Für eine militante Perspektive

direct action

Denkt daran, es sind jene, die es verstehen, sich im richtigen Moment aufzulehnen und der Geschichte entgegenzustellen, die daraus einen wirklichen Nutzen ziehen. Und indem er das Unmögliche suchte, hat der Mensch stets das Mögliche erreicht. Jene, die sich in vermeintlicher Weisheit auf das beschränkten, was ihnen möglich schien, haben nie auch nur einen Schritt vorwärts getan. (Gianni Frizzo)

 

### Wir müssen so radikal sein wie die Wirklichkeit ###

Unter Militanz verstehen wir einen Weg, in dem emanzipatorische Politik die Mittel bestimmt und diese ständig korrigiert. Militanz ist in diesem Sinne weder eine auf Gewalt noch auf Gewaltlosigkeit festgelegte Praxis. Militanz - wie wir sie uns vorstellen - artikuliert sich ohne Hierachisierung im Bezug auf andere Aktionsformen. Der Erfolg militanter Aktionen bemisst sich nicht an der Lautstärke des Knalls - ebenso wenig wollen wir daran den Mut der Beteiligten festmachen. Eine kontinuierliche Auseinandersetzung über Sinn und Vermittlung ebenso wie eine verantwortliche Planung und Durchführung von Aktionen sind unserer Meinung nach unerlässliche Grundlage. Militante Praxis drückt eine politische Haltung aus: Unversöhnlichkeit, Unvereinbarkeit mit den herrschenden Verhältnissen. Wir wollen kein anderes, besseres Leben nach den gegenwärtigen Spielregeln. Wir wollen ein ganz anderes Leben!

Es liegt an uns, das staatliche Gewaltmonopol jeden Tag in Frage zu stellen, um darüber die Perspektive einer befreiten Gesellschaft, die sich an den Bedürfnissen aller Menschen orientiert, zu verwirklichen.

Kehren wir zurück zu unserem Ausgangspunkt. Wir leben in München - in einem der Zentren der Macht. Hier wird direkt oder indirekt über Hunger abgestimmt, über Zerstörung und Krieg. Hier sitzen Mitverantwortliche für die weltweiten Zustände. Hier sitzen Rüstungskonzerne und scheffeln Milliarden. Damit sind sie auch hier angreifbar.

Militante Aktionen sollten sich von selbst vermitteln, sonst kann es leicht passieren, dass sie unbemerkt verpuffen. Ein gelungenes Beispiel stellt der Brandanschlag auf Bundeswehrfahrzeuge ein Tag vor dem Gelöbnis Ende Juli 2009 in München dar. Der Zusammenhang war klar, sämtliche Zeitungen berichteten darüber und in mehreren Gelöbnis-Nachbereitungen wurde positiv Bezug auf die Aktion genommen. Ähnlich positiv kann eine antikoloniale Strassenumbenennungs-Aktion in München betrachtet werden: In nächtlicher Aktion wurde Ende Januar 2006 die Von-Trotha-Strasse in Hererostrasse umbenannt. Die Aktion war zeitlich in eine allgemeine Debatte um Strassen, die nach Kolonialverbrechern benannt sind, eingebettet und erhielt ein entsprechendes Echo. Auch die Aktion am Jahrestag des Todes von Alexandros Grigoropoulos (06.12.2010) ist in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen, da sie kollektiv von einem grösseren Menschen-Zusammenhang durchgeführt wurde und öffentlich wahrnehmbar war: Es wurde gemeinsam das Demo-Verbot vor dem bayerischen Landtag (Bannmeile) durchbrochen und pyrotechnische Gegenstände gezündet. Anlass war das Gedenken an die Ermordung von Alexandros durch einen Bullen vor zwei Jahren in Athen. Dagegen erfuhr mensch z.B. von einem Brandanschlag auf ein DHL-Fahrzeug und ein Bullenauto 2009 nur über den VS-Bericht oder als Randnotiz in der Interim. Ähnlich war es bei etlichen Kleinstaktionen in den letzten Jahren: z.B. am 13.08.08: CSU-Büro mit roter Farbe angegriffen / 23.12.08: Kriegerdenkmal mit roter Farbe besprengt (Quelle: Interim/Indymedia). All diese Aktionen waren richtig und wichtig - aber in den meisten Fällen kaum für eine breitere Öffentlichkeit wahrnehmbar. Das Nachdenken über und Ausprobieren von möglichen Formen der Vermittlung gehört zu den Aktionen dazu. Und oft bemisst sich daran ihr Erfolg.

Über einen weiteren Brandanschlag auf ein Fahrzeug der DB im November 2010 anlässlich des Castor Transports und Stuttgart 21 erfuhr mensch erst jetzt im aktuellen bayerischen VS-Bericht. Obwohl der Brandanschlag zum richtigen Zeitpunkt durchgeführt wurde und der bevorstehende Castor und Stuttgart 21 eine starke Präsenz in der Öffentlichkeit hatten, konnten wir in unseren Recherchen zu der Aktion weder etwas in den Medien, noch im Archiv der Münchner Polizei finden (Pressemeldungen). Auch szeneintern wurde die Aktion nicht wahrgenommen. In den meisten Fällen haben wir keinen Einfluss darauf, inwieweit bürgerliche Medien über militante Aktionen berichten. Daher sollten wir uns für die Zukunft auch wieder mehr Gedanken über eigene Medien machen.

### Betroffen sind einzelne - gemeint sind wir alle ###

Repression hat weltweit die Funktion von Herrschaftssicherung, in München genauso wie in Berlin, in Athen oder anderswo. Dabei geht es immer um mehr als reine Strafverfolgung. Es geht um die Kontrolle und Überwachung von sozialen Bewegungen.
Die staatliche Reaktion kurz nach der erfolgreichen Aktion zum Todestag von Alexandros Grigoropoulos vor dem bayerischen Landtag in München hatte eine klare Zielsetzung: Macht demonstrieren, auf Ansätze von unkontrollierbaren Aktionen sofort mit allem, was der bürgerliche Rechtsstaat hergibt, reagieren: Nicht anders sind die Kontrollen in der Kapuzinerstrasse (Kafe Marat) mit der Folge von zufälligen Festnahmen, der Abnahme von Schmauchspuren und der Ermittlung wegen angeblichen Verstössen gegen das Sprengstoffgesetz zu werten.

Noch weiter zielten die Urteile Anfang 2008 gegen Hausbesetzer_innen, die versuchten ein Haus in München militant zu verteidigen: 5 Jahre Knast wegen angeblich versuchten Totschlags. Auf die Frage, warum ein Pflasterstein auf gepanzerte Polizeieinheiten Totschlag sein soll, bleibt uns die Justiz eine Antwort schuldig. Diese völlig verschobene Rechtsprechung kann morgen schon jede_n von uns treffen: Sei es beim Werfen von Steinen zur Abwehr von Bullen im Rahmen einer Anti-Nazi Demo oder in Momenten der reinen Selbstverteidigung. Auch zielen die Urteile in diesem Fall wesentlich weiter: Jedes Verhalten, das die herrschenden Verhältnisse in Frage stellt, wird mit massiver Repression beantwortet. Bei der Urteilsverkündigung ließ es sich die Richterin (Datzmann) zudem nicht nehmen, die drei Angeklagten auf ihre „seelische Verwahrlosung“ hinzuweisen und ihre Hoffnung auszudrücken, dass diese nach ihrer Haft „wieder in den Spiegel blicken könnten, ohne das ihnen übel wird“.

### Hände weg von unseren Räumen ###

Die permanenten Angriffe auf das Kafe Marat wegen verschiedenen Ausgaben der Interim sind ein Angriff auf linke Öffentlichkeit in München im Allgemeinen. Heute trifft es die Interim und unsere Räume und in Zukunft vielleicht weitere Medien und Orte, die dem staatlichen Repressionsapparat ein Dorn im Auge sind.

Darum müssen wir die Angriffe ins Leere laufen lassen und die kriminalisierten Medien offensiv verteidigen: Verbreitet die jetzt angegriffenen Publikationen: Mittlerweile sind sie auch im Netz zu finden:

https://autonomesmedienarchiv.easyurl.info

Aber Vorsicht: Wenn ihr euch im Netz bewegt, hinterlasst ihr Spuren. Nutzt Tor + Livecds! Nehmt die aktuellen staatlichen Angriffe ernst - auch wenn wir allgemein im Recht sind: Juristisch sind wir es oft nicht.

Die verschiedenen Formen von Widerstand werden immer mit staatlichen Reaktionen zu kämpfen haben. Alleine schon die Möglichkeit von Unzufriedenheit oder Unruhe in Zeiten wachsender Vereinzelung, sozialer Ungleichheit und sozialer Unsicherheit lässt Staaten präventiv repressiv handeln. Daher müssen wir die Verhältnisse, die Verschärfungen von Überwachung hervorbringen, auch wieder vermehrt zu unserem Angriffspunkt machen.

Der folgende Absatz wurde bereits Ende der 80er Jahre formuliert - mit diesen Zeilen wurde damals wichtiges auf den Punkt gebracht und sie haben bis heute nichts an Aktualität verloren. Denn: Heldentum, zu hohe Ansprüche und Beliebigkeit bringen uns nicht weiter:
Der Ruf nach größerer Entschlossenheit, nach Konsequenz und Opferbereitschaft vergrößert nicht unseren Schutz, sondern produziert nur unsere “Verräter_innen”. Wenn umgekehrt der Umgang mit der Denunziationspflicht nur eine persönliche Entscheidung der Betroffenen ist, wenn unser Umgang mit staatlicher Nachforschung nur taktisch und nicht politisch bestimmt ist, dann untergraben wir die Basis jeglichen politischen Handelns, dann zerstören wir unsere Solidarität untereinander. Wie wir unsere Kämpfe kollektiv führen wollen und sollten, so muß auch unser Umgang mit der Repression ein kollektiver sein ...

Die Barrikaden blockieren die Straße, aber öffnen den Weg! (Parole auf dem Weg zum Anti-NATO Camp in Strassbourg 2009)

Wir sehen uns:
Bei nächtlichen Aktionen, auf der Strasse - und am wichtigsten: In den alltäglichen politischen Auseinandersetzungen an allen Orten weltweit!

Für eine militante Perspektive!

Unvollständige Chronik militanter Aktionen | München

03.02.08 | Strassenumbennenung und Farbe auf das Haus von CSU-Stadtrat Hans Podiuk 29.04.08/30.04.08 | Farbe auf Arbeitgeberverband (1. Mai) Ende Mai 08 | DVU-Zentrale 2x mit Steinen attackiert 10.07.08/11.07.08 | Steine und Farbflaschen auf Münchner Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flucht 12.08.08/13.08.08 | Farbe auf CSU-Büro Nov 08 | Glasbruch beim „Lebenszentrum“ | Farbe gegen Fanarena (Ex-Nazikneipe) 13.12.08 | Brandanschlag auf Polizeifahrzeug 22 12.08/23.12.08 | Farbe auf Kreiswehrersatzamt 14.01.09 | Farbe und Hammer gegen DHL-Packstationen 05.07.09/06.07.09 | Brandanschlag auf DHL-Fahrzeug 09.07.09 | Zwei DHL-Packstationen umlackiert 26.07.09/27.07.09 | Agit-Prop-Aktionen gegen Krieg (Parolen auf 100 Plakatwänden) Ende Jul 09 | Bundeswehr Autos abgefackelt 16.10.09/17.10.09 | Steine gegen „Sudetendeutsche Haus“ Okt 09 | Steine auf „Mutterhaus“ der Lebensschützer 25.09.10 | Farbe auf Chilenisches Konsulat 07.10.10 | Farbe auf „Sudetendeutsches Haus“ Nov 10 | Brandanschlag auf ein DB Fahrzeug (Castor + Stuttgart 21)

Quellen: Indymedia, Interim , VS-Bericht

https://directactionde.ucrony.net

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"Unter Militanz verstehen wir einen Weg, in dem emanzipatorische Politik die Mittel bestimmt und diese ständig korrigiert. Militanz ist in diesem Sinne weder eine auf Gewalt noch auf Gewaltlosigkeit festgelegte Praxis. Militanz - wie wir sie uns vorstellen - artikuliert sich ohne Hierachisierung im Bezug auf andere Aktionsformen."

 

Die ersten beiden Sätze der Definition stimmen. Doch der dritte Satz macht keinen Sinn? Was ist denn keine Militanz bzw. militante Aktionsform nach den ersten beiden Sätzen?

 

Zu den Server auf der anscheinend die Interims gehostet waren: Der Besitzer von Heihachi arbeitete mit dem .BK (österreichisches Bundeskriminalamt) zusammen. Ausserdem ist er für Erpressungen der Nutzenden bekannt.

 

Siehe:

 

bka.de/pressemitteilungen/2009/pm091125.html - NUR MIT PROXY !!!

 

Einen Prozess dazu gab es (noch) nicht - der Festgenommene wurde noch am selben Tag entlassen.

 

Mein Artikel dazu: http://de.indymedia.org/2010/01/271219.shtml

 

Andere Quellen:

 

http://www.dug-portal.com/2009/05/warnung-vor-heihachinet.html

http://board.gulli.com/thread/1577903-vorsicht-vor-heihachinet-geld-weg-/

Die oben genante URL zum Medienarchiv ist offline, alternativ könnt ihr die alte https://autonomesmedienarchiv.wordpress.com/ nutzen.

Hey Mods. Eigentlich sollte das erst ein Kommentar werden, fänds aber gut, wenn ihr das als Artikel umbaut.

 

Solange der militanten Linken nichts besseres einfällt, als von Emanzipation und Anti zu schwadronieren, bleibt das ganze  militante Feuer- und Farbgedöns nichts als postpubertäre Prollscheiße. Wenn das Abstraktionsniveau so hoch scheint, dass die idealisierten Begriffe unfassbar werden, muss vielleicht mal wieder in kleineren Dimensionen gedacht werden. Hier aber noch nicht:

 

Gesellschaft

 

Gesellschaft ist ein mit völkischen und nationalistischen Elementen aufgeladener historisch abstrakter Begriff, der nur Sinn macht,  wenn  mit ihm  rückblickend viele einzelne Macht- und Herrschaftsverhältnisse zusammengefasst werden sollen. Immer bezieht sich der Gesellschaftsbegriff auf abgeschlossene Einheiten, z.B. auf "Völker", "Nationen", "Ethnien" (früher gern als Rassen bezeichnet) etc.

Zur abstrahierenden historischen Analyse der Machtverhältnisse innerhalb dieser "Gemeinschaften" gerade noch zu gebrauchen, ist das Konzept von Gesellschaft auf den Ist- Zustand (Gesamtscheiße) und zukünftige Zustände bezogen nichts als eine ideologisierte und völlig falsche Analysekategorie.

Weil sie das Ganze betont, selbst aber nur als Abstraktes aus vielen einzelnen, manchmal zusammenhängenden, manchmal nicht, Teilen zusammgesetzt ist, erneuert und verstärkt jede auf der Idee der Gesellschaft beruhende politsche Analyse in ihrem Ergebniss die Ideologie "Gesellschaft".

Diese Idee könnte zusammengefasst werden als Vorstellung eines real existierenden Ganzen, von dem jedeR Einzelne Teil ist und das über ihn-sie hinaus geht.

Mit dieser Vorstellung geht die Verschleierung konkreter Macht- und Gewaltverhältnisse einher, da sie, weil nicht aufs Ganze bezogen und von ihm ausgehend, als marginal für die Gesamtscheiße erscheinen.

 

Aha, und was bedeutet das?:

 

Die Kategorie Gesellschaft ist nicht die Grundkategorie der kritischen Analyse der politischen Wirklichkeit, sondern ideologischer Teil derselben. (Sorry ihr Geisteswissenschaftler, die ihr euch in den AZ's, den Flugi-Ak's und Zeitsschriftchen tummelt).

Die Grundlage des Kapitalismus ist die anerkennende Vorstellung einer über den/die Einzelne hinausgehenden essentiellen Gesellschaft und die damit einhergehende abstrakte Verschleierung der i.d.R. nationalen, meinetwegen auch multinationalen, Ordnungsgewalten.

Damit stärkt eine radikale Linke, die sich auf die Befreiung der Gesellschaft beruft, das ideologische Konzept und sorgt für seine Ausdifferenzierung und Verfestigung in (nationale) Herrschaftsstrukturen (Staat) und seine kapitalistischen Wirtschaftsstrukturen. Die Idee der Aneignung der Ordnungsgewalt der (eigentlich) abstrakten "gesellschaftlichen" Strukturen ist nicht lächerlich, weil die Macht das "Gute" korrumpiert, sondern weil mit vermeintlich emanzipatorischen Vorsätzen sowohl Staat, als auch eine auf der Vorstellung von Gesellschaft beruhende Wirtschaftsform gefestigt werden. (Na nu? empörts den Kommunisten.)

 

In diesem Sinne: Gegen die soziale Revolution - für die soziale Destruktion. Volk, Nation, Gesellschaft - Scheiße!

warum denn einen artikel. ohjeh.

vom schwadronieren hast du ja ahnung, ne? dieselbe scheisse die du hier von dir gibst, ist genau dieselbe, die du kritisierst. du kritisierst die militante emanzipation und fährst auf derselben welle mit.

 

nächstes mal bitte vorher nachdenken bevor du so einen dünschiss ablässt.