In der Nacht vom 12. auf den 13.08.2013 haben wir das Projekt Klar Schiff an der Flensburger Förde rot markiert.
Wir haben uns das Projekt Klarschiff ausgesucht, da es genau wie auch der Werftkontor am Ballastkai (mit 100m² Wohnungen im "großzügigem Penthous-Stil") exemplarisch für immer zunehmendere Umstrukturierung der Stadt Flensburg steht. Eine Umstrukturierung zu Gunsten einkommensstarker Bürger_Innen.
Wir können in der Flensburger Innenstadt einen stetigen Prozess der Aufwertung beobachten - dieser bedeutet im Umkehrschluss eine steigende Ausgrenzung undVerdrängung der einkommens - schwächeren. Mieten steigen, Straßen werden saniert, Raum steht leer und z.B. Student_Innen finden keinen bezahlbaren Wohnraum mehr. An anderen Orten wird das Gentrifizierung genannt. Ein wesentlicher Akteur in diesem Prozess ist die Firma Höft - die quasi in allen Aufwertungs-Projekten drin steckt. Dabei steckt Höft tief im Filz aus Politik und Wirtschaft - viele denken gegen "den" lässt sich ja eh nichts unternehmen und trauen sich gar nicht erst. Dies alles sind Tatsachen, die wohl allen Flensburger_Innen, die mit offenen Ohren und Augen durch die Welt laufen aufgefallen. Wir habe die Ohnmacht und Resignation mit der wir alle der Entwicklung der Stadt entgegen unserer Bedürfnisse gegenüber stehen satt.
Es gibt Wege und Möglichkeiten sich zu wehren, wir müssen nicht alles unrecht einfach hinnehmen. Widerstand kann sich vielfälltig äußern: durch Sabotge, Proteste und Kundgebungen, Feuer und Flamme, Öffentlichkeitsarbeit und eigene Bildung, Blockaden und widerspänstige Besetzungen. Widerstand lässt sich freudig, wütend, albern und auf tausend andere Wege artikulieren. Wir haben als Mittel Farbe+Feuerlöscher (einfach nachzubauen!) gewählt und freuen uns auf Ideen anderer.
P.S. Solidarische Grüße an das AZ Köln.
Dieser Text ging an die Redaktionen von: Flensburger Tageblatt, Flensburg Avis und Taz-Nord
Friede den löchrigen Hütten, Krieg den beheizten Palästen
Ich halte eure Form der Anti-Gentrifizierungs-Politik für strukturell konservativ.
Das zeigt sich schon daran, dass sich die linke Szene immer erst dann zu bewegen scheint, wenn mal eines ihrer Projekte bedroht ist - in diesem Fall wirds wohl der Infoladen Subtilus sein. Weder die Vertreibung einkommenschwacher MieterInnen in den vergangenen Jahren, noch die de facto Privatisierung bisher öffentlichen Raumes in vielen Teilen der Flensburger Innenstadt und der Hafenpromenade scheint euch gekratzt zu haben. Warum auch, die Szene hat ja keinerlei Überschneidungspunkte mehr mit Menschen ausserhalb dieser subkulturellen Wohlfühl-Blase und tut auch ganz praktisch viel dafür, dass das so bleibt.
Zweitens steht bei euch keine fundamentale Kritik der Verhältnisse im Mittelpunkt. Die Vertreibungspolitik ebenso wie die sich weiter verschärfende Wohnungsnot sind immer nur beiläufig erwähnt, "auch schlimm" sozusagen. Eigentlich gehts doch darum: "der böse Höft kommt und macht uns unsere ranzigen Viertel kaputt". Das schlimme sind dann plötzlich die Sanierungen und nicht, dass sich untere Einkommensschichten diese sanierten Häuser bei steigenden Mieten und sinkenden Reallöhnen nicht mehr leisten können.
Natürlich kann man die bürgerliche Prutz-Ästhetik kritisieren - meiner Meinung nach ist das sogar ein wichtiger Teil fundamentaler Kapitalismuskritik, zu benennen welcher Funktion Repräsentation durch materielle Dinge für das bürgerliche Individuum hat. Und natürlich geht es auch darum, in einer widerständigen Politik eine Form antikapitalistischer Ästhetik (permanent wieder) zu entwickeln. Hier schlägt linke Politik aber immer wieder in eine Ästhetisierug des Verfalls um und stimmt ein Loblied der Armut an. Das kann nicht Ziel emanzipatorischer Politik sein.
Auch spricht nichts dagegen, Höft als symbolischen Repräsentanten für kommunalpolitischen Filz, Tourismus-fixierte Entwicklung und Entmietungskampagnen anzugreifen und auch spricht nichts dagegen, den Anteil an persönlicher Schuld dieses Mannes und seines Unternehmens zu thematisieren. Hier erscheint Höft aber plötzlich als der eigentlich schuldige - und das stimmt beileibe nicht. Eine Entwicklung, die wir in ganz Deutschland in den Städten beobachten können hängt mitnichten an individuell kriminell-handelnden Spekulanten und Miethaien. Was wir hier sehen ist eine strukturelle Entwicklung, die nicht zuletzt getragen ist von einer massiven Immobilienblase, geschaffen von Kapital aus ganz Europa das aus den Krisenländern in die einzig verbliebenen Bereiche flüchtet, die nach wie vor Rendite versprechen - und dazu gehört der deutsche Wohnungsmarkt.
Warum ausgerechnet das Klar.Schiff angegriffen wurde erschliesst sich mir nicht ganz. Vielleicht hofft man auf entsprechende publicity duch die Auswahl eines Projekts, das bereits vorher kontrovers diskutiert wurde (auch wenn ich nicht finde, dass an die entsprechenden, kleinbürgerlichen Diskurse angeschlossen werden kann). Sagt mir, wenn ich falsch liege, aber um einen Schulterschluss mit der Bürgerinitiative vom Ostufer kann es euch wohl kaum gehen. Und um Vertreibungspolitik wohl auch nicht, denn effektiv gibt es da keinen Wohnraum, der im Umfeld des Klar.Schiff gentrifiziert werden könnte. Die einzigen Wohnhäuser in der Umgebung könnten wohl eher effektiv auf Mietminderung klagen, weil ihnen der Blick auf den Hafen verstellt wurde.
Nein, liebe Flensburger Linke - ich fürchte wir müssen reden. Denn emanzipatorische Gentrifizierungskritik muss immer auch konsequente Kapitalismuskritik sein. Was ihr macht ist aber Territorialverhalten und Revierverteidigung, immer wenns mal was aus der Szene trifft.
Presse mit Bildern
13.08.2013 - Flensburger Tageblatt: Farbanschlag auf Flensburgs "Klarschiff" (Mit 3 Fotos)
16.08.2013 - Flensburger Tageblatt: Kritische Reaktionen auf Farbanschlag am Hafen