Heute, am 27.9., fand in Kiel eine Kundgebung unter dem Motto „Alle Roma bleiben!“ gegen die (Sammel-)Abschiebungen von Roma in sogenannte sichere Herkunftsländer statt. Etwa 80 Menschen versammelten sich bei stetigem Regen auf dem zentral gelegenen Europaplatz.
Nach einer Verzögerung begann die Kundgebung mit einer Eröffnungsrede von Romano Jekipe Ano Hamburg (http://romas-in-hamburg.blogspot.de/) gefolgt von mehreren Redebeiträgen aus der Community sowie dem Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein. Die angekündigten Rapper*innen aus Essen konnten leider nicht kommen, dafür trugen Presslufthanna und LPP einige Tracks zur Kundgebung bei. Während der Kundgebung wurden etliche Flyer an die Passant*innen in der Fußgänger*innezone verteilt, außerdem trugen an die zehn Transparente die Forderung nach einem Stopp der Abschiebungen und einem Bleiberecht für alle auf die Straße. Nach zwei weiteren Redebeiträgen von Gruppen des netzwerk antirassistische aktion kiel [nara ki] und Musik wurde die Kundgebung nach etwa zwei Stunden beendet.
Im Folgenden der Aufruf zur Kundgebung in Kiel:
Alle Roma bleiben hier!
Kundgebung,
Europaplatz Kiel
27.8.2015 um 16.30-18.30
Uhr
Schleswig-Holstein im Sommer. Vielen Familien droht die
Abschiebung.
»Meldeauflage für die Bundespolizei am Flughafen«
steht auf den Abschiebungsanordnungen, die zum Beispiel Hamburg
verschickt. Die Absender_innen machen es sich leicht:
Fotos von
den Familien sind direkt mit abgedruckt, die Briefe müssen dann
aufbewahrt und zur Identifizierung am Flughafen vorgezeigt
werden.
Dabei wissen die Empfänger_innen oft nicht einmal,
was das ist. Ist das die Abschiebung? Ist es das, was "freiwillige
Ausreise" genannt wird?
Bei der Zentralen
Ausreisekontrolle, auf der Abflugebene zur „Ausreiseüberwachung“
sollen sie sich melden. In Schleswig-Holstein sollen sie sich häufig
einen Tag vorher beim Landesamt für Ausländerangelegenheiten in
Neumünster melden - von dort geht es dann zum Flughafen. „Bitte
beachten Sie, dass Sie pro Person maximal 20 kg Gepäck mitbringen
dürfen.“ steht in diesen Briefen. Und dann gibt es noch
Kleingedrucktes: „Der Aufenthalt gilt bis zum o.g. genannten Termin
als geduldet.“ Mit anderen Worten: Nach Ablauf des Termins erlischt
die Duldung. Ganze Familien oder Einzelne stehen mit diesen Briefen
in den Händen vor dem Aus. Menschen, die teilweise seit Jahren Teil
dieses Bundeslandes sind.
Diese Situation ist für viele dann
meistens der Abschluss einer langen Phase von Ungewissheit und Bangen
über die eigene Zukunft. Diese kann nach jedem Termin bei der
Ausländerbehörde anders aussehen.
- Von Sachbearbeiter_innen
wird gedroht, sie sollten lieber die sogenannte „freiwillige
Ausreise“ unterschreiben, sonst stünde die Polizei zur Abschiebung
vor der Tür. Von einer tatsächlich "freiwilligen Ausreise"
kann also keine Rede sein.
- Bis jetzt wurde jede betroffene
Person von den Behörden nach einer sporadischen „ärztlichen“
Untersuchung von einigen Minuten für reisefähig erklärt. Obwohl
zum Teil schwere, attestierte Erkrankungen vorliegen. Die Abschiebung
wird dann ärztlich begleitet und die Rechnung dafür den Betroffenen
hinterhergeschickt.
- Dolmetscher_innen sprechen in der
Ausländerbehörde häufig nur die Sprache des Landes, in das
abgeschoben werden soll. Wie zum Beispiel Serbisch. Dabei sprechen
viele Roma nur Romanes. So kommt es zu falschen Übersetzungen und
die Leute verstehen nicht, was besprochen wird.
Eine
weitere große Belastung ist die Situation in den
Erstaufnahmeeinrichtungen, wie zum Beispiel im überfüllten
Neumünster. Am 18.08.2015 wurden 1.780 Personen auf dem Gelände
untergebracht - bei 1700 Plätzen. Viele müssen auf Matrazen auf dem
Flur schlafen. Auch sehr kranke Menschen müssen in dieser
provisorischen Einrichtung leben. Ein Gefühl der Ausgrenzung und
Isolation entsteht hier durch den hohen Zaun um die Unterkunft
herum.
Viele von uns kommen aus Staaten, die die
Bundesregierung für per Gesetz sicher erklärt hat: Mazedonien,
Bosnien, Serbien. Oder aus dem Kosovo, dass für sicher erklärt
werden soll. Dabei ist es für Roma in diesen Ländern alles andere
als sicher. Die Fluchtgründe sind ein gefährlicher Mix aus
Rassismus aus den Bevölkerungsmehrheiten und den staatlichen
Institutionen. Der Zugang zu Arbeitsplätzen, Bildung oder zur
Gesundheitsversorgung ist weitestgehend versperrt.
Zusammengenommen
ist die Ausgrenzung lebensbedrohlich, vor allem für Kinder, Kranke
und alte Menschen. Diese bekannten Fakten ignorieren politische
Verantwortliche in der Ausländerbehörde, der Politik und der
Justiz. Die Erzählungen werden nicht geglaubt. Asylanträge werden
als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Der Druck ist hoch. In
diesen Tagen sollen viele freiwillig ausreisen oder sich direkt am
Flughafen melden, um sich in lebensbedrohliche Zustände
transportieren zu lassen.
wir fordern:
Den
Abschiebestopp für alle Roma!
Ein Bleiberecht für alle
Roma!
Dolmetscher_innen, die Romanes sprechen!
Keine
Arbeitsverbote für Geduldete!
Die Möglichkeit die
Erstaufnahmeeinrichtungen schneller zu verlassen!
Die Atteste der
(Fach-)Ärzt_innen dürfen nicht ignoriert werden!
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initiative alle bleiben!
romano jekipe ano
hamburg
netzwerk antirassistische aktion kiel
Die
Kundgebung wird unterstützt von:
- Flüchtlingsrat
Schleswig-Holstein e. V
- ZBBS e.V.
Respect din Romania
Sehr gut, sehr wichtig! Alles Gute!!
Rroma on the Streets
Nur noch ein kleiner Tipp, falls jemand das Lied noch nicht kennt bzw. auswendig mitsingen kann: https://www.youtube.com/watch?v=nnGQQJj3zzM
Hoch die internationele Solidarität!