Am Nachmittag des 10.05.2016 haben Freiraum-Aktivist*innen einen Teil eines Hauses in der Rathausgasse direkt gegenüber des alten Rathauses besetzt. Die Besetzung dauert nach wie vor an, Polizei hält sich bislang zurück.
Das Gebäude gehört der Signa Holding GmbH, diese entmietet systematisch seit einiger Zeit die von ihr erworbenen Häuser im Victoriaviertel. Der jetzt besetzte Teil steht bereits seit über drei Jahren leer und wird so, trotz Wohnungsnot in Bonn nicht genutzt. Die Aktivist*innen haben sich entschlossen, den Raum zu enteignen und versuchen nun ein libertäres Zentrum einzurichten.
In einer Erklärung der Inititative L!Z - Her mit den libertären Zentren wird dies so ausgedrückt: "Denn mensch kann reichen Leuten ihr Zeug auch einfach wegnehmen. Dies wollen wir hier exemplarisch an den Immobilien der SIGNA vorführen. Wenn sie ihr Einkaufszentrum nicht durchsetzen kann, lässt sie einfach die Wohnungen leerstehen, um die Bevölkerung dieser Stadt zu erpressen. Da wir das beschissene kleine Spiel, das sich private Eigentumsordnung nennt, allerdings nicht mitspielen, sind wir dort einfach eingezogen. Wenn reiche Leute eine*n mit ihrem Reichtum erpressen wollen, gibt es nur eine richtige Antwort: wilde Enteignungen. Wenn wir ein würdiges Leben für alle schaffen wollen, müssen wir die absurden Eigentumskonzentrationen unserer Zeit zerschlagen und in basisdemokratisch verwaltete Commons umwandeln."
Link zur Stellungnahme der Kampane: lizbonn.blogsport.de/2016/05/10/von-reichtum-und-macht/
Die Besetzung reiht sich ein in vielfältige Widerstandsformen gegen die Ökonomisierung des Stadtlebens, ein Bürger*innenbegehren hat bereits dazu geführt, dass die Schweine der Signa nicht noch ein unnötiges, riesiges Shoppingcenter in der Innenstadt bauen darf. Regelmässig gibt es Aktionen der Initiative Viva Victoria!, welche sich für den Erhalt des Victoriakarrees in seiner jetzigen Form einsetzt.
Wie geht es weiter mit der Besetzung?
Unseren Erkenntnissen nach haben die Immobilienschweine der Signa bereits Klage gegen die Besetzung eingelegt, die Cops halten sich aber bislang zurück und haben keine unnötige Eskalation herbei geführt. Wir denken, dass das auch so bleiben sollte, jede Räumung hat ihren Preis, also Finger weg!
Programm des Tages (Mittwoch 11.05.)
Unterstützer*innen sind jederzeit willkommen
ab 11:00 Uhr gibt es einen Mitmach-Brunch, die Aktivist*innen vor Ort freuen sich über Unterstützung und Essensspenden, selbstvertsändlich werden auch fleißige Mit*esserinnen gebraucht, damit es in der Sonne gemütlich wird.
Vorraussichtlich gibt es am Nachmittag eine KüfA (Küche für Alle), so dass zum Auftakt der Viva Victoria!-Demo alle gestärkt sind für eine kämpferische Demo.
Ab 18:00 Uhr beginnt der Auftakt der Demo, es wird zu einem antiautoritärem Block aufgerufen, kommt zahlreich und supportet den Kampf gegen Gentrifizierung und für Freiräume. Kundgebungsort: Rathausgasse/Stockentor.
Für aktuelle Informationen:
Twitter Hashtag: #keinschlafohne
Homepage: http://lizbonn.blogsport.de/
Die aktuellsten Informationen gibt es aber selbstverständlich immer vor Ort, also kommt vorbei!
Kein Tag ohne libertäres Zentrum! Wir bleiben alle!
Bullen
Die Bullen sind vor Ort und stressen rum! Bitte alle kommen jetzt. Gemeinsam und solidarisch eine Räumung verhindern!
Stellungnahme der Kampagne L!Z
Von Reichtum und Macht
Eine in letzter Zeit häufig gehörte Platitüde ist der Satz, die Schere zwischen Arm und Reich gehe immer weiter auf. Jedes Jahr wird ein Armutsbericht herausgegeben, jedes Jahr wird sich darüber aufgeregt wie so etwas in einem reichen Industrieland möglich sein soll und jedes Jahr werden diese Berichte genau so schnell wieder vergessen. Zumeist wird dann noch in irgendeinem neoliberalen Blättchen die Chancenungleichheit als das eigentlich zu beseitigende Übel angeprangert. Das ist natürlich Schwachsinn, was sich auch an der gegenwärtigen Farce um die Zukunft des Viktoriaviertels verdeutlichen lässt. Hier stehen die Interessen der Bewohner*innen gegen die Interessen eines transnationalen Immobilienkonzerns und es zeigt sich auf einmal recht deutlich, wie die Möglichkeiten der Mitbestimmung in unserer Gesellschaft verteilt sind. Das Problem ist dabei nicht die Ungleichheit der Chancen, das Problem ist die ökonomische Ungleichheit der Menschen. Das Wenige viel haben und Viele wenig, ist und bleibt Scheiße, selbst wenn die Chance dafür, zu den Wenigen zu gehören, gleich verteilt wäre. Aber zu glauben, dass dies jemals so sein könnte, ist von vorneherein lächerlich, denn Reichtum bedeutet Macht. Das zeigt sich gerade mal wieder in Bonn. Die SIGNA Holding will das Viktoriaviertel abreißen und dort ein Einkaufszentrum bauen. Ihr gehört aber bisher nur ein Teil der Gebäude und sie möchte die restlichen Gebäude dazu erwerben, um alles im Block abzureißen. Dagegen gab es ein Bürgerbegehren und diesem wurde im Stadtrat statt gegeben. Es sieht also so aus als könnte die SIGNA dort kein Einkaufszentrum bauen. Was tut sie also? Da ihr schon ein erheblicher Teil der Immobilien im Viktoriaviertel gehören, lässt sie die bestehenden Mietverträge einfach auslaufen, schmeißt die Mieter*innen raus und lässt die Häuser leerstehen. Scheiß doch eins auf Demokratie.
Aber was will mensch machen, es ist ja schließlich ihr Eigentum. Mit ihrem Eigentum kann sie machen was sie will, und dieser Anspruch wird im Zweifelsfall durch die Polizei geschützt. Und an die Gesetze der privaten Eigentumsordnung müssen wir uns ja alle halten, denn sonst würde ja Chaos herrschen. Dass die Leerstandspolitik der SIGNA bei der gegenwärtigen Wohnungslage in Bonn nichts anderes ist als Erpressung, soll dabei einfach schweigend hingenommen werden.
Oh wie schön ist Panama
Nebenbei bemerkt: René Benko der Gründer der SIGNA Holding ist wegen Korruption vorbestraft. Er hatte damals versucht den ehemaligen Premierminister von Kroatien zu schmieren, damit dieser Einfluss auf den Verlauf eines in Italien stattfindenden Verfahrens gegen ihn nehmen sollte. Die SIGNA muss sich aber auch sonst nicht an die Regeln halten, die für Normalsterbliche gelten. So vermeidet die SIGNA Steuerzahlungen, indem sie ihre Gewinne durch Luxemburg schleust. Welchen Vorteil die Stadtverwaltung sich davon erhoffte, dieser Firma die Möglichkeit zu geben ein weiteres Einkaufszentrum in der Stadt zu errichten, bleibt schleierhaft. Eine Erhöhung des kommunalen Steueraufkommens kann jedenfalls nicht der Grund gewesen sein, denn Steuern zahlt die SIGNA, wenn überhaupt, in Luxemburg. Erfahrungsgemäß lässt sich die Bonner Stadtverwaltung von Immobilieninvestoren gerne über den Tisch ziehen, so geschehen zum Beispiel am WCCB. Kann mensch also davon ausgehen, dass demnächst noch weiter bei Schwimmbädern und Kitas gespart werden muss, weil die Stadt Bonn lieber Menschen, die eh schon absurd viel besitzen, zusätzliche Geld- und Sachwerte in den Arsch bläst?
Wir sollten uns also nicht vertun: Wenn Wohnviertel und Schwimmbäder Einkaufszentren weichen müssen, dann ist das Klassenkampf von oben und ein Angriff auf das schöne Leben. Denn was in dieser Stadt fehlt, sind bezahlbare Wohnungen und Orte, an denen sich Menschen ohne Schranken begegnen dürfen. Ein Einkaufszentrum ist ein Ort an dem mensch nichts anderes als Konsument*in sein darf. Hier kann sie sich nur von der Werbung ihres selbstständigen Denkens berauben lassen, um scheiße zu kaufen, die sie nicht braucht, von Geld, das sie nicht hat. Der soziale Kampf, der hier statt findet, soll dabei durch das eine oder andere Feigenblatt verschleiert werden. So behauptete die SIGNA, sie habe vor neue Kitas zu errichten, was eine Lüge war, oder der OB der Stadt Bonn stellte in den Raum, dass vielleicht Geflüchtete übergangsweise in den leerstehenden Wohnungen wohnen könnten. Das von uns besetzte Objekt steht übrigens seit drei Jahren leer und kam in den Plänen zur Unterbringung von Geflüchteten nicht vor. Ein Schelm wer Böses dabei denkt.
Eine sehr vertrackte Situation also. Transnationale Konzerne drücken eine*n an die Wand und kommunale Institutionen scheinen ihnen dabei auch noch in die Hände zu spielen. Dabei bietet sich eine ganz einfache Möglichkeit tatsächliche Chancengleichheit zu schaffen und nebenbei was gegen die praktischen Konsequenzen von Armut zu tun. Denn mensch kann reichen Leuten ihr Zeug auch einfach wegnehmen. Dies wollen wir hier exemplarisch an den Immobilien der SIGNA vorführen. Wenn sie ihr Einkaufszentrum nicht durchsetzen kann, lässt sie einfach die Wohnungen leerstehen, um die Bevölkerung dieser Stadt zu erpressen. Da wir das beschissene kleine Spiel, das sich private Eigentumsordnung nennt, allerdings nicht mitspielen, sind wir dort einfach eingezogen. Wenn reiche Leute eine*n mit ihrem Reichtum erpressen wollen, gibt es nur eine richtige Antwort: wilde Enteignungen. Wenn wir ein würdiges Leben für alle schaffen wollen, müssen wir die absurden Eigentumskonzentrationen unserer Zeit zerschlagen und in basisdemokratisch verwaltete Commons umwandeln. Nur so können wir wirklich demokratische Verhältnisse schaffen, in denen nicht mehr Wenige den Rest mit ihrem Eigentum erpressen können.
Lasst uns heute damit anfangen.
Eine Meldung aus dem besetzten Haus heraus
Uns hier im Haus gehts gut, es mangelt an nichts.
Strom und Wasser sind vorhanden, Freifunk regelt die Baustelle "Internet" und wir leben ein bisschen wie im Luxushotel: Wir rufen und warmes Essen, frische Kleidung, kalte Getränke usw kommen. Die Dusche ist voll funktinsfähig und wird problemlos warm.
Damit wir die Zeit hier oben auch sinnvoll nutzen können haben uns die Genoss*innen von unten dankenswerter Weise den Abwasch hochgereicht. Vielen, vielen Dank. Wir würden jederzeit das gleiche für euch tun.
Funkkontakt zu Genoss*innen steht, die Cops stressen nicht rum, unsere Forderungen an die Signa sind gestellt. Schade ist lediglich, dass niemand außer uns hier reinkommt.
Für Bildungslektüre ist gesorgt, "Warhammer 40.000. Geisterkrieger." von Dan Abnett regt zu neuen Gedanken und Aktionsformen an. Ansonsten wird fröhlich Karten und Siedler gespielt.
Wir melden uns später wieder :)
Ps: Wer das liest darf uns 1 kalte Mate bringen.
1 gutes life hier