“Schluss mit Blabla”

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Flüchtlinge und Aktivisten besetzen die Bundesgeschäftsstelle der Grünen in Berlin.

Das ist unser Haus, schmeisst doch endlich Simone, Cem und Winfried raus ….

 

Heute besetzten Refugees und UnterstützerInnen die Bundeszentrale der Grünen in Berlin. Ihr Ziel war es, auf die Bundestagsabstimmung am Freitag über so genannte „sichere Dritt- und Herkunftsstaaten“ aufmerksam zu machen. In dieser Abstimmung werden, wenn es nach CDU und SPD geht, Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zu Staaten erklärt, in welche bedenkenlos abgeschoben werden kann. Betroffen wären davon insbesondere Sinti und Roma, welche aufgrund des ihnen entgegenschlagenden Rassismus von dort geflohen sind und sich hier ein besseres, sicheres, kurz menschenwürdigeres Leben erhofften.

 

Die Besetzung verlief reibungslos, anscheinend hielten die zuständigen Einlassdamen die Gruppe zuerst für eine Angekündigte Besuchergruppe, bis ihnen der Grund des Besuches und die Forderungen erklärt wurden. Sogleich wurde bekundet, man unterstützte ja sowieso schon immer die Anliegen der Flüchtlinge und eigentlich wär die Aktion ja auch voll gut, nur den Arbeitsablauf solle nicht gestört werden.


Nach kurzen Verhandlungen mit dem Geschäftsführer wurde sich darauf geeinigt, um 11:30 eine Pressekonferenz im Haus abzuhalten und bis dahin den ersten Stock und die unteren Räume besetzt zu halten. Im Gegenzug würde von den Grünen keine Strafanzeige gestellt und nach der gelungenen Aktion sollten alle wieder friedlich abziehen können. Auf der Pressekonferenz wurden, natürlich auch ob des gewählten Ortes, die Grünen in die Pflicht genommen, am Freitag endlich einmal zu dem zu stehen, was sie versprechen und gegen das geplante Gesetz zu Stimmen.


“Hört endlich auf mit dem Blabla”, forderte eine der FlüchtlingsaktivistInnen die Grünen auf. Es sei ander Zeit, nicht immer nur so zu tun, als ob man für Flüchtlinge sei, sondern auch mal danach zu handeln. Sollten sich alle sieben von Grünen mitregierten Länder im Bundesrat der Novelle am Freitag verweigern, kann die Bundesregierung sie nämlich nicht durchboxen.

 

Außerdem erklärten die BesetzerInnen, dass sich die Bundespartei nicht aus der Scheiße rausreden kann, die ihre einzelnen Ortsgruppen bauen und sie damit direkt Mitschuld an der aktuellen Situation der Flüchtlinge in Berlin haben, waren sie doch maßgeblich an der neokolonialen Verarsche beteiligt, wegen welcher der Oranienplatz geräumt wurde und die der Presse stolz als „Oranienplatz-Einigung“ vorgestellt wurde.

 

Ein Schwerpunkt der in der Bundesgeschäftsstelle abgehaltenen Pressekonferenz waren die Fluchtursachen. Die SprecherInnen betonten immer wieder, dass niemand gerne sein Heimatland verließe und das Europa und auch Deutschland massiv Mitschuld an der Situation in Afrika haben.

 

So wurde auf die Verbrechen der Kolonialzeit und ihre Auswirkungen eingegangen und die Bombardierung Lybiens 2011 hervorhoben. Damals hatten nicht zuletzt die Grünen den fatalen Kriegseinsatz befürwortet, welcher das Land auf das Niveau eines Failed State zurückbombte, tausende umbrachte und Millionen in die lebensgefährliche Flucht über das Mittelmeer nach Europa trieb.

 

Einer der Refugees brachte es auf den Punkt: “Ich denke, sie wollen, das wir hier sind. Warum sonst zerstören sie mein Haus und töten meine Familie?“Auf die Frage eines Reporters, wie lange sie die Besetzung aufrecht erhalten wollen, antwortete einer der Refugees sinngemäß „am liebsten bis nach der Abstimmung, damit die Grünen nicht wieder ihre Versprechen vergessen.“

 

Die Besetzung ist eine in einer Reihe von Aktionen, die in den vergangenen Wochen auf das Thema aufmerksam machen sollten. 
Erst am 26. August hatten neun Refugees das Dach des Hostels „Georgshof“ in der Berliner Gürtelstraße besetzt. Die Besetzer auf dem Dach waren Teil der Gruppe, welche im März diesen Jahres mit dem Berliner Senat das „Oranienplatz Einigungspapier“ mit dem Abbau des Protestcamps am Oranienplatz besiegelt hatte.

 

Besagtes Papier sah unter anderem vor, dass alle Betroffenen eine wohlwollende Einzelfallprüfung bekommen, ihre Verfahren nach Berlin verlegt werden, sie finanziell unterstützt werden und ihnen der Zugang zum Arbeitsmark durch Deutschkurse erleichtert wird. Bedingung war der Abbau des Protestcamps und im Falle der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule ein Auszugsnachweis.


Das Camp wurde abgebaut – gegen den Widerstand derjenigen, welche schon damals dem Senat misstrauten. Die Refugees hielten ihren Teil der Abmachung ein.

Der Berliner Senat hingegen scheint nie ein Interesse daran gehabt zu haben, auch nur einen der Punkte einzuhalten, vielleicht mit Ausnahme von „Die Ausländerbehörde wird keine Ausreiseverweigerung aussprechen“. Deutschkurse gab es kaum, Arbeitserlaubnisse wurden auch nicht ausgestellt, selbstredend konnte sich keiner der Refugees an einer Berliner Uni immatrikulieren, und auch die Einzelfallprüfungen der Asylanträge (wohlwollend oder nicht) können in der Kürze der Zeit nicht stattgefunden haben.


So kam es, dass am 25. August 2014 einem Großteil der Refugees, welche in besagtem Hostel in der Gürtelstraße untergekommen waren, Briefe zugestellt wurden, die sie ab dem nächsten Tag Obdach-und Mittellos machten. Das nahmen neun der Betroffenen zum Anlass für die Besetzung des Daches. Wie schon bei den Oranienplatz-Protesten ging es den Besetzern auch hier jedoch nicht in erster Linie um ihr eigenes Schicksal, sondern um die Asylpolitik der BRD im allgemeinen.


So hatten sie auch relativ einfache Forderungen: Bleiberecht für Alle und ein Gespräch mit Integrationssenatorin Kolat, welche damals im Namen des Senats das Einigungspapier unterschrieb.Die Polizei, bereits eingespielt aus den Erfahrungen der Gerhart-Hauptmann-Schule, sperrte den Bereich um das Hostel weiträumig mit Hamburger Gittern ab und war fest entschlossen, die Situation auszusitzen. Am Morgen des 27.August stellte sie den Besetzern Strom und Wasser ab. Der Plan war offensichtlich: man wollte die Besetzer „aushungern und ausdursten“ wie eine Polizistin uns gegenüber sagte.

 

Die Berliner Polizei nennt das eine Strategie der „Ruhe und Besonnenheit“, ein Unterstützer vom Infopunkt in der Gürtelstraße beschrieb es treffender als mittelalterliche Belagerungstaktik. Fortan verweigerte die Polizei jeden Versuch, den Menschen auf dem Dach Nahrung oder Wasser zukommen zu lassen, auch ärztliche Betreuung wurde verweigert. Nicht mal die Anwälte der Betroffenen durften mit ihnen reden, beziehungsweise nur in Polizeibegleitung, was einer gänzlichen Verweigerung gleichkommt.


Ein Pfarrer, der von den Geflüchteten um geistlichen Beistand gebeten wurde und gekommen war, um mit ihnen das Abendmahl zu feiern, scheiterte genauso an der Polizeiabsperrung wie eine Initiative von Ärzten, die Wasser auf das Dach bringen wollten. Inzwischen hatte sich auch herausgestellt, dass der Vertragsbruch seitens des Senats kein Irrtum, bürokratischer Fehler oder Ähnliches war, sondern eiskalte Kalkulation von CDU-Innensenator Frank Henkel. Der erklärte kurzerhand das gesamte Einigungspapier, für welches er sich im März noch mit Kolat und Wowereit vor versammelter Presse hat feiern lassen, für ungültig, da seine Unterschrift fehlt. Ätschibätsch ich hatte aber die Finger gekreuzt!

 

„Der Agent der Macht benutzt die Sprache der reinen Gewalt. Der Agent erleichtert nicht die Unterdrückung und verschleiert nicht die Herrschaft. Er stellt sie zur Schau mit dem guten Gewissen der Ordnungskräfte“ schrieb Fanon über das Verhalten der Kolonialmacht in ihren Kolonien. Das gleiche trifft auf das Verhalten des Senats und der Polizei gegenüber den Refugees zu.

 

Der Zynismus, mit welchem der Nahrungs- und Wasserentzug gerechtfertigt wird, ist überwältigend. Den Refugees werde nichts vorenthalten, sie müssen nur runter kommen und es sich nehmen, ist der O-Ton. Das ihnen dann die Abschiebung droht, wird dabei nicht erwähnt. Nur Frank Henkel schafft es, diesen Zynismus noch zu überbieten, indem er nur wenige hundert Meter von dem Ort, an dem auf seine Anweisung hin Menschen hungern und dursten, ein CDU-Bürgerfest veranstaltet. Natürlich mit Bratwurst, Bier und Zuckerwatte. Auch dort lässt es sich ein junger CDU-ler nicht nehmen, allen AktivistInnen „eine Bratwurst und ein Bier“ zu spendieren, dann „müsst ihr ja auch nicht mehr hungern.“

 -Peter Schaber und Willi Berg


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https://de.wikipedia.org/wiki/Frantz_Fanon

 

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