Investigativ: In Nordsachsen wurde ein Drogenhändler-Ring ausgehoben und der mutmaßliche Anführer festgenommen. Es handelt sich um den Delitzscher Neonazi Lars Schönrock. Er kommt aus der Kameradschafts-Szene, ist führendes Mitglied des “Freien Netzes” und enger Vertrauter des sächsischen NPD-Vizes Maik Scheffler. Der steckt jetzt in Erklärungsnot: Schönrock und weitere Rechte dealten offenbar im großen Stil mit Crystal Meth und Anabolika.
Einmal, im März dieses Jahres, packte Maik Scheffler die Schreibwut: Auf der Website seines “Aktionsbündnis Nordsachsen” ließ er sich über die “Drogenmafia” aus. Wenig überraschend beschuldigte er Linke, seine Kleinstadt Delitzsch mit Rauschmitteln zu beliefern. Ein anderes Mal – gestern – kam Scheffler wieder auf das Drogenproblem zu sprechen. Doch innerhalb eines halben Jahres hat sich für den mehrfach verurteilten NPD-Funktionär alles gedreht: Nicht der “politische Gegner”, sondern seine eigener, tiefbrauner Kameradenkreis handelt mit Drogen. Es ist das peinliche Ende einer Propagandalüge.
Nun geht es um mehr als 500 Gramm so genanntes “Crystal Meth” sowie anabole Steroid-Präparate, die bei Hausdurchsuchungen am 31. August nebst einer größeren Bargeldsumme und Waffen gefunden wurden. Zollbeamte und ein Spezialeinsatzkommando der Polizei durchkämmten insgesamt zehn Wohnungen und Lagerräume in in Nordsachsen. Der Drogenhändlerring war aufgeflogen, nachdem kurz zuvor ein Kurier nahe der deutsch-tschechischen Grenze mit einer größeren Menge “Crystal” im Gepäck hochgenommen worden war. Seine Kumpanen waren da schon polizeibekannt – allerdings als aktive Neonazis. Unter den bei ihnen gemachten “Zufallsfunden” befindet sich auch entsprechende Propaganda.
NPD in Erklärungsnot. Schon wieder.
Neonazis als Dealer? Für Scheffler eine ganz ungünstige Situation. Der Hauptbeschuldigte Lars Schönrock war nämlich bisher als enger Vertrauter des NPD-Manns bekannt. Bis gestern jendenfalls, denn Schefflers neueste Erklärung bestätigt nicht nur Schönrocks speziellen “Lebensweg”, sondern outete ihn auch gleich namentlich als mutmaßlichen Kopf der Bande. Mit dem Delinquenten will der Landesvize auf einmal nichts mehr zu tun haben: Schönrock habe sich aus der “Gemeinschaft herausgelöst” und sei bereits “Anfang 2011 aus der NPD ausgestiegen”. Sollten sich die Vorwürfe gegen Schönrock bestätigen, werde die NPD “schon auf der Basis ihres Programms die Höchststrafe fordern”.
Harte Worte. Sie zeugen von großem Distanzierungsdruck und erinnern an den unbeholfenen Versuch der NPD, jede Verbindung zu Ronny Schleider zu dementieren, angeklagt wegen der Ermorderung eines Obdachlosen in Oschatz. Pikant: Schleider versuchte sich mit der Beauptung zu entlasten, er habe zum Tatzeitpunkt unter Drogen gestanden – genauer: unter Crystal Meth.
Auch von dem möglichen NSU-Mitwisser Thomas “Ace” Gerlach will die Partei heute nichts mehr wissen. Der Altenburger Gerlach ist wie Maik Scheffler ein “Hammerskin”-Aktivist, beide haben ab 2007 das “Freie Netz” aufgebaut. Also jenen militanten Kameradschafts-Verband, dem auch Schönrock angehört.
In der Öffentlichkeit macht Scheffler lieber auf “seriöse Radikalität”: Er unterliegt als Funktionär der Parteiräson, zehrt im Tausch von einem Job bei der NPD-Landtagsfraktion. Kritiker aus der Szene, darunter einstige Weggefährten, schmäht er als “Sektenführer”. Und im aktuellen Falle fabrizierte er gleich eine Pressemitteilung für den NPD-Landesverband: Schönrock, so der Tenor, sei nur irgendein Ex-Kamerad. Schuld an dessen Treiben sei “die Gesellschaft, die solche Irrwege möglich macht.”
Diese scharfe Distanzierung ist offensichtlich eine Reaktion auf MDR-Recherchen verstehen. Soeben berichtete das TV-Magazin “Exakt” über den Fall.
Führender Kameradschafts-Aktivist an Schefflers Seite
GAMMA hatte bereits Anfang 2011 eine Mitgliederkartei des NPD-Kreisverbandes Nordsachsen veröffentlicht, dem ebenfalls Scheffler vorsitzt. Darin ist Schönrocks Parteieintritt im Februar 2009 dokumentiert, Mitgliedsnummer 90409. Ebenfalls 2009 stand Schönrock an der Seite Schefflers, der ein Mandat errang, als NPD-Kandidat zur Wahl für den Delitzscher Stadtrat. Doch selbst wenn Schönrock mittlerweile “aus der NPD ausgestiegen” sein sollte, ist das nur eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist die: Scheffler und Schönrock kommen aus derselben Kameradschaft, haben eng zusammengearbeitet beim “Freien Netz”. Davon distanziert sich Scheffler nicht, und für ein Ende dieser speziellen Liaison spricht auch nicht viel.
Im Gegenteil: Bis heute läuft die Website des von Scheffler betriebenen “Aktionsbüro Nordsachsen”, auf der nun auch die Distanzierung von Schönrock zu lesen ist, ausgerechnet auf Schönrocks E-Mail-Adresse. Bis heute wird dort die Website der ultrasexistischen und biologistischen “Free Gender”-Kampagne verlinkt, für die Schönrock eine Domain angemeldet hat. Bekannt ist er auch als ehemaliger Domain-Inhaber des neonazistischen “Nordsachsen-Versandes”. Der wird vom Scheffler-Gefolgsmann und Eilenburger NPD-Stadtrat Kai Rzehaczek geleitet. Das Gewerbe gilt als fester Teil des “Freien Netzes” und verlegt dessen Propaganda. Nach GAMMA-Informationen ist Schönrock ein Administrator des “Freien Netzes”, der Mann fürs Technische. Er ist Drahtzieher einer ganzen Reihe neonazistischer Internetangebote. Einen “Ausstieg” hat es nie gegeben.
Vor allem gehört Schonrock zum innersten Zirkel von Schefflers Kameradschafts-Kreis. Unter anderem verwaltete Schönrock ein klandestines Forum der “Freies Netz”-Kader. GAMMA hatte im November vergangenen Jahres aufgedeckt, dass in diesem Forum unter anderem der Aufbau einer “NS-Ersatzorganisation”, die ausgesprochen enge Zusammenarbeit mit der NPD und die Tötung eines Polizisten geplant wurde. An dieser Diskussion hatten sich u.a. Thomas Gerlach, der inhaftierte NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben aus Jena sowie jener Maik Scheffler beteiligt.
Zum Geldsammeln stellte Schönrock der militanten Neonazi-Vereinigung sogar das Konto seines 2011 verstorbenen Bruders zur Verfügung.
Weitere Beschuldigte, weiter kein Einschreiten
Dass Scheffler sich jetzt mit aller Kraft von Schönrocks “Lebensweg” wegstoßen will macht nicht wett, dass sich die politischen Biografien beider vielfach kreuzen. Wann genau Schönrocks Ambitionen im Drogenhandel ihren Anfang nahmen, werden vielleicht die weiteren Ermittlungen klären. Schon jetzt steht aber fest, dass Schönrock kein Einzelfall ist. Unter den Mitbeschuldigten sind weitere Personen aus Delitzsch und Eilenburger, die ebenfalls zur Neonazi-Szene gerechnet werden, darunter Nico Roßberger, Frank Meichsner und Marcus Polter.
Nach GAMMA-Informationen gibt es außerdem Verdachtsmomente gegen den Neonazi Patrick Kettner. Er wohnt ebenfalls in Delitzsch, ist ebenfalls ein langjähriger Vertrauter Schefflers und bekannt als “Anti-Antifa”-Fotograf.
Gegen Mitglieder des “Freien Netzes” ist in der Vergangenheit zwar immer wieder ermittelt worden. Ein Verbot der Organisation hat die Sächsische Landesregierung aber bislang abgelehnt. Das mit seiner Expertise nicht bewährte Landesamt für Verfassungsschutz hatte im Jahresbericht für 2011 behauptet, das “Freie Netz” sei “keine eigenständige Organisation”. Das entspricht der Selbstdarstellung des “Freien Netzes”. Und ist bestimmt so glaubwürdig wie die Anti-Drogen-Propaganda seines Anführers Maik Scheffler.
Einmal mehr könnte so beim Thema Neonazismus der Eindruck entstehen, dass im Freistaat Sachsen die Lügen der einen die Lügen der anderen decken.
weitere Nazis
wie in dem MDR-Beitrag zu sehen ist ein weiterer Beschuldigter Nico Roßberger. Er versuchte auch mit weiteren Nazis am 25.3.2012 die Antifa-Demo (http://de.indymedia.org/2012/04/327851.shtml) zu stören. Hier auf dem Bild mit dem gelben Pullover: http://media.de.indymedia.org/images/2012/04/327858.jpg
Nicht vergessen am Samstag nach Delitzsch zu kommen:
Delitzsch: Nazihegemonie brechen und linke Strukturen unterstützen (https://linksunten.indymedia.org/de/node/66747):
Die Streetparade beginnt um 12:30 Uhr am Unteren Bahnhof in Delitzsch.
http://nodancingwithnazis.noblogs.org/anreise-zum-konzert-am-15-09/
[update: 13. August 2012] Wegen der deutlich größeren Anzahl an Bands beginnt das Konzert am Festplatz schon 14 Uhr!
http://nodancingwithnazis.noblogs.org/aufruf-antifa-open-air-konzert-15-september-delitzsc/
same procedure as for decades
is alles nix neues das die nazis ticken ...
hier mal zum nachlesen aus den endenden 1970er jahren: Drugs, Intelligience and International Fascism:
Henrik Krüger: The Great Heroin Coup: Drugs, Intelligence, and International Fascism. Boston: South End Press, 1980, ISBN 0-89608-031-5.
ist haarsträubend wie sehr die "Faschistische Internationale" im Drogenhandel aktiv war(/ist?).
Überhaupt ein gutes Buch, pikant zb.: der ehemalige Lagersprecher des KZ Mauthausen, Joe Attia, französischer Nationalheld, heuerte später als Söldner bei besagter Faschistischer Internationale, bei den Faschisten an und und und, in jedem Fall mal nachlesen wo die Connecte Nazis/Drogen bereits seit Jahrzehnten schon gang und gäbe war. Soweit ich weiß saß Christian David, "Beau Serge", in den 1980er Jahren dann in Frankfurt a.M. ein, der Bezug zur BRD wäre also direkt gegeben wenn das zutrifft. Vermutlich ist Joschka Fischer Anfang der 1980er mit eben den 400.000$ die Chr.David den Tupamaros Uruguay stahl aufgebaut worden, aus der Frankfurter Haft des AntiGuerillaSöldners her.
(Letzteres ist jetzt sehr polemisch zu verstehen, das Buch liefert zu viele Details und Hintergründe die überhaupt nicht witzig sind).
Luft holen
Zu "deinem" Buch sage ich mal besser nichts :-)
Allgemein ist Drogenhandel die Finanzierungsmöglichkeit aller ganz oder partiell benachteiligter Bürgerkriegsparteien, Vorstufen und etlicher sonstiger Kriegsparteien. Liegt auch irgendwie auf der Hand, in pragmatischer Hinsicht. Revolutionäre, Widerstandsbewegungen, Rocker, (mafiöse) Parallelgesellschaften wissen das. Leser anspruchsvoller Literatur rufen nach Amnesty International.
Besser recherchieren!
Einige Information sollten besser recherchiert werden. Es wurde nicht Frank Meichsner verhaftet sondern sein Sohn der Nazihool und Scenario Lok-Mitglied Peter Meichsner. Sein Vater Frank hat nichts mit der Neonaziszene zu tun.
Desweiteren wohnt Patrick Kettner nicht mehr in Delitzsch sondern im Muldental!
Cheers
Richtig
Auf der Anklagebank saß zum heutigen Prozessauftakt Peter Meichsner.
Richtig
Das mit Meichsner stimmt, kenn den Vater selber. Ob Nazis oder Skins. Wer mit Drogen dealt hat in dieser Szene nichts zu suchen. Sollten erst mal ihre Hausaufgaben machen, bevor sie sich zu irgend einer Gesinnung bekennen. Gehen wahrscheinlich nicht mal arbeiten und lassen sichs aufs Staatskosten gut gehen. Ein hoch auf unsere neuen Neonazis aus Eilenburg.