Demo: Wer bleiben will, soll bleiben! - Gegen Überwachung und Abschiebungen!

Wer bleiben will

11. Februar 2012 * 13.00 Uhr * Johanneskirche in Freiburg

Am Freitag, den 16. Dezember 2011, wollte Ljuljeta Ademaj aus Emden auf dem Freiburger Standesamt zusammen mit ihrem künftigen Ehemann ihr Aufgebot bestellen. Es kam jedoch anders. Sie wurde verhaftet, in Handschellen abgeführt und in das Gefängnis nach Schwäbisch-Gmünd gebracht. Am 12. Januar 2012 wurde sie vom Baden-Airpark mit einem Sammelabschiebeflug, organisiert vom  Regierungspräsidium Karlsruhe, nach fast 20 jährigem Duldungsstatus abgeschoben. Kein Einzelfall. 1999 wurde der kurdische RDL-Redakteur Ömer Polat, entgegen der Zusicherung deutscher Behörden, auf dem Markdorfer Standesamt verhaftet und in die Türkei abgeschoben.

 

Verhaftungen auf den Standesämtern sind aktuell. Grundlage sind die behördlichen Mitteilungs- und Überwachungsvorschriften, „die von einem totalitären Überwachungswahn getragen sind“, so Rechtsanwalt Rittstieg. 1991, in der Hochzeit der Pogrome gegen MigrantInnen, wurden die Vorschriften in das damalige Ausländergesetz aufgenommen. Nach dem Aufenthaltsgesetz ist fast jede öffentliche Stelle verpflichtet (ausgenommen Schulen und Krankenhäuser), die Ausländerbehörden unverzüglich über Ausweisungsgründe und andere dort genannte ausländerrechtlich relevante Sachverhalte zu informieren. Jegliches Vergehen kommt zur Meldung und kann den Aufenthaltsstatus jedes Einzelnen gefährden.

 

Betroffen von dieser Überwachung sind auch all jene die in diesem Land weder einen Platz noch Rechte haben sollen. Das sind etwa 86.000 Menschen mit einer Duldung, 46.000 die zwar ein zeitlich befristetes humanitäres Bleiberecht haben bei denen jedoch der weitere Aufenthalt an die persönliche finanzielle Situation gekoppelt wird. 14.000 Personen, davon 370 aus Freiburg, droht die Abschiebung, sollte eine Verlängerung der Bleiberechtsregelung nicht umgesetzt werden. Ganz akut von einer Abschiebung bedroht sind in Freiburg Angehörige von Roma Minderheiten mit einer Duldung. Bundesweit sind das aktuell über 11.000 Personen, in Freiburg sind mehr als 100 Personen betroffen. Auch Menschen aus anderen Ländern droht die Abschiebung.

 

Nach einer Zusage von Innenminister Gall wird seit dem August 2011 aus Baden-Württemberg nicht mehr nach Serbien und in den Kosovo abgeschoben. Eine Zusage, die nach einer viertägigem Delegationsreise des baden-württembergischen Petitionsausschusses im Januar 2012 im Kosovo nicht mehr gelten muss. Entscheidend wird der Inhalt des Delegationsberichtes und der politische Umgang damit sein. Wir müssen mit allem rechnen. Das Aufenthaltsrecht darf weder an die Situation im Herkunftsland noch an irgendwelche Verwertbarkeitsbedingungen des Menschen geknüpft sein.

 

In Freiburg haben etwa 1.700 Personen und mehr als 40 Organisationen in einem Freiburger Appell bereits ihre entschiedene Ablehnung gegen die Abschiebungen erklärt. Mittlerweile sind wir an einem Punkt angekommen, wo Handlungsbedarf besteht. Wir stellen uns schützend vor die Betroffenen und wollen ihre Abschiebung nicht zulassen. Wir intervenieren und greifen ein, wenn es erforderlich ist. Wer bleiben will, soll bleiben!’ so der gemeinsame Konsens.  Mittlerweile gibt es konkrete Handlungsansätze mit dem Tag X,  dem Patenschafts-Netzwerk und dem Kirchenasyl. Drei Projekte die Unterstützung brauchen und denen sich jede / jeder anschließen kann.

 

Am 11. Februar 2012 wollen wir mit einer Demonstration unsere Ablehnung gegenüber der Abschiebepolitik öffentlich vertreten. Wir möchten ebenfalls auf die Ereignisse in Dessau aufmerksam machen. Auf einer Gedenkdemonstration zum 7. Todestag von Oury Jalloh, wurden die Beteiligten massiv von der Polizei angegriffen, da ein Transparent mit der Aufschrift „Oury Jalloh das war Mord“ mitgeführt wurden. Oury Jalloh aus Sierra Leone verbrannte gefesselt in einer Polizeizelle in Dessau. Dieser Angriff, bei dem mehrere Personen verletzt wurden, zeigt einmal mehr wie tief Rassismus und Gewalt im Polizeiapparat verankert ist. Wir solidarisieren uns mit der Initiative Oury Jalloh, die die vollständige Aufklärung des Todes von Oury Jalloh fordert.