Am 1. Mai 2013 wollen Neo-Nazis aus ganz Deutschland unter dem Motto ‚Raus aus dem Euro – Gegen Euro und Großkapital‘ eine Kundgebung an der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main abhalten. Die Werbetrommeln rühren sie mit einer völkischen „Kritik“ am Kapitalismus. Dies mit allem zu verhindern was notwendig ist, steht außer Frage, dennoch wäre es ein Trugschluss zu glauben, dass Antisemitismus, Homophobie und andere menschenfeindliche Ideologien nur von Neo-Nazis vertreten werden. Es sind Ideologien, die nicht das Gegenteil dieser vermeintlich ach so menschenfreundlichen Gesellschaft darstellen, sondern in ihr angelegt sind. Dementsprechend gehören sowohl diese Ideologien, als auch die sie reproduzierende Gesellschaft bekämpft.
Gegen reaktionäre Kapitalismuskritik und jeden Antisemitismus 
In den letzten Jahren kam es immer wieder zu Demonstrationen und 
Kampagnen, in denen Neo-Nazis gegen ‚die Globalisierung‘, ‚den Euro‘ 
oder ‚die Großbanken‘ wetterten. Mit Slogans wie ‚Global dient dem 
Kapital – Sozial geht nur national‘ oder ‚Kapitalismus – Feind der 
Völker‘ versuchen sie, eine kapitalismuskritische Position für sich zu 
beanspruchen. Dabei spielen sie sich als ‚Anwalt der kleinen Leute‘ auf 
und setzen mit ihrer Propaganda an Ressentiments an, die bereits in 
weiten Bevölkerungsteilen verankert sind. Der ‚kleine, arbeitsame 
Deutsche‘ soll verteidigt werden gegen das ‚große Geld, die Heuschrecken
 und Spekulanten‘. Hier schlägt sich die alte antisemitische 
Weltanschauung nieder, nach der die Wirtschaft in gutes, ’schaffendes 
Kapital‘ (deutsche Industrie, Handwerk etc.) und böses, ‚raffendes 
Kapital‘ (Finanzmarkt, Banken etc.) gespalten sei. Die NPD und ihre 
Volksgenoss_innen haben also nichts gegen die Grundprinzipien der 
kapitalistischen Produktionsweise: Lohnarbeit und Ausbeutung. Arbeit
 ist ihnen vielmehr ein Muss, das Alle zum Wohle der ‚deutschen 
Volksgemeinschaft‘ zu leisten haben. Die reaktionäre Kapitalismuskritik 
der Neo-Nazis kennt somit keine Klassen, sondern nur das ‚deutsche Volk 
und seine Feinde‘. Sie haben nur mit jenen ein Problem, die Einkommen 
beziehen, das ihrer Ansicht nach nicht aus eigener produktiver Arbeit 
resultiert – und das sei vor allem bei (jüdischen) ‚Spekulanten‘ und 
(ausländischen) Erwerbslosen der Fall. Die ‚Kapitalismuskritik‘ richtet 
sich somit nicht gegen das ausbeuterische System des Kapitalismus, 
sondern gegen bestimmte Personengruppen, die für das ‚Elend des 
deutschen Volkes‘ verantwortlich erklärt werden.
Diese personalisierende Kritik macht die gefährliche, teils mörderische 
Komponente dieser vermeintlichen Kapitalismuskritik aus. Sie verbindet 
sich nahtlos mit antisemitischen Stereotypen. In ihrem Aufruf zum 1. Mai
 2013 bezeichnet die NPD die Europäische Zentralbank als eines ‚der 
Krebsgeschwüre unserer Zeit‘. Diese Bezeichnung ist ein antisemitischer 
Ausdruck, mit dem Menschen jüdischen Glaubens als Fremdkörper 
diffarmiert werden, die das Volk von innen her zersetzen. Es ist kein 
Zufall, dass die NPD im Wahljahr 2013 genau dieses Thema in das Zentrum 
ihrer Agenda gesetzt hat. Sie hofft auf offene Ohren zu stoßen und hat 
hierbei auch gute Chancen, denn Antisemitismus – auf der Grundlage einer
 personalisierenden Kapitalismuskritik – war noch nie ein 
gesellschaftliches Randphänomen. Jüngste Studien verdeutlichen einmal 
mehr, dass die klassischen antisemitischen Ressentiments, die Juden 
besäßen zu viel Einfluss oder seien wegen ihres eigenen Verhaltens 
selbst Schuld daran, dass sie gehasst und verfolgt werden, immer noch 
weit verbreitet sind.
Rassismus tötet…
Rassismus ist in Gestalt von verbalen und körperlichen Übergriffen eine 
alltägliche Praxis . Seit 1990 wurden in der BRD mindestens 192 Menschen
 aufgrund von rechtsradikalen Motiven getötet. Vor allem aufgrund der 
permanenten, durch staatlichen Behörden betriebenen Entpolitisierung von
 Übergriffen ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer weitaus höher 
ist. Wieviel Menschen allein an den Grenzen Europas durch die 
europäische Außenpolitik ihr Leben lassen ist unbekannt. Gepusht durch 
Politik und Medien, welche Zuwanderung als Problem darstellen, von 
‚Flüchtlingsschwemmen‘, ‚Migrationsfluten‘ und ‚Überfremdung‘ sprechen, 
bekommt die bürgerliche rassistische Stammtischmeinung Futter und spielt
 so auch den NPD Wähler_innen in die Arme. In der BRD zeichnet sich eine
 rassistische Grundtendenz bspw. durch eine konsequente Ablehnung der 
ernsthaften Auseinandersetzung mit den Pogromen der 1990er Jahre aus. 
Die Angriffe auf Asylbewerber_innenheime z.B. in Rostock-Lichtenhagen 
oder Hoyerswerda wurden während der staatlichen Gedenktage zu Taten von 
Einzelpersonen – die Mitverantwortung von Politik, Zuschauer_innen, 
Staatsorganen und sogenannter bürgerlicher Mitte werden nicht 
thematisiert. Die menschenfeindliche Konsequenz der Pogrome war die 
Abschaffung des Grundrechts auf Asyl – denn wo keine Menschen mit 
Migrationshintergrund sind, da können auch keine angegriffen werden. 
Dieser ‚Asylkompromiss‘ jährt sich 2013 zum 20. Mal. Denjenigen, die es 
dennoch in die BRD schaffen, wird das Leben durch Residenzpflicht, 
Lebensmittelmarken und unwürdige Lebensverhältnisse z.B. in Lagern zur 
Hölle gemacht; ganz zu schweigen von dem Leben als Illegalisierte.
Hervorgegangen aus dieser Zeit ist auch der Nationalsozialistische Untergrund – kurz NSU. Dessen Mordserie verdeutlicht den strukturellen Rassismus der staatlichen Organe einmal mehr. Zunächst wurden die Angehörigen der Opfer verdächtigt, ein kulturell bedingter Tathintergrund wurde heraufbeschworen und die Mordserie unter dem Namen ‚Dönermorde‘ behandelt. Später zeigten sich zwar alle schwer betroffen, in der öffentlichen Diskussion blieben die gesellschaftlich geschaffenen Bedingungen, die einer solchen Mordserie durch alltäglichen Rassismus erst den Weg bereiteten, außen vor. Derweil wurde die Aufklärung und Ermittlung in Sachen NSU durch immer neue angebliche ‚Ermittlungspannen‘, die Vernichtung von Akten und die systematische Verdunklung dessen, in welchem Maße die Geheimdienste den NSU möglich machten, ersetzt. So verwundert die Mitgliedschaft deutscher Beamt_innen in rechtsradikalen Organisationen, wie beispielsweise dem Ku-Klux-Klan, nicht weiter.
Ob in Deutschland, Europa oder auch dem Rest der Welt – Rassismus findet in rechtsradikalen Taten nur ihre Spitzen, unterstützt wird er von denen, die zuschauen, akzeptieren und eine Auseinandersetzung damit verhindern.
… und der Bezug zum Patriarchat
Zentral für den Volksgemeinschaftsgedanken der Neo-Nazis ist die 
Erhaltung und Vermehrung des ‚gesunden Volkes‘. Grundlage dafür ist 
unter anderem die Unterordnung der Menschen unter die patriarchale 
Verteilung der Geschlechterrollen, die mit der bürgerlichen Gesellschaft
 entstanden sind; die Frau als Mutter und Ehefrau, der Mann als Arbeiter
 und Versorger.Diese Rollenverteilung ist nicht nur in Denkstrukturen 
verankert, sondern manifestiert sich auch ganz praktisch in 
sexualisierten Übergriffen.
Leider gehören diese für Frauen im Alltag zur Regel; so macht jede 3. Frau in ihrem Leben die Erfahrung von sexualisierter Gewalt- bezeichnenderweise erkannte der Staat erst 1997 die Vergewaltigung in der Ehe als solche an. Diese gesamtgesellschaftliche Ignoranz spiegelt sich auch im so genannten ‚victim-blaming‘ wieder, bei dem Frauen eine Teilschuld an den Vergewaltigungen zugesprochen wird und das auch seine Anwendung in Gerichtsurteilen findet. Diese Denkweise schließt an die Vorstellung von ausschließlicher biologischer und gesellschaftlicher Zweigeschlechtlichkeit an und dem Zwang sich dieser unterzuordnen. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass Menschen und Beziehungen nicht nur von Neo-Nazis nach ihrer biologischen Reproduktionsmöglichkeit beurteilt werden: Gleichgeschlechtliche und andere, von der heteronormativen Idee der Paarbeziehung abweichende Beziehungsformen werden in der BRD nach wie vor diskriminiert; Asylanträge auf Grund der sexuellen Identität sind faktisch aussichtslos.
Auch wenn Frauen heute bei der NPD, Kameradschaften und „Autonomen Nationalist_innen“ inzwischen einzelne Aufgabenbereiche angetragen werden, hat sich am konstruierten ‚natürlichen‘ Geschlechterbild bis heute nur wenig verändert. Gerade in dem Festhalten an diesen Rollenbildern unterscheidet sich die neonazistische Position kaum von denen Konservativer oder der sog. Mitte.
Grenzen des bürgerlichen Antifaschismus
Es wäre ein Irrglaube zu meinen, dass menschenfeindliche Positionen nur 
von Neo-Nazis vertreten werden würden, auch wenn es Unterschiede in der 
Schärfe und Intensität, in der solche Positionen gedacht und vertreten 
werden, gibt.
Auch am 1. Mai wird es, wie immer, wenn Neo-Nazis auftauchen, von allen 
Seiten schallen, dass Frankfurt doch eine ach so bunte Stadt sei, dass 
wir lieber bunt statt braun sein wollen oder dass ‚Nazis raus aus 
Frankfurt‘ müssten. Am besten geschieht dies natürlich zusammen –  ob 
auf den so beliebten Meilen der Demokratie, bei einer Bratwurst mit der 
Gewerkschaft des Vertrauens oder in einer Menschenkette. Immer wieder 
wird erstaunt festgestellt, dass sich in ‚unserem geläuterten 
Deutschland‘, in ‚unserem multikulturellen Frankfurt‘ solche 
Einstellungen breit machen können. ‚Wo wäre Deutschland, hätten wir 
keine Gastarbeiter gehabt oder keinen Klose, der für uns Tore 
schießt!?‘. Ganz zu schweigen davon, dass Deutschland sich als 
exportorientiertes Land Ausländerfeindlichkeit überhaupt nicht leisten 
könne, wie der Menschenfreund und Bundesinnenminister Hans-Peter 
Friedrich unlängst bemerkte. Solche Argumentationsmuster und die immer 
gleiche ‚bunt statt braun’ – Rhetorik kennen wir zu genüge.
Wenn Neo-Nazis jedoch für ihre Gefährdung des Standort Deutschlands 
kritisiert werden, anstatt für ihre mörderische Praxis; wenn staatliche 
Behörden ausschließlich für ihr Versagen kritisiert werden und nicht für
 ihre alltägliche strukturelle Gewalt; wenn vermeintlich linke Parteien,
 die 1992 dem ‚Asylkompromiss‘ zustimmten, Rassismus als 
neo-nazistisches Phänomen sehen und die zutiefst rassistischen 
gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge ausblenden, dann ist es für eine 
sich als emanzipatorisch verstehende radikale Linke um so wichtiger sich
 vor Augen zu führen, dass das Ziel linksradikaler Intervention immer 
die Aufhebung aller Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse sein muss. 
Dementsprechend gilt es, sich sowohl Neo-Nazis entschlossen entgegen zu 
stellen, als auch den rassistischen Normalzustand zu thematisieren und 
zu bekämpfen.
Jedes Auftreten von Neo-Nazis stellt eine direkte Gefahr für alle Menschen dar, die nicht in ihr Weltbild passen. Dem muss eine organisierte antifaschistische Solidarität entgegen gesetzt werden!
In diesem Sinne gilt es nicht nur am 1. Mai den Neo-Nazis mit allen 
Mitteln den Tag zu vermiesen, sondern auch das propagierte Bild des 
‚toleranten Frankfurts‘ als scheinheilig zu entlarven und ihm einen 
konsequenten Antifaschismus entgegen zu setzen.
Kommt am 1. Mai nach Frankfurt
Naziaufmarsch verhindern! Für eine befreite Gesellschaft kämpfen!
Wer den Aufruf unterstützen möchte, meldet sich bitte bei der Mailadresse:
stuermische[dot]zeiten[at]riseup[dot]net


Plakat (nix inhaltliches!)
Bitte Bitte Bitte macht doch jemand, der/die das kann ein neues Plakat. Das mit der Küste sieht doof aus, ja sogar komisch melancholisch...
bitte bitte
neues Plakat
Keine Sorge, es wird ein neues Plakat geben ;)
blog online
http://stuermischezeiten.blogsport.eu