(K)ein weiterer Diskussionsbeitrag – Die Strategie heißt: Antifa!

Intergalaktische Antifaschst*innen

Seit einigen Wochen wird auf „Linksunten“ versucht, eine „Strategiediskussion“ über antifaschistisches Handeln im Kontext der aktuellen rassistischen Mobilisierung in Buch, Köpenick und Marzahn anzuregen.

 

Wir halten eine solche Debatte für dringend notwendig, müssen Antifaschist*innen sich doch auch immer wieder Hinterfragen, die Situation genau analysieren und jenseits altbekannter „Rezepte“ auch neue Strategien im Umgang mit der sich wandelnden neonazistischen Szene und deren Aktivitäten entwickeln.

Diese Diskussion sollte geführt werden, hat aber nichts auf einer öffentlichen Plattform zu suchen. Wir gehen davon aus, dass die meisten Beiträge nicht aus dem organisierten antifaschistischen Spektrum stammen, auch wenn an mehreren Stellen dieser Eindruck erweckt wurde.

Mit Verwunderung sehen wir auch, dass die Urheber*innen dieses Anstoßes sich nicht auf allgemeine Hinweise und Überlegungen beschränken, sondern öffentlich „besprechen“ wollen, was in eine solidarische interne Diskussion gehört, wie sie gegenwärtig in verschiedenen Kontexten geführt wird. Gerade so, als würden mitlesende Nazis und der Staat keinerlei Interesse an diesen Debatten haben. Aber das Gegenteil ist der Fall: Sicher würden sie gern einen tieferen Einblick in antifaschistische Strategien bekommen, sicher würden sie sich freuen zu wissen, ob die „Szene“ sich mit sich selbst beschäftigt oder doch lieber in einer geschlossenen Front gegen die rassistischen Umtriebe von Nazis und Staat arbeitet. Und sicher wäre es auch spannend in aller Öffentlichkeit darüber zu streiten, ob das Konzept „Antifa“ überhaupt noch existiert oder längst seine besten Zeiten hinter sich hat.

Aber diesen Gefallen werden wir den genannten Idioten*innen nicht leisten.

 

Solidarische Diskussion

In Berlin haben wir es mit einer massiven rassistischen Mobilisierung der Nazi-Szene zu tun, die nur wenige Beispiele in der jüngeren Vergangenheit kennt. Antifaschistische Gruppen und Geflüchteten-Initiativen arbeiten gemeinsam gegen den braunen Mob. Hierzu vernetzen sich diese Gruppen und respektieren unterschiedliche politische Ansätze und Handlungsfelder. So ist es gelungen am 22.11.2014 in Marzahn den Nazis eine Niederlage beizubringen und durch engagierte Blockaden, der Polizei und ihren Ausweichplänen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Dies war nur möglich, weil eben diese zu führenden Strategiedebatten solidarisch und dort geführt wurden, wo sie hin gehören: auf gemeinsamen Treffen. Hierbei stehen Berliner Antifaschist*innen der unterschiedlichsten Gruppen trotz inhaltlicher oder praktischer Differenzen geschlossen zusammen.Die dringend notwendige Entwicklung einer kollektiven Herangehensweise gegen die neonazistischen Aktionen sollte also in Gruppen und auf Bündnistreffen geführt werden, nicht auf „Indymedia“.

 

Wir verwahren uns gegen vermeintlich gute Ratschläge, wer mit welcher Struktur zusammenarbeiten sollte, welche Gruppe den richtigen antifaschistischen Anspruch pflegt und in welcher Form diese Zusammenarbeit gestaltet sein sollte. Genoss*innen und Gruppen sind klug genug selbst zu entscheiden, auf welchem Plenum sie sitzen wollen und mit wem sie eine Zusammenarbeit suchen.

Zweifellos suchen auch unorganisierte Antifaschist*innen derzeit nach Antworten auf die sich jeden Montag in Marzahn zeigende rassistische Kampagne der Neonazis. Viele von ihnen unterstützen die organisierten Genoss*innen vor Ort durch die Beteiligung an Kundgebungen und Demonstrationen, informieren Freund*innen und machen auf die Scheißsituation aufmerksam. Unser Rat für all diejenigen, die selbst aktiv werden wollen gegen Nazis und Rassist*innen: Bildet euch, bildet andere und vor allem: bildet Banden!

 

Die Strategie heißt: Antifa!

In einem der „Diskussionsbeiträge“ wird kritisiert, „die Antifa“ würde sich in die Konspirativität zurückziehen. Ein etwas merkwürdiger Vorwurf, wenn man bedenkt, dass Antifaschist*innen seit je her im Fadenkreuz staatlicher Organe und von Nazis stehen. Selbstschutz und der Schutz antifaschistischer Strukturen sind eine Selbstverständlichkeit, eine Offenlegung von Strategien, Strukturen und möglicherweise inneren Differenzen dagegen nicht nur naiv, sondern auch gefährlich. Das hat nichts damit zu tun, dass Antifa in die Stadt hinein wirken muss, dass öffentlicher Raum antifaschistisch besetzt und auch gegenüber der „normalen Bürger*in“ aufklärerisch agiert werden muss. Dass dies vereinbar ist, zeigt die in diesem Jahr 15 gewordene Antifa Hohenschönhausen, die von den Diskussionsführer*innen allerdings ab qualifiziert wird. Weiterhin wird ihr „kaum praktische (oder auch nur theoretische) antifaschistische Arbeit“ attestiert. Im Gegensatz zur Schreiber*in dieses Beitrages respektieren berlinweit Antifa-Gruppen die Arbeit der Genoss*innen vor Ort und lehnen es ab, sich gerade in dieser Situation gegeneinander ausspielen zu lassen.

 

An den Formen antifaschistischen Widerstandes mag sich einiges geändert haben, am Objekt nicht. Die neu aufkommende neonazistische Organisierung muss im Blickfeld antifaschistischen Handelns stehen. Nazis aus der Deckung zu holen, öffentlich über Hintergründe aufzuklären und überall dort wo Nazis in Erscheinung treten, diesen vielfältigen Protest entgegenzusetzen ist unsere Aufgabe. Dies hat viele Facetten, jede*r entscheidet selbst, wie das aussehen kann. Erstrebenswert ist ein solidarischer Umgang mit einer breiten Palette von Aktionsformen, wie es über mehrere Jahre in Dresden, Hamburg oder im Wendland gelungen ist.

 

Da dies eben kein Beitrag zu einer "Strategiediskussion" sein soll, lassen wir alle eigenen Überlegungen zum Umgang mit Nazis, den "besorgten Bürger*innen" und der Straße weg. Wir gehen auch nicht weiter auf kluge und weniger kluge Ideen vorangegangener Beiträge ein, doch wollen eines festhalten: Für Antifaschist*innen kann es nicht nur um eine reine Befriedung der Situation in einigen Bezirken gehen, es kann auch nicht unser Ziel sein, dass die Bürger*innen vor Ort besser mit der völlig verfehlten Asylpolitik des Senates klar kommen. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als ums Ganze. Das heißt, dass Antifa die Ursachen von alltäglichem und staatlichem Rassismus benennen und angreifen muss. Eine kurzlebige Kampagne, um letztlich das Prinzip der Massenunterbringung von Menschen indirekt zu legitimieren, lehnen wir ab. Auch nach den Montags-Demos, auch nachdem sich die Lage möglicherweise beruhigt hat, werden Nazis aktiv sein, Menschen illegalisiert und abgeschoben und rassistische Einstellungen weiter reproduziert. Hier ist mehr zu tun, als nur ein strategisch gutes "wording" zu entwickeln.

 

Es mag nicht allen gefallen, aber entgegen vieler Hoffnungen ist die Antifa nicht tot. Aber: Antifa ist das, was wir daraus machen!

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Das liest sich wie ein Gesinnungsaufsatz für den Obergenossen nach dem Motto: Schau ich habe alle Broschüren gelesen und weiß was richtig ist.

Um es mal deutlicher über den Text zu sagen: Viel geschrieben, Nichts gesagt.

 

Und noch eins, wenn Leute, ob organsiert, unorganisiert oder was auch immer, einen Diskurs anregen wollen, dann können und sollten sie Linksunten nehmen. All die "super-duper-hochorganisierten-wir-wissen-alles-besser-und-sagen-wo-es-lang-geht" werden dann irgendwann mal von all den "unorganisierten" links überholt. Und das ist gut so. Basta.

Hä?? Is doch völlig wurscht wo was steht. Es ist das Argument was zählt und das kann von mir aus auch nen Bulle bringen. Wenn's gut ist, ist es gut ...und, echt mal, glaubt ihr ernsthaft, dass es noch irgendeinen Ort gibt, wo man ohne abgehört zu werden mit ner größeren Gruppe, also im Sinne einer Strategiediskussion Dinge besprechen kann? Hier sind die Leute wenigstens halbwegs anonym

... als ob zum Beispiel bei Dikussionen über die Interim nicht auch mit gelesen würde... diese hat natürlich den Vorteil, dass es leichter ist sich anonym zu beteiligen, ist als "Printmedium" aber eben auch schwerfälliger... hat beides seine Berechtigung.

es gibt halt einfach Dinge, die bespricht man einfach ganz klassisch ohne Handys, Telefone, Internet und abseits von Privatwohnungen oder linken/alternativen Einrichtungen und abseits von passanten.

 

nur mal so zur grundsätzlichen These vonwegen es gäbe keine Orte um nicht abgehört zu werden.
manch einer hat einfach den Charm eines schönen Picknick-nachmittags aufm Land vergessen ;)

Mein Ausgangspost war etwas verkürzt und richtet sich mehr gegen eine von mir als autoritär und elitär empfundene Einstellung, Dinge unter den "Etablierten" auszumachen und das unorganisierte "Fußvolk" hat schön die Schnauze zu halten.
Ich sehe auch, dass es Dinge gibt, die öffentlich nicht diskutiert werden sollten, nur in den bisherigen Debattenbeiträgen habe ich nichts gelesen, was in diese Kategorie gehört, noch habe ich das Gefühl, dass das jemand der Schreibenden dort wollte.
Die von dir angesprochenen Alternativen sind daher sicher gut zur Absprache bestimmer hust, hust Maßnahmen, aber für eine breite Diskussion, und es ging ja eher um Strategie, nicht um konkrete Taktik, (die ohnehin jeder selber für sich bestimmt) wenn ich das richtig verstanden habe, eher ungeeignet.

Und davon abgesehen, ich fänds auch schöner, wenn man sich in repräsentativer Anzahl versammeln und ungestört reden könnte, oder wenn vernünftige Debatten über interim oder radi möglich wären. Seh ich nur leider nicht als gegeben.

der beitrag hat meine volle zustimmung und ich kann die ablehnenden kommentare nicht nachvollziehen: (strategie-)diskussionen sollten in gruppen und auf bündnistreffen stattfinden, dort führen sie zu etwas, im besten fall zu konkret umgesetzter politik auf der straße oder sonstwo. was folgt denn aus all den debatten-artikeln auf indymedia? in den meisten fällen vermutlich nichts. mutmaßlich der größte teil liest diese artikel mit ner konsumhaltung, gibt seinen senf dazu und das wars.

das entbindet organisierte zusammenhänge natürlich nicht von der verantwortung, für nachwuchs zu sorgen oder neue gruppen beim gruppenbildungsprozess zu unterstützen.

endlich schreibt das mal einer! klar ist nachwuchs wichtig und wie immer wollen alle bei allem mitdiskutieren, aber wir dürfen es dem vs und co auch nicht zu einfach machen. telefone aus und los gehts. am besten ist immer noch eine gruppe zu gründen uns selber was gegen die nazischeiße zu machen.

ich fand es schlecht in einen der beiträge dass gruppen ausgeschlossen werden sollten. was soll das? könen wir uns das leisten? nazis maschieren wieder und wir streiten uns wer dazu gehören darf beim gegendemonstrieren. volle zustimmung zu dem beitrag auch weil antifa nicht nur über facebook laufen kann

kann euren ansatz, dass antifaschistische strategiediskussionen nicht öffentlich geführt werden sollten, absolut nicht nachvollziehen. wie sollen denn eurer meinung nach reflexionsprozesse über lokale grenzen hinaus stattfinden? sind nunmal nicht alle gruppen in bundesweiten büdnissen organisiert und wie schon erwähnt: ob interim oder indymedia ist dabei völlig egal. (selbst)kritik ist schon lange ein wichtiger bestandteil antifaschistischer bewegungen. eure ansatz tendiert dazu, antifaschistische bewegungen zu selbstreferenziellen, elitären szenen zu formieren. ob sich gruppen oder büdnisse von offen geführten strategiediskussionen inspirieren lassen oder nicht, bleibt ihnen doch selbst überlassen.

wenn 70 jahre nach dem holocaust nicht mehr öffentlich über die ausrichtung des antifaschismus diskutiert werden soll, haben nazis und vs einiges mehr davon, als wenn sie debatten verfolgen oder sogar mitdiskutieren.

einige haben offenbar vergessen dass die bullen und nazis die gewinner von son offenen diskussionen unter uns sind. ich brauch auch niemanden der mir sagt wie ich mit militanz und sprache umgehen soll so wie es in einem der diskussionsbeiträge geraten wurde. der wichtigste satz in dem beitrag hier "Erstrebenswert ist ein solidarischer Umgang mit einer breiten Palette von Aktionsformen, wie es über mehrere Jahre in Dresden, Hamburg oder im Wendland gelungen ist."

Bullen und Nazis die hoffen das sich jemand verplappert

Ziemlich lächerliche Arroganz davon auszugehen, dass Leute aus organisierten Strukturen nicht als Einzelpersonen und mit ihren Bezugsgruppen öffentliche Diskussionsbeiträge schreiben. Könnt gerne bei einem der nächsten Treffen das Thema ansprechen und wir können persönlich diskutieren, ob einige Fragen nicht auch breiter diskutiert werden sollten. Hier nur zwei Punkte:

  1. Um mehr und schlagkräftiger zu werden, brauchen wir Debatten. Wir brauchen ein gemeinsames Verständnis davon, was gerade abgeht. Und wir müssen gemeinsam eine Strategie entwickeln, was wir dagegen tun können. Dies klappt nur, wenn wir uns austauschen. Dazu gibt es viele Orte. Das Plenum der Politgruppe und Bündnistreffen sind einige davon. Die WG-Küche, der Kneipentisch und der Park sind andere. Und nochmal andere sind öffentliche Medien wie die Interim oder eben Indymedia. Alle Orte haben ihre Stärken und Schwächen - hinsichtlich von Beteiligungsmöglichkeiten, Reichweite, Verbindlichkeit, Vertraulichkeit etc. Danach sollte entschieden werden, was wo diskutiert wird - nicht nach pauschalen Dogmen.
  2. Es gibt einige gute Gründe dafür nicht jede Sache öffentlich zu diskutieren. Der Schutz vor Repression und sich nicht völlig in die Karten schauen zu lassen, sind wohl die wichtigsten. Absolut gar kein Grund auf öffentliche Debatten zu verzichten, ist die eigene Arroganz. Dass mensch sich nicht mehr so cool mit seiner Mitgliedschaft in einer Antifa-Gruppe fühlen kann, wenn auch andere Leute in Diskussionen einbezogen werden, ist wohl der bescheuerste Grund sich abzuschotten.

Hier geht es doch nicht um die Planung von Sabotageakten, ect. Klar gibt es so einiges was nicht auf Indy gehört, das gehört dann allerdings genauso wenig auf das Bündnisplenum. Als wenn die Cops oder der VS da nicht auch mithören (könnten), wenn sie es nur spannend genug finden.

 

Und mal ganz im Ernst, das Nazis hier mitlesen, schön und gut. Ein Bruchteil von denen wird der Debatte überhaupt nur folgen können. Und das sind die, die sich über die "im Gesicht tattoowierten Stiefelnazis" in den eigenen Reihen beschweren. Aber guckts euch doch bei denen an. Die wissen das sie mit diesen Gestalten keinen Blumentopf gewinnen können, aber können ihr Problem damit trotzdem nicht lösen. Wenn diese Nazis jetzt von der Super-Duper-Antifa-Gegenstrategie Wind bekommen, dann spielt das kaum eine Rolle. Ihrem "Fußvolk" werden sie eine mögliche Gegen-Gegenstrategie nicht begreiflich machen können. Da wird letzten Endes immer nur eines bei rum kommen: Gewalt. Das ist die mögliche Eskalation auf die das hinausläuft. Und was das angeht ähneln sich die verschiedenen Phänomene auch die gerade zeitgleich ablaufen. Anti-Flüchtlingsproteste (nicht nur in Berlin) werden wieder neu belebt, HoGeSa und die "bürgerlicheren" Ableger, allen vorran Pegida. Und ich befürchte, da braucht es nicht viel das zusammenwächst was zusammengehört. Ein islamistischer Anschlag auf deutschem Boden, und diese potentiellen Keimzellen einer neuen rechten Bewegung, werden ihre "Gewaltlosigkeit" über Bord werfen, und wesentlich aktiver die Auseinandersetzung auf der Straße suchen.

 

Aber ob ich das jetzt hier öffentlich im Internet schreibe, oder auf nem konspirativem Plenum, spielt glaub ich keine Rolle. Ich befürchte ohne eine breite Antifa-Organisierung (und bundesweit sollte nicht die Zielgröße sein), stehen wir dem ganzen "machtlos" gegenüber.