Man hat lange nichts mehr gehört vom so genannten „Ellwanger Kreis“; einer Gruppe junger Leute, die im vergangenen Jahr mit der Einladung eines Rechtspopulisten zu einer Vortragsveranstaltung negative Schlagzeilen machte. Zumindest einige der damaligen Protagonisten scheinen nun unter neuer Flagge (mit) zu segeln, wie unsere Recherchen vermuten lassen, jetzt vornehmlich im Internet.
FRED OHNEWALD
Ellwangen. Zur Einladung des Rechtspopulisten Felix Menzel im vergangenen Jahr zu einem Vortrag in einem Ellwanger Lokal kam sozusagen als unappetitliches Sahnehäubchen, dass einige nicht unbekannte Mitglieder der Jungen Union nach unseren Erkenntnissen hier in vorderster Reihe mitwirkten. Das sorgte vor allem in der Jungen Union und der CDU für Aufregung.
Der Umstand wurde
ruchbar, obwohl der „Ellwanger Kreis“ viel Geheimnistuerei an den Tag
legte, Teilnehmer unserer Zeitung gegenüber am Telefon und in Mails ihre
Rolle verleugnet und mit falschen Namen operiert haben. Umfangreiche
Recherchen der Schwäbischen Post hatten den Sachverhalt ans Tageslicht
gebracht.
Nun scheinen sich zumindest einige der damaligen
„Mitwirkenden“ in neuen Gruppen wiederzufinden; eine Reihe von Indizien
sprechen dafür. Konkrete Aussagen sind schwer zu treffen, weil wieder
außer nichtssagenden E-Mailadressen so gut wie keinen Informationen über
die handelnden Personen preisgegeben werden.
Pathos, Tümelei und Angst vor den Fremden im Land
Augenfällig
ist die „Identitäre Bewegung“, die aus zahlreichen, wohl eher lose
verbundenen Gruppierungen im In- und Ausland besteht und zu der sich
seit diesem Jahr auch eine Gruppe aus Ellwangen gesellt hat. Unschwer
nachzulesen ist das in diversen Facebook-Einträgen.
Dieser
„Identitären Bewegung Ellwangen“ hat sich kürzlich im Rahmen einer
internen Veranstaltung in einer Gaststätte im Ostalbkreis die
„Freiheitliche Runde Ostalb“ angeschlossen, deren Selbstbeschreibung auf
die gleichen politischen Ziele hinweist.
Wer ist das?
Die
„Identitäre Bewegung“ wendet sich, wie Wikipedia und andere Quellen
berichten, gegen die angebliche Islamisierung Europas, gegen
„Multikulti“ und „Gutmenschen“, meint „Asylantenheim? Nein Danke“,
propagiert dagegen Deutschtum und Heimatliebe und bezeichnet sich in
ihrer Selbstdarstellung als „friedlich, gewaltfrei und demokratisch“.
Wer
die Facebook-Einträge der „Identitären Bewegung“ liest, stellt jedoch
rasch fest, dass dort neben pathetischen Phrasen und Deutschtümelei auch
kaum verhohlene Fremdenfeindlichkeit und andere Ingredienzien zu finden
sind, die überall dort entlang wabern, wo Politik eine braune Färbung
annimmt.
Höchst unangenehm dürfte manchem Ellwanger sein, dass im
Facebookauftritt der Ellwanger Gruppe zum Beispiel explizit Bezug
genommen wird auf die „Pennäler Schnitzelbank“, die als schöne Tradition
gelobt wird: „Wir sind dabei!“
Da werden sich die Verantwortlichen der Schnitzelbank wohl kaum geschmeichelt fühlen.
Die
„Freiheitliche Runde Ostalb“ wendet sich ebenfalls gegen „das
multikulturelle Projekt“, „Islamisierung“ und „Masseineinwanderung“,
grenzt sich aber zugleich gegen Nationalsozialismus und Faschismus ab,
wie es in einer schriftlichen Stellungnahme ausdrücklich heißt.
Auf
unmittelbare Nähe zum „Ellwanger Kreis“ deutet hier übrigens auch hin,
dass das Logo der „Freiheitlichen Runde“ – auf einem Internetfoto zu
sehen – nahezu identisch mit jenem des Ellwanger Kreises zu sein
scheint: Es wurden augenscheinlich nur die Abkürzungen darauf
ausgetauscht.
Der Verfassungsschutz hat die Aktivitäten im Auge
Auf unsere E-Mailanfrage an die Gruppe erhielten wir eine Antwort, die erneut an den „Ellwanger Kreis“ erinnerte:
Der
Absender der Antwortmail der „Freiheitlichen Runde“ wird mit „Jochen
Weber“ angegeben – unter diesem Namen hatte einst auch der „Ellwanger
Kreis“ geantwortet, aber zu dem Namen niemals eine Telefonnummer oder
Anschrift geliefert. Sprich: Der Name dürfte mit größter Sicherheit
sozusagen ein bewährtes Pseudonym sein. Unterzeichnet war die Mail
ohnehin mit einem anderen Namen: Jürgen M.. Den findet man im hiesigen
Telefonbuch ebenfalls nicht, aber sehr wohl im Internet, genauer gesagt
auf Facebook, und dort unter Auflistung der „Identitären Bewegung
Ellwangen“ in der Rubrik „Favoriten“. Dazu gesellen sich dann aber auch
die Nationale Volkspartei, diverse NPD-Gruppierungen und
Burschenschaften.
Beide Gruppen – „Identitäre Bewegung Ellwangen „
und „Freiheitliche Runde Ostalb“ – kündigen die Planung gemeinsamer
Aktionen an.
Dem Landesverfassungsschutz ist die „Identitäre
Bewegung“ nicht neu, er hat ein Auge darauf. Auf unsere Anfrage teilte
der Verfassungsschutz mit: „Die ‘Identitäre Bewegung’ in Deutschland
tritt seit dem zweiten Halbjahr 2012 (...) in Erscheinung. (...) Seit
November 2012 tauchten in dem sozialen Netzwerk ‘Facebook’ etwa zehn
Gruppen der ‘Identitären’ aus Baden-Württemberg auf. Diese Gruppen
scheinen bisher hauptsächlich virtuellen Charakter zu besitzen, wobei zu
der dahinter stehenden Personenzahl derzeit keine Aussage getroffen
werden kann. (...) Ein Facebook-Auftritt der Gruppe aus Ellwangen ist
hier seit Januar 2013 bekannt.“
Armin Allmendinger
Allmendinger steckt hinter diesen ganzen Pseudonymen.