Mein Hund ist Veganer so wie ich

Erstveröffentlicht: 
14.07.2011

Berlin - In Ginas Futternapf kommen weder Fleisch noch Wurst, auch kein Ei. Gina bekommt nichts, was von einem anderen Tier stammt. Die 13 Jahre alte Pudelmix-Hündin aus Neukölln futtert seit neun Monaten strikt vegan – morgens und abends spezielle Trockennahrung. Manchmal werden für sie auch Kartoffeln oder Nudeln gekocht und Gemüse gegart. Jobst Eggert (38), Ginas Herrchen, ist Chefredakteur bei der Tierrechtsorganisation Peta Deutschland und seit 18 Jahren Veganer. Auch seine Freundin ernährt sich „weitgehend vegan“.

Hündin Gina, die Eggert im vergangenen Jahr aus einem Brandenburger Tierheim holte, sollte dem Beispiel folgen. „Ihr hat’s gleich geschmeckt“, sagt Eggert. Ob dem Tier die Kost bekommt, lasse er regelmäßig vom Veterinär checken: „Aber es sind ja alle wichtigen Nährstoffe drin.“ Alles, was ein Hund braucht: Eiweiß, Vitamine, Kohlenhydrate, Fette, Mineralstoffe. Gina jedenfalls sei „topfit für ihr Alter“, sagt Eggert.

Veganes Futter wird online geordert

Nach jedem Gammelfleisch- und Futtermittelskandal steigt die Zahl der Menschen, die Wurst und Fleisch meiden. Das Heer der Vegetarier und Veganer wird stetig größer. In Berlin wächst die Zahl von vegetarischen Restaurants, seit kurzem bieten auch die großen Universitäts-Mensen vegane Küche.

Wer so isst, möchte meist, dass andere diese Lebensweise mit ihm teilen. Auch das eigene Haustier. Für Jobst Eggert sind es ethische Gründe, warum Gina Gemüse vorgesetzt bekommt statt Fleisch. „Warum sollte ich sie mit anderen Tieren füttern, die in qualvoller Massenhaltung aufgezogen werden?“ Hunde seien eigentlich Allesfresser, pflanzliche Kost für sie nichts Fremdes.

Es gibt zahlreiche Online-Shops, in denen veganes Futter für Haustiere geordert werden kann, nicht ganz billig – beispielsweise Bello Dogsnacks, vegetarische Hundeknochen Bio vegan (9,20 Euro). Bio Nassfutter Dinkel & Zucchini kommt aus der Dose (420 Gramm 6,55 Euro). Ein 40-Liter-Sack Öko Cat, vegane Trockenmahlzeit für Katzen, kostet 29 Euro. Selbst große konventionelle Tiernahrungs-Anbieter folgen inzwischen dem Trend und haben zumindest vegetarische Kost entwickelt (Royal Canin vegetarian formula).

Nachfrage steigt

Mirjam Römling, die mit „Veni, Vidi, Vegi!“ in der Pücklerstraße in Kreuzberg nach eigener Aussage Berlins einzigen Vegan-Shop betreibt, hat mehrere Sorten veganes Hunde- und Katzenfutter im Angebot. Sie sagt, dass die Nachfrage steigt. „Die Leute beschäftigen sich mehr mit dem Thema Ernährung. Auch mit der ihrer Haustiere.“

In Foren und Blogs tauschen die Tierhalter ihre Erfahrungen aus. Bei www.vegan-hund.de heißt es beispielsweise auf die Frage: Warum Hunde vegan ernähren?: „Da es dem Tierrechtsgedanken völlig zuwider liefe, für die Versorgung sog. Haustiere andere, sog. Nutztiere ermorden zu lassen, sehen wir nur die vegane Ernährung als ethisch vertretbar an.“ Und unter http://veganismus.de wird erklärt, dass Veganismus für Hunde nichts Unnatürliches sei. „Ebenso unnatürlich ist es, dass Hunde in einer Wohnung leben oder eine Leine und ein Halsband tragen.“

Tierschützer skeptisch

Der Deutsche Tierschutzbund ist skeptisch. Es sei zwar möglich, einen Hund vegetarisch zu ernähren, sagt Sprecher Marius Tünte. Aber es entspreche nicht seiner biologischen Prägung. Hunde seien nun Mal Carnivoren, fleischfressende Tiere, keine Allesfresser (Omnivoren). Von der vegetarisch/veganen Ernährung von Katzen sei gänzlich abzuraten, weil diese die notwendige Aminosäure Taurin, die nur in tierischen Produkten enthalten sei, über die Nahrung aufnehmen müssten. „Man sollte keine menschlichen Verhaltensweisen auf Tiere übertragen“, sagt der Tierschützer. „Wer nicht damit leben kann, dass Hunde und Katzen Fleisch fressen, sollte vielleicht besser überlegen, ob er sich ein anderes Haustier hält – ein Kaninchen beispielsweise.“

Im Bereich Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin können sich Tierhalter zur Ernährung von Haus- und Nutztieren beraten lassen, es wurde sogar under der Nummer 0175/581 3667 eine Telefon-Hotline geschaltet. „Fragen zur vegetarischen oder veganen Ernährung wurden uns bisher aber so gut wie nie gestellt“, sagt Professor Dr. Jürgen Zentek. Theoretisch könne man Katzen und Hunde zwar so verköstigen, doch biologisch sei das nicht wirklich sinnvoll: „Tierisches Protein liefert nicht nur essenzielle Nährstoffe, es ist auch wesentlich als Akzeptanzträger.“ Sprich: Es mache Appetit.

Das muss auch Jobst Eggert für Gina eingestehen. Finde die Hündin den einen oder anderen Dönerrest auf der Straße, sei der ganz fix in ihrem Maul verschwunden. Herrchen sieht über solche Ausrutscher hinweg: „Schelte kriegt sie nicht.“

Berliner Zeitung, 14.07.2011

 

 

 

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"...weil diese die notwendige Aminosäure Taurin, die nur in tierischen Produkten enthalten sei.."

Fail, da der überwiegende Anteil an Taurin, das bereits durch diverse Energy Drinks bekannt sein dürfte sythetisiert wird.