[ÐÐ]68. Jahrestag der Auschwitzbefreiung

68. Jahrestag der Auschwitzbefreiung 1

Am 27.01.2013, anlässlich des 68. Jahrestages der Befreiung des Kz Auschwitz und dem internationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus, versammelten sich 45 Menschen an der Gedenktafel am Bahnhof Neustadt. Um 18:15 wurden Kerzen und Blumen an jener Gedenktafel, die an die deportierten Juden und Jüdinnen erinnern soll, abgelegt. Während der Veranstaltung wurde der unten folgende Redebeitrag mit einen Megafon verlesen. Die Gedenkveranstaltung endete mit einer Schweigeminute.

 

Wir haben uns heute hier, an dem Ort, von dem aus zwischen 1938 und 1945 Jüdinnen und Juden deportiert wurden, versammelt, um der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. Heute, vor genau 68 Jahren, wurde das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit. Heute, vor genau 68 Jahren, wurde die Welt der Folgen der deutschen Rassenideologie und der deutschen Vernichtungsindustrie in vollem Ausmaß gewahr. Auschwitz, das Sinnbild für eliminatorischen Menschenhass, war der perfide Auswuchs deutscher Hybris und deutscher Sekundärtugenden – welche selbst im Angesicht des Genozids nicht verworfen wurden. Der von Deutschland ausgegangene Krieg und die praktisch umgesetzte Vernichtungsideologie des Nationalsozialismus forderten viele zig Millionen Menschenleben und traumatisierte Unzählige mehr. Doch einen ihnen angemessenen Platz im überbordenden Reigen nationaler Gedenktage, finden die Opfer der deutschen Barbarei nicht. Während hochkarätigen Antisemiten wie Richard Wagner ein Jubiläumsjahr spendiert wird und in Dresden, wie in ganz Deutschland, Menschen immer noch nach Verwertbarkeit selektiert und notfalls in die Ungewissheit abgeschoben werden, ist für die Opfer des deutschen Weltmacht- und Vernichtungsstrebens gerade einmal eine Randnotiz übrig. Will der Michel doch am liebsten vergessen, was den Stolz auf die Heimat, den vermeintlich letzten warmen Schoß in entfremdeten Zeiten, schmälert.


Doch wir sind auch hier um zu mahnen. Zu mahnen, dass sich Geschichte nicht wiederhole.


Menschenverachtende Einstellungen, (neo-)nazistische Ideologeme sind nicht nur an den konstruierten Rändern der Gesellschaft gefährlich. Nein! Gefährlich sind sie da, wo die ach so „gute Mitte“ vermeintliche Tabus und Denkverbote bricht. Da wo Eigentum über körperliche Unversehrtheit und das Streben nach Glück gestellt wird. Da wo Menschen nach Verwertbarkeit und Konformismus selektiert werden. Laut Decker und Brähler teilt jede*r sechste Deutsche antisemitische Ressentiments. Sieben Prozent der Deutschen würden eine Diktatur unter Umständen gut heißen, zehn Prozent gar einen „neuen Führer“. In Deutschland gelten „Gutmensch“, „Opfer“ und auch wieder „Jude“ als Schimpfwort. Doch der bundesdeutsche Zyklop sieht den Feind weiterhin „links“ stehen. Doch unsere Mahnung soll nicht zum Selbstzweck verkommen. Denn dies würde den Blick auf eigene Verfehlungen trüben und die gesamtgesellschaftliche Verdrängung weiter voran schreiten lassen.


Während in Deutschland fortwährend von Vergebung salbadert und ein Schlussstrich unter die Geschichte gewünscht wird, fordern wir: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Auschwitz! Nie wieder Deutschland!“”


Außerdem erreichten uns noch Bilder einer Transpiaktion, bei der, anlässlich des 27. Januars, Transparente an verschiedenen gut frequentierten Orten in Dresden aufgahangen wurden.

 

Für weitere Informationen oder Kontakt:
Mail: ura-dresden[ät]riseup.net
Web: uradresden.noblogs.org

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Der internationale Holocaust-Gedenktag war ja heute – der Jahrestag der Befreiung des Lagers Auschwitz. In der Wahl des Tags drueckt sich der Wunsch aus, irgendetwas Troestliches zu finden. Ausserdem sind an diesem Tag die Befreier Helden, die Nicht-Beteiligten ruecken an diesem Tag ins Licht. Darum macht es dieser Tag auch leichter, allgemeine Lehren zu ziehen, wie in vielen typischen Holocaust-Tags-Gedenkreden. Ein Appell, dass der Mensch an sich besser sein sollte, keine Diskriminerung, kein Hass mehr — Worte, denen jeder zustimmen kann. Das sind die Lehren, die die Welt aus der Shoah gezogen hat.

 

In Israel ist ein anderes Datum fuer den Shoah-Gedenktag gewaehlt worden. Der Jahrestag des Warschauer Ghetto-Aufstands. Auch dieses Datum zeugt vom Wunsch, einen Lichtpunkt in der totalen Finsternis zu finden. Der Tag ist auch nicht den Opfern allein gewidmet, sondern auch den Helden des Aufstands – verzweifelte, hoffnungslose Gegenwehr, und ein Tod im Kampf, nicht in der Wehrlosigkeit. Dementsprechend erwaehnen die Reden in Israel die Lehren, die das Volk Israel aus dem Holocaust gezogen hat: sich wehren ist besser als stillhalten, lieber kaempfend untergehen als dahingeschlachtet werden, Warnungen ernstnehmen, ein Auge auf antisemitische Drohungen und Taten haben.

 

Die Welt hat allgemeine Lehren gezogen (und ein Teil der Welt bestreitet, dass es die Shoah ueberhaupt gegeben hat, bedauert ihr vorzeitiges Ende, und moechte beim naechsten Versuch die Sache zu Ende bringen – von denen rede ich hier nicht). Israel hat spezifische Lehren gezogen.

 

Die verschiedenen Daten bringen das glasklar zum Ausdruck. Wer wissen moechte, wo sich der Westen und Israel unterscheiden (die doch so vieles gemeinsam haben), der findet hier einen Ansatzpunkt. Amerikaner und Europaeer begehen den Tag, an dem sie die Opfer befreit haben. Israelis und Juden begehen den Tag, an dem sie Widerstand geleistet haben.

 

So oder so – unertraegliche Abgruende.

 

Quelle: http://rungholt.wordpress.com/2013/01/27/gedenktage/