Bräunelnde Provinzposse in Bochum

NS-Denkmal von 1935 am Bochumer Stadtpark

Einen kurzen Auftritt von ganz Rechtsaußen gewährte sich diese Woche ein Mitglied des Bochumer CDU-Verbandes. Termingerecht zum Jahrestag der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 wollte der Vorsitzende des CDU-Stadbezirksverbandes Bochum-Mitte, James Wille, am 7. November 2012 eine „Anregung“ in die Bezirksvertretung Bochum-Mitte einbringen. Er wünschte sich die Wiederaufstellung eines NS-Denkmals am Eingang des Bochumer Stadtparks.

 

Dazu muß man wissen, dass dieses Denkmal seit 1935 bis 1983 den Eingangsbereich des Bochumer Stadtparks „zierte“. Es war am 18. August 1935 mit Pauken und Trompeten eingeweiht worden und zeigte zwei überlebensgroße Krieger, die die Verbundenheit der kaiserlichen Armee und der sich im Aufbau befindlichen nationalsozialistische Wehrmacht symbolisierten sollten. Um die geschichtliche Kontinuität zu demonstrieren hielten der mit einem Kopfverband versehene 1. Weltkriegssoldat und der mit einem Stahlhelm (inklusive Hakenkreuz) versehene Wehrmachtssoldat gemeinsam eine Standarte. Gedacht war das martiale und im nationalsozialistischen Geiste ausgeführte Kriegerdenkmal als Sinnbild der neuen „deutschen Wehrhaftigkeit“.

 

Diese nationalsozialistische Kriegsverherrlichung blieb bis Anfang 1983 stehen und diente weiterhin der NPD für Propagandakundgebungen samt Kranzabwürfen.

Zum Gedenken an die Machtübergabe an die Nazis 1933 sägten einige Linksradikale den beiden Kriegern kurzerhand die Beine durch, so daß sie auf der Nase landeten. Daneben sprayten sie: „50 Jahre sind genug“. Die NPD schrie Zeter und Mordio und setzte eine Belohnung zur Ergreifung der Frevler aus. Die anfangs ratlose Stadt Bochum entsorgte den metallernen Albtraum von Blut und Krieg, Vaterland und Tod schließlich in das hiesige Stadtarchiv und brachten eine aufklärende Tafel an den früheren Standort des Denkmals an.

 

Letzte Woche nun wußte James Wille, seines Zeichens Vorsitzender des CDU - Stadbezirksverbandes Bochum-Mitte, zu verkünden, dass es sich bei der Mehrheitsentscheidung des Bochumer Rats vor 30 Jahren um das „Diktat der Straße“ gehandelt hätte. Dies zu korrigieren wollte er antreten und verkündete noch, dass es ihm dabei um die Namens- und Ehrenrettung eines von der NS-Regierung verfolgten Künstlers ginge, der diese Skulptur entworfen hätte.

War Letzteres nur peinlich, weil er fälschlicherweise einem expressionistischen und unter dem NS verfolgten Maler diese monströse Skulptur andichten wollte, so war sein ganzes Ansinnen eine einzige antidemokratische Frechheit.

Einen Tag vor der Bezirkssitzung wurde Willes „Anregung“ in der Öffentlichkeit bekannt. Zu seiner „Anregung“ kam es in der Bezirksvertretung dann aber nicht. Sang und klanglos verschwand sie in den christdemokratischen Schubladen.


Was wie die braune Posse eines christdemokratischen Lokalpolitikers anmutet ist leider Ausdruck des völkischen-nationalistischen Denkens weiter Teile der Christdemokraten. Kein Einzelfall in Bochum. Alle paar Jahre werden schwarz-braune Liaisons in der Ruhrgebietsstadt publik.

 

- Anfang der 90er schaffte es ein aktiver Nazi der Anti-Antifa zum CDU Pressesprecher in Bochum-Wattenscheid. (siehe anhängendes Flugblatt zum Einzug der NPD ins Stadtparlament)

- Als es Antifagruppen 2006/2007 schafften den von dem NaziHooligan und Northside Mitglied Thorsten Kellerhoff betriebenen Thor Steinar-Laden aus Bochum zu vertreiben, solidarisierte sich ein Teil der Jungen Union (inoffiziell) mit dem Laden und attackierte (offiziell) die Jusos, die sich gegen den Laden ausgesprochen hatten. Jens Buschkamp, der damalige Geschäftsführer der Jungen

Union Linden-Dahlhausen trug sogar ein T-Shirt der braunen Marke auf einer CDU-Veranstaltung.

- 2007 übernahm das Bochumer CDU Mitglied und Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert, die Schirmherrschaft über eine Veranstaltung an der Ruhr Universität. An dieser äußerst konservativen bis rechten Veranstaltung nahm unter anderen der persönliche Berater des damaligen Außenminister Gianfranco Fini teil. Gianfranco Fini, war der Parteichef der, sich selbst als “postfaschistischen” Partei bezeichnenden, “Alleanza Nazionale” (AN). Und sein Berater und Referent in Bochum niemand anderes als der extrem antiislamische und homophobe Roberto de Mattei, Vice Presidente del Consiglio Nazionale delle Ricerche. Eine extrem rechte Vereinigung.

(http://www.nadir.org/nadir/initiativ/azzoncao/italien.html)

- 2007 erstellten Rechtsaußen der Bochumer Jungen Union und der RCDS eine Intenet-site „bochum gegen links“, die eindeutig den Brückenschlag zu rechtspopulistischen und völkischen-nationalistischen Gruppierungen suchte (Lesenswerte PDF ist angehängt)

 

Es wird abzuwarten sein, was die CDU in Zukunft noch an eindeutig braunen Offerten aus ihren Schubladen holen wird.

 


 

Die Stadt Bochum zum Denkmal:

http://www.bochum.de/C125708500379A31/vwContentByKey/W2734BHQ219BOLDDE

Wikipedia zum Denkmal:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegerdenkmal_am_Stadtpark_Bochum

Mahnmale in Bochum

http://home.arcor.de/fhy/mahnmale.htm

 

Ein sehr sehenswerter Film der Videogruppe Klack Zwo B aus dem Jahr 1994:

 

Text zur Filmwerbung:

"Der Überzahl erlegen, im Geiste unbesiegt."

Kriegerdenkmale in Bochum - zwei Beispiele

Vor Jahren sorgten mehrere Kriegerdenkmäler in Bochum für lokalpolitischen Wirbel: einem Standbild fehlte plötzlich der Kopf, ein anderes war umgesägt worden.

In diesem Film kommen jene zu Wort, die mit den Denkmälern zu tun hatten: der Kyffhäuserbund, der Parkgärtner, der Stadtarchivar, die Täter.

"Dramaturgisch glänzend aufgebaut setzt der Film langsam ein Mosaik zusammen, das Denkmalkultur und Vergangenheitsbewältigung nicht mit erhobenem Zeigefinger thematisiert, sondern ganz auf die Aussagekraft und Vielschichtigkeit der Bilder und Interviewaussagen setzt." ("2. Wettbewerb zur Geschichte des Ruhrgebiets" Begründung der Jury anläßlich der Preisverleihung.)

(VHS 20 Min. / 1994 Klack Zwo B e.V., Wallbaumweg 108, 44894 Bochum )

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das war damals noch richtig gute handarbeit! :-)