[Köln] Bericht von Anti-HoGeSa-Demo am 2.11 & Selbstkritische Einschätzung zur HoGeSa-Demo am 26.10.

Gemeinsam gegen Faschismus

Nachdem die antifaschistische Bewegung letzte Woche eine Niederlage einstecken musste – jeder marschierende Naziaufmarsch muss von uns als Niederlage gewertet werden – versammelten sich heute ca. 3000 Menschen, um ein erstes Zeichen zu setzen gegen die Faschisten. Ein Bündnis aus verschiedenen linken Organisationen hatte spontan zu der Demonstration aufgerufen.

 

Unsere Positionen zum antifaschistischen Kampf und unsere Haltung zu den Geschehnissen haben wir in einer Rede verarbeitet, die wir an dieser Stelle dokumentieren wollen:

 

Liebe Kölnerinnen und Kölner,


wir wollen heute mal nicht nur über die Nazis von letzter Woche reden – sondern auch über uns, über die Perspektive der antifaschistischen Bewegung in dieser Stadt.


Dass dieser Aufmarsch – letztlich der größte Aufmarsch von Faschisten in Europa in den vergangenen Jahren – am vergangenen Sonntag stattfinden konnte, war eine Ohrfeige für uns. Jeder Aufmarsch von Nazis, der stattfinden kann, ist eine Niederlage für die antifaschistische Bewegung – Nazis sollen nicht laufen, sie sollen ihre hasserfüllte Ideologie nicht verbreiten. Es ist dabei absolut egal, ob es sich um randalierende Hooligans mit einer Bierdose in der Hand oder um die parteibuchschwenkenden Anzugträger von AfD, NPD oder ProNRW handelt. Für uns darf es nicht heißen: Zu welcher Veranstaltung gehen wir hin und zu welcher nicht, um sie zu blockieren, um sie davon abzuhalten, rechte Hetze zu verbreiten – WIR müssen uns nicht die Frage stellen, OB, sondern WIE wir uns ihnen in den Weg stellen.


Worin sich nicht unterscheidet, ist ihre rechte Ideologie, verschieden ist nur das Gewand, in dem sie auftreten und die Form der Gewalt, mit der sie diese verbreiten. Ja, wir hatten es mit einer Horde Hooligans zu tun. Ja, wir haben ihr Mobilisierungspotential für diese stumpfsinnige Veranstaltung, deren Titel genauso gut „Hooligans gegen Ausländer“ oder „Deutschland den Deutschen“ oder „Kategorie C live am Kölner Hauptbahnhof“ hätte sein können, unterschätzt. Ja, es wurde insgesamt zu passiv, zu initiativlos, zu langsam reagiert.


Und JA, wir waren zu wenige. Aber NEIN, wir dürfen vor dem letzten Wochenende nicht kapitulieren, wir nehmen es einzig und allein als Weckruf wahr und sagen: Nazis, weidet euch am Erfolg dieses einen Tags, denn es wird für lange Zeit euer letzter sein, wenn wir entschlossen auf den Straßen dieser Stadt stehen!


Eine Demonstration wie heute ist dafür ein kleiner Grundstein – aber Antifaschismus, liebe Kölner, und das ist absolut unstreitbar, Antifaschismus hört nicht nach einer Demonstration auf. Antifaschismus ist eine Lebenseinstellung, die wir immer mit uns tragen und offen vertreten müssen. Faschismus und Rassismus sind menschenverachtende Ideologien, denen wir immer, wenn wir ihnen begegnen, etwas entgegen setzen müssen. Wir verstecken nicht, wofür und gegen wen wir stehen. Wir müssen lernen, die Freiräume dieser Stadt zu schützen, uns selbst und diejenigen, die nicht das „Glück“ haben, einem kranken arischen Idealbild zu entsprechen. Das sind Dinge, die wir wieder LERNEN müssen, die für uns wieder zur Selbstverständlichkeit werden müssen.


Von vielen habe ich gehört, sie hatten Angst, herzukommen am letzten Wochenende. Diese Angst ist nachvollziehbar. Aber diese Angst darf uns nicht lähmen, nein, sie muss die Seite wechseln. Es gab Menschen, die letzte Woche diesen Hauptbahnhof, die antifaschistische Kundgebung, die viele Orte in dieser Stadt vor einem Angriff der Hooligans geschützt haben, und auch von ihnen waren viele nicht frei von Angst, aber sie waren nicht alleine und haben aus der gemeinsamen Sache Kraft geschöpft. Und dennoch waren es zu wenige von ihnen. Angst ist ein natürlicher Reflex, den wir jedoch überwinden können und müssen.


Wir stehen in Köln in der wunderbaren Tradition der Edelweißpiraten. Ein Haufen Jugendlicher, kaum einer von ihnen ein ausgebildeter Kämpfer. Diese Jugendlichen haben damals Hitlerjungen durch die Straßen gejagt und sie verdroschen, ohne vorher eine Kampfsportschule von innen gesehen zu haben.


Und um bei den Edelweißpiraten zu bleiben und zu der Polizei zu kommen – wir haben oft gehört: Gut, dass die Polizei da war – oder es wurde sogar gesagt: Es hätte mehr Polizei dort sein müssen.


Es ist Tradition der Polizei und ihrer Funktion als die ausübende Gewalt des Staates, auf dem rechten Auge blind zu sein. So war es bei den Edelweißpiraten, so ist es auf jeder unserer Demos und so war es auch letzten Sonntag. 1000 Polizisten? Für eine Demonstration, deren Größe absehbar war? 1000 Polizisten wären selbst für die Schätzungen der Polizei bezüglich der Teilnehmerzahl zu wenig gewesen, wenn es nach den sonstigen Verhältnissen des staatlichen Gewaltmonopols geht, das UNS auf Demos begleitet.


Am letzten Sonntag Abend hat noch eine Demo stattgefunden. Eine Spontan-Demo gegen HoGeSa in Berlin – das Verhältnis von Demo-Teilnehmern und Bullen: 1 zu 1. Genauso können wir auch nur über den läppschen Wasserwerfer-Einsatz auf der HoGesa-Demo lachen. Was bitte soll diese Duschfunktion, wenn wir am eigenen Leib immer wieder erfahren, dass diese Dinger mehr können? Und auch vor dem Hauptbahnhof war die liebe Polizei so gar nicht zügig damit, Nazis von unserer Kundgebung weg zu halten – wir haben wieder einmal gesehen: Die Polizei ist Schützer des Staates – und WIR sind unser eigener Schutz – und ALLES, worauf wir uns verlassen können. Wir fordern nicht mehr Bullen auf unseren Demos – wir fordern uns auf, unseren Selbstschutz zu organisieren!


Noch ein paar Worte zum Schluss, die immer mal wieder heute angeklungen sind: Jeder kann Antifaschist sein – ob Black Block oder nicht – es gibt tausende Arten, es zu zeigen und danach zu handeln. Wichtig ist nur, dass wir es tun.


In diesem Sinne: Schulter an Schulter gegen Faschismus!


Für uns ist eines besonders wichtig: dass wir alle heute auf die Straße gegangen sind, ist gut. Allerdings müssen wir, um effektiv gegen die Nazis etwas zu tun, auch alle ihre Aufmärsche mit mindestens genau so vielen Menschen blockieren. Wir sind nicht nur mal auf einer “Köln wehrt sich”-Demonstration antifaschistisch, sondern immer, insbesondere wenn Nazis durch unsere Stadt marschieren, und unabhängig davon, ob die Presse das jetzt gut findet oder nicht.

 

Deshalb kann so eine Demonstration wie heute nur ein kleiner Schritt sein, denn Nazis effektiv vertreiben und ihnen die Plätze nehmen, wenn sie auftauchen, können wir nur durch massenhafte Aktionen und Blockaden. Politik und Polizei werden das Naziproblem für uns nicht lösen – im Gegenteil sind sie fleißig daran beteiligt, es aufzubauen und ihnen Raum zu geben (wie letzte Woche in Köln oder demnächst wieder in Hannover).

 

No pasarán! Kein Fußbreit den Faschisten!

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am 15. alle nach Hannover,