In Potsdam scheint sich nun eine Welle des Protestes gegen 
Stadtumstrukturierung, steigenden Mieten und einer verfehlten 
Wohnungspolitik zu bilden. Kämpferische Aktionen der linken Szene zeugen
 jedenfalls davon, sich der Stadtpolitik entgegen zu stellen. 
Die Heimkinder über die Besetzung der Stiftstraße 5 und anschließender Spontandemo, zur Wohnraumsituation, zur Stadtpolitik, ...
  
PRESSEERKLÄRUNG DER HEIMKINDER ZUR WOHNRAUMSITUATION IN POTSDAM 
Potsdam hat ein akutes Problem! 
Seit
 Jahren sinkt die Zahl des Wohnungsleerstandes. Dieser beträgt aktuell 
lediglich 1,1 Prozent und der Großteil der Immobilien ist durch private 
Investoren aufgekauft worden, welche nach Belieben die Mieten und damit 
den Mietspiegel nach oben treiben. Die ProPotsdam als kommunales 
Wohnungsunternehmen steht diesen in nichts nach und die wenigen 
leerstehenden Häuser werden als Spekulationsobjekte genutzt. Dies führt 
zu einem Verdrängungs- und Ausgrenzungsprozess der hier lebenden 
Menschen und folglich zu einem Bevölkerungsaustausch. 
In der 
regierenden Stadtpolitik wird dieser stetigen und immer schneller 
voranschreitenden Entwicklung nahezu tatenlos zugesehen beziehungsweise 
wird diese sogar gefördert. Das Hauptaugenmerk liegt offenbar auf 
investitionsintensiven Prestigeobjekten und der Wiederherstellung eines 
preußischen Disneylands. Die soziale Komponente und die Verantwortung, 
welche Politiker auch gegenüber den einkommensschwächeren Bürger_innen 
haben, scheint außerhalb des Bewusstseins zu liegen. Anders sind die 
fehlenden Handlungen und dreisten Äußerungen einfach nicht mehr zu 
verstehen. 
Wenn sich Frau Elona Müller-Preinesberger, ihres zeichens
 „Sozialbeigeordnete“ der Stadt, hinstellt und nur konzept- und ideenlos
 in Bezug auf Themen wie Wohnungsnotstand und steigende Mieten reagiert,
 die viele Menschen in dieser Stadt betreffen, und im Zweifel die 
Verantwortung auf die städtischen Unternehmen wie die ProPotsdam 
abschiebt, macht eine Auseinandersetzung mit ihr einfach keinen Sinn. 
Ihre leeren Worthülsen unterstreicht sie mit Polemik, wonach Betroffene 
doch auch die Stadt verlassen und nach Brandenburg/Havel ziehen könnten.
 
Aufgrund der oben genannten Zustände haben wir das Haus in der 
Stiftstraße 5 besetzt. Wir wollen uns mit der Aktion Gehör verschaffen 
und Schwung in eine Problematik bringen, bei welcher der Höhepunkt 
nahezu erreicht ist und viele Menschen zwangsweise umsiedeln mussten, da
 sie für die Miete nicht mehr aufkommen konnten. Der Umgang mit diesem 
Haus fügt sich ideal in die beschriebene Situation ein. Das Haus 
versinnbildlicht die Verwertungslogik, mit der in dieser Stadt mit 
Immobilien umgegangen wird. Das Gebäude stand über Jahre leer, wurde 
beheizt, es wurde ein soziales Projekt für an Demenz erkrankten Menschen
 darin geplant. Die Planungen scheiterten an den nicht zu deckenden 
Kosten. Nun ist das Haus an den Unternehmer Holger Behnke verschachert 
worden, welcher Mietwohnungen, aller Voraussicht nach im höheren 
Preissegment, installieren will. In diesem speziellen Fall spielten die 
Noch – Eigentümer*innen des Lafim (Landesausschuss für Innere Mission) 
als eine gemeinnützige Organisation ebenfalls eine eigenartige Rolle. 
Pfarrer Fiedler, der für Lafim argumentierte, scheint keine moralischen 
Bedenken dabei zu haben, Menschen auf der Suche nach Wohnraum einfach 
aus dem Haus räumen zu lassen. Ebenso scheint die Profitmaximierung 
durch den Verkauf des Objekts Vorrang vor einem neuen Anschub eines 
sozialen Projekts gehabt zu haben. Auch hier zeigt sich eine fehlende 
Verantwortung der Stadt, da sie in Person von Frau Müller - 
Preinesberger in Kontakt mit Lafim stand, einem Verkauf aber nichts 
entgegensetzte. 
Verdrängungsmechanismen setzen neben der 
Privatisierung vieler Wohnhäuser aber auch bei alternativen Haus- und 
Kulturprojekten an, da sie anscheinend nicht ins Stadtbild passen. Nicht
 anders sind die Pachtzinserhöhungen in Höhe von 16 % durch die 
ProPotsdam für die Zeppelinstraße 25 und 26, die Hermann–Elflein-Straße,
 die Friedrich-Ebert-Straße und die Pasteurstraße zu erklären. Dass die 
Bewohner_innen einen erheblichen Aufwand betreiben, um die Häuser 
bewohnbar zu gestalten, um die Sanierungsauflagen zu erfüllen und dass 
dies einen massiven finanziellen Druck darstellt, wird nicht erwähnt. 
Die ProPotsdam sieht sich entgegen ihrer kommunalen Verantwortung der 
Steigerung der Gewinne verpflichtet, obwohl die Pachtzinserhöhungen laut
 ihrer Aussage nicht notwendig sind, sondern es sich dabei um eine 
politische Entscheidung handelt. Scheinbar sollen sich die zu zahlenden 
Pachten dem Potsdamer Mietspiegel anpassen. 
Ebenso kämpft die 
WagenHausBurg auf Hermannswerder ums Überleben, da anstelle dieser 
alternativen Form des Zusammenlebens eine luxuriöse Wohnanlage entstehen
 soll. Der Erlös, den sich die Stadt durch den Verkauf des Geländes 
verspricht, scheint enorm. 
Scheinbar soll an allen Stellen mehr Geld
 mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen gemacht werden. Dieses Geld 
kann dann wieder in den Aufbau von zusätzlichem Preußen- Kitsch in der 
Innenstadt genutzt werden. In dieses Bild passt auch die freche 
Abrechnung, die das besetzte Kulturprojekt LaDatscha vom Kommunalen 
Immobilienservice (KIS) bekommen hat, die in keiner Form der 
tatsächlichen Sachlage entsprechen kann. 
Dass es genügend Leute 
gibt, die von diesen Problematiken betroffen sind, zeigen nicht nur die 
vielen Unterstützer_innen, die wir bei der Besetzung hatten, sondern 
auch die vielen Leute, die an der Demonstration durch die Innenstadt am 
Abend des 28.12.2011 teilnahmen. Nachdem am Luisenplatz bereits ein 
Großaufgebot der Polizei auf die Teilnehmer_innen wartete, gab es 
Versuche diese durch den Stadtverordneten Jens Gruschka anzumelden. Dies
 scheiterte aber an den schikanösen Auflagen der Polizei. Dass diese 
Bedingungen völlig überzogen waren, wurde später durch den 
Einsatzleiter, der erst viel später auftauchte, aufgeklärt. Dennoch 
setzte sich der Protestzug in Bewegung und zog lautstark flexibel durch 
die Stadt und informierte dabei die anwesende Bevölkerung. Ohne 
Vorwarnung wurde die Demonstration gewaltsam gestoppt und das Gros der 
Teilnehmer_innen in der Dortustraße/Ecke Spornstraße in einen 
Polizeikessel gedrängt. Währenddessen kam es zu rabiaten Übergriffen 
seitens der Polizei und trotz des wiederholten Versuchs die Aktion 
anzumelden, wurden die Personen im Kessel einzeln herausgezogen, 
illegalerweise abgefilmt und Personalien aufgenommen. Die Versammlung 
wurde während der gesamten Zeit durch die Polizei nicht als beendet 
erklärt, geschweige denn, verboten. 
Dass es kein Konzept der 
Rathauskooperation zur Lösung dieses akuten Wohnungsnotstandes gibt, 
Gespräche ins Leere laufen und die Politik versucht mit Hilfe eines 
massiven Polizeieinsatzes die Menschen in dieser Stadt einzuschüchtern 
und ihrer freien Meinung zu berauben, haben uns die letzten Tage 
gezeigt. 
Solange sich an dieser Einstellung nichts ändert, werden wir weiter für die Durchsetzung unserer Forderungen kämpfen. 
Wir haben ein Recht auf das Leben in dieser Stadt! 
Wir nehmen uns dieses Recht! 
Nehmt die Pachtzinserhöhung für die Hausprojekte endlich zurück! 
Sagt endlich den Erhalt aller bestehenden Haus-, Wohn- und Kulturprojekte zu! 
Duldet LaDatscha öffentlich und zieht die überzogene Rechnung endlich zurück! 
Wir fordern eine Stadt, in der wir alle leben können! 
Die Heimkinder 
Potsdam, 29.11.2011
  


innerer Schweinehund
ja...es ist lang, aber es lohnt sich, zu lesen.
rafft euch auf!