Am 23. November hat der u-asta einen verbindungskritischen Vortrag mit dem Sozialwissenschaftler Jörg Kronauer veranstaltet. Um diesen Vortrag zu stören, kamen einige Verbindungsstudenten, die teilweise stark alkoholisiert waren. Daraufhin wurde beschlossen, die große Anzahl an störungswilligen Verbindungsstudenten nicht in den Raum zu lassen, um die Sicherheit des Vortrags, des Referenten und der TeilnehmerInnen zu gewährleisten.
Bereits 2004 gab es einen Vortrag mit Jörg Kronauer, auch damals
versuchten Mitglieder von Studentenverbindungen die Veranstaltung zu
sprengen. Dies ging soweit, dass sie drohten, eine gewaltsame
Auseinandersetzung zu provozieren. Die aktuellen Vorfälle werden auch in
einer von uns verfassten Stellungnahme beschrieben.
Zu diesen Vorfällen gab es einige Beiträge, jedoch beschäftigen sich
die wenigsten mit den gewaltbereiten, störenden Verbindungsstudenten.
Diese werden als Opfer dargestellt, die nicht zum Vortrag gelassen
wurden und deren Meinung zensiert wurde.
Auch ein „Alter Herr“ der Burschenschaft Saxo-Silesia hat sich zu Wort gemeldet. Er fordert in einem Artikel, der in der Badischen Zeitung
erschien, von dem Rektorat der Uni Freiburg, dass der u-asta keine
Räume an der Universität mehr bekommen solle. Diese Provokation von
Seiten der korporierten Studenten reiht sich ein in eine Reihe von
Versuchen die studentische Selbstorganisation anzugreifen.
Entscheidungen von korporierten Studenten, die gegen den Willen der
Studierendenschaft sind, oder Korporierte, die ihre Vertretungsposition
nicht wahrnehmen, sind in Hochschulgremien nicht selten. Beispielhaft
wäre hierbei die Entscheidung von Max Brüggemann,
RCDS-Mitglied und Mitglied der KDStV Winfridia-Breslau. Dieser stimmte
gegen den Willen eines Großteils der Studierenden für die Einführung der
Studiengebühren. Selbst Teile der ProfessorInnen und des Mittelbaus
hatten sich gegen Studiengebühren ausgesprochen, doch Brüggemann gab mit
seiner Stimme den entscheidenden Ausschlag. Die
Abwesenheit des RCDS-Kandidaten und KDStV Hercynia-Mitglieds Daniel
Bierbrauer bei einem Großteil der AStA-Sitzungen an der Uni Freiburg
fällt nicht weiter ins Gewicht, da im AStA glücklicherweiser keine
Entscheidung gefällt werden. Denn die u-asta Listen stellen seit langem
die Mehrheit im AStA und garantieren damit die studentische
Selbstverwaltung.
Von klagewütigen „Jungfaschisten“
Auch das RCDS-Mitglied und Burschenschaftler der Teutonia Freiburg
Klaus Harsch war in seiner Studentenzeit zwischen 1971 und 1976 an der
Universität Freiburg hochschulpolitisch aktiv. Heute arbeitet er in
seiner eigenen Anwaltskanzlei, beziehungsweise bis vor kurzem in der Gemeinschaftskanzlei H3 in Stuttgart. Seine Kanzlei ist heute wegen der Verteidigung von und Verstrickung mit dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU)
und deren UnterstützerInnen in den Medien präsent. Harschs
Mitarbeiterin Nicole Schneiders, ehemalige Jenaer NPD Vizevorsitzende,
vertritt derzeit Ralf Wohlleben, der 2002 den Vorsitz der NPD in Jena
gemeinsam mit ihr inne hatte.
Aber auch die Kanzlei H3 hat einiges vorzuweisen. Neben Klaus Harsch
spendeten Alexander Heinig und Steffen Wilfried Hammer ein „H“
im Namen der Kanzlei. Beide waren Sänger in einschlägig bekannten
Rechtsrockbands. Hammer sang bis zur Auflösung der Band 2010 bei „Noie
Werte“, deren Musik die neu gefunden Videos des NSU untermalt. Heinig
sang bei „Ultima Ratio“, welche sich inzwischen aufgelöst haben. Am 18.
Dezember hat sich Klaus Harsch nach immer stärker werdendem Mediendruck
von den beiden getrennt, während er weiter mit Nicole Schneiders
zusammenarbeitet. Aber die Arbeitskontakte des CDUlers Harsch
interessieren uns als Studierende derzeit nicht so sehr, wie seine
Versuche, in seiner Studienzeit die damals noch Verfasste
Studierendenschaft zu verklagen.
Harsch hat zwischen 1973 und 1974 vier mal den AStA oder deren
Vorsitzenden verklagt. Teilweise scheiterten die Versuche. So gingen
zwei der Urteile positiv für den AStA aus. Wenn man die juristischen
Vorgänge genauer betrachtet, muss man feststellen, dass es Harsch bei
Weitem nicht um die kritische Kontrolle des AStA ging, sondern um das
Erzwingen eines mundtoten AStA.
Zu den Aufgaben des AStA gehörte die politische Bildung der
Studierenden. Ebenso setzte er sich für die kulturellen Belange der
Studierenden ein. Der AStA veranstaltete zu dieser Zeit Filmvorführungen
im eigenen Kino „Aspirin“. Gezeigt wurden künstlerische Kurzfilme und
verschiedene Dokumentationen wie zum Beispiel ein Film, der Proteste an
der Uni Heidelberg dokumentiert. Klaus Harsch reichte am 20. Dezember
Klage gegen den AStA ein, da die Filme „durchweg politischen Inhalts
sind“. Ein Gericht wies den Antrag von Harsch zurück und so konnte der
AStA weiterhin das Kino Aspirin betreiben.
Ein häufiger Klagepunkt war bundesweit die Mitgliedschaft im damaligen
studentischen Dachverband VDS. Zur Aufrechterhaltung dieses Gremiums
zahlten die Studierendenvertretungen einen jährlichen Beitrag. Da die
Mitgliedschaft im VDS zwar von Vorteil sein konnte, aber keine
Pflichtmitgliedschaft bestand, klagten Studierende häufig gegen diese
Beitragszahlung aus Studierendenmitteln. So auch Klaus Harsch. Und in
diesem Fall sollte er von Seiten des Gerichts im Oktober 1973 Recht
zugesprochen bekommen. Somit war es dem AStA untersagt, weiterhin die
bundesweite Studierendenvertretung zu unterstützen.
Der größte Angriff auf die studentische Selbstverwaltung war das
Erwirken einer einstweiligen Verfügung, die am 02.08.1973 in Kraft trat.
Dadurch wurde dem AStA jegliche politische Äußerung in seiner AStA-Info
verboten und bei Zuwiderhandlung mit einer Geldstrafe von 1.000 Mark
bestraft, mit der Ausweitungsmöglichkeit auf eine 6-monatige
Freiheitsstrafe. Die Verfügung wurde auf Grundlage des
Landeshochschulgesetzes, gegen das sich in den vorherigen Semestern
großer Protest regte, gefasst. Mit Hilfe dieser Verfügung zwang Harsch
die Verfasste Studierendenschaft mehrmals 1.000 Mark zu zahlen. In
diesem Fall war es Harsch gelungen, den AStA bereits vor der
Gesetzesänderung von 1977 mundtot und handlungsunfähig zu machen. Noch
heute müssen wir nach über 38 Jahren als u-asta für eine Verfasste
Studierendenschaft mit politischem Mandat kämpfen.
Von rachlüstigen Alten Herren
Auch der sich jetzt zu Wort meldende „Alte Herr“ der Saxo-Silesia ist
mitsamt seiner Burschenschaft dem Rektorat der Universität Freiburg kein
Unbekannter. 2003 machte der u-asta das Rektorat darauf aufmerksam,
dass die Burschenschaft Saxo-Silesia auf ihrer Homepage auf die „Junge
Freiheit“, eine Zeitung, die als Verbindung zwischen Konservativen und
Rechtsradikalen bekannt ist, verlinkt. Zu dieser Zeit verlinkte die
Universität auf diverse Studentenverbindungen, so auch auf die Homepage
der Saxo-Silesia. Nachdem der Unileitung dies bekannt wurde, ließ sie
den Link zur Saxo Silesia von der Homepage der Universität Freiburg
löschen. In einem Leserbrief an
die Badische Zeitung kritisiert Joerg Haverkamp den u-asta dafür, dass
dieser weiterhin handlungsfähig Politik macht. Er beruft sich hierbei
auf die Gesetzesänderung von 1977, als die ASten in Baden-Württemberg
entmachtet wurde - wozu auch sein Verbandsbruder Harsch einen Teil
beigetragen hat.
Jetzt, acht Jahre später, führt Haverkamp seinen Rachefeldzug gegen die Studierendenvertretung weiter fort und fordert das Rektorat auf, dass der u-asta keine Räume an der Uni zu Verfügung bekomme. In letzter Instanz bedeutet das, dass keine studentischen Initiativen Räume an der Universität bekämen, da die Raumvergabe für studentische Gruppen über den AStA läuft.
Versuche studentische Selbstorganisation zu untergraben, finden aber
nicht nur in einem formellen Rahmen mit Klagen und Beschwerden beim
Rektorat statt. Korporierte werden auch außerhalb von Vorträgen über
Verbindungen handgreiflich. Zum Beispiel versuchten
Studentenverbindungen bei der Besetzung des Rektorats während des
Freiburg Frühlings im Mai 2005 die Besetzung für sich zu nutzen. Sie
wollten Interessierte mit Bier und billigen Zimmern keilen, also diese
für ihre Verbindung werben. Nachdem die Korporierten abgewiesen wurden,
kamen in einer Nacht nochmals drei Mitglieder der KDStV Hohenstaufen und
provozierten die BesetzerInnen und warfen mit Bierkrügen. Ein Verbindungsstudent wollte sogar seinen Säbel ziehen.
Für eine handlungsfähige Studierendenschaft mit politischem Mandat
Nach der Betrachtung über die Vorgänge von Studentenverbindungen gegen
die studentische Selbstverwaltung, kommt man in der Fragestellung
zumeist vom „Was“ zum „Warum“. Welche Gründe bringen
Verbindungsstudenten dazu, gegen die Arbeit der Studierendenvertretung
vorzugehen und diese zu blockieren?
Um dies zu verstehen, muss man um die Bedeutung, welche die
Verbindungen einmal innehatten, wissen. Mitte der 1959er Jahre waren
noch rund 30 % der Studenten1
in einer Verbindung und lenkten in vielen Positionen die Äußerungen und
Handlungen im Bereich der studentischen Vertretung. Die Mitgliedschaft
in einer Verbindung war begehrt und es musste noch nicht mit günstigen
Zimmern geworben werden, um neue Mitglieder zu keilen.
Selbst die Grundidee der Studierendenvertretung in ihrer heutigen Form
entstammt den Vorgängen um die Korporationsverbände. So waren diese noch
zu Beginn des 20. Jahrhunderts häufig aus ihrem Habitus und ihrer
Funktion heraus die Vertreter der Studenten an den Hochschulen. Noch
vielerorts lassen sich diese Spuren nachverfolgen. Erst als auch eine
gesteigerte Menge an Nicht-Korporierten sich in der Meinungsvertretung
der Studenten einbrachten, wurde das Modell der Studentenvertretung in
Gremienform geboren.
Inzwischen bekommen Verbindungsstudenten nur noch selten Oberwasser
beim Kampf um die Plätze in studentischen Gremien. Da auf dem
politischen Feld mit antiquierten und rückwärts gewandten Ansichten für
Verbindungsstudenten nicht mehr viel zu holen ist, müssen sich
StudierendenvertreterInnen, häufiger als ihnen lieb ist, mit dem
Beißreflex der korporierten Zeitgenossen auseinandersetzen. Bis heute
ist der Machtanspruch aus den Reihen der Korporierten nicht auf das Maß
zurückgegangen, welches ihnen in Anbetracht ihrer Größe gut zu Gesicht
stehen würde.
Des Weiteren ist der grundlegende Habitus von Studentenverbindungen
meist wenig reformfreudig. Wer vehement an Traditionen und
geschichtlichen Punkten zur Selbstdefinition festhält, beschneidet die
Ebene der individuellen Ausprägung. Der nicht umsonst so genannte
Corpsgeist kommt zum Tragen und behindert die Mitglieder an einem
offenen Diskurs und einer persönlichen Weiterentwicklung. Stattdessen
verharrt man oft in der eigenen Gemeinschaft. Doch wenn der Selbstwert
und die Identität des Einzelnen nicht ausgeprägt wird, finden Ideale und
Orientierung nur noch im Gruppenleben ihren Ausdruck. Hieraus entsteht
die Gefahr, dass jeder Angriff oder Verlust innerhalb des
Gemeinschaftswertgefühls zu einer Abwehrreaktion gegenüber dem gefühlten
Feind führt. Für manche Einzelpersonen innerhalb des
Korporationsgefüges scheint die einzige Lösung der Angriff auf die
Studierendenvertretungen zu sein. Denn diese haben inzwischen nicht nur
eine gewichtige - ehemals verbindungsgeprägte - Entscheidungsposition
inne, sondern betrachten Kritikpunkte am Verbindungswesen fokussiert und
informieren die Öffentlichkeit über Problemfelder in den
Korporationsverbänden.
Für das politische Mandat und die Verfasste Studierendenschaft!
Wer über die vermeintlich uneinheitliche Form der geschlechtergerechten Sprache in diesem Text stolpert, muss wissen, dass diese Form hier nur dann verwendet wird, wenn Frauen mehr als eine bloße Randerscheinung sind. Dies gilt sowohl für Studentenverbindungen, auch wenn es eine äußerst geringe Zahl Damenverbindungen oder gemischtgeschlechtlichen Verbindungen gibt, als auch für Zeiten, in denen Frauen an der Hochschule kaum vertreten waren.
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Super Artikel! Danke!
Radio Interviews
Zu dem Vorfall bei der Veranstaltung gibt es auch zwei Radio Interviews, einerseits vom u-asta, anderseits von der JUSO-HSG die auf einer Linies mit dem Alten Herren Haverkamp stehen.