Taucha. Eine Demonstration des Initiativkreises Antirassismus Leipzig unter dem Titel "Rassismus tötet" ist am Sonnabend in Taucha nach zwei Stunden kurz vor 17 Uhr friedlich zu Ende gegangen. "Ich danke, dass ihr gekommen seid und beende hiermit die Veranstaltung", sagte an der Straßenbahnendestelle die Linken-Landtagsabgeordnete Juliane Nagel, die die Demonstration in der Parthestadt angemeldet hatte.
An der Endstelle hatten sich zuvor ab 15 Uhr die rund 120 Teilnehmer
gesammelt und waren mit Transparenten und Sprechchören in die Innenstadt
zum Markt gezogen. Hier erinnerte ein Sprecher an die Opfer
rechtsradikaler Gewalt. Er begründete auch, weshalb in Taucha
demonstriert wird: In der Stadt wohne nach seiner Haftentlassung einer
von denen, deren Gewalt im Oktober 2010 am Leipziger Hauptbahnhof Kamal
K. zum Opfer gefallen war. An dessen Tod erinnerten die Demonstranten.
Der
Weg führte auch am Wohnort des damals an der Tat Beteiligten vorbei.
Beobachter fragten sich, ob das wegen eines dort zu befürchtenden
Zusammentreffens mit rechten Kräften nicht hätte verhindert werden
müssen. "Es gibt klare Regeln für die Genehmigung von Demonstrationen,
da waren uns die Hände gebunden", begründete von der Versammlungsbehörde
Landratsamt Nordsachsen, Dezernentin Angelika Stoye die Zustimmung zu
der Route.
150 Polizeibeamte zeigten während der gesamten Veranstaltung Präsenz,
mussten aber nicht eingreifen. Lediglich am Markt wurden aus einer
kleinen Gruppe, die ganz offensichtlich mit Linken und Antifa nichts am
Hut hatte, zwei Zwischenrufer kurzzeitig festgehalten. Wegen Beleidigung
wurden deren Personalien aufgenommen. "Die Demonstration verlief
friedlich und auf jener Route, wie sie zwischen Versammlungsbehörde und
Versammlungsleiterin abgestimmt war. Die Teilnehmer hielten sich an alle
Auflagen, wir haben die Veranstaltung kooperativ und
versammlungsfreundlich begleitet", sagte nach Abschluss der
Demonstration der zuständige Polizei-Einsatzleiter.
Tauchas
Bürgermeister Holger Schirmbeck zeigte sich nach dem friedlichen Verlauf
erleichtert: "So eine Demonstration hatten wir in Taucha vorher noch
nicht, da fehlte uns auch die Erfahrung. Von den Demonstranten ging
keine Aggressivität aus und die Polizei hat das sehr professionell
begleitet." Außer Schirmbeck und Stoye beobachteten auch der amtierende
Tauchaer Ordnungsamtschef Jens Rühling sowie weitere Mitarbeiter des
Landratsamtes das Geschehen.
Gericht verurteilte Neonazi für die Tat zu 13 Jahren Haft
Der
Leipziger Initiativkreis „Rassismus tötet“ hatte zu dem Gang durch
Leipzigs kleine Nachbarstadt aufgerufen. Die Familie von Kamal K. habe
lange dafür kämpfen müssen, dass die rassistische Tatmotivation der
Mörder offiziell anerkannt worden sei. Das Landgericht Leipzig sah es
2011 als erwiesen an, dass der Iraker aus Fremdenhass ermordet wurde.
Dieser Hintergrund solle nicht in Vergessenheit geraten.
Das
Gericht verurteilte den Neonazi Marcus E. für die Tat zu 13 Jahren Haft.
Kumpan Daniel K. musste für drei Jahre ins Gefängnis. In dem
Demo-Aufruf von „Rassismus tötet“ heißt es, Daniel K. sei nun wieder auf
freiem Fuß und sei aktiv in der Naziszene der Leipziger Region.
In
den vergangenen Jahren kamen hunderte Menschen jeweils zum Todestag des
Irakers im Oktober zu Gedenkmärschen zusammen. Im Herbst 2014, vier
Jahre nach der Tat, mobilisierten die Organisatoren immer noch 800
Menschen für diesen Akt der Erinnerung.
Hintergründe
Demoaufruf + Zur treibenden Kraft eines neonazistischen Mordes und einem gelogenen “Szene-Ausstieg”