Die Ankunft der Spanier und die folgenden drei Jahrhunderte des Opfers und der zerstörten Sehnsüchte führen direkt zum Freiheitskämpfer und Revolutionär „El Libertador“ Simón Bolívar. Für unsere entscheidende Gegenwart und für die Zukunft ist er das Schicksal. Seit der Entdeckung und dem Aufbau der Neuen Welt hat der Mensch immer das gesucht, was Simón Bolívar gestaltete und verkörperte: Freiheit und Gerechtigkeit über allem, die absolute Gleichheit - ethnisch und sozial -, Erlösung von der ewigen Armut - dass heißt fassbare Ansprüche, die überall die gleichen sind - die Möglichkeit seiner vollständigen Verwirklichung in der Kultur und die echte und legitime Herrschaft über sein Erbe. Nur wenige außerhalb von Lateinamerika kennen jedoch die Zusammenhänge, für die er steht und auf die sich verschiedene progressive Bewegungen, wie die kolumbianische Guerilla, berufen.
Mit seinen Schriften, Briefen und Aktivitäten schafft Bolívar in den zwanzig Jahren seines politischen Wirkens das Programm der Revolution, welches das bisherige koloniale und ausgebeutete Amerika in ein neues Amerika verändern wird. Er bringt Demokratie und das Wahlrecht, er schafft die Sklaverei ab und erwirkt Rechte für Indígenas und ehemaligen Sklaven. Mit dem Agrarrecht schafft er politische und wirtschaftliche Voraussetzungen für Gleichheit und Gerechtigkeit unter den Menschen und mit den Ideen der Verstaatlichung des Minenwesens die Souveränität der Länder.
Er träumt Zeit seines Lebens von der amerikanischen Einheit. Als Freiheitskämpfer ist er auf dem gesamten lateinamerikanischen Kontinent unterwegs. In der Einheit aller Länder und Völker sieht er die Stärke. Er widmet sich neuen Gesetzgebungen, die im Fokus der Gleichheit aller stehen. Hierfür sieht er einen wichtigen Punkt in der Erziehung und Bildung der Menschen. Der Staat steht in der Verantwortung für kulturelle und soziale Verpflichtungen.
Geboren am 24. Juli 1783 in Caracas, stirbt er schon frühzeitig am 17. Dezember 1830. Sein 1810 begonnenes politisches Leben stand für die Befreiung des Kontinents, der Einheit und der sozialen Gerechtigkeit.
Wahlrecht
Die von der Revolution geförderte Ordnung soll vom Willen des Volkes ausgehen. In einem Brief an Petion bestätigt Bolívar seine These über den echten Träger der Macht: Der freie Wille des Volkes. Er gratuliert dem Vorkämpfer für die Befreiung Haitis zur Wahl „durch freie Akklamationen seiner Mitbürger, dem einzigen legitimen Ursprung der Macht“. Seit 1812 träumt er von dieser Ordnung und bringt diese auch im manifest von Cartagena zum Ausdruck, in dem er die Menschen als frei bezeichnet und mit dem Willen, nach der eigenen Stimme zu richten. Bolívar nennt die Wahlen stets als die Grundlage der Macht. Die Souveränität der Bürger beruht auf die „Universalität der Bürger“ und weiter „die Souveränität des Volkes ist die einzige legitime Macht der Nationen.“ Über die regelmäßigen Volksbefragungen lautete das Wort Bolívars stets empathisch: „Wiederholte Wahlen sind in den Systemen, die auf dem Volk beruhen, unerlässlich, denn nichts ist so gefährlich wie ein einziger Bürger, der lange an der Macht ist. Das Volk gewöhnt sich daran, ihm zu gehorchen und er gewöhnt sich daran, über das Volk zu herrschen; daraus entsteht die Usurpation und die Tyrannei.“
Demokratie
Bolívar hat sich ohne Vorbehalte für die demokratische Regierungsform ausgesprochen. Sowohl in den wichtigsten juristischen Zügen als auch in den theoretischen und moralischen Grundlagen entsprachen die von ihm geplanten Regierungen dem Grundgedanken der Demokratie: Es waren verantwortungsvolle und repräsentative vom Volk getragene Republiken, in denen die Mehrheit des Volkes entscheidet. Über die normalen Regierungsgeschäfte sagte er: „In den Regierungen gibt es keine andere Wahl, als sich dem Willen der Mehrheit zu beugen.“ Bolívar musste in dieser Hinsicht viele Rückschläge erleiden, doch er blieb ein Kämpfer mit großem Optimismus mit dem Glauben an Erziehung und Bildung. Über die Bildung führt der Weg zum Aufstieg der Demokratie und zur politischen Größe.
Freiheit
Bolívar ist der echten Demokratie treu geblieben; „nur durch die Demokratie ist eine echte Freiheit möglich.“ Die Meinungsfreiheit hat bei ihm höchste Priorität und „die wichtigste und wertvollste Gabe der Natur. Nicht einmal das Gesetz kann dies verbieten.“
Agrarrecht
Die Verteilung des Reichtums war in der Kolonialzeit sehr ungerecht. Eine große Kluft trennte die, die alles in ihrem Besitz hatten von denen, die außer ihrer Armut nichts besaßen. Mit der Aufteilung des Bodens unter den Soldaten und mit der Abschaffung der Sklaverei schafft er weitere Grundsätze der Revolution. „Ich überlasse die Reform oder Aufhebung meiner Statuten und Gesetzeserlasse eurer souveränen Entscheidung, aber ich bitte um die Bestätigung der Freiheit aller Sklaven, wie ich um mein Leben und um das Leben der Republik bitten würde“. Mit dem Agrargesetz entwirft Bolívar ein einfaches Programm einer Agrarreform. Er ist sich bewusst, dass sich die Armee der Revolution in erster Linie aus Bauern formierte und sieht dies erst als Entschädigung ihnen gegenüber, später jedoch als Notwendigkeit für die Befreiung des Volkes. Solange die Bedürfnisse des Volkes nicht befriedigt werden, bekämpft Bolívars Ideal das die Moral verletzende ungerechte und illegitime Eigentum, und die Elemente, die gegen die höchsten Ziele der Befreiung verstoßen. Auch scheint Bolívar konkrete Vorstellungen von Produktionseinheiten gehabt zu haben, also den kollektiven Zusammenschluss von mehreren Höfen. So erlaubte er, dass sich verschiedene Begünstigte des Gesetzes zusammenschließen konnten, um größere Fincas bilden zu können. Hier kommen seine Ablehnung des Kleinbesitzes und sein revolutionäres Denken zum Ausdruck, dass die Produktion erhöhen sollte und die Reste des Feudalismus abschaffen sollte. Besonders die sozial schwachen Schichten wie den Indígenas versuchte er mit Erlassen zu helfen. Das große und gerechte Ziel wird klar ausgedrückt: „(…) dass kein Indio ohne sein eigenes Stück Land bleibt.“
Verstaatlichung der Bergwerke
Mit dem Gesetz von Quito vom 24. Oktober 1829 bestimmt Bolívar die Verstaatlichung der Bergwerke. Die Republik erbt Spaniens rechtmäßiges Eigentum an den Bergwerken. Er weiß, dass die Bergwerke in den Ländern wichtig für Wirtschaft und Politik waren. Er weiß, dass „der nationale Reichtum der Republiken fast ausschließlich in den Bergwerken liegt.“ Für ihn bedeutet die Verstaatlichung von Bergwerken nicht nur, dass die Regierung sich als Eigentümer erklärt, sondern dass sie auch das Eigentum ausübt.
Einheit Amerikas
Bolívar wird bis zu seinem Tod der wirksamste und überzeugteste Vertreter einer hispanisch-amerikanischen Einheit bleiben, die sich in vollständigem Einklang mit einer Vorstellung von echtem Universalismus befindet, innerhalb dessen der Frieden und die zwischenmenschliche Verständigung die höchsten Werte sein sollen. Die Einigkeit ist seine Devise, jetzt und immer. Der Interamerikanismus steht nicht im Gegensatz zur Universalität, sondern schließt sie ein; er diskriminiert weder Völker noch Ethnien, noch Glaubensbekenntnisse, er hält sich für alle aufrichtig offen. Während seiner Tage der Verbannung auf Jamaika im Jahr 1815 schreibt er: „Es ist eine grandiose Idee, aus der gesamten Neuen Welt eine einzige Nation bilden zu wollen, mittels eines einzigen Bandes, das ihre Teile untereinander und mit dem Ganzen verbindet.“ Er macht dies besonders an den Grundlagen der gemeinsamen Sprache (Spanisch), der Religion (zu jener Zeit der Katholizismus), der gemeinsamen Gebräuche (drei Jahrhunderte Kolonialzeit haben viele gleiche soziale Verhaltensweisen geprägt) fest, aber er hat auch politische Gründe, die er in der Stärke und Stabilisierung sieht. Innere Einigkeit und Zusammenschluss für die unmittelbaren Aufgaben, Zusammenschluss und Einigkeit nach außen für das Überleben und den Fortschritt.
Gleichheit der Menschen
Während der spanischen Herrschaft war die soziale Ungerechtigkeit gleichsam notorisch und immer wiederkehrend. Die Weißen als Herrscher und Hauptstütze des Kolonialsystems, die Indígenas und Schwarzen als Ausgebeutete. Der Ungleichheit und der Sklaverei setzt die Revolution ein genaues und unverwechselbares Ziel entgegen: Die Gleichheit. Bolívar wird ihr Vorkämpfer und verkündet 1816: „In Anbetracht dessen, dass die Gerechtigkeit, die Politik und das Vaterland die unverzichtbaren Naturrechte gebieterisch fordern, verkünde ich als Dekret die absolute Freiheit der Sklaven, die während der letzten drei Jahrhunderte unter dem spanischen Joch stöhnen mussten.“ Neben den Erlässen, den Staatsbeitz an das Volk zu verteilen, sind ihm die Maßnahmen gegen die Sklaverei und für die Freiheit und Gleichheit aller Menschen immens wichtig. Auch den Indígenas erweist er seine revolutionäre Entschlossenheit: „Die Eingeborenen können, wie alle anderen freien Menschen der Republik, mit ihren Pässen kommen und gehen, ihre Früchte und ihre Waren verkaufen, sie auf den Markt oder Jahrmarkt ihrer Wahl bringen, und ihre Tätigkeiten und Talente frei ausüben in der von ihnen gewählten Weise und ohne daran gehindert zu werden.“ Vor dem Kongress in Cúcuta, dem Parlament Groß-Kolumbiens, wiederholt er diese Forderungen.
Heute
Auch heute noch wird mit Tatkraft und revolutionärem Geist für die Werte Bolívars gekämpft. Soziale Bewegungen und Guerillagruppen folgen auch in Kolumbien dem Schwert Simón Bolívars. Die Guerilla ist wichtiger Bestandteil des stetigen Prozesses der sozialen und politischen Veränderung in Kolumbien und bewirkt durch ihre Existenz und durch den Kampf Situationen des Umbruchs und der stetigen Entwicklung. Die Veränderung ist ein geschichtliches, generationsmäßiges, chronologisches und sogar biologisches Gebot. Unvermeidlich und notwendig. Aber: Welche Veränderung? Wie und Wann? Die Anstrengungen in Richtung auf das Streben des Menschen nach höheren Werten zu lenken, so darf und muss man auf die Ziele hin schreiten, deren Definition wir seit Bolívar mit völliger und umfassender Gewissheit besitzen: Eine neue, freie, gerechte, vereinigte und fortentwickelte Gesellschaft.
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!
wuhuuu! yeah!!!
für mehr personenkult!!!
Bolivar
Ich finde den ersten Kommentar nicht nur gut. Generell schließe ich mich einer Kritik an Personenkult an, doch kann diese Kritik differenzierter und auch auf die Person zugeschnittener sein. Ich bin gerade zu faul, mehr als ein zwei Sätze zu schreiben, habe mich aber grundlegend mit der Materie "Simón Bolívar" befasst.
Simón Bolívar hatte zwar viele sehr liberale Schriften verfasst und u.A. die Sklaverei in Kolumbien und Bolivien abgeschafft. Doch trotzdem war ein Verfechter der Klassengesellschaft. Die Schwarzen und Indigenas sollten zwar befreit werden, sollten aber nicht mit den (weißen) Kreolen auf eine Ebene gestellt werden.
Bolívar ist für seine zahlreichen Liebschaften bekannt. Ein Großteil seiner „Liebschaften“ waren aber einfach nur Vergewaltigungen.
Ein linker Bolívar-Kult ist für mich nicht zu verstehen und kann nur abgelehnt werden.
Bolivar
Ich denke wir (als "radikale" Linke) sollten uns mehr mit der Geschichte solcher Länder befassen.Manchmal können wir etwas lernen. Eine Reise durch Südamerika bspw. erweitert unseren (doch meist sehr beschränkten) Horizont und eröffnet uns einen neuen Blick auf einer neuen Ebene.Was wir hier (im reichen Norden...) konkret für Möglichkeiten haben,den Unterdrückten im Trikont zu helfen,zu solidarisieren,das ist wohl eine Frage die wir nicht! kollektiv entscheiden können und manchmal habe ich das Gefühl,daß wir uns den Luxus leisten ,das auch gar nicht zu wollen...Solidarität kennt keine Grenzen!
ergaenzung
ich glaube dem autor ging es eben nicht darum, die schwaechen und geruechte eines simón bolívar aufzuzeigen, sondern eben die dinge fuer die er steht. recht hast du, dass kein kult betrieben werden sollte und eventuell negative begleiterscheinungen reflektiert werden sollten, nichts desto trotz hat simón bolívar grosse dinge erreicht, die nur die wenigen linken in deutschland kennen. und hier liegt nach meiner auffassung auch der sinn des artikels. ich wuenschte mir manchmal mehr solcher artikel. da hat ein komentator schon recht wenn er schreibt, dass eine reise in jene laender durchaus sinn macht, m den geistigen horizont einer zu erweitern.