Kritik an Soliaktionen für Santander-Beschäftigte

Ein kurzer Beitrag zum Nachdenken für all jene, die gewerkschaftliche Arbeit bislang für um jeden Preis wichtig halten.

 

In der letzten Zeit mehren sich Solidaritätsbekundungen und -aktionen mit der CNT in Spanien, die gegen die Santander-Bank kämpft (wegen Entlassung in ein lohnarbeitsloses, und in Spanien also eher mieses Leben, sofern die Ex-Beschäftigten keinen Selbstversorgungsgarten haben).

Doch Solidarität mit der anarchistischen Gewerkschaft, die versucht, Leute wieder in ihre Jobs bei - ausgerechnet - Santander zu bekommen? Was ist Anarchismus?

Santander ist ins Knastgeschäft, ins Rüstungsgeschäft und in Zwangsräumungen eingebunden. Dieses Kreditinstitut ist aktiv daran beteiligt, Menschen und Natur zu zerstören.

Anarchisten schimpfen über Outsourcing und Zeitarbeitsfirmen, die es leicht machen, Beschäftigte zu feuern.

Geht es darum, solche Arbeitsplätze zu erhalten und die Strukturen, in die sie eingebettet sind? Die Arbeit in einer Bank zu verteidigen?

Was kommt als nächstes? Kürzungen bei den Diäten von Politiker*innen bestreiken? Den Rauswurf aus dem VW-Vorstand beklagen? Knastwärter*innen gewerkschaftlich organisieren?

Vielleicht kann in den Köpfen, mit etwas mehr Ruhe, Zeit (dann ist auch weniger Polemik nötig, die leider Aufmerksamkeit zieht in einer reizüberfluteten twitter-Welt), darüber nachgedacht werden, ob vielleicht eine semipermeable Membran bei der Solidarität mehr Sinn ergibt als die freie Diffusion, die doch sehr nach..."was, eine Entlassung? Na los, Soliäktschn, klar!" duftet...

 

PS: du sitzt schon am computer, wenn du mehr infos über die geschäfte von santander willst, lies die artikel selbst

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deine Ansichten aus der Welt des lupenreinen Kollektives (ausserhalb des Kapitalismuses?), des Hartz IV oder der Papa-/Mama - Finanzierung. In vielen Ländern gibt es deine "heile Welt" nicht. Kein Hartz IV (Griechenland etc.) und keine reichen Eltern oder das anarchistische Traumkollektiv. Oft aber Familie plus Kinder. Im Kapitalismus gibt es dann Lohnarbeit, Banküberfall oder Verrecken. So arbeiten dann die meisten, so sie denn Arbeit finden, lieber in kapitalistischen Firmen (und nur du unterscheidest da zwischen "böse" und "ganz böse"), als zu verrecken.

 

Deshalb gilt unsere Solidarität den Streikenden!

 

Deine Kritik ist die Kritik vom hohen Ross und mehr verbalradikal, denn realistisch und entspringt der Klassen - Feindlichkeit eines Teiles der Linken. Die Forderungen der Santander - Angestellten sind genauso plausibel, wie die der Lampedusa - Flüchtlinge nach Arbeitserlaubnis. Ist dir das zu hoch?

"plausibel" ist das richtige Wort. Es ist verständlich das Menschen nicht verrecken wollen, ob Obdachlose, Geflüchtete oder einfach Lohnabhängige.

Es ist entsprechend nett, dass diesen Menschen beim Überleben geholfen wird, durch Spenden, Streik oder Protest für (manche) ihrer individualisierten Forderungen. Zu mehr als netter Sozialarbeit wird es an dem Punkt, an dem auf eine Bewegung hingewirkt wird und dabei die privaten Notlagen in eine allgemeine Kritik am Kapitalismus eingeordnet werden.

Wenn ich Menschen aufgrund ihrer Funktion in der Gesellschaft für die Sache für nicht mehr gewinnbar halte (mit einem realistischen Aufwand), halte ich auch Solidarität für unangebracht (z. B. bei der Gefängniswärter_innen Gewerkschaft ;-)). Ein akuter "Opferstatus" macht noch keine 'guten' Menschen.

Was sind das denn für Kategorien? "Nett"? Du bist nett, weil solvent und hilfst grosszügig durch "Spenden" oder (Online) - Protest beim Überleben. Das ist schon mehr als metropolenchauvinistische Stellvertreter - Politik. Und natürlich geht es nicht unter "ums Ganze", alles andere ist Sozialarbeit oder Reformismus. Schon klar. Entweder Revolution jetzt oder Verrecken, Schwarz oder weiss. Toller Hecht,du!

 

Und du entscheidest, wer gewinnbar ist oder nicht? Wann haben wir dich in welches ZK oder Gebietskomitee gewählt?

 

Stell dich mit deinem Unsinn mal auf den Exarchia - Place in Athen oder die Rambla in Barcelona.

 

(Auf die Sache mit dem akuten "Opferstatus" gehe ich nicht ein. Sie ist widerlich arrogant)

Scheinbar war mein Beitrag missverständlich. Es geht mir nicht darum Menschen nicht zu unterstützen, sondern dabei das politische Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Dabei geht es um die ganze Gesellschaft, d. h. natürlich auch um Menschen: Ich glaube nicht, dass sich durch kleine Verbesserungen für kleine Gruppen der Kapitalismus für alle angenehm machen lässt. Wenn wir hier eine Abschiebung verhindern indem wir hier eine einzelne Person verstecken, dann ist das nett*, ändert aber ggf. nichts an der Gesamtsituation für viele Menschen. Da wir aber "das gute Leben für alle" im Blick haben (zumindest habe ich das), sollten wir eben auch (bzw. zusätzlich) an der Gesamtsituation arbeiten.

Das muß eben nicht gleich durch eine (klassische) Revolution passieren. Stattdessen kann z. B. auch mit den jeweils Betroffen versucht werden den Fokus auf den gesamten Kapitalismus zu vergrößern.

Ich entscheide dabei für mich, wen ich für gewinnbar halte bzw. bei wem ich nicht befürchte, dass dadurch das ich für diese Person ein größeres Stück vom Kuchen erkämpfe, die gesamt Situation beschissener wird (was für viele andere Menschen scheiße ist).

Das grundsätzlich "alle unterstützen" halt ich dabei schon aufgrund von begrenzter Lebenszeit für naiv: Habe ich einen coolen Menschen unterstützt, zieht dieser später (nach der Überwindung der eigenen Misere) am gleichen Strang und unterstützt selbst wieder Leute. Habe ich einen homophoben, sozialchauvinistischen Antisemiten unterstützt, unterstützt dieser wahrscheinlich eher niemanden.

 

 

*nett: Es ist nicht selbstverständlich, da es viele Leute einfach nicht tun. Wenn es grundsätzlich selbstverständlich wäre, dass priveligierte Menschen nach einem Ausgleich streben, hätten wir wahrscheinlich Kommunismus und müßten dieses Gespräch nicht führen. Ich wünschte das wäre so, aber jetzt brauchen wir leider eine Kategorie um Verhalten zu bezeichen, dass sich positiv abhebt (und  vielleicht näher am dem Wünschenswerten in einer "befreiten Gesellschaft" ist). Das nenne ich nett.

ich hoffe ich habe da auch noch ein paar denkanstöße.

 

Das Individuum steht bei Anarchosyndikalistischen Gewerkschaften wie der CNT (spanien) oder der FAU (deutschland) mehr im vordergrund, diesen vorzuwerfen "das politische Ziel" aus den Augen zu verlieren finde ich doch etwas fragwürdig. So beschreibt der Anarchosyndikalismus die Gewerkschaft als Organisation für alle lebensbereiche, die in sich schon eine möglichst "befreite Gesellschaft" formen soll.

Das fast alle Konzerne unseren interessen einer befreiten Gesellschaft widersprechen, kann doch nicht dazu führen Lohnabhängige nicht mehr gewerkschaftlich zu unterstützen.

 

'Das grundsätzlich "alle unterstützen" halt ich dabei schon aufgrund von begrenzter Lebenszeit für naiv'

Als Mitglied der CNT oder FAU unterstützt man alle anderen Mitgleider, und wird ebenso unterstütz wenn man es benötigt. Das ist weder naiv noch unschaffbar, das ist eine alternative zur kapitalistischen Gesellschaft und funktioniert so bereits seit vielen Jahren.

 

Ich begrüße die solidarisierung mit den Genoss_inn_en der CNT und wünsche mir eine starke Gewerkschaftsbewegung, die in der lage ist einzelne gut zu unterstützen und dabei auch tiefgreifende gesellschaftliche veränderungen zu bewirken.

"Wann haben wir dich in welches ZK oder Gebietskomitee gewählt?

Stell dich mit deinem Unsinn mal auf den Exarchia - Place in Athen oder die Rambla in Barcelona."

 

ah, da ist es wieder, das herrschaftsfreiheit anstrebende, basisdemokratische, machtverhältnisse gegen respektvolle verhältnisse austauschen-wollende gesicht der wahren anarchisten...ein schönes beispiel, wie diskussion und debatte geführt wird, sobald die identität mal angekratzt wird.

 

ich persönlich lasse mich nicht wählen, erst recht nicht von anarchisten. und "wir", wer ist das bei dir? welcher mob steht geschlossen hinter dir und deiner meinung, da du ihn doch so selbstverständlich, ohne jegliche definition des "wir" und "ihr" zitierst?

 

und was passiert auf dem exarchia in athen, wenn ein mensch solche ansichten äußert, was willst du damit andeuten? gibt's applaus, oder ignoranz, oder ist dir eher nach faustargumentation?

Lies doch den Textfetzen gründlicher. Da steht nirgends etwas davon, dass die Arbeit der Gewerkschaft abgelehnt wird. Da steht nur, dass es problematisch ist, dass solche Gewerkschaftsarbeit als anarchistisch bezeichnet wird, also zum Ziel hat, Staat und Kapital umzustürzen und eine andere Gesellschaft herbeizuführen. Die Frage stelle ich mir auch, wie Menschen, die vom System abhängen, den Umsturz des Systems befürworten sollen, ohne alternative Ansätze zu leben. Wenn auf Indy immer diese Schnellschüsse kommen, frage ich mich, wie viel tiefe Überlegung dahinter steht. Denn in gewisser Weise kann auch behauptet werden, dass diese Gewerkschaftsarbeit "verbalradikal" ist, denn da machen selbsternannte Anarchisten eine selbsternannt anarchistische Arbeit, aber im Endeffekt erledigen sie nur das, was die großen Gewerkschaften wegen ihrer Verstrickungen nicht mehr hinbekommen.

Und ein schwarz-weiß-Denken kann auch dem Kritiker unterstellt werden, denn es gibt nur anarchistische Traumkollektive oder Menschen ohne Alternativen in Griechenland. Ich habe gelesen, dass in Griechenland die Stadtflucht zunimmt und mehr und mehr Leute auf dem Land Gemüse anbauen. Es gibt also nicht nur "Wohlstandshartz" (was auch kein Wohlstand ist, sondern Terror) oder Bankarbeit.

 

Ich nehme mit, dass es darum geht, das, was man macht, als solches zu benennen, und nicht als etwas zu verkaufen, was es nicht ist.

Wo liegt denn das Problem, zu sagen, dass man einfach Gewerkschaftsarbeit macht, um Menschen ihre beschissene Arbeit zu erhalten - und zuzugeben, dass das nichts am System ändert, sondern es stärkt, das ist doch nicht komplett abzulehnen, wenn es kleine Verbesserungen für einzelne Menschen gibt, solange das nicht als revolutionär oder so etwas verkauft wird.