Die europäischen Linken pflegen eine Hassliebe zu Europa. Wer die EU als »neoliberales Projekt« ablehnt, bezieht sich wie die Rechtspop-ulisten auf das »Volk«. Linke, die Europa »retten« wollen, sind eine Verwaltungsinstanz des Kapitalismus.
Als der »Westen« auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise in den Abgrund blickte, fragte das Bürgertum etwas kokett, ob Karl Marx der Menschheit nicht doch etwas mitzuteilen habe. Den europäischen Mainstream-Linken aber war der Schreck derart in die Glieder gefahren, dass sie den Kapitalismus noch mehr retten wollten als ehedem – mit Investitionshilfen, MarshallPlänen und viel Nachfrage. Heute schwimmen sie im Zeitgeist, der den Kapitalismus als gottgegeben hinnimmt, und schlagen auf Popanze ein. Oskar Lafontaine und Yanis Varoufakis rufen zum »zivilen Ungehorsam« gegen den Euro auf. Gegen eine Währung, nicht gegen den Kapitalismus! Die spanische Linke entfernt israelische Waren aus den Regalen. Ganz oben steht der Kampf gegen die »Brüsseler Fremdherrschaft«. Die Europalinke will, genauso wie die Rechtspopulisten, »endlich die Macht von Kommission und Räten brechen« und den Einfluss der Nationen »drastisch erweitern«, stand im Parteiprogramm zur Europawahl 2014. Auch das Proletariat kommt nicht zu kurz: »Wir brauchen gute Arbeit, gute Löhne, gute Renten.« Mein Junge soll mal was Richtiges lernen. Hat Günther Oettinger (CDU), der wegen anhaltender Erfolglosigkeit in Baden-Württemberg zur EU-Kommission strafversetzt wurde, unbemerkt die Macht ergriffen?
Vaterland versus Brüsseler »Fremdherrschaft«
Der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis ist ein Meister im Kampf gegen imaginäre Feinde. Seine Bewegung »DiEM25« diagnostiziert in ihrem Manifest eine »Verschwörung« von Beamten und Politikern: »Stolze Völker werden gegeneinander aufgestachelt« und daran gehindert, eine »demokratische Kontrolle über ihre Währung« auszuüben. Wir sind das Volk! Ein ganz stolzes und aufgestacheltes. Schluss soll sein mit der »Unterwerfung unter Brüssels demokratiefreie Zone«. Der »Brüsseler Bürokratie«, diesem Feind der »Völker«, den es zu besiegen gilt, jage »nur eines wirklich Angst ein: die Demokratie!« Also das, was wir haben. Und um ihren Hals zu retten, »mystifizieren, usurpieren und manipulieren« die Oettingers Gott und die Welt in »geheimniskrämerischen Einrichtungen«. Freimaurer? Das linke Manifest erinnert an die faschistische Propaganda vom Lebenskampf der Völker gegen fiktive Feinde: Weise von Zion, Freimaurer, Finanzen, Brüssel, Israel, Euro, Zinsen. Die EU ist nichts Geheimnisvolles, sondern das Bündnis von souveränen Nationen zur Förderung des freien Handels und Steigerung der Produktivität. In der EU befinden der Kapitalismus (strukturell) und demokratisch gewählte Regierungen (politisch) darüber, wo es langgeht. Ungarn richtet Straflager für Flüchtlinge ein, ohne »Brüssel« zu fragen, Angela Merkel korrigiert mit einem Anruf die Brüsseler Abgasnorm, die Briten kehren Brüssel den Rücken.
Für Linke im Europaparlament sind die Ungleichgewichte in Europa »in hohem Maße Ergebnis der neoliberalen EU-Politik«. Das ist falsch.
Für Linke im Europaparlament sind die Ungleichgewichte in Europa »in hohem Maße Ergebnis der neoliberalen EU-Politik«. Das ist falsch. Die Disparitäten werden vom Kapitalismus geschaffen, der Kapital in profitable Zonen schaufelt und unrentable entleert. Diese Dynamik selektiert die Welt in Sieger und Verlierer, Gläubiger und Schuldner, ob mit Keynesianismus oder Neoliberalismus, ob in Brüssel oder in Palermo, ob mit Euro oder Drachme. Dass Gläubiger ihre Forderungen eintreiben und dabei Schuldnerstaaten die Souveränität beschneiden, hat ebenfalls nichts mit »Brüssel« zu tun. Im Mittelalter säße Alexis Tsipras im Schuldturm, später hätte die Mafia ihm den Kopf seines Lieblingspferdes geschickt. Für Lafontaine und Varoufakis sorgt der »Euro«, dieses »Werkzeug politischer und ökonomischer Dominanz einer kleinen europäischen Elite«, für Ungleichgewichte (vgl. das Papier: »Ein Plan B für Europa«). Auch das ist falsch. Der Euro beruht auf einem Wunsch europäischer Staaten, die der deutschen Wettbewerbskraft in D-Mark-Zeiten unterlegen waren. Frankreichs Präsident François Mitterand wollte das übermächtige Deutschland, dessen nationale Währung sein Berater Jacques Attali als »deutsche Atombombe« titulierte, durch den Euro und eine Europäische Zentralbank, in der alle Länder mit einer Stimme entscheiden, eindämmen. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die häufigen Abwertungen von Franc, Lira, Drachme und Peso weder deutsche Exporte belastet noch die Exporte der anderen angekurbelt haben. Die »Südländer« hatten auch mit Hauswährungen keine Chance gegen die westdeutsche Wirtschaftskraft, die auf Fleiß und Genügsamkeit des deutschen Proletariats beruhte. Abwertungen können Wettbewerbsvorteile durch Arbeitsdisziplin, Lohnstückkosten, moderne Industrien und Infrastrukturen, Anbindung an Märkte und Fertigungsketten nicht wettmachen. Zudem steigen mit jeder Abwertung die Importpreise und die Schulden. Die Drachme würde die griechische Bevölkerung ins Elend stürzen, weil das Land sich die in Euro zu zahlenden Importe (Energie, Medizin, Nahrungsmittel, Maschinen, Fahrzeuge etc.) nicht mehr leisten könnte. Da der Staat die Armee und die Polizei mit wertlosem Geld bezahlen müsste, wäre die Einführung der Drachme potentiell ein Putschprogramm. Stehen Volk und Nation erst einmal im Zentrum der Politik, ist die Querfront nicht weit. Alexis Tsipras, der eine »neue patriotische Allianz« anstrebt, und sein rechtsradikaler Partner Panos Kammenos, der vom »nationalen Erwachen« im Kampf gegen »Multikulturalismus« und »homosexuelle Partnerschaften« spricht und behauptet, Juden würden keine Steuern zahlen, bilden die erste und von Linken umjubelte Querfront auf Regierungsebene. Auch Podemos-Generalsekretär Pablo Iglesias will das »spanische Vaterland neu gestalten«. In einer Wahlkampfrede vor den Parlamentswahlen im vergangenen Juni fiel zehn Mal das Wort »Vaterland«, notierte eine Anwesende. Wer den Kapitalismus nicht beseitigt, sondern ihn nur regierend verwaltet, ist Gefangener der Kapitalmacht und der nationalen Traditionen. In Krisen wächst oft die Sehnsucht nach dem vermeintlich schützenden Heimathafen, der das Siechtum dann mit protektionistischen Mitteln lindern soll. Die Nationalfraktion der deutschen Linkspartei entdeckte im Europaprogramm des Vorstands zu viel »Europäismus« und eine »Absage an den Nationalstaat«. Die Nation sei aber »im Bewusstsein der (…) Bevölkerung der Ort der Demokratie und der Volkssouveränität« und beschütze das Soziale. Das Vaterland hat das Soziale nie beschützt, sondern es auf einen Teller Erbsensuppe mit dem Führer reduziert.
Finanzkapital und Antisemitismus
Die europäische Linke will die Nationen nicht nur von »Brüssel«, sondern auch »von der Allmacht der Banken- und Finanzwelt« befreien. Die auf Banken und Boni reduzierte Wirtschaftskrise hat die propagandistische Trennung des Kapitalismus in einen guten schaffenden und einen bösen raffenden erneuert. Die Reduktion der Kritik auf die Finanzen adelt die Sektoren, in denen Menschen für die Mehrwertproduktion ausgebeutet, entfremdet, verdinglicht und um den Verstand gebracht werden, und schiebt alles Ungemach auf antisemitisch konnotierte Krisenbegriffe: Banken, Börsen, Zinsen. Fast perfekt zelebrierte die Blockupy-Linke die Symbiose von Finanzen und Juden. Hauptrednerinnen vor der Europäische Zentralbank (EZB), dem Monument der Finanzen, waren 2015 die »Israelkritikerin« Naomi Klein, eine der Sprecherinnen der BDS-Kampagne, und Sahra Wagenknecht, die den Kapitalismus nur von der Spekulation befreien und Flüchtlinge stoppen will. Der Globalisierungskritiker Oliver Nachtwey lobte Blockupy in einem Fernseh-Interview: »Wer eine Kritik an den Finanzmärkten hat, muss nicht gleichzeitig gegen Abschiebungen sein. Und so wird das Ganze komplexer.« Das Ganze wird so reaktionär.
Die Reduktion der Kritik auf die Finanzen (...) schiebt alles Ungemach auf antisemitisch konnotierte Krisenbegriffe: Banken, Börsen, Zinsen.
Im Europaparlament quittierte im Juli vergangenen Jahres die Linke mit stehenden Ovationen die Rede des Palästinenserführers Mahmoud Abbas, in der er Schauermärchen verbreitete über Juden, die Wasser vergiften wollten, »um Palästinenser zu töten«. Die Brunnenvergiftung aus dem Mittelalter kommt bei Linken noch immer gut an. In Spanien begrüßten Podemos und die kommunistische »IU« das Auftrittsverbot des Rappers Matisyahu. BDS-Kader hatten es erwirkt, weil er »Israel repräsentiert«. In spanischen Gemeinden kämpft die Linke für die Entfernung israelischer Waren aus Kaufhäusern. Das ist dem Eurolinken Fabio De Masi nicht genug. Er initiierte zusammen mit der schottischen Nationalpartei einen Aufruf an die Fifa, sie möge jüdische Fußballteams aus Siedlungsgebieten vom Spielbetrieb aussperren. De Masi: »Wir verhandeln auf dem Platz auch nicht darüber, ob eine Blutgrätsche eine rote Karte ist … « Die jüdische Blutgrätsche – eine seltene Metapher. Jede Nähe zum jüdischen Staat wird geahndet. Als Klaus Lederer (Berliner Linkspartei) 2009 an der Kundgebung: »Solidarität mit Israel – Stoppt den Terror der Hamas!« teilgenommen hatte, entzogen Elmar Altvater, Hans Modrow und Wagenknecht ihm die Friedenslizenz. Er habe zur »Rechtfertigung der brutalen israelischen Aggression« beigetragen. Nichts belegt die Enteignung des linken Gewissens so innig wie der Angriff auf die einzige Demokratie von Marokko bis zum Iran und die Solidarität mit islamisch-patriarchalen Diktaturen im Westjordanland und in Gaza, deren Klassengesellschaft, Männergewalt, Antisemitismus, Gräueltaten, Kinderausbeutung, Zwangsehen, Ermordung von Schwulen bewusst ignoriert werden, um den Antisemitismus nicht zu schwächen. In der Türkei soll Demokratie sein, wenn es gegen Juden geht, hat man keinen Einwand gegen die Sharia-Knechtschaft. Eine linke Solidarität würde sich an die Seite der geknechteten Frauen und Mädchen, der zu Bomben verdinglichten Kinder, der Schwulen und der 30 000 Palästinenserinnen und Palästinenser stellen, die im Siedlungsgebiet in israelischen Firmen arbeiten. Die Zeitung al-Hajat al-Jadida der Autonomiebehörde berichtete 2014, dass diese Arbeit nicht nur wegen besserer Bezahlung und sozialen Absicherung begehrt sei, sondern wegen des »guten Umgangs israelischer Arbeitgeber mit der palästinensischen Belegschaft«. Die Europalinke, die palästinensische Facharbeiter und Ingenieure wieder zu den Olivenbäumen treiben will, untergräbt zur Besänftigung ihres antisemitischen Wahns die gemeinsame Moderne von Palästinensern und Juden. Weit vor Beginn der Krise implizierte das linke Gejammer über die Globalisierung, die die Nationalstaaten angeblich in einflusslose Gebilde verwandle, eine Hinwendung zur Nation, und die These, dass mit dem Neoliberalismus das Böse auf die Welt gekommen sei, einen guten Kapitalismus. Noch älter ist die Nähe zur Sharia. Die vaterländische Linke erträgt nur schwer den Gedanken, dass ihre Vorfahren Bluthunde waren. Folglich suchen sie in Israel jeden Tag unter jedem Stein eine jüdische Mitschuld. Dieses Anliegen trifft sich mit der traditionellen Verherrlichung der »Völker der Dritten Welt«, bei denen man geflissentlich über innere Herrschaftsverhältnisse hinwegsah.
Linke Realität und Möglichkeit
An der EU wäre zu kritisieren, was am Kapitalismus zu kritisieren ist, dazu die deutsche Vormacht und die mörderischen Außengrenzen. Ihre Vorteile entspringen dem Nachteil des Nationalen. Für einen paneuropäischen Faschismus fehlt es an der Identifikation, offene Binnengrenzen haben Vorteile für Europäer und Flüchtlinge und der Staatenbund enthält Elemente zur Überwindung der nationalen Engstirnigkeit. Rosa Luxemburg kritisierte den Gedanken an die »Vereinigten Staaten von Europa« schon 1911. Sie seien nur der Zusammenschluss von »kapitalistischen Gesellschaften« gegen die Konkurrenten USA und die »gelbe Gefahr« und liefen auf einen »kolonialpatriotischen Rassenkampf« hinaus. Linke lehnten den Pangermanismus, Panslawismus und Panamerikanismus ab, »ebenso haben wir mit der Idee des Paneuropäertums nicht das Geringste zu schaffen«.
An der EU wäre zu kritisieren, was am Kapitalismus zu kritisieren ist, dazu die deutsche Vormacht und die mörderischen Außengrenzen.
Die Verbindung der Kritik am Paneuropäertum, dem völkisch definierten Abendland à la Sarrazin, mit der am »Pangermanismus«, am Kapitalismus und an der Bildung eines imperialistischen Machtblocks, kann auch heute durchgehen. In der neuen Epoche, in der die USA (»America First«) auf den offenen Imperialismus der Nationen ohne Rücksicht auf alte Bündnisse zusteuern, wird der Gedanke an ein europäisches Imperium aus antiamerikanischer Absicht wieder an Boden gewinnen. Bisher sind die Versuche an Nationalbürgern, die von ihrer »großen« Geschichte nicht lassen wollen, am drohenden Aufschwung von Faschisten und Rechtspopulisten, an Globalisierungskritikern, denen der Kosmopolitismus suspekt ist, und am linken Nationalismus gescheitert. Die Erwartung, dass die europäische Kleinstaaterei ein billiges Opfer der mächtigeren Weltkonkurrenten werde, könnte den Aufschwung der nationalistischen Links- und Rechtspopulisten aufhalten, dann aber zugunsten imperialen Größenwahns. Ein Grundproblem der Linken ist die Langeweile, die sie in Staatsämtern verströmt. Statt für einen emanzipierten und solidarischen Kommunismus mit anarchistischen Einsprengseln zu schwärmen, für Gesellschaften ohne Eigentum an Produktionsmitteln, Herrschaft, Grenzen und Betriebsdiktaturen, in die Millionen Tag für Tag hineingetrieben werden, in denen niemand wegen des Geschlechts, Geldes, der Herkunft bevorzugt wird, jeder und jede der Autonomie ungehindert entgegenstreben darf, ohne Angst vor dem Verlust der materiellen Existenz, in denen Menschen aufatmen, einen behutsamen Umgang untereinander und mit der übrigen Natur pflegen und kompensatorische Zwänge hinter sich lassen, konkurriert die Linke als Verwaltungsinstanz des Kapitalismus um den besseren Beamten und sorgt mit der Hinwendung zu Volk und Vaterland dafür, dass der angeschlagene Humanismus weiter unter die Räder kommt.
Lohnt sich nicht zu lesen
spätestens beim Titel "Finanzkapital und Antisemitismus" wird klar, aus welcher Feder der Artikel stammt. Schade eigentlich, das Thema wäre sehr interessant.
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linke welche ein problem damit haben die thorie des schaffenden und des raffenden (hitler at its best) zu kritisieren, bzw. aufzuzeigen das es schlicht falsch ist, haben wirklich ein problem mit antisemitismus bzw. scheinen dafür offen zu sein, nur radikaler antikapitalismus schüzt in diesem fall vor antisemitismus oder vor der falle in diesen zu geraten!
sehr guter artikel, eine kritik von links an der mainstream linken ist das was immer wieder braucht und, um rudi dutschke zu zitieren, die radikalste kritik beginnt bei einem selbst, dass sollten linke nie vergessen!
Fake Theory
Ich will die Linkspartei eigentlich nicht verteidigen, gleich am Anfang findet sich ein falsches Zitat, das bewusst in die Irre führen will und damit eigentlich den ganzen Text obsolet macht. Obendrein ist es falsch zugeordnet. Es heißt:
Die Europalinke will, genauso wie die Rechtspopulisten, »endlich die Macht von Kommission und Räten brechen« und den Einfluss der Nationen »drastisch erweitern«, stand im Parteiprogramm zur Europawahl 2014.
Beide Formulierungen finden sich im Wahlprogramm der deutschen Linkspartei zur Wahl des Europäischen Parlaments, nicht im Programm der "Europäischen Linken". Aber das ist nur eine Nebensache. Tatsächlich findet sich die Formulierung "Endlich die Macht von Kommission und Räten brechen", sogar als Überschrift und für sich genommen, ist daran ja nichts zu kritisieren. Was aber im Programm "drastisch erweitert" werden soll, sind
"die Einflussmöglichkeiten des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente müssen drastisch erweitert werden"
das ist etwas ganz anderes, als
den Einfluss der Nationen »drastisch erweitern«
es stellt nicht die Nation gegen die EU, sondern die gewählten Parlamente auch auf EU-Ebene gegen die noch deutlich unmittelbarer für Kapitalinteressen offene Regierungen und die Institutionen Kommission und Rat.
Das ist natürlich trotzdem reformistisch und zu kritisieren, aber eben etwas ganz anderes, als suggeriert, und damit fehlt auch jede plausible Grundlage für die Zwischenüberschrift "Vaterland versus Brüsseler »Fremdherrschaft«".
Auch das mit erhobenem Zeigefinger vorgetragene "Auch das ist falsch" hinsichtlich des Euro als "Werkzeug politischer und ökonomischer Dominanz einer kleinen europäischen Elite" ist falsch. Die anschließende Argumentation geht urplötzlich implizit davon aus, dass es eben doch böse und gute Staaten gäbe und in letzteren die Regierungen im Sinne ihrer Wirtschaft und damit zugleich Bevölkerung agieren würden. Was für ein Blödsinn! Die Währungspolitik, die obendrein grob verzerrt dargestellt ist, versuchte die Exportchancen der jeweiligen Ökonomien angesichts existierender und erkämpfter sozialer und arbeitsrechtlicher Bedingungen im Sinne des Kapitals zu Optimieren. Der Euro nimmt diese Möglichkeit und setzt die nationalen Ökonomien dadurch einer verschärften Konkurrenz hinsichtlich dem Abbau von sozial- und arbeitsrechtlichen Standards aus. Dies geschieht natürlich im Interesse der jeweiligen Regierungen. Und es ist ein Instrument neoliberaler Reformdynamik. Alles andere zu behaupten ist Quatsch. Angesichts der vielen Profiteuere auf Seiten des Kapitals von einer "kleinen politischen Elite" zu sprechen, ist vielmehr kritikwürdig.
Und noch eines zur vermeintlichen währungspolitischen Expertise des_der Autor_in: Zur Behauptung, "da der Staat die Armee und die Polizei mit wertlosem Geld bezahlen müsste, wäre die Einführung der Drachme potentiell ein Putschprogramm" wäre zu ergänzen, dass die Eurogruppe nach dem OXI gezielt die Liquidität des griechischen Staates gekappt und dafür gesorgt hat, dass die Geldautomaten nicht mehr liefen; insofern der Euro also vielmehr ein Putschprogramm darstellte.
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für mich zielt der artikel auf einen zentralen punkt hin, ist der kapitalismus reformistisch zu ändern und unter der "richtigen" regierung in einen sozialen Rahmen zu pressen oder nicht?
und genau hier bin ich, auf der seite von trampert, sozial geht nur in der endgültigen und radikalen überwindung des kapitalismus und der herrschenden verhältnisse!
die politische "linke" "elite" (welche längst teil der herrschenden ist) macht den "fehler," (unterstellen wir mal keine böse absicht) dass sie einen "sozialen" kapitalismus propagiert und nicht den radikalen bruch mit dem bestehenden, is ja alles nichts neues, doch der artikel zeigt die notwendigkeit ständiger kritik!