Weitere Angriffe auf die Solidaritätsstrukturen zu Gefangenen - ein kurzer Überblick

gefangenen info 361

„Neben der redaktionellen Arbeit musste die Existenz und damit das Fortbestehen des Infos auch immer vor Gericht verteidigt werden, um damit das Leben vor allem der Gefangenen aus der RAF vor staatlichen Übergriffen hinter Gittern zu schützen. Heute sind es vor allem die Eingesperrten aus türkischen und anderen migrantischen Zusammenhängen, die diesen Sonderhaftbedingungen und -gesetzen ausgesetzt sind. Es bedeutet immer Kampf auf allen diesen Ebenen, den Weggesperrten einen unzensierten Raum zu geben für ihre politischen Vorstellungen bis hin zur ihrer Freiheit!“
Aus der Prozesserklärung vom 11. 10. 2010

 

Das „Gefangenen Info“ (GI) wird seit 2009 vom „Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen“ herausgegeben. Unsere Zeitschrift  existiert seit 1989, seit dem letzten Hungerstreik der Gefangenen aus der RAF und des anti-imperialistischen Widerstandes. Rund 30 Verfahren gab es gegen unser Organ, die Angriffe konnten wir bis auf 2 Verurteilungen immer siegreich überstehen.

Letztes Jahr erkämpften wir vor dem Landgericht in Berlin einen Freispruch dank zahlreicher Solidarität aus dem In - und Ausland. Es war uns aber auch bewusst, dass die Attacken der Justiz, Polizei und Geheimdienste gegen uns und andere Solidaritätsstrukturen weiter gehen.

So wurde im letzten Jahr an einem PKW von AktivistInnen aus unserer Struktur ein GPS-Ortungsgerät gefunden. Dieses war im Träger hinter dem hinteren Stoßfänger mit Hilfe von Magneten befestigt. Der Peilsender besaß eine eigene und leicht wechselbare Stromversorgung (Akku mit seperatem Anschluss), weshalb wir davon ausgehen, dass es für längere Zeit an dem Fahrzeug befestigt war und auch bleiben sollte. Der Peilsender befindet sich derzeit bei einem Anwalt. Wir gehen davon aus, dass der Grad der Bespitzelung unserer Struktur – aber auch anderer Antirepressionsstrukturen - jedoch noch viel weitreichender ist.



Ein anderer praktischer Ausdruck der Behinderung unserer Arbeit sind die ständigen Beschlagnahmungen bzw. Nichtaushändigungen unserer Zeitung an Gefangene. So wurden z. B. im letzten Sommer Tommy Tank, einem politischen Gefangenen aus Torgau, 3 Ausgaben des „Gefangenen Infos“ für 14 Tage beschlagnahmt und dem  Verfassungsschutz vorgelegt.

Die Ausgabe Nr. 356 erreichte zahlreiche kurdische und anti-faschistische Inhaftierte nicht und wurde an die Redaktionsadresse zurückgeschickt.

Vereinzelt haben Gefangene immer wieder um die Aushändigung des „Gefangenen Infos“ zu kämpfen.

Dem wegen § 129b eingesperrten Gefangenen Sadi Özpolats wurde die Korrespondenz vom „Sozialen Zentrum Magdeburg“ durch den Bundesgerichtshof (BGH) beschlagnahmt. Geschickt wurde ihm Hintergrundmaterial zum erfolgreichen Prozess gegen unsere Zeitschrift.

Begründet wurde die Beschlagnahme durch das BGH damit , dass das GI erstmalig 1989 anlässlich des Hungerstreiks der Gefangenen aus der RAF als „Hungerstreik Info“ in Erscheinung getreten ist und es „sei eine Waffe der Solidarität“ um gegen die „zunehmende Repression gegen  politische Gefangene aufmerksam zu machen und somit besser gegen die Unterdrückung agieren zu können.“

Ebenso werden die HerausgeberInnen des GI, das „Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen“,  angegriffen, weil es sich als „Zusammenschluss“ versteht, um sich „organisierter“ gegen  die herrschenden Verhältnisse besser wehren zu können.

In unserer Zeitschrift veröffentlichen wir häufig Briefe von Gefangenen, damit die Leserinnen und Leser sich ansatzweise ein Bild von ihr/ihm machen können. Ansatzweise heißt in diesem Fall, weil unter den herrschenden Knastbedingungen die Kommunikationsmöglichkeiten stark eingeschränkt sind.

Diese Beispiele zeigen, dass wir den Herrschenden ein Dorn im Auge sind und wir uns nicht abschrecken lassen in unserer Arbeit. Deshalb lässt der Staatsschutz nicht locker und startet weitere Angriffe:

In der „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) vom 8. März erscheint ein Artikel „Ein politischer Gefangener“, der Tommy und alle angreift, die sich solidarisch zu ihm verhalten.

Die Kontakte, die er im Knast aufgebaut hat, werden alle der „Linksextremen Szene“ zugeordnet. Diese Bezeichnung ist typischer Polizeijargon, der die Voraussetzung  für weitere Kriminalisierung ist. 

Für Weggesperrte ist der Knast schon sehr einschneidend und wenn Tommy bei seiner Verlegung von Leipzig nach Torgau anfangs 3/4 seiner Unterlagen und Gegenstände vorenthalten wurden, ist das eine weitere Verschärfung. Zu Recht hatte er diese repressive Situation in Torgau als „Methode“ charakterisiert, „neu angekommene Gefangene zu brechen“.

Die LVZ vom 8.3. hetzt weiter, „so scheint Tommy T. in einem Jahr Knast...... zum gefestigten Genossen konvertiert zu sein.“

Da sie ihn trotz seiner noch über 2 Jahre anstehendem Knast nicht brechen konnten,  kommt da deswegen auch in den Presseorganen Wut und Aggressivität rüber.

Er setzt sich solidarisch mit Faruk Ereren auseinander, der in der Türkei 8 Jahre lang schwer gefoltert wurde und dem jetzt lebenslänglich und die Auslieferung in die Türkei droht. Daraus macht die LVZ, „er sympathisiert  mit einem Linksterroristen, der wegen Anschlägen auf die türkische Justiz und Polizei.... mit zwölf Todesopfern angeklagt war.“ Kein Wort davon, dass diese Aussage durch blutige Folter in der Türkei erpresst worden ist und alle Anträge dazu von der Verteidigung vom zuständigen Senat in Düsseldorf abgeschmettert wurden. Das macht mal wieder die Zusammenarbeit und somit die Kumpanei von deutscher und türkischer Justiz und Polizei offen.

„In einem anderen Schreiben tauscht sich Tommy T. mit einem Aktivisten aus dem Umfeld der Roten Armee Fraktion (RAF) aus - Thema: die Kranzniederlegung an den Gräbern der ersten RAF-Generation um Andreas Baader und Gudrun Ensslin.“ (LVZ)

Hier wird zum einen der Aktivist, der ihm von der Kranzniederlegung berichtete, durch eine VS-Klassifizierung diffamiert und kriminalisiert und  Tommy natürlich ebenso. Was nicht erwähnt wird, ist, dass nicht nur Andreas und Gudrun auf ungeklärter Weise den Knast nicht überlebt haben, sondern noch 7 weitere politische Gefangene. Gerade weil diese Haftbedingungen und Todesumstände heute von den Herrschenden ignoriert und verzerrt werden, ist es immer wichtig, auf diese Ereignisse hinzuweisen. Zu Recht haben wir das als „Revolutionäre Geschichte verteidigen und aneignen“ bezeichnet.

Auch stört es die LVZ, dass Tommy auf einer Liste von politischen Gefangenen steht, die auf der Homepage des Netzwerks und auch im GI veröffentlicht wird. Ziel dieser Liste ist es, dass zu diesen Eingesperrten aus unseren Bewegungen Kontakt aufgenommen wird. Einfach Solidarität zeigen mit den Weggesperrten, was einfach klingt und selbstverständlich für uns alle sein sollte.

Konsequent für uns ist auch, dass  das Netzwerk Briefe von Tommy und anderen  Gefangenen auf seiner Homepage veröffentlicht, denn wir „unterstützen die politischen Gefangenen auf politischer, juristischer und menschlicher Ebene und stehen hinter ihnen in ihrem Widerstand für ihre Freiheit, gegen inhumane Haftbedingungen...“

(Aus dem Selbstverständnis des Netzwerks.)

 

Auch seine Anwältin  und die Rote Hilfe Leipzig kriegen ihr Fett weg.

Letztere weil sie eine gut besuchte Veranstaltung zu Tommy in Leipzig anlässlich des 18. März, dem Tag des politischen Gefangenen, organisiert haben. In diesen Zusammenhang greift die LVZ auch die Ortsgruppen der Roten Hilfe aus Magdeburg und Halle an, weil sie ebenso Veranstaltungen zu Tommy gemacht haben. Gefangenen eine öffentliche Stimme zu geben, sollte selbstverständlich für Solidaritätsstrukturen sein. Das ist bestimmt auch einer der Gründe, warum die RH vom VS beobachtet wird.

 

Angriffe gegen AktivistInnen im Prozess gegen Verena Becker

Am 10. März, kurz vor dem Ende des Verhandlungstages in Stuttgart,  entrollten drei AktivistInnen im Gerichtsaal ein Transparent mit der Aufschrift „Solidarität mit den 10 ehemaligen Militanten aus der RAF“ und erklärten „Damals wie heute: Terrorist ist der, der verhungern lässt, bombardiert und verhaftet“. Dazu wurde die Parole „Freiheit für alle politischen Gefangenen!“ gerufen.

Die drei Menschen wurden aus dem Gerichtsaal entfernt und nach kurzzeitiger Ingewahrsamnahme vor den Strafsenat gestellt. Die 3 GenossInnen wurden jeweils  zu 150 Euro verdonnert, von denen bereits direkt nach dem Prozess ca. 200 Euro von solidarischen Personen gespendet wurden.

An diesem Tag waren Günter Sonnenberg, Stefan Wisniewski, Rolf Heißler und Waltraud Liewald im Prozess gegen Verena Becker als „ZeugInnen“ vorgeladen. Insgesamt waren bisher 11 Ex-Militante aus der RAF geladen und alle verweigerten die Aussage. Gegen zwei von ihnen, Siegfried Haag und Roland Mayer, wurde Beugehaft von 6 Monaten beantragt.

Der „Terrorismusexperte“ der ARD, Holger Schmidt, bezeichnete die 3 GenossInnen, die im Gerichtsaal intervenierten, als „RAF-Fanklub“ und gab auch das Alter, Vornamen und Anfangsbuchstaben der Nachnamen  auf dem  „SWR Terrorismus Blog“ vom 10. 3. 2011  preis.

„Das nächste Mal” werde es nicht so glimpflich abgehen, mahnte der Vorsitzende noch.“

(ebenda)

Der Vorsitzende Richter ist übrigens Hermann Wieland, der die 5 türkischen Linken im §129b-Verfahren zu hohen Strafen verknackte.

Trotz der fortlaufenden Diffamierungen und Umdeutungen unserer Geschichte war Solidarität von jüngeren GenossInnen  mit den vorgeladenen älteren GenossInnen  möglich und wurde auch öffentlich. Das war auch einer der Gründe, warum die Staatsschutzpresse darüber vor Wut schäumte und  die Justiz bei weiteren Aktionen mit härteren Sanktionen drohte.

 

Wir lassen uns durch gezielte Angriffe des Staatsschutzes, der Geheimdienste und ihrer medialen GesinnungsjournalistInnen in unserer politischen Arbeit natürlich nicht abschrecken, denn unsere Arbeit macht deutlich, wie wichtig Solidarität ist - die ihnen fremd  und somit suspekt ist und Angst macht.

Sinngemäß drückte das Mao mal so aus: „Wenn der Feind uns bekämpft, ist das gut und nicht schlecht.“

„Da die politische Gefangenschaft aus den existierenden Verhältnissen hervorgeht, d. h. die Gefängnisse die Reaktion des kapitalistischen Systems gegen den Widerstand für Gerechtigkeit sind, vertritt das Netzwerk die Auffassung, dass die Solidarität mit den politischen Gefangenen integraler Bestandteil aller politischen und sozialen Kämpfe sein muss. Und da uns heute Ausbeutung und Repression in weltweit verschärfter Form entgegentritt, sieht das Netzwerk die Notwendigkeit, diese Solidarität über die Grenzen hinweg zu stärken und die internationale Solidarität als unsere Antwort auf ihre Repression einzusetzen.“

So steht es in der Präambel des Netzwerk, aber es gilt für alle, die für eine freie und egalitäre Gesellschaft kämpfen.

 

No pasaran!

 

Redaktion des Gefangenen Infos, Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen
 

Dieser Artikel ist in der neuen Ausgabe des Gefangenen Info 361 erschienen:

 

  • Die Militanten der RHI verteidigen!
  • Interview mit Mahmoud Hassan (Addameer)
  • Politische Gefangene Frauen in Palästina
  • Das Mauern der Polizei setzt sich fort im Oury Jalloh-Prozess
  • Zur Repression gegen tamilische Exilorganisationen
  • "Langer Marsch" / Neuer §129b-Prozess
  •  Gefangenenvorstellung: David Gilbert
  • Griechenland: Hunger- und Durststreik der 300
  • Briefe aus den Knästen


  Zu beziehen über: vertrieb [at] gefangenen.info

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Das Cover des Gefangenen Info stellt unter anderem einen Davidstern dar, gebildet aus Ketten und Draht, über dem Umriss des gesamten Staatsgebiets Israels in Blutrot, offenbar als Symbol für die Unterjochung eines palästinesischen Volkes gemeint und für das Bestreben, dieses gesamte Staatsgebiet von seinem jüdischen Herrscher zu befreien. Daneben in Palitücher Eingemummelte, Gefängnisgitter, Blut.

 

Hier werden Symbole verbreitet, welche den altbekannten Wunsch, die Juden ins Meer jagen zu wollen, illustrieren. Einseitige Verurteilungen Israels in traditioneller Manier, Opfer- und Rebellenkult auf der anderen Seite. Wie sehr soll der kleine Fleck Land am Mittelmeer vom Davidstern befreit werden? Wie judenrein hätten die Damen und Herren der Redaktion es denn gern?

 

Was, ausser Antisemitismus oder Dummheit oder beides kann jemanden bewegen, die Geschichte des Nahostkonflikts derart auszublenden und sich derart einseitig zu positionieren, wie es in den Zusammenhängen geschieht?

Was, ausser Philosemitismusisemitismus oder dummdeutscher Ersatznationalismus oder beides kann jemanden bewegen, die Geschichte des Nahostkonflikts derart auszublenden und sich derart einseitig zu positionieren, wie es in antideutschen Zusammenhängen geschieht?

Wenn du statt dem dummdeutschen Erstatznationalismus lieber den wahrhaft deutschen sozialen Nationalismus in islamistisch-antisemitischer Union suchst, kann ich dir die Nazisseite von altermedia ans Herz legen. Da wird dann auch nicht groß gemeckert, wenn du nicht mehr hinbekommst, als ein paar Worte eines Satzes auszustauschen.

Ich weiß ja nicht ob du schon davon gehört hast, aber es soll Menschen geben die brauchen überhaupt keinen Nationalismus. Aber das kannst du dir mit denem blau-weißen Ersatznationalismus natürlich nicht vorstellen. Das du dich bei Altermedia so gut auskennst wundert mich natürlich nicht.