Sabine Rasch mahnt den AK Antifa Mannheim ab

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Eine Nationalsozialistin möchte nicht Nationalsozialistin genannt werden - Sabine Rasch mahnt den AK Antifa Mannheim ab
Durch Ihren Anwalt Martin Kuhr (Kanzlei RESMEDIA, E2 1-3, 68159 Mannheim) lässt Sabine Rasch, eine bis vor kurzem unauffällige Mutter einer Großfamilie aus Mannheim-Käfertal, Abmahnungen an verschiedene Medien und den AK Antifa Mannheim verschicken. Darin wird gefordert, Behauptungen zurückzunehmen, die Sabine Rasch als Nationalsozialistin entlarven.

 

Was war geschehen?

Sabine Rasch lebte bis vor wenigen Wochen ein unauffälliges Leben mit ihrer Großfamilie in Käfertal. Sie war als Mutter, Grafikdesignerin und in Mannheimer Künstlerkreisen engagiert. Auf einen Schlag war ihr ruhiges Leben vorbei. Flugblätter tauchten auf, die Sabine Rasch auf Demonstrationen der NPD und der "Freien Kameradschaften" zeigten. Zahlreiche Zeitungen, Online-Medien und Radiosendungen berichteten über ihr Doppelleben – über Hakenkreuzfahnen, die sie mit ihren Kindern bastelt, über Schulungsveranstaltungen, die sie in rechten Kreisen durchführt, über holocaustleugnende Reden, die sie in Internetforen schwingt. Die Polizei begann, gegen Sabine Rasch zu ermitteln.
Neben den zahlreichen Medien, wurden auch politische Gruppen in Mannheim aktiv. Insbesondere die Grünen und der AK Antifa Mannheim klärten über Strategien der Rechten auf, sich über bürgerschaftliches Engagement in der Gesellschaft zu verankern und verdeckt ihre braune Propaganda zu verbreiten. Der AK Antifa Mannheim schrieb einen Offenen Brief an den Gesamtelternbeirat und stieß damit eine Diskussion in Schulen und Elternbeiräten an. Dieser Brief, veröffentlicht auf akantifa-mannheim.de, ist nun Anlass für eine Abmahnung, die Sabine Rasch durch ihren Anwalt verschicken lässt.

"Ihr müßt sie lieb und nett behandeln, erschreckt sie nicht – sie sind so zart!" ("Rosen auf den Weg gestreut", Kurt Tucholsky, 1931)

Wie gehen wir mit Nazis um, wenn wir uns als Antifaschist_innen begreifen? Schreiben wir über "Sabine R." und lassen ihr damit einen Teil der Anonymität, mit deren Hilfe sie seit Jahren rassistische und antisemitsche Propaganda verbreitet? Oder schreiben wir über "Sabine Rasch" und nennen das Problem beim Namen? Wir behaupten, dass konsequenter Antifaschismus konkret sein muss, und sich nicht in Präventionsprogrammen erschöpfen darf, bei denen Bilder von rechten Skinheads aus den 90er Jahren gezeigt werden. Wenn wir gegen Nazis aktiv sein wollen, müssen wir deren Akteure in die Öffentlichkeit zerren, die Nachbarschaft aufklären, die rechten Strategien entlarven, genehmigte Naziaufmärsche blockieren und vieles mehr tun, um die braunen Aktivitäten zum Misserfolg werden zu lassen. Kampf dem Faschismus, auf allen Ebenen, mit allen Mitteln!


Wer ohne Widerspruch mit Nazis zusammenarbeitet und dadurch sein Geld verdient, macht sich zum Teil des Problems

Rechtanwalt Kuhr verteidigt Sabine Rasch. Nach kurzer Recherche sollte eine Einschätzung zur Person Sabine Rasch möglich sein. Der Verdacht, sie könnte Opfer eine Verleumdungskampagne durch unwahre Aussagen sein, ist nach 5 Minuten Internetsurfen ausgeräumt – eindeutige Fotos bei rechten Aufmärschen, Zitate, Nachweise und logische Herleitungen sind bei zahlreichen seriösen Medien nachzulesen.

Vor kurzem wurde im Internet darüber diskutiert, in wie weit Personen, die mit Nazis zusammenarbeiten, Teil des Problems sind. Anlass waren Flugblätter, die über die Zusammenarbeit der Anwältin Alexandra Rittershaus mit dem Holocaustleugner Ernst Zündel aufklärten. Die Verfasser_innen des Flugblattes erklärten: "Unser Fokus richtet sich auch auf die Personen in der zweiten Reihe von NPD und Kameradschaften, auf die MitmacherInnen, MitläuferInnen, auf die heimlichen SympatisantInnen und auf die GeschäftspartnerInnen, AkzeptiererInnen, HelferInnen und – freiwilligen wie unfreiwilligen – UnterstützerInnen der Nazis. Denn erst sie sorgen dafür, dass sich die rechte Szene gesellschaftlich entfalten kann. Und sie waren es, die der NSDAP 1933 zum Sieg verholfen haben – der Rest ist bekannt."

Im letzten Jahr standen Antifaschist_innen mit der Kampagne Ladenschluss vor dem Problem, dass Nazis in Ludwigshafen ein Ladengeschäft anmieten konnten. Der Vermieter wollte nur Geld verdienen und sympatisierte nicht mit den Nazis. Erst öffentlicher Druck, Farbe auf der Hauswand, viel Überzeugungsarbeit und Aufklärung brachten den gewünschten Erfolg – die Nazis mussten gehen.

Kein Anwalt ist dazu verpflichtet, Nazis in zivilrechtlichen Fragen zu vertreten. Viele Anwälte lehnen aus guten Gründen eine Zusammenarbeit mit Nazis ab – auch um sich im Selbstverständnis der eigenen Kanzlei von Intoleranz, Rassismus und sonstigen menschenverachtenden Ideologien abzugrenzen.

Wir fordern Anwalt Martin Kuhr dazu auf, sich mit der nationalsozialistischen Ideologie von "Enibas" auseinanderzusetzen und seine neue Geschäftsbeziehung zu überdenken.


Wie geht es weiter mit "Enibas"?

Die große Öffentlichkeitskampagne gegen die Käfertaler Nationalsozialistin, die unter dem Pseudonym "Enibas" im Internet aktiv war, zeigte schnell Erfolge. "Enibas" gab auf, löschte ihre Daten aus dem Internet und bestritt öffentlich, etwas mit der rechten Szene zu tun zu haben. Eine stolze deutsche Nationalsozialistin sieht anders aus. Jetzt geht es um Schadensbegrenzung. Die Flugblätter wurden verteilt und gelesen, die Medienberichte stehen zum großen Teil noch immer online und die Diskussionen laufen auf vielen Ebenen, in Käfertal, in der Mannheimer Künstlerszene, in den Schulen und unter Antifaschist_innen. Das Versenden von Abmahnungen durch einen IT-Anwalt, ist ein kläglicher Schritt der "Übermutter Enibas" in der Hoffnung, ihr kleinbürgliches ruhiges Leben wieder zurück zu bekommen. Der Schafspelz ist weg. Das heimliche agieren einer Nationalsozialistin in der Mitte der Gesellschaft ist aufgeflogen.

"Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel." (Schwur der Häfltinge des KZ Buchenwald, 1945)


Die Frage für uns als AK Antifa Mannheim stellt sich nun im Umgang mit der Abmahnung. Immerhin wollen wir den Nazismus mit seinen Wurzeln vernichten. Wir stellen zuerst (wieder einmal) fest, dass der deutsche Staat auch heute zahlreiche Gesetzte zum Schutz der Nazis parat hält. Wir wollen nicht vor der deutschen Justiz einbrechen, müssen uns jedoch realistisch mit den Rahmenbedingungen auseinander setzen. Unsere Grundhaltung bleibt: "Nazis müssen als Nazis beim Namen genannt werden".

Dem Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit stehen die herrschenden Verhältnisse entgegen. Diese Erfahrungen haben wir und andere schon oft gemacht. In vielen Gerichtsverfahren wurde darüber verhandelt, welcher Nazi in welchen Situationen öffentlich als Nazi bezeichnet werden darf. Es gab unterschiedliche Urteile, manche waren aus antifaschistischer Sicht enttäuschend, manche erfolgreich. Nicht zuletzt hängt dies auch von Richtern und dem gesellschaftlichen Klima ab, ob Nazis als Problem verschwiegen oder beim Namen genannt werden.

Die Frage ist, wie Sabine Rasch einem Prozess entgegen sehen würde. Einem Prozess, beim dem das mediale und antifaschistische Interesse groß ist und bei dem unangenehme Fragen gestellt werden. Und zuletzt steht noch ein Ermittlungverfahren im Raum, bei dem es um Volksverhetzung und Leugnung des Holocaust durch die Internetaktivistin "Enibas" geht.

AK Antifa Mannheim, am 21. Juli 2010

AK Antifa Mannheim
Postfach 121965
68070 Mannheim
E-Mail: akantifa@juz-mannheim.de
Web: www.akantifa-mannheim.de

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... schon 'ne ganze weile her - nichts desto trotz aktuell -, aber damals ist das wohl irgendwie an mir vorbeigegangen. Allerdings kann ich nur eines sagen: Verdammt, wirklich verdammt gute Arbeit und keinen Zoll vor staatlicher Repression zurückweichen.