Seit ein paar Monaten formiert sich Widerstand gegen die Wohnraumpolitik des Studentenwerks und die Schließungen von Wohnheimen in Göttingen. Mitte 2012 wurde die geplante Schließung des Wohnheims in der Bühlstraße 28 bekannt. Die MieterInnen erfuhren davon erst durch die Zeitung. Schnell kam es zu Solidarität mit den Betroffenen.
Protest gegen Gentrifizierung und Wohnheimschließungen
Zur gleichen Zeit kam auch heraus, dass der Vorstand des Studentenwerks, Jörg Magull, und der Leiter "studentisches Wohnen", Jens Vinnen, die Schließung aller Wohnheime mit weniger als 200 Wohnplätzen planen. Ihnen zu Folge sei ein Trend zu Massenwohnheimen mit Einzelzimmern festzustellen. Damit sollen Studierende in Zukunft vereinzelt und die Wohnform WG abgewickelt oder zumindest geschwächt werden. Gerade das gemeinschaftliche Wohnen führt zu Austausch untereinander und Organisierung von Widerstand in der Vergangenheit. Dagegen konnten Schließungen von Wohnheimen ohne eine gemeinsame Lebens- und Handlungserfahrung in der Vergangenheit deutlich leichter umgesetzt werden. Die Wohnrauminitiative hat die Politik des Studentenwerks öffentlich kritisiert und klar gemacht: "Alle Häuser bleiben!"
Allein seit 2002 wurden 443 Wohnheimplätze ersatzlos gestrichen. Parallel steigen die Mieten auf dem privaten Wohnungsmarkt in Göttingen seit einiger Zeit dramatisch. Neben der Schwächung solidarischer Wohnformen führt dies insgesamt zu Effekten der Gentrifizierung.
Auf Grund des großen öffentlichen Drucks versucht das Studentenwerk
Göttingen nun hinter seine Aussagen zurück zu rudern. Statt
Massenschließungen wird nur noch über "einzelne" Wohnheime gesprochen.
Unter Rücksicht auf stetige Änderungen kann aber prinzipiell auch in
Zukunft jedes Wohnheim betroffen sein. Klar ist, vor allem die Altbauten
in der Innenstadt stehen in Frage, vor allem wenn der
Renovierungsrückstau eine Sanierung unumgänglich macht.
Ein
besonderes Beispiel ist die Geisstraße 10. Seit vor drei Jahren über 60
Wohnheimsplätze geschlossen wurden, steht das Gebäude leer. Universität
und Studentenwerk schieben sich gegenseitig die Schuld zu während das
Gebäude ohne BewohnerInnen langsam verfällt.
Am 16.01.2013 demonstrierten etwa 250 Menschen auf einer Rave-Demo für bessere Bildung und Wohnraum. Im Anschluss an diese Demonstration fand eine autonome Wohnheimsbesichtigung statt. Neben dem konkreten Fall des Leerstands in der Innenstadt bei gleichzeitiger Wohnungsnot soll deutlich gemacht werden, dass die Auseinandersetzung längst nicht mehr nur Studierende und das Studentenwerk betrifft. Wohnraumkämpfe und Verdrängung durch Gentrifizierung werden in Zukunft auch in Göttingen ein heißes Thema bleiben.
Ähnliches Thema, gleiche Akteure: Kampagne der >A.L.I.< für linke Räume im Herbst 2007.
Nachfolgend unsere aktuelle Pressemitteilung zu Demonstration und Wohnheimsbegehung.
Quelle: http://inventati.org/ali
Links
Artikel/Meldungen zur Räumung:
Linksunten: Zur Räumung
Grüne Jugend
AStA
Antifaschistische Linke International
Presseberichte:
HNA
Göttinger Tageblatt
Stadtradio Göttingen
Monsters of Göttingen
Göttinger Stadtinfo
Von den Bullen Geräumt
Heute Mittag wurde das Haus von den Bullen geräumt
Spontane Demonstration am Abend der Räumung
Heute abend fand anlässlich der Räumung der Geiststraße eine spontane Demonstration statt. Um 18Uhr versammelten sich etwa 70 Menschen auf dem Unicampus, die sich zu einer Demonstration formierten und schliesslich - nachdem ein erster Versuch, vom Campus zu kommen (Nikolausberger Weg/Goßlerstraße) am rabiaten Einsatz der Bullen nehmst Göttinger BFE scheiterte - auf die Weender Landstraße in Höhe des Conny-Denkmales liefen. Daraufhin wurden sie von den Bullen zurückgedrängt. Das den Bullen das Feingespür fehlt, merkten einige TeilnehmereInnen an Sprüchen wie "Ihr müsst von der Straße, damit euch sowas wie eurer Kollegin 1989 nicht passiert" Zu dem Zeitpunkt des Spruches war die Straße schon seit 10 min für den Verkehr gesperrt worden.
Später wurden die TeilnehmerInnen - wiederum mit rabiaten Körpereinsatz - von der Straße aud den Gehweg gedränkt, mit der Begründung, den Verkehr wieder fließen zu lassen. Das geschah - nicht. Die Polizei blockierte weiterhin die Straße. die Menge an Menschen, die sich mit den TeilnehmerInnen der Demonstration solidarisierten, wuchs dabei stetig an.
Nach etwa 20 Minuten konnte ein herbeigerufener Anwalt die Situation entschärfen und mit den Bullen eine Spontandemo ohne Anmeldung in die Innenstadt aushandeln. Es ging, nun mit geschätzen 100 TeilnehmerInnen und zu 3/4 vermummt, mit ein paar spontanen Routenänderungen über die Weender Straße zum Gänseliesel und zum Wilhelmsplatz, dem Präsidiumssitz der Göttinger Universität, der das ehemalige Studentenwohnheim in der Geiststraße gehört Solidaritätsbekundungen gab es, wie auch gestern, in Form von Parolen und Pyrotechnik aus der Roten Straße. Rangeleien und Eingriffe in die Demo seitens der Bullen, konnten in den meisten Fällen rechtzeitig unterbunden.
Für Göttinger (Polizei) Verhältnisse seit langem mal wieder eine gelungene Spontandemonstration!