Protokoll Offenes Treffen zur Selbstorganisierung Berlin vom 13.2.2014

Protokoll Offenes Treffen zur Selbstorganisierung Berlin vom 13.2.2014: Hier ist zu lesen, was das letzte Offene Treffen zur Selbstorganisierung, das in Berlin im New York/Bethanien stattgefunden hatte geredet, diskutiert und geplant hat.

 

Vorweg: Es waren keine 500 Leute da und es entstand kein Vorschlag zur Rettung der Welt oder der Bewegung – ABER: es hatte sich ein Haufen von Leuten getroffen und über einige Stunden intensiv und konstruktiv miteinander diskutiert, was in Berlin nicht allzu oft in dieser Form gelingt! Im Gegensatz zu den vorherigen Versammlungen ging es weniger um die Art und Form der Versammlung selbst, sondern es wurde eine inhaltliche und zum Teil kontroverse Debatte vor allem um das Verhältnis zum O-Platz-Camp, zum Refugee-Strike geführt.



Ein Großteil der Anwesenden empfand die Diskussion als anregend ("viel zu lange nicht so miteinander geredet, über Gruppengrenzen hinweg!") und war motiviert, für das nächste Treffen früher, offener und besser einzuladen, damit mehr Menschen sich daran beteiligen können.



Der nächste Termin soll Mitte März im Versammlungsraum Mehringhof, Gneisenaustr. 2a stattfinden - achtet auf den Stressi und Ankündigungen hier und erzählt den Termin weiter!

 


Die gemütliche Runde im New Yorck im Bethanien entschied sich aufgrund des Struktur-Vorschlags der moderierenden/einleitenden Gruppe (Danke!) relativ schnell, eine inhaltliche Debatte über das Camp auf dem O-Platz zu führen - diese Diskussion war auf dem letzten Treffen bereits angefangen worden, hatte dort aber nicht genug Raum bekommen. Einige hatten auch den Versuch unternommen, Teilnehmende des O-Platz-Camps hierher auf das Treffen einzuladen, dazu unten mehr.



Zuvor stand als Vorschlag im Raum, den Charakter der offenen Treffen zu diskutieren (- Was aus AVV's lernen? - Kommunikation ohne Institutionalisierung und Hierarchie - Anschlußmöglichkeiten - Repression auf AVV).

Man war sich einig, fürs nächste Mal den Termin des Treffens früher und besser anzukündigen; Protokolle der Treffen wurden für sinnvoll erachtet (hier ist eins ;-)) Diskussionspapiere sollten vorher verbreitet werden (z.B. wie hier: https://linksunten.indymedia.org/de/node/103323) - noch besser vielleicht ein knapper Text (eine A4-Seite) mit markanten, streitbaren Thesen

- Fragen waren, ob es an sich schlauer ist, erst die gemeinsame Ausgangsbasis der Anwesenden/ VV-Teilnehmer*Innen zu klären oder ob man sich einer möglichen Basis anhand einer Debatte über laufende Kämpfe annähert (die Vorbereitenden hatten vorgeschlagen, im inhaltlichen Teil gemeinsam aktuelle Kämpfe zu analysieren, z.B. Krise(nproteste) - Miete - Hamburg 21.12 -  Antirepression - AntiRa - AntiFa mit ihren Stärken und Schwächen)

- als Wunsch an das Treffen wurde formuliert: offene Plena sollen Raum sein für Leute aus unterschiedlichen Teilbereichskämpfen, die aber auch immer wieder zusammen kommen, denn wir alle müssten besser organisieren, dass wir mehr werden. Wir sollten aus Teilkämpfen zu gemeinsamem Kampf kommen, denn die ursächlichen Strukturen sind in den jeweiligen Kämpfen die gleichen, aber der Diskurs über das große Ganze fehlt

- das offene Treffen sollte ein Dach für unterschiedliche Interessen bieten (für diejenigen, die hier etwas gemeinsames, konkretes Planen wollen - für diejenigen, die hier in größerem Rahmen inhaltlich diskutieren wollen - für diejenigen, die sich hier schnell vernetzen wollen, um auf Anlässe von außen besser gemeinsam reagieren zu können - für Terminansagen etc.); vielleicht könnten verschiedene strukturierte Blöcke eines solchen Treffens die verschiedenen Interessen bedienen, so dass für alle Interessen etwas dabei ist

- solche Blöcke bzw. alle Interessen bedienen zu wollen kann auch zu faulen Kompromissen führen; schließlich dauert es oft lange, bis Diskussionsprozesse in solchen Runden starten, deshalb sind evtl. 2 Veranstaltungen besser als 2 Blöcke

- zum Thema Teilkämpfe: die gemeinsame Basis fehlt oft; man bezieht sich zu wenig aufeinander, alle werkeln zu kleinteilig vor sich hin; ein Hervorheben der gemeinsamen Basis ist gut! Zum Thema Blöcke bilden: man hat schon zu lange darüber geredet, wie solche Treffen sinnvoll zu gestalten sind: das führt zu gar nix; vorbereitete Treffen sind besser

- zur (gemeinsamen) Basis: der Beschluß alleine genügt ja nicht und schafft auch kein Vertrauen, man sollte besser den eigenen Horizont erweitern, auf Kämpfende zugehen

- das Bethanien als Ort, sich zu treffen und dahin einzuladen ist zu subkulturell geprägt und nicht bekannt genug



Die Frage, wie wichtig der Ort an sich ist, blieb offen, es wurde sich generell mehr Verbreiterung des Termins gewünscht.



Nach dem letzten Offenen Treffen, auf dem bereits über das Camp auf dem O-Platz geredet worden war, sind einige Leute dort gewesen und haben einige der Geflüchteten zum Offenen Treffen eingeladen. Es gab jedoch hierzu keine positive Reaktion, sondern es wurde sich gewünscht, dass, wenn über den O-Platz diskutiert werden soll, man das dann doch auf dem O-Platz selber und mit den Leuten dort machen solle.



Hierüber begann nun eine längere Debatte, die dann zu generellen Fragen des Verhältnisses zu den Refugee-Kämpfen, zum Stand der AntiRa-Bewegung etc. führten. Die Frage, ob diese Diskussion auch ohne anwesende Flüchtlinge geführt werden könne, wurde selbst zum Gegenstand der Debatte.



- der Wunsch, über den O-Platz nur auf dem O-Platz zu diskutieren, irritiert. Hier, im Bethanien bzw. in geschlossenen, geschätzten und/oder warmen Räumen kann man doch auch gut diskutieren

- ohne die Geflüchteten kann zwar deren Kampf analysiert werden, aber nicht deren Betroffenheit

- Was genau ist damit gemeint? Warum?

- die weiße deutsche Rolle, der deutsche Paß

- z.B. am Thema Arbeitserlaubnis: als deutsche weiße Linksradikale kann der Wunsch nach Lohnarbeit abgelehnt werden, aus anderer Position heraus ist die fehlende Arbeitserlaubnis ein Problem, ein Kampffeld

- aber eine solche Forderung von Flüchtlingen würde doch niemand hier ablehnen

- es geht v.a. um das Bleiberecht; erst wenn dies vorhanden/erkämpft ist, dann kann Integration ins kapitalistische System erfolgen (bei Menschen mit deutschem Pass ist dies schon vorausgesetzt) Wie kann hier ganz konkret geholfen werden?

- die Forderungen des O-Platzes sind nicht revolutionär

- eine Analyse über die O-Platz-Kämpfe und Situation mit vielen Leuten wäre wichtig!

- eine ausführliche Analyse darüber fehlt in der radikalen Linken, deshalb ist sie nicht Teil der Kämpfe

- Forderungen der Flüchtlinge beziehen sich halt auf gesetzliche Änderungen, die Forderungen der radikalen Linken nicht, deshalb gibt es hier Unterschiede

- man kann es auch als zwei verschiedene Ebenen betrachten: es gibt das Ideal, das man gerne hätte (kein Kapitalismus...) und die Realität, mit der man sich auch mit realistischen Forderungen auseinandersetzen muss; deshalb: es gibt ein Recht, sich ins Dreckssystem eizureihen, auch, um sich dann ermächtigen zu können!

 

Das Offene Treffen diskutiert eine ganze Weile darüber, ob und wie die Kämpfe am und um den O-Platz revolutionär sind, ob diese Beschreibung überhaupt viel bedeutet und wie die eigene Rolle als weiße, als Antirassist*Innen in diesen Kämpfen aussieht

 

- man kann nicht über die Forderungen der Leute vom O-Platz reden, ohne die eigenen Privilegien zu sehen; auch der O-Platz- Kampf ist revolutionär; allein die Forderungen sind revolutionär innerhalb des rassistischen Systems

- zum Begriff 'revolutionär': die Forderungen des O-Platz-Camps sind revolutionär, aber es geht in ihnen nicht um eine revolution, um  ein Umwerfen der Verhältnisse; trotzdem ist es z.B. auch gut, Lohnkämfe zu unterstützen, auch wenn diese nicht radikal sind; es muss auch nicht immer alles radiakl sein - der Begriff wird recht inflationär benutzt

- die Forderungen der Geflüchteten werden nicht erfüllt werden können, weil das System zu rassistisch ist

- es ist sinnvoll, sich direkt zu solidarisieren, weil dies eine direkte Wirkung haben kann (ob es erfüllt wird, oder nicht); es wäre schwierig und falsch, nicht mehr mitzumachen, wenn etwas als reformistisch bezeichnet wird

- man kann/sollte auch in die eigene linke Geschichte gucken, z.B. die RZ haben mal revolutionäre Flüchtlingspolitik definiert; der Begriff wird heute viel zu inflationär gebraucht

- der zeitliche Kontext bei den RZ und in Bezug auf den Begriff 'revolutionär' ist wichtig; in den 90ern wurde der 'revolutionäre' Antifaschismusentdeckt, Stichwort AABO-Gründung - aber hier gab es Konzepte, anstatt nur zu sagen, dass Antifaschismus revolutionär sei; damals war man ehrlicher, es ging z.B. um Selbstschutz. Flüchtlingskämpfe sind unterstützenswert, aber wo ist eigentlich unsere Rolle im Praktischen und im Theoretischen?

- Zustimmung zum vorher Gesagten. Eine komplette Analyse der Kämpfe muss ja gar nicht sein; es wäre aber schon mal interessant, unser Verhältnis zu UnterstützerInnen, zu den weißen Supportern zu klären, z.B., weil hier manchmal auch Beschwichtigungen stattfinden und revolutionäre Ansichten/Forderungen gar nicht weitergetragen oder falsch übersetzt werden. Die Kämpfe und Forderungen sind gerade im Moment recht schwach und eher in einer defensiven Position; die Politiker*Innen gewinnen momentan; ursprünglich war es am O-Platz mal offensiver

- die O-Platz-Kämpfe setzen sehr auf die Politik, auf Politiker*Innen und stellen Rolle der herrschenden Politik gar nicht mehr in Frage

- aber es kommt im Moment niemand mehr am Thema vorbei, alle haben ihre Rolle darin; z.B. die SchülerInnen-Demo heute (13.2.) war gut; wir verpassen eher viele Möglichkeiten; es ist gut, dass der O-Platz mitten in der Stadt ist; momentan findet sich dort wohl auch etwas Resignation, Alltagsprobleme verstärken sich

- der O-Platz ist inzwischen schon defensiv geworden; radikale Leute sind gegangen. Die Platzbesetzung an sich ist natürlich ein Zeichen, aber viel mehr kommt im Moment nicht

- wenn der Kampf am O-Platz inzwischen defensiv geworden ist, dann hat die radikale Linke nicht (genug) unterstützt; es gibt einen großen Einfluss weißer deutscher Reformist*Innen dort

- wir als radikale Linke waren und sind aber auch defensiv und sind dort gar nicht so intensiv eingestiegen; darum ist es auch besser, darüber zu reden, warum genau wir dort nicht präsenter sind. Wir können hier unsere Rolle diskutieren, unsere Perspektiven, unsere Privilegien. An sich müsste man ansetzen am NoBorderCamp in Köln (und den dortigen bzw. anschließenden Debatten), um die eigene, inzwischen defensive Rolle zu analysieren; die Diskussion um die Rolle der momentane Unterstützer*Innen ist darin auch interessant!

- Wir sollten uns eher fragen, wo man den Kampf in unsere Vorstellungen und Kämpfe einbettet, anstatt zu diskutieren, wie sich die Geflüchteten verhalten und organisieren

- wenn der Kampf unterstützt werden soll, man aber nicht 'supporter*In' werden will, ist das schwierig; momentan gehen die meisten eher nur auf die Demos, sind aber nicht präsent vor Ort. Kann man als organisierte Struktur auf den O-Platz zugehen? Als Weiße können wir keinen antirassistischen Kampf führen

- Widerspruch: es gibt dafür jede Menge historische Beispiele, dass Weiße einen atirassistischen Kampf führen können – da sitzen zum Teil sogar noch Leute dafür im Knast (Weather-Men). Es geht um Augenhöhe, um gemeinsame Interessen. Für antirassistische Positionen stehe ich auch ein! Der Knackpunkt ist doch, dass sich mit dem Aufkommen der critical-whiteness-Debatte viele zurückgezogen haben aus Angst vor Fettnäpfchen, aus Angst, an den Uni-Diskursen nicht teilhaben zu können und kritisiert zu werden; vielleicht muss man aber auch mal Unbeliebtheit riskieren

- Ist es eine Frage des Mutes?

- Wie sehen denn die unterschiedlichen Verständnisse von antirassistischem Kampf aus?

- Unsere Privilegien müssen einbezogen werden

- Was heißt denn das genau?

- es ist der deutsche Pass, das Privilegium, nicht abgeschoben werden zu können

- um so mehr kann man ja auch kämpfen, oder wovor hat man denn dann Angst?

- der Kampf der Flüchtlinge sollte auch unser Kampf sein

- die soziologische critical-whiteness-Debatte ist wichtig als Hintergrund, aber jetzt als Weiße*R nicht (mehr) antirassistisch kämpfen zu können wäre falsch. Wenn die Debatte Richtung 'Buße tun' ausschlägt, dann wirkt dies wie eine Narkosespritze, weist keine Perspektive auf militante Politik, in der Grenzen eingerissen werden können/sollen

- Warum reden wir über „die“ statt über uns? Ok, O-Platz-Kampf ist nicht mein persönlicher Kampf, aber ich bin darin Helfer/Unterstützer*In. Besser ist die Frage, wie wir mehr Solidarität ausdrücken können durch eigene Kämpfe. Es muss mehr darum gehen, durch eigene Kämpfe miteinander in Verbindung zu kommen.

- Woher kommt eigentlich die Rhethorik 'mein Kampf' und 'Kämpfe der anderen'? Krude ist auch oft die eigene deutsche Rolle, die Wahrnehmung als Deutsche*r und das Verhältnis zur deutschen Politik, die (scheinbaren) Verantwortlichkeiten dafür etc.

- zur Frage der Privilegien: wer sie hat, sollte diese Privilegien positiv nutzen; man trägt auch Verantwortung, dies zu tun. Man soll sich also nicht mit dem deutschen Pass identifizieren, sondern die eigene Rolle pragmatisch nutzen

- es gibt keine Grenzen zwischen 'mein Kampf' und 'dein Kampf' – die Leute vom O-Platz sind natürlich massiv und verstärkt betroffen, aber der Wegfall von Grenzen, die Verringerung von Rassismus ist auch gut für mich/andere und somit wird/ist dieser Kampf auch mein Kampf

- bisher herrscht hierzu aber auch hier offenbar keine Einigkeit

- müssen wir uns denn immer einig sein? eine 100%ige Interessensübereinstimmung ist nicht möglich

- Jede*r kämpft halt nach seinen/ihren Möglichkeiten

- es gab und gibt aber faktisch viele Spaltungen im AntiRa-Bereich, wegen der Diskussionen um critical-whiteness. Dies wurde nie richtig offen oder breiter diskutiert, viele haben sich seitdem abgeschottet. All dies hat die Kämpfe schwieriger gemacht, dabei kämpfen doch auch wir (und kämpften früher viele, z.B. das K.O.M.I.T.E.E. gegen Abschiebeknäste. Die Diskussion wirkte wie ein Dogma und hat viele abgehalten, aktiv zu werden

- die Debatte ist aber wichtig: der erste Punkt ist, die eigenen Privilegien zu akzeptieren und dabei eine Abwehrhaltung zu vermeiden; wir sollten die Schockstarre verlassen und darüber hinausgehen. Wessen Kämpfe? Der spezielle Kamp um Anerkennung der geflüchteten Menschen kann dann auch unser Kampf werden

- zur Frage 'mein Kampf' – 'dein Kampf': dies ist schwer zu verstehen; Ziel und Utopie ist doch herrschaftsfreie Gesellschaft, damit fühlt man sich verbunden. Eine Trennung der Kämpfe ist nicht gut – das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass man sich nicht mit Privilegien auseinandersetzen sollte

- Zusammen kämpfen macht Sinn, aber es ist auch wichtig, genau zu gucken, wie welche Unterdrückungsverhältnisse funktionieren. Daraus leitet sich ab, nicht alle als 'wir' zu bezeichnen. Es tut uns gut, diese Mechanismen besser verstehen zu lernen. Manchmal ist es schwer oder auch falsch, z.B. in unseren Aufrufen vom 'Wir' zu schreiben, manchmal ist es aber auch genau richtig!

- Manchmal liegen die Dinge zu kompliziert, um alle ins große 'wir' zu vereinen; die bestehenden Unterschiede müssen auch sichtbar gemacht werden

- Es wäre schön, wenn alle das 'Wir' wären, aber es gibt praktische Unterschiede und deswegen gibt es auch verschiedene Kämpfe

- aber die Unterschiede sollten auch nicht in der Form hervorgehoben werden, dass dadurch neue Mauern aufgebaut werden

- Nein, es muss genau darum gehen, Verbindungen, Verknüpfungen zu suchen, statt Grenzen

- es sind doch Rassist*Innen, die Unterschiede kreieren, Antirassist*Innen sollten reale Unterschiede benennen und umwerfen, durch gemeinsame Kämpfe

- man sollte als Einheit vorgehen

- 2 der besten letzten Spontis fanden im Zusammenhang mit den Kämpfen der Geflüchteten statt; hier gab es viele Freiräume, die nicht genügend/kaum genutzt worden sind – so hätten eigentliche alle Mauern danach voll mit Parolen sein müssen. Sonst macht sich Ratlosigkeit breit, welchen Sinn solche freieren Demos haben sollen, wenn die entstandenen Freiräume nicht genutzt werden

- hier gibt es auch immer Probleme mangelnder Kommunikation

- viele haben die Chancen/Freiräume auf den Spontis nicht gesehen/erwartet – vielleicht hat das etwas damit zu tun, dass man die Aktionen/Bedrohungen gegen das Camp nicht als Angriff auf sich selbst gewertet hat?

- auf den Spontis war aber ein erstaunlich breites Spektrum anwesend. Eine Stärke war/ist die Form der Mobilisierung (SMS-Ketten, Handys...) war gut und macht Anknüpfungspunkte zu nicht so Radikalen möglich, das anwesende Spektrum hat sich selbst vielleicht nicht mit der Spraydose in der Hand gesehen...

- wir sollten uns aber besser auf unvorbereitete Freiräume einstellen/vorbereiten

- Widerspruch zur Einschätzung der Spontis: die Identifikation mit dem Thema, mit den Geflüchteten war dort eher sehr hoch, bei vielen gab es eine recht starke Aufgewühltheit (wegen NSU-Morden, wegen teilweise Pogromstimmung gegen Flüchtlinge (Hellersdorf etc.)); vielleicht hätte die Dynamik besser gehalten werden können, wenn es vorher schon solche Offenen Treffen wie dieses hier, eine Versammlungskultur gegeben hätte... Es ist allerdings auch eine Art Demobiliserungspolitik, wenn beklagt würde, es wären „wieder nur deutsche Autonome“ aktiv gewesen; auf den Spontis gab es viele junge, wütende entschlossene Leute mit Potenzial

- vielleicht sollten wir hier und jetzt überlegen, was zu tun ist im Falle einer Räumung – oder gerade auch, was zu tun ist, wenn nicht geräumt wird?!

- scheinbar muss immer erst etwas Krasses am oder um das Camp herum passieren, bis eine Sponti zustande kommt, schade!

- Warum ist das so, warum braucht es sowas?

- das hängt mit unserer Privilegiertheit zusammen, weil wir uns damit abgefunden haben

- genau, das ist ein häufiges Problem in Berlin, dass alles immer nur Reaktionen sind; da ist eine Schwäche; niemand kommt auf die Idee, in Zeiten der der Stille mit dem Frieden zu brechen

- wir sind aber zu schwach, um anlasslos Aktionen zu machen, auch wenn tagtäglich Anlass dafür vorhanden ist; außerdem holt man sich dadurch auch erst recht miese Erfahrungen/Frust, wenn solche Versuche klein und schwach bleiben; es macht durchaus Sinn, sich um Mobilisierung zu bemühen, sich mit anderen Leuten zu vernetzen, für etwas zu werben anstatt sich zu wundern, warum andere bei einer (der eigenen) Sache nicht mitmachen (vgl. als schlechtes Beispiel Aufruf zur Demo mit linken Themen am 25.1.14 in B. Charlottenburg http://de.indymedia.org/2014/01/351753.shtml)

- dann liegt ein Missverständnis vor: es sollte uns mehr darum gehen, sich Ort und Anlass nicht mehr diktieren zu lassen, sondern wir sollten dahin kommen, uns zu organisieren, ohne dass es äußere Anlässe gibt; Rund-SMS sind gut, wie müssen uns insgesamt besser zu vernetzen

- Fehlt Führung?

- Nein, nein, es fehlt Kommunikation und Vernetzung, auch, damit mensch sich auf der Straße erkennt

- man muss erkennen, dass die Betroffenheit von Rassismus nicht die eigene ist – dann ist es auch schwierig, diese Kämpfe dann als Weiße*r als antirassistisch zu labeln

- auch wenn der Vergleich vielleicht etwas zu einfach ist, aber er muss jetzt hier doch mal bemüht werden: wenn Männer sich so einfach aus feministischen Kämpfen stehlen würden, indem sie sagen: 'ich kann ja per se gar nicht an diesen Kämpfen teilnehmen, ich bin nicht betroffen', dann würden sie Ärger bekommen; das heißt nicht, dass sie sich dort mackrig und unreflektiert einbringen können– genau, wenn das passiert, gibt es auch zu Recht auf den Deckel, und zwar aus antipatriarchaler Perspektive. Das ist genau der Punkt: man kann und sollte doch miteinander reden, auch kritisch reden, auf Augenhöhe, wenn etwas in solchen gemischten Kämpfen schief läuft. Genauso sollte es in antirassistischen Kämpfen laufen. Aber wenn Genossen sagen: ich kann hier nicht kämpfen, dann sollte man durchaus etwas unruhig werden, dass da was schief läuft!

- Solidarität ist doch das wichtigste!

- das Argument mit der fehlenden Betroffenheit war so gemeint, dass daher nicht so viele zu den Demos kommen/ sich an den Kämpfen beteiligen, und zwar aus Angst, aus Vorsicht vor diesen komplexen Situationen

- zu unserer Bewegung, die immer nur reaktiv handelt: der scheinbare 'Friede', wenn z.B. das Camp nicht geräumt wird, ist auch nicht gut...

- man spürt dies auch bei sich selbst; es gibt nun mal unterschiedliche Motivationen. Zu einem beliebigen SMS-Aufruf gegen die ganze Scheiße kommt niemand

- Gibt es etwas dazwischen? Spontis mit Freiräumen aufgrund konkreter Anlässe und selbstterminierte Demos gegen die ganze große Scheiße; HH21 war so ein gutes Beispiel: reaktiv, aber auch gut

- viele Sachen klappen, wenn bestimmter Erregungskorridor vorhanden ist; die Szene ist zu sehr beschäftigt mit ihrem Alltag, mit dem politischen Klein-Klein, mit Treffen, Veranstaltungen etc. Der Unterschied zwischen Berlin und Hamburg liegt darin, dass HH immer gut vorbereitete Großdemos hat – dort wird viel Energie und Zeit dahinein reingesteckt; in Berlin sind alle zu sehr in Teilbereichskämpfe verstrickt; bei den AVVs war das noch ganz gut, da kam etwas zusammen, anschließend kam die anfangs guten WBA-Versammlungen zustande. Berlin hat einfach ein Überangebot an z.B. Infoveranstaltungen

- es gab und gibt ja immer mal wieder Versuche, so etwas zu tun, warum schläft das immer wieder ein? Es gibt keine Leute, die daran interessiert sind

- das hat auch mit Außendarstellung zu tun: der 1.Mai-Diskussionsansatz 2013 z.B. war gut, aber darin wurde sich eher an Bestehendem abgearbeitet, anstatt eigene Akzente/Impulse zu setzen. Bei uns funktioniert zu viel über Abgrenzung...

- Wir müssen die Formen besser überlegen und überdenken. Was kann ein Plenum (wie dieses) bringen? Wie verläuft hier die Entscheidungsfindung? Hier sitzen wohl v.a. Studierende und HartzIV-Empfänger*Innen [ teilweise Amüsiertheit im Raum ], was bedeutet das für uns, für die Formen, für antikapitalistische Politik?

- Hier sitzen ja gar nicht so wenige, es gibt ja auch insgesamt gar nicht soo viele, die so 'krass aktiv' sind und hier sitzt auch nur ein Teil eines Spektrums. Wichtig ist es, Momente zu finden, wo etwas geht, wo größere Sichtbarkeit erreicht wird. Wir müssen Orte und Mitmachmöglichkeiten bereitstellen!

- doch, hier sitzen zu wenige, denn es gibt definitiv mehr, die hieran Interesse haben (müssten). Es ist nicht die Plenumsstruktur, die das Problem ist. Die AVV hat ja auch mal einige Zeit lang gut funktioniert

- die Art und Weise des Protokolls sollte nicht abschreckend sein [ das kann ja ab nun hier beurteilt werden – es war ein Versuch, schreibt hierzu das Protokoll... ]; gut wäre, eine Art Zusammenfassung [ vielleicht versucht sich daran noch jemand? Die kurisven Unterstreichungen sind übrigens ein Versuch, die größeren Linien der Diskussion nachzuzeichnen und sollen keine Wertung der Beiträge sein - das Protokoll ]. Momentan schließen sich in Berlin einige der Großgruppen zusammen, andere suchen Anschluss – was heißt das alles für uns, für hier? Das Treffen muss Ausstrahlung haben! Die Treffen sollten mehr und mehr so werden, dass Nicht-Anwesende zu recht das Gefühl haben/bekommen, sie hätten etwas verpasst!

- dafür muss man sich erfolgreiche Treffen früher angucken: was hat sie erfolgreich gemacht? Oft haben Strukturen daraufhin gearbeitet, manchmal spielt auch der Zufall mit rein. Wir sollten uns gemeinsam bemühen, dass sich diese Treffen etablieren, dass sie ausstrahlen und noch mehr Leute außer uns anstecken – dies liegt in Teilen an uns selbst!

- Das ganze ist aber nicht nur eine rein quantitative Frage, sondern es hat einen großen Wert an sich, mit anderen Leuten zu quatschen und zu diskutieren, die man sonst nicht (täglich) sieht, die man vielleicht gar nicht alle kennt. Zusätzlich wären große Vollversammlungen zu aktuellen Themen toll! Aber dies hier wird nicht davon größer, dass wir darüber reden, wie es größer wird...

- Wir werden aktiv, wir sind es auch schon!

 

- Es gibt ein massives Interesse, hier interessante Gespräche zu führen, Input zu bekommen, Kontroversen zu führen etc. - das ist hier heute auch gelungen!

 

 

NÄCHSTES OFFENES TREFFEN soll stattfinden zum Thema Repression, anlässlich der großen Demo am 22. März in Berlin – kommt, ladet dazu ein, bringt Impulse und Debatten mit, erzählt aus den Vorbereitungen und von den kritischen und den konstruktiven Debatten in euren Gruppen und von euren Küchentischen!

 

BIS MITTE MÄRZ IM MEHRINGHOF!

 

P.S.: Definitiven Termin und Uhrzeit bitte hier und auf Indy und Stressfaktor und an Laternenmasten posten!

 

P.S.: Das Protokoll hat etwas gedauert, ihr habt alle zu viel geredet ;-) Missverständliches bitte einfach korrigieren, kommentieren...

Auf ein Neues!

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da es in der runde immer wieder auch um weißsein ging und wie damit im anti rassistischen bereich und vorallem auch im alltag umzugehen ist hier mal nen interesanten text der nicht theoretischer natur ist sonderen eine praktische perspektive für pocs und weiße menschen aufzeigt

http://www.youcanfixracism.com/

 

danke fürs ausführliche protokoll war ein informatives treffen und bis im märz wenn es um den anti rep aktionstag gehen soll

Zu den beiden Spontis: Ich war auf beiden und habe dazu eine gemischte Einstellung. Mein Beitrag soll aber vor allem die Rolle der Polizei beleuchten, zumindest versuche ich das. Bei der ersten Sponti ging es in eine enge Straße und dort wurde dann an einem günstigen Moment ein "Kessel" gebildet, aus dem man auch raus konnte, wenn man sich unauffällig rausbewegte und nicht in der vollautonomen 5er Gruppe rauswollte.

Dies sehe ich als "Beweis" dafür, dass die Bullen die Spontis nicht haben laufen lassen wollen.*

 

Die 2te Sponti lernte aus ihren fehlern und ging eine andere Straße lang (Skalitzer), dort konnte nicht so leicht gekesselt werden und es ging zum Kotti und von dort aus nach links bis zu einer Brücke an der dann auch wieder schluss war und sich das Ding aufgelöst hatte.

 

Mir erscheint es so, als ob bei der ersten nicht so viele Bullen zur Verfügung standen und die Anzahl der beteiligten unterschätzt wurde. Auch war die übliche Sicherung nicht so wie sonst, was genutzt wurde um 2 Streifenwagen die Windschutzscheibe plattzumachen (abseitz der Demo möchte ich positiv betonen!). Aus diesem Grund dauerte es eine Weile bis dann an einer günstigen Stelle gekesselt wurde. Mit dem Einsatz von Wannen läßt sich der Personaleinsatz verringern, so wurde es mit der Demospitze gemacht (quer auf der Straße geparkt).

Die 2te Sponti wurde dann, nach kurzer Zeit, von großen Gruppen von Bullen begleitet. Es gab zwar auch da Festnahmen, aber im großen und ganzen war es relativ ruig so das mit dieser Sponti ohne Anmeldung ein wenig demonstriert werden konnte.

 

Im Gegensatz dazu die Polizeikongressdemo die rennend verfolgt wurde, was entsprechende Panik bei den Anwesenden erzeugte.

Für eine erfolgreiche Sponti die militantes Handeln zwar nicht ausschließt, aber thematisch nicht unbedingt so beinhaltet und es auch nicht klug ist, dies zu tun, wenn sich event. Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus in/um die Demo befinden, erscheint es mir hilfreich:

flexibel und nicht zu langsam, aber auch nicht panisch zu sein. Darüber hinnaus muß darüber nachgedacht werden, ob es nicht auch mal gut wäre eine mehrere hundert Leute Demo in kleinere Teile zu spalten, wenn sich die Situation langsam festzufahren scheint. Ein weiteres Anliegen wäre natürlich mal wieder der Ort, im Grunewald für-mit Flüchtlingen ne Sponti zu machen ist nur bedingt sinnvoll, aber immer 2km um Kotti ist auch nicht opti.

 

 

*(Hier soll man mich nicht falsch verstehen, sicherlich mögen die Bullen so gut wie gar keine Demos, da sie sich nicht mit Inhalten irgendeiner Art auseinandersetzen und es immer Arbeit für sie bedeutet, aber aus politischem Kalkühl sind ja schon so manche Sachen gelaufen oder eben nicht, obwohl letzteres natürlich die Mehrzahl ist.)