Dynamit im Maritim

Dynamit Nobel Defence

Ein Beitrag zur mittlerweile beliebten Serie „Arschlochkonzerne bei Mörderkongressen“. Heute: Die Dynamit Nobel Defence GmbH aus Burbach.

Heute ist Alfred Nobel wohl einer der namentlich bekanntesten Wissenschaftler. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verhalf er durch die Erfindung von Dynamit der zivilen Sprengstoffnutzung zu nie gekannter Sicherheit. Waren bis dahin Sprengungen immer mit dem enormen Risiko von ungewollten Zündungen verbunden, konnten durch die Mischung vom sehr erschütterungsempfindlichen Nitroglyzerin mit Kiselgur Sprengungen nun im großen Stil durchgeführt werden.

 

Hauptsächlich durch diese Erfindung erlangte Alfred Nobel und sein Unternehmen, dass als Dynamit Nobel in die Geschichte eingegangen ist Reichtum und Anerkennung. Dem Geiste der Wissenschaft treu gründete Nobel in der Folge eine Stiftung, die bis heute alljährlich die berühmten Nobelpreise an die herausragenden Wissenschaftler ihrer Bereiche vergibt. Seit dem verbindet die Begriffe „Dynamit“ und „Fortschritt“ eine enge Freundschaft.

 

Doch was ist aus dem geschichtsträchtigen Unternehmen geworden, dass den ersten Weltkrieg maßgeblich ermöglichte, enorme Profite durch ihn erwirtschaftete und dazu noch russische Zwangsarbeiter in die Pflicht nahm? Wo steht heute das Unternehmen, dass ab 1926 zur I.G. Farben gehörte und im Dritten Reich von enormen Staatshilfen und hunderttausend Zwangsarbeitern mehr als gut lebte? Was erwartet man von einem Unternehmen, dass die deutsche Armee nach Niederlage und Wiederbelebung mit „geschätzten“ 3,2 Millionen Landminen und ungezählten Panzerfäusten aufrüstete?

Richtig: es lebt vom Krieg.

 

„Die Dynamit Nobel Defence GmbH hat 2004 alle Wehrtechnikaktivitäten am Standort Würgendorf (nahe Siegen, Deutschland) von Dynamit Nobel GmbH Explosivstoff- und Systemtechnik übernommen und führt die 50 jährige [sic!] Tradition dieser Firma in Raketen und Raketenmotoren, Gefechtsköpfen und rückstossarmen Panzerabwehr-Schulterwaffen fort.“

So berichtet die moderne Homepage von Dynamit Nobel Defence selbstbewusst und ohne sich dafür zu schämen. Die dort beworbenen „immer neuen Innovationen“ sind weniger „defence“ als „offense“: z.B. Hohlladungs- und Blast-Gefechtsköpfe einschließlich kompletter Zündsysteme zur so genannten „Minenjagd“, Panzerung für Kampffahrzeuge, Unterwasser-Gefechtsköpfe und Unterwasser-Raketenantriebe zur - achtung „defense“ - U-Boot- und Torpedoabwehr, sowie die „für Selbstverteidigung“ entwickelten und produzierten rückstoßarmen Schulterwaffen zur Panzerabwehr und für den Kampf in bebautem Gebiet in unterschiedlichen Ausführungen leichten Spezialwaffen RGW 60 (Panzerfaust, leicht) bis hin zur 600-m-Waffe Pzf3-IT600.

 

Weil es wirklich sehr bezeichnend für das „defensive“ Konzept des Unternehmens ist, zu den Panzerfäusten noch ein Zitat der Homepage:

„Dank ihrer multifunktionalen Gefechtsköpfe zeichnen sich diese Waffen durch Vielseitigkeit in der Zielbekämpfung aus. Sie eignen sich damit hervorragend für Einsatzszenarien unter dem Aspekt asymmetrischer Bedrohung.“

 

Wer oder was hier bedrohlich ist, zeigt dieses Video, in dem die Standard-Panzerfaust der Bundeswehr – die Panzerfaust 3 von Dynamit Nobel – von verrückten deutschen Soldaten auf einem Übungsgelände gebraucht wird: https://www.youtube.com/watch?v=iALI_REJ_rM

 

Der besondere Stolz des Unternehmens auf die Anpassung an moderne Angriffskriege zeigt sich in einem Werbevideo für Dynamit Nobel und Diehl. Die Rüstungsfirma Diehl sitzt nebenbei gesagt im Präsidium der deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik (DWT), also dem Ausrichter der Urban Operations Conference. Das Video preist die Eignung des Waffensystems an, u.a. zivile Gebäude zu penetrieren und darin befindliche Personen mit Hilfe einer Splitterladung zu töten. Das ist Konsequenz der so genannten asymmetrischen Konflikte, bei der eine technologisch und strukturell hochgerüstete Armee Gebiete besetzt, deren Bevölkerung sich dagegen mit vergleichsweise primitiven Mitteln wehrt. Die völlige Verständnislosigkeit für Angriffe auf das Leben der Besatzer erzeugt bei selbigen ein Sicherheitsbedürfnis, das den Rüstungskonzernen wie Dynamit Nobel mehr als recht ist. Waffen, die letzten Endes der absoluten Kontrolle von Wohngebieten dienen erfreuen sich so einer immer größeren Beliebtheit bei der militärischen „Basis“ als auch den Führungskräften.

https://www.youtube.com/watch?v=GOyyMwD61DU

 

Zum Beweis ein erst kürzlich erschienener Artikel von http://www.bundeswehr-monitoring.de, der darüber berichtet, wie eilig es die Bundeswehr hat, „innovative“ Produkte von Dynamit Nobel zu shoppen.

 

Schwere Infanteriewaffe für die Aufstandsbekämpfung

In der vom Bundes­ministerium der Ver­teidigung heraus­gegebene Wochen­zeitung
Bundes­wehr aktuell vom 23. Januar 2012 wird über die Beschaffung eines
Handwaffensystems des Typs "Recoilless Grenade Weapon 90 Millimeter - Anti Structure"
(RGW 90-AS) berichtet. Von der vom Unter­nehmen Dynamit Nobel Defence GmbH (DND) aus
Burbach hergestellten "Schulterwaffe" werde die Bundes­wehr 950 Stück beschaffen. Sie
sei "rückstoßarm" und könne auch aus Gebäuden heraus gegen "harte Strukturziele" wie
Wände aus Beton, Ziegeln oder Lehm abgefeuert werden.

Im April 2012 sollen den "Einsatz­kräften" bereits 100 solcher Waffen zur Verfügung
stehen, die "auf ein urbanes Zielspektrum" einstellbar und "für den Kampf im bebauten
Gelände optimiert" wären. Die Waffe verfüge über die Möglich­keit, entweder im
"Mousehole-Modus" eine große Öffnung in eine Wand zu sprengen oder aber im
"Blast-Modus" das ganze Gebäude zu zerstören. Für den Einsatz in Afghanistan
vor­gesehene Soldaten hätten bereits die Waffe im scharfen Schuss testen können.

Die Beschaffung der Waffe sei "im Rahmen des Einsatz­bedingten Sofortbedarfs"
erfolgt. In einem Beitrag auf Hardthöhenkurier online wird hervor­gehoben, dass es
sich um ein "Einwegsystem" handele, das den Soldaten "im Gefecht vom weiteren
Transport des Abschussgerätes sowie von einem erneuten Ladevorgang" befreie. Die
Waffe eigne sich "besonders für Spezial­kräfte und die Infanterie, die in einem Ort-
oder Häuser­kampf operieren muss."


Quelle:
Bundeswehr aktuell, Nr. 3/2012 vom 23.01.2012: Für den Einsatz.
hardthöhenkurier.de: Schultergestützte Handwaffen für das urbane Gefecht, ohne Datum,
abgerufen am 23.01.2012 unter
http://www.hardthoehenkurier.de/index.php?option=com_content&view=article&id=310:schultergestutzte-handwaffen-fur-das-urbane-gefecht&catid=92:beitraege&Itemid=63

 

Zeit also für ein Zitat von Bertolt Brecht:

 

In Erwägung: ihr hört auf Kanonen -

Andre Sprache könnt ihr nicht verstehn -
Müssen wir dann eben, ja, das wird sich lohnen
Die Kanonen auf euch drehn!

Auf zur Demo am 28. Januar, hin zur Kundgebung am 1. Februar vor der Urban Operations Conference!

 

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