Freiburger Gleisbesetzer: Bahn will Schadenersatz

Erstveröffentlicht: 
11.06.2010

Drei Stunden lang haben am Mittwoch Demonstranten das wichtigste Gleis im Freiburger Hauptbahnhof besetzt. Nicht nur, dass sie sich damit in Lebensgefahr brachten – jetzt will die Deutsche Bahn Schadenersatz fordern.

 

"Das war kein Spiel. Das hätte tragisch enden können", kommentierte Polizeisprecher Karl-Heinz Schmid am Donnerstag die eskalierte Bildungsdemo des Vortages. In wenigen Minuten hatte die Bahn umdisponieren und Züge umleiten müssen. 200 Personen hatten die Gleise im Hauptbahnhof besetzt. Gegen 160 werde Strafanzeige gestellt und wegen des Verdachts der Nötigung ermittelt, sagt Oberstaatsanwalt Wolfgang Maier. Dazu kommt die Schadenersatzforderrung der Bahn – den Besetzern droht also gleich mehrfach Ungemach.

 

Von der Sitzblockade, die eine dreistündige Sperrung der Gleise 1 und 2 mit sich brachte, waren Tausende von Reisenden betroffen. Viele waren länger als geplant unterwegs. "Das war ein massiver Eingriff in den Zugverkehr", so ein Bahnsprecher. 44 Züge hatten Verspätung, 16 Fernzüge mussten, aus Süden und Norden kommend, außerplanmäßig in Denzlingen und Bad Krozingen halten, die Fahrgäste wurden mit dem Bus nach Freiburg gebracht. Auch der Nahverkehr war stark betroffen. "Die Schadenssumme ist insgesamt erheblich", sagte der DB-Sprecher.

 

"Begrenzte Regelüberschreitung des zivilen Ungehorsams"


Während sich die Studierendenvertretung U-Asta der Uni am Donnerstag nicht zu den Ereignissen äußern wollte, begrüßte der unabhängige Studierendenausschuss (Usta) der Pädagogischen Hochschule die Aktion als "begrenzte Regelüberschreitung des zivilen Ungehorsams". Der Usta sprach den Gleisblockierern die "uneingeschränkte Solidarität" aus und forderte die Behörden auf, auf eine Strafverfolgung zu verzichten. Gleichwohl betonte ein Usta-Mitglied, dass das Bildungsstreikteam eine solche Aktion nicht selbst organisieren würde.

Auch die Ansprechpartnerin der Demonstranten für die Polizei, ein Mitglied des Usta, wurde von der Blockade überrascht. Von wem unter den ursprünglich 1500 Demonstranten die Initiative zu der Aktion ausging, konnte die Polizei gestern nicht sagen. Gleichwohl hat sie beobachtet, dass unter den Protestierenden nicht nur Studenten und Schüler, sondern auch der Polizei bekannte Mitglieder der linksalternativen Szene waren. Die Demonstration war bei der Stadtverwaltung erst am Tag des Protestzugs und somit formal zu spät angemeldet worden. "Die Demonstration hatte einen friedlichen, harmlosen Charakter. Nichts ließ darauf schließen, dass so etwas passieren würde", so Polizeisprecher Schmid.

Gegen drei Männer wird wegen Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt. Die Polizei musste die Instrumente einer Trommelgruppe beschlagnahmen, da keine Kommunikation mit den Gleisbesetzern möglich war. "Wenn der Einsatzleiter einen Warnhinweis hätte geben müssen, wäre er nicht durchgekommen", sagte Schmid. Er hob hervor, dass von den Demonstranten, die erkennbar unter 14 Jahre alt war, keine Personalien festgestellt wurden. "Sie wurden gebeten, sich vom Bahnhof zu entfernen." Der Arbeitskreis kritischer Juristen (AKJ) monierte, dass die Polizei unterschiedslos von 160 Demonstranten die Personalien erhoben hat.

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Zu der Trommelgruppe__

Die Instrumente wurden erst auf dem Rückweg und fernab des geschehens beschlagnahmt. Das Gleis war da schon einige Zeit freiwillig verlassen worden.
Während der Blockade des Gleises wurde die Gruppe nie zu einem Spielstopp aufgefordert. Sie konnte sogar ungehindert auf Gleis 2 neben Bundespolizei, Bahnsicherheit und Zivilpolizei spielen.

 

Überhaupt stellt sich die Frage ob ein freiwilliges Verlassen - insofern eine begrenzte Besetzung / Störung öffentlichen Raumes nicht durch das Demonstrationsrecht abgesichert ist.

Die Demonstranten verliessen freiw. das Gleis, sie haben wohl im Vorfeld angekündigt auf das Gleis zu gehen. Ein gefährlicher Eingriff in den Schienenverkehr lässt sich nur sehr schwer konstruieren (da er vor allem "gefährlich" sein muss)

Vor Jahren sind Einzelhandel und Speditionen schon gescheitert als um die Abwägung von dem Grundrecht auf Demonstration und einem wirtschaftlichen Schaden den eine (Straßen)Blockade anrichten würde. Ähnlich dürfte sich das heute verhalten, zumal der Bahnverkehr ja nur gestört - und mit fast Bahnnormaler Verspätungszeit vonstatten ging.

 

Blockaden, Kurzfristig - temporal - überall sind immer möglich. Und nicht wirklich etwas wonach ein Hahn krähen sollte,

die Massenhafte ID Erfassung und eine vorauseilende Ermittlungswut - der Polizei ... eine quasi Bestrafung durch die Polizei  sollten einem Angst machen. Die dafür kein Mandat hat -> Gewaltenteilung, diese Mittel sind geeignet um  einem Menschen im Vorfeld einer Demo "einzuschüchtern". Und damit rüttelt die Polizei massiv an dem Grundgesetz - für ihr Verständnis von Recht und Ordnung.