Heftige Proteste in Libyen

Proteste in Bengasi

Waren den mainstream Medien die seit Monaten zunehmenden Proteste in Libyen bisher keine Berichterstattung wert, oder reduzierten sich entsprechende Berichte auf Meldungen über bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen „Milizen“ und „Stämmen“, wird nun das Ausmass der Proteste deutlich.

 

Lama lässt grüssen


Nachdem Abdel Hafes Ghoga, der früher ein Gefolgsmann Gadaffis gewesen war, am Donnerstag von Studenten aus der Uni von Begazi geprügelt worden war, wurde gestern der Sitz des Übergangsrats gestürmt und in Brand gesetzt.


Seit Wochen gibt es (nicht nur) in Bengazi Proteste gegen die Macht und die Zusammensetzung des Übergangsrats. Ehemalige Gefolgsleute Gadaffis stellen in ihm die grösste Fraktion, alte und neue Seilschaften sorgen dafür, dass die Erlöse aus den Ölexporten, genauso wie unter Gadaffi, entsprechend „verteilt“ werden. 

 

Nun also explodiert die Situation.


Abdel Hafes Ghoga hatte sich am Do samt seinen bewaffneten Leibwächtern in der Uni eingefunden, was für besondere Empörung sorgte.


Erst wurde er mit Plastikflaschen beworfen, später kassierte er trotz seiner Leibwächter eine Tracht Prügel.


Abdel Hafes Ghoga gab sich angesichts der Attacke auf ihn anfangs empört und trat dann als „Bauernopfer“ zurück, was die Situation aber nicht mehr beruhigte.

 

Rock The Casbah


Am Sa versammelten sich gegen Mittag mehrere hundert Menschen vor dem Sitz des Übergangsrates, im Laufe des Tages wuchs die Menge auf 2000 Leute an.


Aus aufständischer Erfahrung mit Knüppeln, Eisenstangen, improvisierten Brand-und- Sprengsätzen gut ausgerüstet, wurde am Abend dann das Gebäude gestürmt und teilweise in Brand gesetzt. Anwesenden Mitgliedern des Übergangsrates und Angestellten wurde „freies Geleit “ gewährt.


Heute nun gab es eine grosse Demonstration der StudentInnen. Über 4.000 zogen durch die Strassen Bengazis und verlangten die Freilassung ihrer Kommilitonen, die nach den Protesten am Do festgenommen waren.

 

Libysche Revolution 3.0


Möglicherweise und nicht unerwartet tritt der libysche Aufstand in seine dritte Phase.


Nach dem Aufstand gegen den Gadaffi Clan und seiner nur durch eine Nato- Intervention abgewendeten blutigen Niederschlagung, folgte die Unterordnung der „aufständischen Fraktion“ unter der Logik eines Bürgerkrieges.


Die im Aufstand entstandenen basisdemokratischen Strukturen und bewaffneten Freiwilligen-Verbände verloren in der anhaltenden Militarisierung des Konfliktes massiv an Einflussmöglichkeiten. Widerstände gegen diese Entwicklung und auch gegen die Übernahme der Macht im „neuen Libyen“ durch ehemalige Gadaffi Getreue mussten zurück gestellt werden, solange der Gadaffi Clan nicht besiegt war.


Nun gibt es wieder politischen Raum und Gelegenheit, an den Wurzeln des Aufstandes, der nie nur einer gegen den Gadaffi- Clan war, anzuknüpfen.


Wieweit dieser soziale und emanzipatorische Prozess gehen wird und was passieren wird, wenn die alten und neuen Eliten sich dafür entscheiden, zu versuchen, die Infragestellung ihrer Hegenomie mit Gewalt beantworten zu wollen, werden die folgenden Wochen und Monate zeigen.


Die eigentlichen Protagonisten des Aufstandes scheinen jedenfalls entschlossen, sich nicht erneut von der Macht ausschliessen zulassen.

 

Der Übergangsrat hat es auf jeden Fall erst einmal vorgezogen, an einem geheimen Ort zu tagen

 

gepostet von recherchegruppe aufstand

 

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