Erklärung von Red Action (Croatia) zu den aktuellen Aufständen in Bosnien

Brennende Autos

Informationen bezüglich der aktuellen Aufstände in Bosnien und Herzegowina für unsere ausländischen Genossen 

-Die Proteste begannen am 4. Februar in der Industriestadt Tuzla. Arbeiter verschiedener privatisierter Unternehmen aus Tuzla organisierten einen Kampf (ohne die Hilfe oder die Unterstützung der Gewerkschaften) für Aufhebung der Privatisierungen und gegen die Schließung der Fabriken. Eine große Anzahl von Menschen aus der Stadt und der Region, besonders Studenten und arbeitslose Jugendliche, schlossen sich ihnen an

 

- In den folgenden Tagen wurden in verschiedenen anderen Städten in Bosnien und Herzegowina Solidaritätsaktionen organisiert. Dies war nicht die erste Bewegung dieser Art in Bosnien, sondern eine Fortsetzung früher Proteste gegen Armut und Korruption, wie es viele in den letzten Jahren nicht nur in Bosnien, sondern auch in anderen Ländern in der Region (Bulgarien, Rumänien, Kroatien, Slowenien etc.), gab. Bosnien hat den niedrigsten Durchschnittslohn all dieser Länder und hat eine bedeutend höhere Rate von Jugendarbeitslosigkeit als Griechenland, Spanien oder Kroatien.

 

-Die Aktionen, die letzte Woche begannen, wiesen eine wesentlich höhere Beteilligung als vorran gegangene Proteste auf. Die Protestierenden verteidigten sich auch sehr erfolgreich gegen die Polizeirepression. Am 7. und 8. Februar gelang es ihnen verschiedene lokale und gesamtstaatliche Regierungsgebäude in Tuzla, Zenica, Bihac, Mostar und Sarajevo - darunter den Sitz des Präsidenten in Sarajevo - zu besetzen und teilweise in Brand zu stecken. Sie zwangen außerdem verschiedene regionale Regierungen offiziell zurückzutreten. (Aufgrund des komplizierten auf Ethnien basierenden politischen Systems, haben regionale Regierungen mehr Macht als die gesamtstaatliche Regierung)

 

- Am Sonntag, dem 11. Februar, mischten sich - koordiniert durch die EU - die kroatische und serbische Regierung ein. Am gleichen Tag traf sich die serbische Regierung mit ethnisch serbischen Politikern aus Bosnien-Herzegowina und der kroatische Premierminister besuchte ethnisch kroatische Politier in Mostar in Bosnien-Herzegowina. Seitdem haben kroatische Medien und Politiker eine aggresive Kampagne mit der Behauptung, es handele sich nicht um soziale Proteste, sondern um gegen die Kroaten in Bosnien-Herzegowina gerichtete Proteste, gestartet. Die serbischen Medien regierten mit einer ähnlichen Kampagne und behaupteten, die Proteste seien der "Beginn eines muslimischen Krieges gegen die Serben". Nichtsdestotrotz haben sich die Proteste auf ethnisch gemischte Städte wie Tuzla oder Mostar, auf vorwiegend kroatische Sädte wie Livno oder Orasje sowie auf vorwiegend serbische Städte wie Prijedor und Bijelina ausgedehnt. Auch der türkische Außenminister Mehmte Davotoğlu besuchte Sarajveo, traf sich mit Politikern der islamischen Gemeinde und versprach, die Türkei werde einen Krieg "wie in den 90ern" verhindern.

 

-anders als in der Ukraine hat die EU die Protestierenden, nicht aber die Regierung, verurteilt. Den höchsten Grad von Macht hat in Bosnien und Herzegowina nicht eine lokale oder gesamtstaatliche Regierung, sondern der "Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina" inne. Dies ist eine Art kolonialer Gouverneur, der von der EU mit der Unterstützung der U.S.A. eingesetzt wurde. Der amtierender "Hoher Repräsentant", ein Österreicher namens Valentin Inzko, hat versprochen, die EU werde militärisch intervenieren, sollten die Proteste andauern. Verschiedene andere EU und US Offizielle haben den Ruf nach einer beschleunigten "NATO-Integration" in Bosnien erhoben, um die "Stabilität zu gewährleisten".

 

-Während des vergangenen Wochenendes haben die Protestierenden in verschiedenen Städten wie Tuzla, Srajevo und Mostar "Plena" organisiert, Volksversammlungen, die darauf abzielen, die versagenden politischen Strukturen auf regionaler Ebene zu ersetzen. Diese Plena sind seit dem in dutzenden großen und kleinen Städten in ganz Bosnien und Herzegowina organisiert worden. Die Forderungen der Versammlungen sind ähnlich: Rücktritt der Regierungen, Stopp der Privatisierungen, Freilassung der gefangenen Protestierenden etc. Entgegen der Propaganda in den westlichen Medien, hat keine einzige Versammlung irgendeine Art von Einbeziehung der "internationalen Gemeinschaft" gefordert.

 

- Hunderte von Menschen in Bosnien und Herzegowina wurden von der Polizei geschlagen und festgenommen, viele von ihnen "präventiv" oder, für die "Unterstützung der Proteste" im Internet.

 

- In Serbien und Kroatien werden diese Woche Solidaritätsaktionen organisiert.

 

Der Volksaufstand in Bosnien und Herzegowina ist anti-nationalistisch und eine soziale Rebellion, er wird von der reaktionären Allianz der imperialistischen Kräfte (EU, USA), regionaler expandierender Kräfte (Türkei, Kroatien, Serbien) und lokalen chauvinistischen politischen Eliten angegriffen. Der gemeinsame Versuch dieser Kräfte, die Arbeiter und Völker von Bosnien und Herzegowina anhand von ethnischen und sektiererischen Linien zu spalten, um ihren Einfluss zu sichern, beweißt ein weiteres Mal, dass der Imperialismus nicht fähig ist, die nationale Frage auf dem Balkan zu lösen. Er bringt diese Spaltungen sogar hervor und nutzt sie als letzte Verteidigungslinie des Systems gegen die Aufstände der Völker. Aus diesem Grund ist es von größter Wichtigkeit den aktuellen Kampf in Bosnien und Herzegowina zu unterstützen, die Fehlinformationen und reaktionäre Propaganda zu bekämpfen und sich der Einmischung ausländischer Mächte, die versuchen die Rebellion zu ersticken, entgegen zustellen.

Verbreitet die Wahrheit, errichtet neue Barrikaden, stärkt den Kampf!

Red Action (Croatia)

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http://www.crvena-akcija.org/

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Am Samstag, den 15.2. findet in Stuttgart eine Soli-Kundgebung statt.

Treffpunkt 15 Uhr Wilhelmsplatz (Mitte); 16 Uhr Bosnische Botschaft.


FB: facebook.com/events/467540390035490/?source=1

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Aufruf zur Solidaritätskundgebung in Stuttgart für die aufständischen Menschen in Bosnien-Herzegowina

15 Uhr Wilhelmsplatz Stuttgart | 16 Uhr Bosnisches Konsulat in der Olgastraße 97b

Am 5. Februar sind entlassene Arbeiter*innen privatisierter Fabriken der bosnischen Industriestadt Tuzla auf die Straßen gegangen. Sie standen vor dem zentralen Gerichtsgebäude des Kantons bevor sie zum Gebäude der Kantonsregierung weiter ziehen wollten, um es zu betreten. Als sie von der Polizei gewalttätig zurückgedrängt wurden, begannen die Protestierenden Eier und Steine gegen das Gebäude zu werfen, während Polizeieinheiten mit Tränengas und Gummigeschossen reagierte. Die Stadt Tuzla war komplett blockiert und am Ende des Tages waren 27 Personen verhaftet und weitere 23 verletzt.

Da die Arbeiter*innen sich nicht einschüchtern ließen, folgten weitere Tage von Ausschreitungen. Innerhalb von sechs Tagen gab es Soli-Demos in ganz Bosnien-Herzegowina und darüber hinaus. Die aufständischen Menschen besetzten mehrere Regierungsgebäude und Parteizentralen und setzten sie teilweise in Brand. Unter anderem wurde der Präsidentenpalast in Sarajewo angegriffen.

Ein zerstörerischer Krieg, die kapitalistische Transformation der Ökonomie und der geschürte Nationalismus verschlechterten die Lage der Menschen bis ins Unerträgliche. Hohe Arbeitslosigkeit, nicht ausgezahlte Löhne und Gehälter, Perspektivlosigkeit und die Bevormundung durch die EU und ihre dortigen Repräsentant*innen bringen das Fass nun endgültig zum Überlaufen.

Seit einigen Tagen versammeln sich nun die Aufständischen in selbstorganisierten Versammlungen, um ihre Geschicke in ihre eigenen Hände zu nehmen, unabhängig von nationalistischen und ethnischen Spaltungsversuchen und der Androhung des Einsatzes von EU-Truppen durch die Repräsentant*innen des EU-Protektorats im ehemaligen Jugoslawien.

Den Kämpfenden und ihrem Streben nach sozialer und politischer Befreiung gilt unsere grenzenlose Solidarität.

Alle Macht den Räten
Hoch die internationale Solidarität

Solidaritätskundgebung in Stuttgart: 
Samstag 15. Februar 2014
15 Uhr Wilhelmsplatz Stuttgart
16 Uhr Bosnisches Konsulat in der Olgastraße 97b