Rund 250 Menschen nahmen den Aufruf eines Bündnisses namens “Familien und Freundinnen gegen Abschiebungen“ zum Anlass, um in Wien gegen Rassismus und Abschiebungen zu demonstrieren.
Startpunkt war ein Platz am Anfang der Mariahilferstraße, eine viel frequentierte Wiener Einkaufsstraße bei dem der “Marcus-Omofuma-Stein“ steht.
Diese Skulptur wurde anlässlich der polizeilichen Ermordung von Marcus Omofuma 1999 während einer Flugzeug-Abschiebung von der Künstlerin Ulrike Truger angefertigt. Sie fand 2003 ihren endgültigen Standort vor dem Museumsquartier und ist oft Startpunkt von (antirassistische) Demonstrationen in Wien. [1]
Die Demonstrationen begann um etwa 16.00Uhr mit einer Standkundgebung bei der etliche Redebeiträge gehalten und Flugblätter verteilt wurden.
Gegen 17Uhr setzte sich die Demo in Bewegung und zog Richtung Einkaufsmeile.
Relativ dominant war der Lautsprecherwagen, nicht nur weil aus seinen Boxen ständig eine männliche Stimme tönte, sondern weil zwischendurch auch die Kupplung zu riechen und rauchen begann.
Die Demo war recht überschaubar, das Polizeiaufgebot mit etwa einem duzent Polizeibussen dagegen recht massiv, und teilweise gingen die Polizist*innen seitlich in einem sehr losen Spalier.
Vom Landesamt für Verfassungsschutz waren Manfred Seli [Foto 1] von Anfang an dabei; beim Parlament wartete auf ihn schon Franz Pöchhacker [Foto 2] allerdings wurde ein Großteil der Staatspolizei-Recherearbeit von einzelnen Demonstrant_innen schon selber übernommen - ständig waren Fotokameras, Handys, und Videokameras zu sehen die Aufnahmen machten.
Trotzdem konnten Inhalte mit Flyern, "Sprechchören", Schildern und Transparenten recht gut der Umwelt vermittelt werden.
Auf den verschiedenen Flyern von Autonomen und den Bündnissteilnehmer_innen wurde über Rassismus, die österreichische Abschiebepolitik und Widerständigkeiten dagegen informiert.
DAS BÜNDNIS
Auf der Homepage des Bündnisses sind z.B. zur Zeit 14 Untersützer_innen zu finden, neben bürgerlicheren Organisationen wie "Plattform Bleiberecht Innsbruck", "SOS Mitmensch" und "Amnesty International:Netzwerk Frauenrechte" befinden sich auch progressivere Gruppen wie z.B. die "IOPS Austria", die sich neben "einem bedingungsloses Bewegungs- und Bleiberecht, dem Freien Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende auch für ein existenzsicherndes Grundeinkommen für alle" einsetzen.
Auch Parteien wie die SLP, und parteinahe Organisationen wie die KJÖ waren (leider) auch vertreten.
Einige Fahnen von der ATIGF "Föderation der Arbeiter und Jugendlichen aus der Türkei in Österreich" waren auch zu sehen [2]
SLOGANS
Mit Transparenten waren unter anderem SOS Mitmensch, afrique-europe-interact mit der Aufschrift "Gleiche Recht ohne Grenzen!" (in Deutsch und Französisch) und IOPS "Solidarität braucht keine Grenzen" sichtbar.
Ein anderes Transparent mit der Aufschrift "eliminate all (detention) prisons" und einem eingekreisten A, sowie Fahnen von Ums Ganze Bündnis "Staat. Nation. Kapital. Scheisse." und Parolen wie "Weg mit den Abschiebetrakten, sprengt alle Knäste, vernichtet alle Akten" machten sicht- und hörbar das auch Anarchist_innen und Autonome den Aufruf von "Familien und FreundInnen gegen Abschiebung" zur Demo folgten.
Eine Vielzahl von (verpixelten Fotos) mit den Schildern und Transparenten sind auf no-racism.net zu finden. [5]
AUFRUF UND RESONANZ
Auffällig ist der für wiener antirassistische Bündnisse recht radikale Aufruf, z.B. "[...] Wir sind solidarisch mit allen, die von Abschiebung bedroht sind und etwas dagegen tun wollen. Wir unterscheiden nicht, wer nach Ansicht österreichischer Behörden “gut integriert” ist, perfekt Deutsch kann oder der Wirtschaft nützt. [...]".
Die Mehrsprachigkeit des Aufrufes beschränkte sich allerdings auf Englisch, Deutsch und Französisch. (Farsi und Arabisch gab es anscheinend in digitaler Form) [3]
Ansonsten waren die üblichen Parolen wie "No Border, No Nation - Stop Deportation", "Solidarité avec les Sans-Papier!" usw. zu hören.
In einer Seitenstraße schüttete eine/n Anreiner/in Wasser aus einem oberen Stockwerk eines Haus auf die Demonstrant_innen - die Trefferqoute war allerdings nicht besonders hoch.
Andere Reaktionen von Passant_innen waren durchwegs sehr positiv, einige liefen sogar spontan mit der Demonstration mit - mitunter ein Grund wieso die Demonstration bis zum Parlament auf etwa 250 Personen anwuchs.
Beim Parlament gab es dann noch eine Abschlußkundgebung mit Redebeiträgen und eine "Kunstaktion".
Die Demonstration war eine der "Veranstaltungen" im Zuge der Aktionstag gegen Abschiebung von 26.9.-28-9 von dem Bündniss, andere waren z.B. ein Workshop "Wie verhindere ich eine Abschiebung?“ und eine Soliparty "Gekommen, um zu bleiben".
Trotz allem blieb die Demonstration zahlenmäßig hinter den Erwartungen zurück, die Eigeninitiative von Autonomen und Anarchist_innen (wenig Leute, fast keine Transparente) war bis auf "Sprechchöre" eher mau - immer noch Studi-Sommerloch? oder Antirassismus gerade nicht so "trendy"?
KRITIK
Die Männer*-Dominanz bei den Redebeiträgen und am Lautsprecherwagen, die für so ein großes Bündnis eher schlechte Mobiliserung (auch wenn auf der Homepage des Bündnisses von einer "Riesen-Demo" die Rede ist [4]), und die fehlende Vielsprachigkeit des Aufrufes sollten Teil der Reflexion sein, für die es bei den regelmäßigen Treffen des Bündnisses Gelegenheit gibt:
"Am Dienstag, 6. September trifft sich :: Familien und Freund_innen gegen Abschiebung ab 19:00 Uhr im Aberlinghaus, Stiftgasse 8, 1070 Wien. Alle Interessierten sind eingeladen, die Aktionstage zu reflektieren und sich zu beteiligen."[5]
[Foto 1] Manfred Seli, Random, http://img341.imageshack.us/img341/7866/manfredkj3.jpg
[Foto 2] Franz Pöchhacker, ganz rechts am Podium bei Diskussionsveranstaltung "Angriff von Rechtsaußen. Wie Neonazis den Fußball missbrauchen« " vom Fußballmagazin ballesterer am 30.Mai 2012 in Wien - leider ein wenig verdeckt von Mikrophon, https://encrypted-tbn1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcTqemGX-eUfD4XkoZuceGnOADWznUeW7EFaaBo2xh-KWNwNL_blGQ
[1] "Omofuma Stein auf bleibenden, öffentlichen Standort", 05. Dec 2003, http://no-racism.net/article/703/
[2] "UnterstützerInnen", http://familienundfreundinnengegenabschiebung.wordpress.com/unterstutzerinnen/
[3] "Aktionstage 26. – 28.9.2012", 21. Sep 2012, http://familienundfreundinnengegenabschiebung.wordpress.com/2012/09/21/aktionstage-26-28-9-2012/
[4] "Riesen-Demo gegen das österreichische FremdenUnrecht ", 29. Sep 2012, http://familienundfreundinnengegenabschiebung.wordpress.com/2012/09/29/riesen-demo-gegen-das-osterreichische-fremdenunrecht-2/
[5] "Fotos von der Demonstration gegen FremdenUNrecht", 28. Sep 2012, http://no-racism.net/article/4191/
stimmt schon
danke für den bericht, endlich mal keine jubelpropaganda...
riesendemo , großdemo... da sehnt sich wer nach anerkennung. aberob 300 oder 600 auf ner latschdemo latschen ist eigentlich auch egal. so wird wenigstens offensichtlich was in wien geht: NIX!