[B] Maidemo in Berlin: 20.000 Schafe

Erster Mai, die revolutionäre Demo: Alles in normalen Parametern. Dummes Gelaber aus den Lautsprechern, wenn sie nicht gerade Volksmusik spielen. Dazu auf zwei drei allgemeine Parolen reduzierte Sprechchöre und ein Tempo, als ob man vor etwas wegrennt. Plötzlich ein lauter Knall, einige Leute hatten ein jahrelang ungenutztes Kaudhaus in der Karl-Marx-Strasse aufgebrochen. Besetzung war angesagt und ja auch vorher laut angekündigt worden.

 

Ein wenig Rauch und einige Vermummte, die die Leute halbherzig aufforderten, doch in das Haus zu gehen. Der relativ schwarze sog. Block ist einfach weiter. Er war bei der Aktion eh schon an dem Kaufhaus vorbei und hätte zurückkehren müssen, dafür reichte die Energie offenbar nicht. Vielleicht hätte man ihm wenigstens Bescheid geben sollen, am Ende hätte dieser plappernde Lautsprecherwagen eine Funktion haben können, aber auch der fuhr einfach weiter. Dann der internationalistische Block. Der hatte keine Bahnsteigkarte gelöst, blieb erst im sicheren Abstand höflich stehen und öffnete so der Polizei einen möglichen Weg. Die Polizei machte aber keine Anstalten einzugreifen, war eher mit der Demospitze beschäftigt. Und so liefen diese Attrappen wieder los und vorbei, machten einen großen Bogen um das offene Haus und dabei viel Folklore. Lauter rote Fahnen mit Revolution darauf geschrieben und keiner hat den Che gelesen? Oder haben sie ihn nur gelesen? Danach noch Tausende Demonstranten, alle mit Scheuklappen, brav auf der Route geblieben. Aber soviel Phantasie kann man ja andererseits vielleicht auch nicht verlangen, dass dieses ehemalige Kaufhaus eine Partylocation werden könnte, es stand halt nur offen herum und inzwischen waren auch die vermummten Aktivisten gegangen, so dass der Besetzungsversuch inzwischen nicht mehr von außen erkennbar war. Nichts gewesen außer Spesen.

 

Statt nach Kreuzberg zurück zu gehen und sich dann schleunigst in alle Richtungen zu verdrücken, hätte man ein wenig provozieren können: ein besetztes Haus mitten in Neukölln, direkt an der Hauptstraße. Alle rein, schlechte, aber populäre Tanzmusik angeschmissen und dann mal abwarten, was sich so aus der Dynamik ergibt. Wahrscheinlich wäre es kein soziales Zentrum geworden, wie von der Radikalen Linken eingefordert. (Inzwischen ist es ja allbekannt, dass diese Linken sich nicht auf einen einzigen Gedanken einigen können, und wozu sollte dieser Mischmasch dann ein soziales Zentrum brauchen und gar verteidigen?) Aber es wäre doch ein Fest geworden und ein hübscher Nadelstich, mindestens aber deutlich nettere Schlagzeilen hätte es gegeben und vielleicht eine absurde Diskussion darüber, ob eine illegale Party schon Terror ist. Dabei ist auch zu beachten, dass diese Demonstration inzwischen bei aller Behäbigkeit beinahe ohne Bewegungsverwaltung auskommt und sich abergleichzeitig der Quantität nach aufgeblasen hat. Keine schlechte Idee also, die angewachsene Quantität in eine neue Qualität umschlagen zu lassen. Keine schlechte Idee also, eine Party zu feiern, um so dem ganzen mal eine andere Richtung oder überhaupt eine zu geben. Und alles andere als vorher ausgemacht, ob es nicht hätte klappen können: Diese Demo hätte ihre eigene Deckmasse bilden können.

 

Das wäre der Preis gewesen: https://vimeo.com/126859125

 

Die Trägheit der Masse und die mangelnde Unterstützung offizieller Organisatoren sind bei solchen Aktionen - so sehr man darüber jammern mag und tut - eher vorauszusetzende Umstände - und vielleicht gar keine widrigen, weil's wohl besser ist, sich das radical establishment vom Leib zu halten. Wenn sich im Untergrund sammelnde Teams ernsthaft einen Focus setzen wollen, braucht es wahrscheinlich noch eine größere informierte oder halbinformierte Vorfeldmenge, die entschlossen und beweglich in der Demo wirkt und diese dazu bringt, sich an der richtigen Stelle aufzulösen. Hätte sich wenigstens erstmal eine Traube vor dem Kaufhaus gebildet, vielleicht wäre eine Dynamik in Gang gekommen. Schließlich ist eine illegale Party in einem leeren Haus noch kein Schwerverbrechen, und im Prinzip ist das Risiko - sobald diese Straftat von einer Menge begangen wird - für viele Leute völlig akzeptabel, die vielleicht eher keinen Sinn darin sehen, sich zu maskieren, um ein wenig Krawall zu machen, und sich dabei noch der Gefahr fürchterlicher Strafen auszusetzen. Im Grunde war es sogar von Vorteil, daß der schwarze Block - mutmaßlich inzwischen mit Spalier - die Polizei an sich gebunden hat, der hintere Teil hätte für das Besetzungsspektatel durchaus ausgereicht und wäre wahrscheinlich weniger skrupellos von der Polizei angegriffen worden, als die dann weniger sicher gewesen wäre, Berufsaktivisten zu treffen. Aber man muss natürlich bei diesem Teil der Demo mit einer größeren Scham zu rechnen, wenn es darum geht, die Grenzen des Rechts neu auszuhandeln, wofür man sich natürlich auch dann und wann jenseits derselben bewegen muss.

 

Aber das sind alles Spekulationen und der Erfolg oder wenigstens aufsehenerregender Misserfolg solcher Unternehmungen hängt zunächst einfach an der Fähigkeit größerer Zusammenhänge, sich wenigstens für solche beschränkten Aktionen schon vorher untergründig und informell zu sammeln und dafür braucht es natürliche eine zunächst diffuse Idee davon, was man eigentlich zusammen erreichen will. Ein wenig gut gelaunte Eskalation als Startpunkt für die weitere Auseinandersetzung wäre dabei vom Nutzen, aber wohl nicht ohne vorangehende Alkoholgelage oder sogar nüchterne Zusammenkünfte, bei dem sich die nötigen Kontakte überhaupt bestimmter herstellen können.

 

6. Mai 2015

 

(Quelle: http://magazinredaktion.tk/erstermai.php)

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"die mangelnde Unterstützung offizieller Organisatoren bei solchen Aktionen" - nur weil ihr keine Ahnung habt, was wie gelaufen ist und was eben nicht geklappt hat, muss euer auf Informationsmangel gestütztes Weltbild noch lang nicht wahr sein. Abgesehen davon könnte man Leuten, die mit Anschuldigungen um sich werfen, deren Bestreitung Repression nach sich ziehen würde, schon vorwerfen, Bullenarbeit zu machen.

ist ja wieder mal typisch. plus der übliche zivi/fascho-vorwurf. ich finde den beitrag gut. mal was anderes (ehrlicheres?) als das gegenseitige schultergeklopfe

Der Vorwurf war nicht, dass der Autor Zivi oder Fascho ist, sondern vor allem, dass er aus Kenntnislosigkeit Scheisse schreibt.

 

Im übrigen wie immer an diese Indy-Helden: DIY - Macht einmal, ein einziges Mal was Sinnvolles, Wahrnehmbares. Dann könnte man sich euer Geschreibsel vielleicht wieder ohne Zornausbrüche durchlesen.

netter derailing-versuch. das ziel war die besetzung. eine demo ist lediglich ein taktisches mittel im statdguerilla-konzept. aber geh du mal weiter auf deine plenas und antifa-konzerte. zornausbrüche sollte man lieber in der bürgerkneipe um die ecke ausleben. DIY

A "Location" is a Drehort, hattet ihr denn au Kameras dabei und seit wann werden Parties geschmissen um's zu filmen?

Aber was erwartet man auch von Leuten, die einfach den Namen einer 60 Jahre alten Zeitung klauen

Wenn Mensch keine Ahnung hat einfach mal die **** halten.

 

Ganz im ernst was soll denn sowas? "Dummes Gelaber"? Hast du dir einen einzigen redebeitrag angehört? Hast du eine einzige sinnvolle Kritik oder bist du nur hier um deinen zynischen Mist abzuladen?  Ich kann diese verbitteten indyautonomen nicht mehr hören, völlig inhaltsleerer Artikel.

Ein Schritt ist getan, viele mehr sind zu gehen

Die Walpurgisnacht und der 1. Mai sind vorbei. Wir haben viel Mühe in die Vorbereitung dieser Demonstration gesteckt und wir hatten hohe Ziele und auch Erwartungen geweckt. Nicht alle haben sich erfüllt, aber wir sind einen Schritt in die richtige Richtung gegangen.

Wir halten es für einen Erfolg, dass wir eigene Akzente setzen konnten. Die Demonstration war groß, vielleicht noch größer als die Jahre zuvor, jedenfalls aber größer als die von Bullen und Presse ausgegebenen Zahlen. Wir schätzen auf 25.000 bis 30.000 Teilnehmer_innen. Wichtig war: Der Frontblock war organisierter als die Jahre zuvor. Dass große Teile des Blocks über weite Teile der Demonstration komplett vermummt gelaufen sind ist als kleiner Erfolg zu werten.

Zum wichtigeren Teil für uns: Es hat eine Hausbesetzung stattgefunden. Die Forderung „Her mit dem sozialen Zentrum!“ war unsere zentrale Losung für diesen 1. Mai. Einige solidarische Menschen haben – unter großem persönlichen Risiko – versucht, diesen Raum zu öffnen und es an der Ecke Anzengruber Straße Ecke Karl-Marx-Straße geschafft, mit Seilen die Türen zu einem leerstehenden Einkaufszentrum zu öffnen. Leider wurde der Raum nicht durch die Demonstration angeeignet und nur wenige Aktivist_innen „trauten“ sich hinein. Woran das lag und welchen Anteil am letztendlichen Scheitern dieses Versuchs etwa mangelnde Kommunikationsstrukturen hatten, werden wir in einer ausführlichen Auswertung analysieren. Wir bedanken uns bei den Menschen, die diesen Versuch durchgeführt haben. Der Kampf um das soziale Zentrum hat mit diesem 1. Mai begonnen, wir werden ihn lange führen.

Vieles müssen wir noch ändern und verbessern, aber es ist ein Schritt getan. Viele weitere werden folgen!

Gegenmacht aufbauen – holen wir uns die Stadt zurück!

 

radikale linke | berlin, 2. Mai 2015, als Pressemitteilung gekennzeichnet, https://radikale-linke.net/blog-posts/stellungnahme-1mai-2015

Die Erklärung der Radikalen Linken im Eventmanager-Stil bestätigt eigentlich alles, was in dem Artikel über die offiziellen Organisatoren gesagt wird. Es waren also sogar 35.000 Schafe! Und ein komplett vermummter Frontblock! Nur leider ist er an dem zu besetzenden Haus vorbeigelaufen... Aber nichtsdestotrotz: Ein Schritt in die richtige Richtung! Es geht voran!

wer keine ahnung hat.. einfach mal..

Hey, du Checker!

Ja, ich habe keine Ahnung, weiß aber trotzdem, dass das "Her mit dem Zentrum für uns, bitte!"-Konzept scheiße war. Vielleicht gab es  ja einen "Unfall", das erklärt trotzdem nicht den Bettelbrief, das Zurückrudern und nun das Den-Demonstarnten-In-Die-Schuhe-Schieben.

Also, auf Kritik mit: "Ey alter, wir sind voll krass, das läuft alles hinter den Kulissen, aber du hast keine Ahnung blabla" antworten ist deplaziert.

Der 1.Mai ist größer als ein soziales Zentrum für die RLB.

 

So, und für den Schnucki kriegst du den hier:

Schelle, das bin nämlich ich und nicht du!

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Okay!

dann erklär doch mal, warum ein (teil) vermummter block, der nix auf die kette bekommt, ein erfolg ist. danke.