Der Sommer der Klimacamps

Klimacamp

Der Widerstand gegen Braunkohle geht auch in diesem Sommer in die Offensive. Nachdem im April der Hambacher Forst im Rheinischen Braunkohlerevier besetzt wurde stehen im August in gleich drei Braunkohlerevieren der Bundesrepublik Klimacamps an, die sich gegen den klimaschädlichsten Energieträger richten. Bei den Camps im Rheinland und in der Lausitz sind vielfältige (direkte) Aktionen gegen die Kohleinfrastruktur von Vattenfall und RWE geplant. Die Energiekämpfe setzen dabei auf eine selbstverwaltete, dezentrale, ökologische und soziale Energieversorgung von unten, statt Energiewende im grünen Kapitalismus.

 

Bereits im letzten Jahr gab es in Deutschland zwei Klimacamps, sowohl in der Lausitz und als auch im Rheinland, die sich mit ihrem Protest gegen Abbau und Verstromung von Braunkohle richteten. Sie knüpften an vergangene Klimacamps in Hamburg, Bonn und Borschemich (bei Mönchengladbach) an, und vor allem an die britische Klimacamp-Bewegung, die seit 2006 viele tausend Menschen im Protest gegen konkrete Infrastrukturprojekte (Kohlekraftwerke, Flughafenerweiterungen), vor allem aber gegen die systemischen Ursachen der globalen Erwärmung vereint. Während sich in Großbritannien diese Bewegung dazu entschlossen hat, sich aufzuteilen, um effektiver gegen die einzelnen Aspekte der multiplen sozialen und ökologischen Krise fokussieren zu können (z.B. in die Gruppen „UK Tar Sand Network“ oderUK Uncut, die sich gegen die Austeritätspolitik der britischen Regierung einsetzt), scheint es im deutschsprachigen Raum erst richtig loszugehen: in diesem Sommer wird es nicht nur Klimacamps im Rheinland und in der Lausitz geben. Auch in einem weiteren Braunkohle-Abbaugebiet, der Region Leipzig, regt sich Widerstand. Bayrische Gruppen bereiten ebenfalls ein Camp vor, das den Flughafen München ins Visier nehmen wird. Und auch in der Schweiz wird zum wiederholten Mal ein Klimacamp stattfinden. Alles dies deutet darauf hin, dass sich die soziale Bewegung endlich einem unserer dringlichsten Probleme zuwendet und die PhraseKlimaschutzmit Bedeutung füllt.

 

Die Klimabewegung soll so breit und wirksam werden wie die Anti-Atom-Bewegung. Dabei will sie von deren Erfahrungen lernen, und hofft ganz konkret auf personelle Verstärkung aus den Anti-Atom-Gruppen. Strategisch gesehen ist es schwierig, eine Protestbewegung gegen eine so allumfassende und gleichzeitig abstrakt scheinende Gefährdung wie die globale Erwärmung aufzubauen. Bilder von schmelzenden Gletschern, brennenden Wäldern und Flutkatastrophen haben aus unerfindlichen Gründen nicht das gleiche Mobilisierungspotential wie ein explodierendes Atomkraftwerk. Hinzu kommt, dass konkreter Klimaschutz an den Grundfesten unseres gesamten Lebensstils rüttelt. Da ist es doch einfacher, das Problem zu verdrängen. Die Aktivist_innen im Rheinland und in der Lausitz haben sich daher entschieden, Braunkohle zum Symbol für die Klimabewegung zu machen. Denn die Mondlandschaften der Tagebaue und die rauchenden Schlote der Kraftwerke vereinen in sich alle Probleme, gegen die wir kämpfen müssen: der rücksichtlose Raubbau an der Natur, zentralistische und menschenfeindliche gesellschaftliche Strukturen, ein Wachstums- und Wirtschaftsmodell, das nur in den Abgrund führen kann. Es gibt hier klare Gegner: RWE bzw. Vattenfall, die zu den größten Emittenten von CO2 in Europa gehören. Oder, wie Anwohner_innen sie nennen:die Mafia. Allein in der Lausitz verloren in den vergangenen 80 Jahren mehr als 30.000 Menschen ihre Heimat, weil sie einem Tagebau weichen mussten.

 

Für den sofortigen Braunkohleausstieg

Um den Klimawandel aufzuhalten und eine dezentrale Energieversorgung aufzubauen, müssen wir dafür sorgen, dass die Kohle im Boden bleibt. Obwohl Braunkohle der klimaschädlichste Energieträger ist, erlebt sie nach demAtomausstieghierzulande eine Renaissance. Derzeit wird in Deutschland die meiste Braunkohle weltweit gefördert. Der Brennstoff ist durch indirekte Subventionen für die Energiekonzerne fast umsonst zu haben, ihr Interesse, ihn zu verwerten, ist daher immens. Es ist klar, dass die Energiekonzerne diese Technologiegenau wie bei der Atomkraft - nicht kampflos aufgeben werden. Dabei sehen selbst staatliche Szenarien vor, den Abbau von Braunkohle massiv zurückzufahren. Die Leitstudie des Bundesumweltministeriums von 2007 sieht vor, dass im Jahr 2050 nur noch ca. 5 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert werden soll (zum Vergleich: im Jahr 2012 wurden in Deutschland ca. 169 Millionen Tonnen Kohle verheizt). Gleichzeitig laufen auf Landesebene Genehmigungsverfahren für neue Kraftwerke, die fünfzig bis sechzig Jahre volle Leistung bringen müssten, damit sie sich überhaupt rentieren. Braunkohle wäre damit bis über die Mitte des Jahrhunderts als Energieträger zementiert. Das muss verhindert werden.

 

Bildung, Vernetzung, Aktionen und Nachhaltiges Leben

Klimacamps sind lebendige Orte des Austauschs, an denen Menschen aus unterschiedlichen sozialen Bewegungen, Spektren und Ländern zusammenkommen, um sich zu vernetzen: lokale Bürger_innen-Initiativen, politische Gruppen, Umweltverbände, motivierte Einzelpersonen, internationale Gäste aus vom Klimawandel betroffenen Regionen. Es bietet Raum für Vernetzung und gegenseitige Bildung sowie widerständige Praxis und direkte Aktion. In Workshops und Diskussionen wird das Wissen weitergegeben, das wir brauchen, um eine lebenswerte Zukunft zu gestalten. Dabei soll das Camp auch ein Experimentierfeld für ein anderes Leben sein: Ressourcenschonendes Leben ist ein ebenso elementarer Bestandteil des Camps wie basisdemokratische Selbstorganisation. Im Mikrokosmos Camp wird gelebt, was wir für die gesamte Gesellschaft fordern: unser Stromwo man nicht ganz auf ihn verzichten kann - kommt von Windrädern, Fahrradgeneratoren und Solarzellen. Es gibt Kompostklos statt Dixies, öko-veganes Essen statt Supermarktschnitzel. Und auch unsere Entscheidungen sollen nachhaltig sein.

Außerdem sind Camps Ausgangspunkt für vielfältigen Widerstand gegen Braunkohleabbau. Im letzten Jahr besetzten Campteilnehmer_innen Parteibüros in Cottbus, um auf deren Kohlepolitik Druck auszuüben. Im Rheinland blockierten über 50 Menschen die Gleise, auf denen sonst im Viertelstundentakt Kohle von den Tagebauen zu den Kraftwerken transportiert wird. Außerdem gab es zahlreiche Demonstrationen in Ost und West. Auch dieses Jahr werden die Protestformen so unterschiedlich wie die am Widerstand beteiligten Menschen seinvon Kommunikationsguerilla über Bannerdrops und Fahrraddemonstrationen bis hin zu Blockaden und Besetzungen.

 

Für Klimagerechtigkeit und Energiedemokratie

Die Camps fordern eine atom- und kohlefreie Zukunft und ein lebenswertes Klima weltweit. Sie kämpfen für Klimagerechtigkeit und Energiesouveränität. Klimagerechtigkeit bedeutet, anzuerkennen, dass das Wachstumsparadigma, welches zur maßlosen Ausbeutung von Rohstoffen, Überproduktion und Überkonsum führt, in einem grundlegenden Widerspruch zu den biophysikalischen Grenzen des Planeten und dem Kampf um soziale Gerechtigkeit steht. Deshalb ist es wichtig, dass unsere Gesellschaft ihre historische Verantwortung anerkennt und danach strebt, die globalen Gemeingüter zu schützen. Sie darf nicht länger von den Profitinteressen der Energiekonzerne abhängig sein, sondern muss den Einzelnen ermöglichen, ein selbstbestimmtes und solidarisches Leben zu führen. Deshalb kämpfen die Camps, als Teil einer weltweiten Bewegung, für die Schaffung von demokratischen und dezentralen Strukturen.

Energiedemokratie bedeutet, sicherzustellen, dass jedeR Zugang zu genug Energie hat. Die Energie muss jedoch so produziert werden, dass sie weder Umwelt noch Menschen schädigt oder gefährdet. Das bedeutet konkret, fossile Rohstoffe im Boden zu lassen, Produktionsmittel zu vergesellschaften und demokratisieren und unsere Einstellung zum Energieverbrauch zu ändern.

Seid dabei, wenn wir uns aktiv gegen die zerstörerischen Folgen der zentralisierten und fossilen Energieproduktion stellen!


Klimacamp im Rheinland: 3.-12. August 2012 in Manheim bei Köln http://www.klimacamp.ausgeco2hlt.de/


Klima- und Energiecamp Lausitz: 11.-19. August in Jänschwalde http://www.lausitzcamp.info


Klima-Camp in Hohenmölsen bei Leipzig: 20.-26. August http://www.zukunftsbund-luetzen.de/

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Auserdem gibt es die Waldbesetzung im Hambacher Forst, die hier wohl vergessen wurde. Die befindet sich nur wenige Kilometer vom Klimacamp im Rheinland entfernt, und dort wird während des Klimacamps auch das herrschaftskritische Barrio stattfinden. 

jetzt versteh i dat och ers ma mit dem barrio.... jaja dat!

und laufend hab ich da sowat von dauer-wald-und-land-besetzungen aller möglichen orten läuten gehört....

weiter so!

http://waldbesetzung.blogsport.de/