dienstag für zwei Angriffe schuldig und verurteilte sie zu 17 Monaten Haft. Eine weitere angeklagte Genossin wurde für die anderen drei Anschläge verurteilt. Siehe hierzu die Stellungnahme des RAS


 

 

Andrea Stauffacher ist langjährig aktive Kommunistin und Mitglied im Revolutionären Aufbau Schweiz (RAS) sowie der Kommission für eine Rote Hilfe International - Secours Rouge International (RHI-SRI).

 

 

Pit Beuttel: Voraussichtlich am Dienstag, den 8. November, wird das Schweizer Bundesstrafgericht in Bellinzona ein Urteil gegen dich fällen. Was ist der Hintergrund dafür?

 

Andrea: Vm 28. bis 30. September 2011 fand ebenfalls in Bellinzona in der Süd-Schweiz der dazugehörige Prozess gegen mich statt. Angeklagt wurde ich im Zusammenhang mit mehreren Anschlägen gegen verschiedene Gebäude, die seit den späten 90ern in der Schweiz durchgeführt wurden. Dabei versuchen schweizerische wie italienische Staatsschützerimmer immer wieder mich in Haft zu setzen. Bereits einige Male wurde ich wegen Landfriedensbruch zu Haftstrafen verurteilt.

 

Im Februar 2007 folgte eine Hausdurchsuchung gegen mich im Zuge der Verhaftungen von Militanten im Kontext der Ermittlungen gegen das italienische Projekt PC p-m (Kommunistische Partei – politisch-militärisch). Das damals eröffnete Verfahren in Italien wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ist bis heute nicht offiziell abgeschlossen worden.

 

Auch interessierte sich die belgische Staatsanwaltschaft für mich, als sie am 5. Juni 2008 die vier Genossinnen der Roten Hilfe Belgien bezüglich Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (wiederum im Zusammenhang der Ermittlungen gegen die PC p-m) in Untersuchungshaft setzte.

 

Formell kamen diese beiden Rechtshilfeersuchen in meinem Verfahren nicht als Anklagepunkt zur Sprache – die dazugehörigen Akten sind aber in den zahlreichen Bundesordnern zum Prozess beigebracht worden.

Folgt das Bundesstrafgericht nun dem Antrag der Bundesanwaltschaft, dann soll es eine hohe Strafe im Sinne eines "generalpräventiven Auftrages" sein, die vor allem junge, politisch Interessierte davon abhalten soll, den revolutionären Weg auf der Suche nach einer Alternative zu begehen.

 

 

Pit Beuttel: Zentral geht es also um 5 bzw. 6 Angriffe auf verschiedenste Einrichtungen? Kannst du uns einiges zu den Zielen und Hintergründen der Anschläge sagen?

 

Andrea: Seit 1995 hat es in der über 60 militante Aktionen gegen Staat, Kapital, in Solidarität mit politischen Gefangenen, Freiheitsbewegungen, gegen Repression gegeben,die alle mit der Parole "Für eine revolutionäre Perspektive" unterzeichnet waren. Konkret geht es inhaltlich um den Kampf der Gefangenen aus der PCE (r), Griechenland, Palästina, gegen den Inlandnachrichtendienst oder das Kapitalistentreffen WEF (World Economic Forum).

 

Die Anschläge wurden meistens mit Thunder, also Pyrotechnik oder Farbanschlägen ausgeführt.

 

Pit Beuttel: Wie sieht die politische Einschätzung des Revolutionären Aufbaus bzw. der Kommission für eine Rote Hilfe International - Secours Rouge International (RHI-SRI) zum Verfahren und der Repression - vor allem auch gegen dich - aus?

 

Andrea: Seit Jahren versucht der Schweizer Staatsschutz mich ja immer wieder hinter Gitter zu bringen. Dass es wieder zu einem solchen Unternehmen kommen könnte war uns spätestens dann klar, als die italienischen Staatsanwaltschaften 2007 im Zusammenhang mit den bereits erwähnten Verhaftungen italienischer GenosssInnen in der Aktion Tramonto, gegen die PC p-m auch gegen mich ein Verfahren eröffneten und die Schweizer Bundesanwaltschaft sich in deren Schlepptau stellten und die Gunst der Stunde zu nutzen wussten, um eigenständig ein Ermittlungsverfahren wegen Sprengstoff zu eröffnen.

 

Aus den Akten geht ihr Ziel klar hervor: ein genralpräventiver Auftrag, einen Keil zwischen politischer Erfahrung, Kontinuität und jungen Zornigen, rebellisch und Widerständischen zu treiben, mit dem Ziel, sie von klassenkämpferischer und revolutionärer Politik fernzuhalten.

 

 

Pit Beuttel: Wie sieht die Solidaritätsarbeit zu deinem Verfahren aus?

 

Andrea: Die Solidaritätsarbeit ist enorm stark und auch sehr breit in der Linken zum tragen gekommen. Wir haben ganz bewusst den Angriff als einen politischen Angriff im Sinne "Den Spiess umdrehen – dem Kapitalismus den Prozess machen" öffentlicht gemacht und den Prozess als Revolutionärer Aufbau als auch als Kommission offensiv politisch begleitet.


Solidarität gab es dabei nicht nur aus der Schweiz, etwa auch von anderen Strukturen wie der Partei der Arbeit (PdA) sondern auch aus Deutschland in Form von Solidariätserklärungen, Grussbotschaften, Kundgebungen und weiteren Aktionen.

 

An den Prozesstagen selbst wurden Kundgebungen, Demonstrationen und Transparentaktionen in Bellinzona organsiert. Auch im Gerichtssaal waren Genossinnen und Genossen präsent.

 

 

Interview: Pit Beuttel

 

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Hingegen der dargestellten Aussage im Interview sowie anders lautender Presseberichte, ist die Frau, die ebenfalls angeklagt wurde, offenbar nur für den Autobrand zu bedingter Haft verurteilt worden, nicht wie im Interview steht, auch für die anderen Angriffe. Ich hatte Andrea da falsch verstanden.