Rechtsrock: Noch ein Blick nach Bautzen und darüber hinaus

Selbststeller 2012: Morris Rätze, Axel Thieme, Nico Haupt, Volker Herbst

Nachdem vor zwei Monaten die sehr offensiv auftretende Bautzner Neonazigruppe um "StreamBZ" näher beleuchtet wurde, möchten wir auf dezenter auftretende, aber international tätige Aktivist_innen der braunen Musikszene aufmerksam machen.


In Ostsachsen entstanden seit der Wende zahlreiche neonazistische Musikprojekte. Einige blieben bedeutungslos, andere zeichnen sich durch eine langjährige Kontinuität aus und bauten internationale Szeneverbindungen auf. In die letztgenannte Kategorie fällt auch "Donars Groll". Diese ostsächsische Naziband macht mittlerweile gemeinsame Sache mit "Selbststeller", einer der bedeutendsten sächsischen Rechtsrock-Bands.

Donars Groll: "We play white Noise"

Die Naziband "Donars Groll" besteht in wechselnder Besetzung seit 2004. Von der ursprünglichen Besetzung ist nur noch der Kopf der Band übrig, der Gitarrist, Sänger und Texter Morris Rätze, genannt "Miesl". Spätestens im Jahr 2008 stieg Teresa Truhel alias "Rese" als Bassistin ein. Zur Band gehörten zeitweise weiterhin u.a. der Liedermacher Mirko Szydlowski und der Colditzer Neonazi Daniel Israel.

In den Jahren 2007 bis 2010 spielte die Band zahlreiche Liveauftritte, beispielsweise mehrfach im "Skinhouse Menfis" in Neustadt/Orla, im April 2010 mit "Steelcapped Strength" und "Storm of Mind" im heimischen Ostsachsen oder im November 2010 zusammen mit "Natural Born Haters", "Sachsonia" und "Sleipnir" in Colditz. Konzerte im Ausland standen ebenso auf dem Programm, u.a. in Prag, sowie Auftritte auf dem schwedischen Nazi-Festival "Kuggnäsfestivalen" 2009 und auf dem "A.V.V. Fest" in Belgien 2009 und 2010.

In den gleichen Zeitraum fällt die Veröffentlichung ihrer drei CDs "Heidenlärm" (2006), "Gegen den Strom" (2008) und "Von Liebe, Hass und alten Riten" (2010). Inhaltlich liefern sie das, was man von "Vikingrock" erwartet: Völkisches Gejammere über das "heiliges Erbe unserer Ahnen", Endzeitglaube und nicht zuletzt Aufrufe zum Kampf gegen "reds", die "upper class" und vermeintliche Verräter, die angeblich das Land kontrollieren. Ihre Textzeile "Hear this voice! We play white noise" spielt auf den Refrain "Come on boys, hear the white noise" eines "Skrewdriver"-Lieds an und ist explizit rassistisch gemeint.

Seit 2011 firmiert "Donars Groll" unter dem Namen "The Granits". Bis 2012 veröffentlichte die Band zwei weitere eigene CDs und eine Split-EP mit "Selbststeller", gab aber kaum Livekonzerte. Unter beiden Namen fand die Band in den Jahren 2010 bis 2012 als "rechtsextremistische Musikgruppe" Erwähnung im sächsischen Verfassungsschutzbericht.

Selbststeller: "Der Hasszug rollt immer schneller"

In Riesa wurde 1994 die Rechtsrock-Band "Selbststeller" gegründet. Ebenso wie die Musikgruppen "Weiße Riesen" und "Bürgerwehr" entstammt sie der dem "Blood&Honour"-Netzwerk nahestehenden Kameradschaft "Boot Boys Riesa". Die "Boot Boys" – abgekürzt "BB" oder "22" – traten in den vergangenen Jahren auch mehrfach als Konzertveranstalter auf. Seit 2003 veröffentlichte die Band mehrere Split-CDs und fünf Alben.

 

Neben antisemitischer Hetze gegen "Hochfinanz", "namenlose Wucherer" und den als "Kindermörder" betitelten Staat Israel droht die Band: "Good night left side, you better hide! We strike back and fight for our national pride." Im Lied "Horst", das sich offenbar auf den verurteilten Holocaustleugner Horst Mahler bezieht, heißt es: "Horst, du hast Recht!" Auf dem Album "Bumm Bumm Rattatta Klick Klack Peng" droht die Band vermeintlichen "BTM-verhökernden Visa-Tricksern" unverhohlen: "Wir treten euch entgegen mit Wort und Ton, doch es bleibt nicht bei Gitarre, Schlagzeug, Bass, Mikrofon, denn wir befreien die Nation aus euren Fängen mit Bumm Bumm Rattata Klick Klack Peng."

Seit 2012 gehören auch Neonazis aus der Region Bautzen zur Band "Selbststeller", nämlich die oben erwähnten Morris Rätze an der Gitarre und Teresa Truhel am Bass. Kopf der Gruppe und von Beginn an dabei ist Nationalsozialist Axel Thieme aus Riesa, der sich in Anlehnung an den Rechtsterroristen Scott Stedeford den Künstlernamen "Axel Stedeford" gab. Das Schlagzeug spielt Volker Herbst. Als weiterer Gitarrist gehört seit vielen Jahren der Berufssoldat Nico Haupt zur Band. Haupt ist in der "Erzgebirgskaserne" in Marienberg stationiert und war von November 2012 bis März 2013 in Afghanistan im Einsatz. Dass er, wie von Berufssoldaten gefordert, für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintritt, darf bezweifelt werden.

Seit 2001 haben "Selbststeller" zahlreiche Auftritte absolviert, zuletzt u.a. im August 2015 auf dem neonazistischen "Kuggnäsfestivalen" in Schweden. Ganz aktuell plant "Selbststeller" im Mai 2016 einen Auftritt bei einem Nazikonzert in Bologna unter dem Titel "White Kriminals". Mit auf der Bühne stehen ausschließlich Bands der europäischen Neonaziszene, darunter eine weitere Gruppe mit Bezügen zum "Blood&Honour"-Netzwerk.

Vor wenigen Wochen versteigerte die Band über ihre Internetseite ein angebliche Rarität aus eigener Produktion. Diese erbrachte nach eigenen Angaben einen Ertrag von 150 Euro, die auf das Konto des Vereins "Volkshilfe e.V." überwiesen wurden. Dieser Verein ist eine Tarnorganisation von Neonazis aus dem Raum Osnabrück, die nach dem Verbot ihrer Kameradschaft eine neue Organisationsform suchten.

Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz erwähnt "Selbststeller" seit 2009 durchgehend in seinen jährlichen Berichten. Im Jahr 2010 maß es der Band "seit vielen Jahren eine wichtige Rolle in der sächsischen rechtsextremistischen Musikszene" bei. Das erste Album der Gruppe, die 2003 veröffentlichte CD "Sound of Civilwar", ist seit März 2014 auf der Liste B (öffentliche Liste der Trägermedien mit absolutem Verbreitungsverbot) der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert.

Pro Patria: "Punkrock konservativ"

Ein Nebenprojekt von Axel Thieme und Morris Rätze ist seit 2013 die Band "Pro Patria". Gemeinsam mit dem Dresdner Schlagzeuger Tobias Schütze spielen sie neonazistischen Punkrock. Ihre Facebook-Seite ziert eine Schwarze Sonne.

Das Ehepaar Rätze

Im Jahr 2014 heirateten Morris Rätze und Teresa Truhel. Sie nahm seinen Nachnamen an und heißt nun Teresa Rätze.

Morris Rätze kann auf eine lange Biographie in der braunen Szene in Ostsachsen zurückblicken und unterhält seit vielen Jahren Kontakte zu diversen neonazistischen Labels und Musikgruppen, auch über Sachsen und Deutschland hinaus. Seine Frau Teresa Rätze ist hingegen eher eine Quereinsteigerin. In ihrer Jugend hatte sie auch Kontakte in die tendenziell eher linke Musikszene in Ostsachsen, ehe sie sich vor einigen Jahren dem Rechtsrock zuwandte.

Bei ihrem Arbeitgeber, der Volksbank Bautzen, gibt sich Terese Rätze im Gegensatz zu ihren braunen Freizeitaktivitäten recht bieder und seriös. Als Teamkoordinatorin im Kundenservice der Bank dürfte sie durchaus Zugriff auf persönliche Daten von Bankkunden haben. Inwieweit sie dies nutzt, um beispielsweise Daten von Menschen mit Migrationshintergrund oder von Antifaschist_innen abzufragen, ist freilich nicht bekannt. Dass ihr Arbeitgeber ihr die Möglichkeit dazu gibt, ist allerdings fahrlässig. Es wirft ein bezeichnendes Licht auf die Situation in Bautzen und die Art und Weise, wie neonazistische Akteur_innen in das Leben der Stadt integriert sind.

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Über Miesl und Sippe könnte man noch zig Sachen ergänzen.Miesl stammt ja aus Cunewalde bzw. wohnte da und unterhielt Beziehungen zur lokalen Naziscene!

Fuhr/fährt ne Karre mit Ultima Thule Heckaufkleber und wohnte mal Hauptstraße.Soweit ich weiß ist die ganze Sippe von dem rechts durchtrieben!