Sich fügen heißt lügen | Gedenkdemonstration anlässlich des 80. Todestages von Erich Mühsam | 12. Juli 2014 | S-Bhf. Oranienburg (bei Berlin)
Mühsam war Vieles: Revolutionär, Utopist, Freidenker, Anarchist, KPD- und Rote
Hilfe-Mitglied, Antikriegsaktivist/Pazifist, Knast- und Staatskritiker,
Antifaschist und Syndikalist; ein Individualist mit chronischem
Geldmangel, Lebemann der schriftstellerischen Bohème, Mitbegründer der
Münchner Räterepublik 1919, anerkannter Verfasser von Gedichten,
Theaterstücken und Herausgeber und Publizist von Sachbüchern,
politischen Zeitschriften und Aufsätzen sowie ein Humorist.
All diese Lebensbereiche und Facetten Mühsams, die sich noch um einige erweitern ließen, zeichneten seine vielschichtige Persönlichkeit aus. Für uns als libertäre Antifaschist*innen, erscheinen im Hinblick auf ein politisches Gedenken drei Punkte jedoch sehr zentral für sein Wirken zu stehen: das anarchistische, antifaschistische und freigeistliche Erbe Mühsams. Denn alles was Erich Mühsam ausmachte, sah er selbst als Teil eines Weges, der zu einem besseren Leben für alle führen sollte. Denn wie Mühsam verlautbarte: Der “Zweck meiner Kunst ist der gleiche, dem mein Leben gilt: Kampf! Revolution! Gleichheit! Freiheit!”
Anarchist:
“Sich fügen heißt lügen” bedeutete für Erich Mühsam in erster Linie, für
eine herrschaftsfreie Gesellschaft einzutreten. In Staat, Kapitalismus,
Militarismus und Klassengesellschaft fand er Angriffspunkte, um gegen
Unterdrückungsmechanismen vorzugehen. Der revolutionäre Kampf sollte nie
nur für die Menschen, sondern immer auf Augenhöhe mit den Menschen
geführt werden. Befreiung verstand er immer auch als Leben und nicht
bloß als Politik. “Sich fügen heißt lügen” trifft jedoch auch auf Mühsam
als undogmatischen Anarchisten zu. So gab es zwar viele Anarchisten
seiner Zeit, auf die er sich bezog und die ihn beeinflussten. Doch ließ
er sich nie entgegen seiner eigenen persönlichen Überzeugungen vor einen
“politischen Karren” spannen. Der Ausspruch “Sich fügen heißt lügen”
trifft also Herrschaftsverhältnisse in Form politischer Systeme genauso,
wie feste politische Ideologien.
Antifaschist:
1932 bezeichnete Joseph Goebbels Erich Mühsam als einen “jüdischen
Wühler”, mit dem man “kurzen Prozeß” machen werde, sobald die NSDAP an
der Macht sei. Bereits kurz nach der Machtübertragung an die Nazis trat
Erich Mühsam der Freien Arbeiterunion Deutschlands (FAUD) bei. “Ich gehe
zu den Arbeitern und kämpfe mit diesen gegen Hitler” begründete Mühsam
später seine Entscheidung für die FAUD. Der frühe Zeitpunkt seiner
Festnahme und Ermordung zeugen davon, wie sehr Mühsam den Nazis ein Dorn
im Auge war, sowie von seinem nicht unerheblichen widerständigen
Einfluss in jener Zeit. Sein antifaschistisches Engagement als Publizist
und Schriftsteller, welches sich in den Jahren vor der Machtübergabe an
die Faschisten verstärkte, weisen zudem auf seine enorme Überzeugung
hin. Auch nach 17 Monaten Folter im Konzentrationslager Oranienburg
gelang es den Nazis bis zuletzt nicht, seinen Willen zu brechen.
Freigeist:
Lesen wir heutzutage diese zahlreichen Charaktereigenschaften und
Betätigungsfelder, die sich noch um Einiges fortführen ließen, so
stutzen wir zumindest für einen Moment. Widersprüche und Ungereimtheiten
prägten das Leben Erich Mühsams. Doch sie waren es, welche die
vielschichtige Persönlichkeit Mühsams ausmachten. Entgegen jedem Trend
und jeder Norm blieb er eine Institution für sich: nirgends einzuordnen,
niemandem zugehörig, überall dabei, aber immer er selbst. Der berühmte
Auspruch “sich fügen heißt lügen” geht also über das Ideal klassischer
Herrschaftsfreiheit hinaus und meint zudem, scheinbar Feststehendes
stets radikal zu hinterfragen, um der eigenen Meinungs- und
Willensbildung wegen. Das praktizierte der Einzelgänger Mühsam bis zur
letzten Konsequenz an sich selbst, mit dem Effekt, dass er zeitlebens
unbequem blieb – von Zeit zu Zeit auch seinen eigen Leuten gegenüber.
Die Akzeptanz seiner eigenen inneren Widersprüche trieb ihn darin an,
Widersprüche auch innerhalb sozial-revolutionärer Strömungen von
Anarchist*innen und Kommunist*innen zu überwinden. Sein Engagement galt
keinem ideologischen Dogma, sondern dem gemeinsamen Kampf aller gegen
Faschismus und für eine bessere, herrschaftsfreie und solidarische
Gesellschaft ohne Kapitalismus und Ausbeutung.
Und so rufen wir euch 80 Jahre nach seiner Ermordung dazu auf, Erich Mühsam am Ort seiner Hinrichtung zu Gedenken. In Oranienburg wollen wir gemeinsam mit euch an den ganzen Menschen Mühsam erinnern, der gelebt hat und dem sein Leben genommen wurde.
Antifaschistische Gedenkdemonstration:
12. Juli 2014 | 13 Uhr | S-Bhf. Oranienburg (bei Berlin)
www.erich-muehsam.tk
Erich Mühsam Fest
12. Juli 2014 | 15/16 Uhr | ZUKUNFT am Ostkreuz, Laskerstraße 5
Infos und Material:
www.erichmuehsam.antifa-nordost.org/material/
www.erichmuehsam.antifa-nordost.org/biographie/
Hier noch einige Unterstützer.
Unterstützer:
Das Mühsam Fest 2014 kostet Geld. Jede Spende ist herzlich willkommen:
Das Erich Mühsam Fest 2014 wird ehrenamtlich von einer freien & offenen Organisationsgruppe geplant. V.i.s.d.P.: Kulturinitiative 89 e.V. In Kooperation mit: VVN-BdA
BAIZ
Anarchosyndikalistische Jugend
Antifa Nordost Naturfreunde
Graswurzelredaktion
Setalight Records
Fischbrötchen e.V.
Helle Panke
Jungle World
Neues Deutschland
Gedankenmanufaktur Wort & Ton…
in Arbeit …
http://www.erichmuehsamfest.de/
Teilweise fragwürdige Unterstützer.
Neues Deutschland ??
Was haben denn diese Staatsfetischisten mit Erich Mühsam und/oder Anarchismus zu tuhen?