KA: Interview zur Demo gegen rechte Gewalt am Samstag

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Für den kommenden Samstag ruft ein Initiativkreis zu einer Demo unter dem Motto "Kein Schutz für rechte Gewalt - Solidarität mit den Opfern" in Karlsruhe auf. Zu den Hintergründen haben wir Kristin von der Vorbereitungsgruppe gefragt.

 

Hallo, ihr ruft am kommenden Samstag zu einer Demonstration gegen rechte Gewalt in Karlsruhe auf. Wie kam es dazu?

 

Kristin: Wir haben uns nach dem Bekanntwerden der neonazistischen Mord-Serie spontan zusammengefunden und versucht, die Geschehnisse zu verdauen, aber auch einzuordnen. Einerseits haben die Ereignisse zu einer großen medialen Aufmerksamkeit für die alltägliche rechte Gewalt gesorgt, andererseits zeigte aber auch gerade diese Diskussion  wie sehr rechte Ideologie und ihre Auswüchse als Randphänomen betrachtet werden und es an einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit rassistischen und anderen menschenfeindlichen Denkmustern fehlt. Daher haben wir uns entschlossen mit einer Demonstration, die sich auch kritisch mit der Rolle des Verfassungsschutzes auseinandersetzt, einen anderen Blickwinkel in die Diskussion einzubringen.

 

 

Was kritisiert ihr an der Diskussion, wenn ihr gerade den Verfassungsschutz erwähnt habt?

 

Kristin: Je mehr Details ans Licht kommen, umso deutlicher wird, dass mit dem Verfassungsschutz und seinen MitarbeiterInnen mehr Schaden angerichtet wird als ohne solche Geheimdienstmaßnahmen. Zum wiederholten Mal haben V-Leute ihr Honorar in den Ausbau rechter Strukturen gesteckt. Auch in Karlsruhe erinnern wir uns noch an den Fall „Axel Reichert“, der als V-Mann und Kameradschaftsführer die „Karlsruher Kameradschaft“ zur aktivsten Neonazi-Gruppe Süddeutschlands aufgebaut hat und ihre Mitglieder letztlich sogar mit Waffen ausstatten wollte.

Insofern erschreckt es uns sehr, wenn jetzt eine Stärkung der Geheimdienste und neue Befugnisse und Datenbanken ausgeteilt und eingerichtet werden sollen. Nicht nur, dass eine nutzlose und wie jetzt zum wiederholten Mal als schädlich überführte Behörde gestärkt wird. Da der Verfassungsschutz  zudem einer der führenden Vertreter der „Extremismus-Doktrin“ ist, steht zudem zu befürchten, dass in Zukunft auch GegnerInnen von Nazis eine stärkere geheimdienstliche Überwachung erfahren.

 

 

Was wollt ihr der Diskussion entgegensetzen?

 

Kristin: Für uns ist die Extremismustheorie, die die Bedrohung der Mitte der Gesellschaft durch extreme Ränder postuliert ein Kern des Problems. Obwohl fast die Hälfte der hiesigen Bevölkerung sagt, es gäbe „zu viele Ausländer in Deutschland“ wird Rassismus immer noch zu einer Randerscheinung erklärt. Fast jeder fünfte Deutsche äußert rassistische Vorurteile und 16% der Befragten in dieser Studie „Deutsche Zustände“ meinten, Juden hätten in Deutschland zu viel Einfluss. Diese Einstellungen gilt es zu überwinden, sonst fühlen sich Neonazis weiter als Exekutive einer schweigenden Mehrheit.  

 

 

Wie soll die Demo ablaufen?

 

Kristin: Wir treffen uns  am Samstag um 14 Uhr am Kronenplatz und werden dann durch die Innenstadt zur Bundesanwaltschaft ziehen, die die aktuellen Ermittlungen leitet. Wir wollen ein deutliches Zeichen gegen rechte Gewalt setzen, aber auch unsere Solidarität mit den Betroffenen zeigen. Nachdem viele ihrer Angehörigen sich lange Zeit als Beschuldigte fühlen mussten und auch durch Begriffe wie „Döner-Morde“ einer rassistischen Ausgrenzung von oben aussetzen lassen mussten, wollen wir unsere Solidarität entgegenhalten und für eine gesellschaftliche Auseinandersetzung für eine Welt ohne Rassismus werben.

 

 

Alles klar, viel Erfolg und danke für das Interview.

 

Kristin: Gerne.

 

Samstag, 26.11.2011 – 14 Uhr
Demonstration: Kein Schutz für rechte Gewalt – Solidarität mit den Opfern
Karlsruhe – Kronenplatz

 

http://keinschutz.blogsport.de/

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Sehr gute Sache diese Demo!

 

Was man auch mehr in das öffentliche Bewusstsein holen sollte: Der ehemalige Präsident des Verfassungsschutz Thüringen, Helmut Roewer, schreibt heut selbst für nen rechtsradikelen Verlag. Während seiner Amtszeit hat er einige rechte V-Leute angeworben, diese gut bezahlt und dabei immer die Rechten verharmlost. Sehr interessant dazu  auch das hier: www.mdr.de/fakt/rechtsterrorismus108-download.pdf

 

Und generell die ganzen Skandale der Verfassungsschützer: Das Celler Loch, der Schmücker-Prozess, Peter Urbach, usw. usf. Und man sollte mal öffentlich die Frage stellen: Wiso gibts nach der sogenannten Widervereinigung eigentlich nur ne Stasi-Unterlagenbehörde und keine VS-Unterlagenbehörde?

Am 26. November 2011 findet in München unter dem Motto "Nazis morden, der Staat lädt nach..." eine antifaschistische Demonstration gegen Naziterror, die extremismustheoretische Verharmlosung rechter Gewalt, die Repression gegen antifaschistische Gruppen und für die Auflösung des Verfassungsschutzes statt.

http://26november11.blogsport.de/

 

Thematisch passend wird im Antifa-Café am 1. Dezember das Thema "Rechter Terror in Bayern" beleuchtet. Speziell in München und Bayern gab es in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von neonazistisch motivierten Morden, Brandstiftungen und Bombenattentaten, wie zum Beispiel das Attentat auf das Oktoberfest 1980, der Brandanschlag auf dei Discothek “Liverpool” 1984 oder der versuchte Sprengstoffanschlag auf die Grundsteinlegung des Jüdischen Gemeindehaus im Jahr 2003. Am 29. August 2001 erschossen Nazis des "NSU" Habil Kilic. Theodorus Boulgarides wurde am 15. Juni 2005 im Westend ermordet.

http://26november11.blogsport.de/2011/11/17/antifacafe-zum-thema/

Undercover soll ein Beamter des LKA die rechte Szene in Karlsruhe aufgebaut haben, um sie dann zu beobachten
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RECHTSRADIKALE: Ein Agent als Nazi - weiter lesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/politik/deutschland/rechtsradikale-ein-agent-als-nazi_aid_185697.html

 

Bombenstimmung herrschte in der Ausflugshütte an der Schwarzwald-Hochstraße. Zwei Dutzend rechte Jungmänner und ihre Mädels, uncharmant „Gau-Schlampen“ genannt, grölten nationale Lieder und soffen sich die Birnen voll. Ehrengast beim Hüttenabend der „Kameradschaft Karlsruhe“ war Ober-Nazi Friedhelm Busse, Chef der mittlerweile verbotenen rechtsradikalen Freiheitlichen Arbeiterpartei (FAP).

Als viele kaum noch stehen konnten, wurde es plötzlich wieder ernst. Axel Reichert, der Organisator des Abends, ein schmächtiger Twen mit Bürstenhaarschnitt, bat um Aufmerksamkeit für sein Referat „Nationalsozialismus in der heutigen Zeit“.

Das Manuskript dieses Vortrags, an den sich die benebelten Zuhörer heute kaum noch erinnern, ist wichtigstes Beweisstück in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Karlsruhe wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Verunglimpfung des Staates und Volksverhetzung. Beschuldigter: ein Beamter des Landeskriminalamts Baden-Württemberg. Es ist eben jener angebliche „Axel Reichert“, der zwischen 1993 und Anfang 1995 im Auftrag seiner Vorgesetzten als Verdeckter Ermittler (VE) die rechte Szene in Karlsruhe aufklären sollte.

Starker Tobak, was Axel seinen Kameraden am Abend des 28. Oktober 1994 geboten haben soll: „Wir kämpfen nicht nur gegen Lichterketten, sondern gegen den geballten jüdischen und bolschewistischen Abschaum, der sich in der Öffentlichkeit breit suhlt“, heißt es im 17 Seiten langen Referat. Reichert forderte „Kampf gegen das Weltjudentum“ und zitierte gar Adolf Hitler: Der Nationalsozialismus sei mehr als eine Religion, er sei der „Wille zur neuen Menschenschöpfung“.

Die Verantwortlichen im Stuttgarter LKA bezweifeln zwar, dass ihr Mann sein Referat exakt so gehalten hat, wie es im Manuskript vorliegt. Doch dass sich ihr VE bei seinem Geheimauftrag allzu sehr in Skinhead-Aktionen verstrickte, ist kaum zu bestreiten. Motiv: der Feuerwehrmann als Brandstifter.

Reicherts Mission lautete, „vorbeugend Straftaten mit erheblicher Bedeutung zu bekämpfen sowie Gefahren für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes abzuwehren“. Als ersten Schritt sollte der Staatsschützer „das militante rechtsextremistische Spektrum“ einer ominösen Neonazi-„Kameradschaft“ in Karlsruhe aufhellen.

Das Problem: Die Gruppe gab es nicht wirklich. Als der VE kam, traf er nur ein Häufchen demotivierter Saufbrüder an. Als er zwei Jahre später wieder abtauchte, hinterließ er die Truppe wohl strukturiert und schlagkräftig.

Reicherts damalige Freundin, Patricia M., 26, erinnert sich gut: „Eine Karlsruher Kameradschaft“ ohne Axel Reichert hätte es nicht oder nur ganz unbedeutend gegeben. Axel hat die Gemeinschaft wie ein Korsett zusammengehalten, Veranstaltungen organisiert, die Leute politisch geschult und potenzielle Aussteiger zurückzuhalten versucht.“

In Axels „LKA-Dienstwohnung“, Karlsruhe, Zeppelinstraße 21, gingen Glatzen ein und aus. Im liebevoll aufgebauten Nazi-Ambiente mit Fascho-Postern und indizierter Literatur gewann der Ermittler neue Kameraden.

Als ergiebigstes Werbefeld erwies sich das Wildparkstadion des Karlsruher SC, wo der Fußballfan Axel Reichert bei allen Heimspielen präsent war. Dabei fand er Gelegenheit, sich an 15- und 16-jährige potenzielle Hooligans heranzumachen. Es war genau jene Gruppe, die zur selben Zeit in einem von der Stadt Karlsruhe finanzierten Fan-Projekt von rechter Randale abgehalten werden sollte.

Der jungenhaft wirkende Beamte imponierte den Fußball-Faschos offenbar. Auf seinen Kameradschaftsabenden bot er Schulung in brauner Ideologie und dazu praktische Tipps für das richtige Verhalten im Fall einer Verhaftung.

Axels Musterschüler war der damals 15-jährige Philip L. Er begleitete Reichert zu Treffen der rechten Szene, zeitweise soll sich der Ermittler von Philips allein erziehender und überforderter Mutter sogar das Sorgerecht für den Jungen übertragen lassen haben. Philip, ein hoch gewachsener, intellektueller Typ, erinnert sich an rege Kontakte zur FAP und zur Wiking-Jugend.

Philip L. und andere waren auch mit von der Partie, als Axel Reichert die Karlsruher Anti-Antifa organisierte, eine aggressive Truppe, die Daten über die gegnerische Linke sammelte. Auf der Liste der auszuspähenden Objekte standen Büros der Grünen, von SPD und PDS, der alternative Sender Radio Querfunk sowie das Antifaschistische Netzwerk Nordbaden. Seinen Kameraden gegenüber soll sich Axel gebrüstet haben, er könne für jedes im linken Umfeld auftauchende Autokennzeichen die Personalien des Halters besorgen. Gut möglich, der Mann stand ja die ganze Zeit über in Kontakt mit seinen Vorgesetzten im LKA Stuttgart. Und die führten ihn – offenbar mit geschlossenen Augen – an der ganz langen Leine.

So entstand die groteske Situation, dass ein Staatsschützer aus Stuttgart an der Organisation jener Einschüchterungsoperation Anti-Antifa beteiligt war, gegen die der Generalbundesanwalt in Karlsruhe zur selben Zeit ermittelte.

Spektakulärer als das akribische Nachrichtensammeln über den linken Gegner waren die Auftritte der Karlsruher Kameraden bei Rechts-Events. Neun Mann hoch reisten sie Anfang 1994 zum Berliner Parteitag der FAP. Weil die meisten kein Geld hatten, soll ihnen Kamerad Axel Zuschüsse aus seinem LKA-Spesentopf spendiert haben. Nicht ganz zu Unrecht monierte die Stuttgarter Landtagsfraktion der Republikaner dies später als „staatliche Parteienfinanzierung“ der FAP durch das Landeskriminalamt.

Im Ergebnis noch peinlicher war der Auftritt von Reicherts Karlsruher Kameradschaft beim „Rudolf-Heß-Gedenktag“ am 13. August 1994. In diesem Jahr sollte die obligatorische rechte Randale zum Todestag des „Führer“- Stellvertreters jenseits der Grenze in Luxemburg stattfinden. Axel Reichert, so die Vorwürfe, habe die Aufgabe übernommen, einen Bus zu chartern und 70 badische Aktivisten auf den Weg zu bringen. Er selbst konnte nicht mit, ein USA-Urlaub stand an.

Es kam zu schweren Auseinandersetzungen. Erstmals seit 50 Jahren marschierten grölende Nazis mit Hakenkreuzfahnen durch das beschauliche Großherzogtum, sammelten sich vor der deutschen Botschaft und lieferten der Luxemburger Polizei eine Straßenschlacht. Bilanz: 100 Festnahmen und hektische Aktivität im Auswärtigen Amt wegen Störung der Beziehungen zum kleinen Nachbarland.

Unbeeindruckt sammelte der Verdeckte Ermittler seine heimgekehrte Truppe und legte offenbar sogar noch einen Zahn zu. Die einstigen Kameraden behaupten heute, Axel Reichert hätte ihnen angeboten, Schusswaffen zu besorgen. Patrick K., ehemaliges Mitglied aus dem Karlsruher Führungskader, bestätigte: „Mir hat Axel auch Waffen angeboten.“

Möglicherweise war das nur Reicherts Einstieg in seinen Ausstieg aus der Szene. Gegen Ende des Jahres 1994 erzählte er immer öfter, die Polizei sei wegen illegaler Waffengeschäfte hinter ihm her. Anfang 1995 verschwand er spurlos aus Karlsruhe.

Dass der Agent provocateur aus dem LKA dann doch noch aufflog, hat er sich selbst zuzuschreiben. Bei einem Lehrgang an der Landespolizeischule Freiburg im Frühjahr 1996 brüstete sich der angebliche Axel Reichert mit seinem VE-Einsatz – und geriet an den Falschen.

Bernhard Amann, 46, Kriminalhauptmeister und zeitweilig Landtagsabgeordneter der Republikaner, schwört auch heute jeden Eid, dass sich Kollege „Reichert“ bei ihm mit diesen Worten vorgestellt hat: „Ich bin der VE Rechts Axel“. Ich hatte den Auftrag, im Raum Karlsruhe in den Jahren 1993/94 zwanzig junge Leute um mich zu scharen, sie im nationalsozialistischen Gedankengut auszubilden und sie dann bei den Republikanern unterzubringen.“

Der mittlerweile parteilose Polizist fotografierte „Axel Reichert“ in einem günstigen Moment und verpetzte ihn bei den Republikanern. Als die das Foto des enttarnten Ermittlers in einer Mitgliederzeitschrift veröffentlichten, bekam die Justiz eine Menge Arbeit.

Zunächst ging es gegen Amann. Der Staatsanwalt ermittelte wegen Bruches des Dienstgeheimnisses. Das Landgericht Karlsruhe stellte in letzter Instanz jedoch fest, Amann habe die Pflicht gehabt, den ihm bekannt gewordenen Missstand aufzuklären. Es sei nicht mit der rechtsstaatlichen Grundordnung zu vereinbaren, dass ein Verdeckter Ermittler nationalsozialistisches Gedankengut transportiere.

Im Gegenangriff erstattete der Rep-Bundesvorsitzende Rolf Schlierer Strafanzeige gegen „Axel Reichert“ und seine Vorgesetzten. In der ersten Runde wurde er von der Justiz abgewiesen. Ein zweiter Vorstoß vom November 1999 beschäftigt Karlsruher Staatsanwälte bis heute. Auf FOCUS-Anfrage erklärten sie, die Entscheidung über Einstellung oder Anklage stünde unmittelbar bevor.

Mit Misstrauen beobachtet das Landeskriminalamt die Vorgänge. LKASprecher Horst Haug: „Hier soll doch nur das Instrument des Verdeckten Ermittlers madig gemacht werden. Wir haben uns nichts vorzuwerfen. Es ist alles mit rechten Dingen zugegangen.“

 

http://www.focus.de/politik/deutschland/rechtsradikale-ein-agent-als-naz...
Vielleicht zu rechts.

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RECHTSRADIKALE: Ein Agent als Nazi - weiter lesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/politik/deutschland/rechtsradikale-ein-agent-als-nazi_aid_185697.html