Grenoble: Ein Parteibüro der Republikaner verwüstet und eingefärbt

Parteibüro der Republikaner in Grenoble eingefärbt

Es vergeht keine Woche in Frankreich, in der nicht irgendwo ein Parteibüro besucht und die Scheiben eingeworfen oder die Inneneinrichtung demoliert wird. Während der Bewegung gegen das loi travail traf es vor allem Büros der regierenden "Sozialisten", es durfte aber auch mal eine Präsenz der Gewerkschaft CGT sein, nachdem deren Ordner in Paris mit Gewalt gegen andere Demonstranten vorgegangen waren. Ein Foto der farblichen Umgestaltung eines Büros der konservativen Partei Les Republicains schaffte es sogar auf spiegel online. Die schweizer Genoss*innen von "Aus dem Herzen der Festung" haben die Erklärung dazu ins Deutsche übertragen.

 

Liebe Republikaner

 

Nachdem ihr euer Lokal neu dekoriert vorfanden, hattet ihr sicherlich die Verwegenheit oder die Unanständigkeit, euch zu fragen, was diesen Akt wohl motiviert haben könnte. Falls es nicht genug klar sein sollte, dass Menschen ab eurer Politik und ab eueren Diskursen Ekel empfinden könnten, hoffen wir, mit diesen wenigen Worten ein bisschen Klarheit zu schaffen.

 

Tatsächlich handelt es sich in erster Linie um Ekel. Wir vergessen nicht, dass ihr Verfechter der Austeritätspolitik seid, einer Politik, die die Leute Pleite macht, die zum Selbstmord oder zur Depression drängt. Dass ihr auf der Strasse wart, in der „Demo für Alle“ (A.d.Ü.: Diese Massen-Demonstrationen waren Anfang 2013 eine Reaktion auf die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe), um eine zutiefst reaktionäre, moralische und katholische Ordnung zu verteidigen.

 

Dass ihr den Ausnahmezustand so wilkommen heisst, der euch die Möglichkeit bietet, euren rassistischen Mief zu verbreiten und der eine immer stärkere Sicherheitspoltik verteidigt (Notwehr der Polizisten, Schliessung der Grenzen, …). Dass eurer Moralismus gegenüber der Delinquenz uns zum Lachen bringt, wenn man die Anzahl der Beschuldigten bedenkt, die sich in euren Rängen aufhalten. Dass die Politik, die ihr verkörpert, der Tod der Diversität ist. Wir finden uns nicht, wie soviele andere, in eurem kolonisatorischem und kapitalistischem Schema des „Lebens“ wieder: eine weisse, heterosexuelle Famile und ihre Kinder, eine Existenz der Arbeit und vor allem eine Existenz, die den Mund hält und die etablierte Ordnung akzeptiert.

 

Wir lassen uns nicht von der Tatsache täuschen, dass sich eure Poltik nicht zu sehr von der anderer Parteien unterscheidet: wie sie, seid auch ihr die Wachposten einer Ordnung, in der das Geld die menschlichen Beziehungen regelt; wie sie, kontrolliert auch ihr den staatlichen Apparat, um eure kleinen dreckigen Mauschelein abzusichern.

Aber wieso seinen Dissens nicht im geregelten und traditionnelem Rahmen des ‚demokratischen‘ Spiels ausdrücken? Weil wir auf der Seite der Prekären, der Arbeitslosen, der Stimmlosen, der Ausgebeuteten, der Sans-Papiers sind und weil wir andere Formen der Aktion und der Organisation haben als ihr.

 

Die Sabotage und die materielle Zerstörung sind Mittel unter anderen, die wir jeden Tag anwenden, um zu überleben oder um uns dem Kräfteverhältnis entgegenzustellen, das ihr dem Alltag durch die Ökonomie, den Sexismus, den ‚enthemmten Rassismus‘ und durch eure Welt der Sicherheit und der Identität aufzwingt. Dort, wo ihr diese Tat auf einen puren Akt der Gewalt reduziert, sehen wir eine Geste der Emanzipation, eine Haltung, um unsere Wut auszudrücken und einen Teil der täglich erlebten Unterdrückung symbolisch zu schwächen. Denn: Im Gegenteil, die Gewalt, das ist eure Ordnung, eure Verachtung, eure Gleichgültigkeit.

 

Dort, wo ihr dazu aufruft, wählen zu gehen, um unsere Fähigkeiten zu handeln einmal mehr zu enteignen, antworten wir, dass wir uns verweigern, einen Teil unserer Freiheit zu delegieren, uns eurer Maskarade zu unterwerfen. Wir rufen vielmehr zu einer Umkehrung des Kräfteverhältnisses auf, um das Leiden unter dem momentanem Zustand zu beenden. Diese Nacht haben wir eine Partei getroffen, doch ist es der gesamte politische Apparat auf den abgezielt wurde. Wir rufen zu der Verfielfachung anderer Formen der Organisation und dieser Taten auf, damit die Angst die Seite wechselt.

 

Scheisse für jede Form der Regierung.


Keine Wahlen ohne Revolte.

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...hat B. Schmid einen ausführlichen Beitrag auf labournet veröffentlicht, mit der Justierung des Front National im Wahlkampf beschäftigt sich T. Pany auf telepolis.

Mit der "Erfolgsgeschichte" des FN, deren Chefin jüngst von Putin empfangen wurde, beschäftigt sich auch eine Studie der Stiftung für Wissenschaft und Politik, die vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde. Wie es dem FN gelingt, die "soziale Frage" zu instrumentalisieren, beschreibt Nikos Tzermias in der NZZ.

 

In Lille gibt es morgen eine Demo gegen den FN, Genoss*innen aus Toulouse haben eine blog zum Thema erstellt, auf dem auch kommende Aktionen angezeigt werden.

Netter Text. Danke für die Übersetzung und das stete Informieren!

Übersetzung ist nicht von mir, sondern von den schweizer Genoss*innen (s.o.)